Zahlen 259 ... 99, linke die Inschrift; „Lion do Plandre
—E — W
4Der „Rhpf.“ berichtet man aus Neuhofen, 30. April.
In hiesiger Naͤhe ist ein zweijähriges Kind in ein Torf⸗Loch ge⸗
fallen und ertrunken. Die Frau, mit welcher das Kind gelaufen
und von welcher es nicht gehörig beaufsichtigt war, hat gerichiliche
Untersuchung zu gewärtigen. — Demselben Blatt schreiht man
aus Edentoben, 1. Mai. Der April wurde gestern hier ge—
schlossen mit einer socialdemokratischen Versammlung im Gasthause
„zum Schaf.“ Die Verfammlung war von kaum 100 Personen
defucht, darunter ein beträͤchtlicher Theil Knaben, weitaus die größte
Mehrzahl waren Neugierige. Eröffnet wurde sie von einein Ar⸗
heiter. Hauptredner, Referent“ war Redacteur Klein ane Stutt
gart. Es ging gegen den Adel, die „Pfaffen“ und gegen die
apitalisten loz, das Regiment gçebühre dem Arbeiterstand, der
weuaua größten Mehrzahl. Auf der Tagesordnung standen 1.
„‚die direlten Wahlen,“ 2. „die Betheiligung an den bevorstehenden
Reichztagswahlen“. Schließlich wurde der Agitator Dreesbach als
Candidat empfohlen, da Einnehmer Paulus seiner Stellung wegen,
(7) abgelehnt habe. Unter Andern wurde auch gefordert, daß der
Wahltag mit Rücksicht auf die Arbeiter jedesmal ein Sonntag sei,
oder daß man den Wahltag zu einem gesetzlichen Feiertag mache.
daß aber trotzdem die Arbeiter für diesen Tag — zu bezahlen
seien. Ebenso sollten die Reichssltagsabgeordneten Diäten erhalten.
f Rüdesheim, 2. Mai. Heute Nachmittag wurden die
bei der Kesselexplosion der „Louise“ Verunglüdten unter zablreicher
Theilnahme beerdigt. Von den 50 Passagieren sind nur die 15
auf dem Vordertheile Befindlichen gerettet worden. Nach werden
acht Personen verm'ßt, darunter zwei Reisende aus Norddeutjch⸗
land, die anderen von Bingen, Geisenheim und hier. Big jetzt
dat die gerichtliche Untersuchung festgestellt, daß den Heizer keine
Schuld irifft, dagegen ist constatirt, daß der Dampflessel durch⸗
rostet und seine Wande, die kürzlich reparirt wurden, sehr dünn
waren, Das Boot selbst, alt und gebrechlich, war von der Ober⸗
heuerbehoͤrde Biebrich an ein Consortium pon 9 Schiffern im
Jahr 1869 verpachtet worden, steht unter der Controle der ge⸗
nannten Behoͤrde und sollte am 20. Mai durch ein neues Boot
ersetzt werden. (Ma.)
7 Mainz, 80. April. Nach der Unglücksstätte in Heides⸗
heim rüden jehi auf Befehl des Prinzen Ludwig von den hier
garnisonirenden vier Bataillonen hessischer Infanterie täglich 90
Mann mit Arbeitszeug um die Orisstraßen, Gehöfte, Häuser und
steller aus der Verschlammung und dem Schutt herauszugraben, da
dieses trotz aller Anstrengungen den Bewohnern des Ortes bis jetzt
nicht gelang. Die Berschüttung beträgt an den meiften Stellen 2
bis 293 Meter. Nicht geringer stellten sich indeß die Verheerungen
des Unwetters vom 2, April jenseit der Wasserscheide in den eine
gute Stunde nördlicher, im sogenannten Salzthal, gelegenen Ge—⸗
meinden Nieder⸗ und Ober-Ingelheim, Großwinternheim uud Sauer⸗
I
Weinbergen bestehende Bemarlungen ist in den oberen Lagen groͤßten⸗
theils abgetrieben, in den unteren verschlammt oder mit Sleingeröll
überdeckt der Art, daß auf vielen Grundstücken Massen in durch—
schuitilicher Höhe von 1 dis 12 Meter lagern, so daß auf 1 Ar—
Fläche 82 Kubikmeter, auf einen hessischen Morgen gleich 4 Aren
die ungeheute Masse von 2064 Kubikmeter Schutt lagern, de⸗
ziehentlich schon abgeräumt worden sind. Auf diese Weise sind auch
die weniger überschütteten Grundstüchke dort ruinirt und an eine
Aernte ist nicht zu densen. Der Schaden beziffert sich nach ober ˖
flächlichen Schäzungen in den fünf am meisten betroffenen Orten
auf mindestens 193 Million Mart.
München. Seit einiger Zeit wird die Wahrnehmung
gemacht, daß auffallend zahlreiche Schaaren von Jialie nern mit
den Bahnzügen hier eintreffen, in den letzten Tagen täglich circa
500, welche hier und in Bayern überhaupt Arbet suchen.
fWarnung. Die Regierung von Oberbayern warnt,
nachdem in Februar l. J. im Bezirke Schrobenhausen ein Agent
des Bank⸗ und Weqhselgeschäftes ‚Brüder Heim in Wien, Wolzzeile
õ, und Dresden, Altmark 15* aufgeariffen worden ist, vor dem
Ankaufe der sogenaunten Bezugsratenscheine dieses Bakhauses auf
ausländische Staatepapiere und Loose, welche vom genannten
Agenten im Hausirhandel angeboten worden waren und worauf
derselbe auch Anzaͤhlunzen erhalten hatte. Die Distriltspolizeibe⸗
hörden haben dem Geschäftsgebahren solcher Agenten besondere Be⸗
achtung zuzuwenden.
FLandshut, 1. Mai. Gestern Abend wurde in der Jäger⸗
kaserne der Einjädrigire well ge Gampenrieder in Folge unvorsichtiger
Handhabunug eines Revolbers von esnem Secgeanten erschossen.
Der Hergang d'eses dedauerlichen Unglückfalles wird uns dahin
becichtet, vaß Gampeneder aud der Sergeant, ersterer mit einem
Yatagan, letzteier aunt o5m vermeintlich ungeladenen Revolver bde⸗
waffnet, im Scherze mineuaunder fochten, wober eine in der Waffe
befindliche Patrone lo44409 und die Kugel den Gampenrieder sofort
odt zu Boden streckte. Der Sergeant hattie die Unglüllswaffe erst
HDormittags gekauft. Bei dem gegenwärtig leider so häufizen Vor⸗
ommen der Revoldver dürfte dieser Unfall geeignet seis, neuestens
ur größten Vorsicht zu mahnen, da derselbe beweist, daß selbst mit
“„chießwaffen auf's Beste vertraute Personen unvorsichligerweise ein
Unglück dadurch herbeiführen klönnen. —8
1. Augsburg erbaut sich ein neues Stadtlheater und be⸗
ausen sich die Kosten hierzu auf 860,000 Mart.
F Darmstadt, 29. April. Jeder seit läuger als 20 Jah⸗
en bei der Muin-Neckarbahn beschäftigte Arbeiter hat eine Remu.
neration von 50 M. erhalten, eine Handlung, die alle Anerkenn⸗
aing verdient und zur Nachahmung auffordert. (M. T.)
F Darmstadt, 3. Mai. Heue NMorgen fand ein Pistolen⸗
duell zwischen zwei Polytechnikern statt. Der eine, Jung aus
Brünberg, erhielt eine Kugel in den Unterleib uad starb wenige
Stuaden darauf im Hospital. Sein Gegnei ist B. aus Frank⸗
jiurt. (Fr. J.)
F (Etster deutscher Lehrertag.)- Denjenigen Lehrern,
welche sich als Theilnehmer an dem vom 6. bis 8. Juri in Erfurt
tattfindenden ersten deutschen Lehrertage legitim ren, ist von der
»ayer. Staatsre zierung eine Verlängerung der Giltigskeitsdauer der
in der bayer. Uebergangsstation zu losenden Retourb llette für die
Zeit vom 1. bis 14. Juni d. J. gewährt worden.
F (Reuß'sche Kassenscheine), ausgegeben nach den Gesetßen
»om 7. Januar 1860 und 4. Juli 1870, werden nur noch bis
Inde Junind. J. bei den furftlichen Kassen in Gera, Schleiz und
Ebersdorf eingeldsa9t.
FDer Postanweisungsverkehr Deutschlands hat nun⸗
mehr denjenigen Englands überholt. Im Jahre 1874 besorgte
die deutsche Post 19 Millionen Stück Postanweisungen im Betrage
bdon 765 Mill. M.; die britische Post da jegen 18 Mill. Stück
im Beirage 520 Mill. M. Im. Jahre 1875 ist der deutsche
Postanweifungsverkehr auf 23 Mill. Stück mit 1238 Mill. M.
salso 134 Milliarde) gestiegen. Die Zahlen aus Großbritannien
iegen für 1875 noch nicht dor. Der deutsche Taxif ist erheblich
hilliger als der britische.
r Berkin. Der Gew'nn von 150,000 M. der kgl. preuß.
dotterie fiel auf Nt. 21, 166. Das ganze Loos wird in Stargard
zespielt und zerfällt in drei Hauptthe le, von denen zwei Vieriel
auf Arbeiter der Berlin⸗Stettiner Eisenbahn⸗Werkstatt, ein Viertel
uuf einen Beamten dieser Werkstatt und das letzie Viertel auf
Arbeiter der Wischer'schen Fabrit fallen. Die genannten Viertel
erfallen natürlich wieder in viele kleinere Theile, doch kommen auf
»ep geringsten Antheil über 1000 Thaler, auf den höchsten über
3000 Thaler. (Hier scheint Fortuna's Gabe einmal an die richtigen
Adressen gelangt zu sein)
F Berlin. Ein wanderndes Pionino. Einen Nebenerwerb
igener Art wußte sich hier das Dienstmädchen der Frau von G.
u verschaffen. Die gnädige Frau befand sich auf Reisen, und das
Mädchen war zur Beaufssichtigung der Wohnung allein hier zurück⸗
jeblieben. Die Dane kam fröüher als sie beabsichtigte nach Berlin
zurück, und fand zu ihrem Erstaunen in ihrer Wohnung nicht mehr
hr werthvolles Ptanino vor. Das Dienstmädchen war in sicht⸗
zader Verlegenheit und gab zuerst ihrer Gebieterin an, daß es mit
»em Pianino verunglücht sei und dasselbe zur Reparatur einem In⸗
trumentenmacher übergeben hade. Auf eindringliches Vorhalten
»equemte sich Pauline endlich zu fo gendem Gestandniß. Das
Madchen hat einen Bräutigam, welcher früher Klavierstimmer ge⸗
wesen ist, und gegenwärtig in öffentlichen Lokalen und in Privat⸗
zesellschaften des Abends als Klavier'pieler fung ri. Dieser hatte
dem Mädchen, bald nach der Abretise der gnädigen Frau, den
Bocschlag gemacht, ad und zu, zu Festlichteiten das Pianino gegen
eine nicht unbedeutende Entschädigung zu vermiethen, und zwar
mmer nur auf vierundzwanzig Stunden. Das herausgeschlagene
Miethsgeld sollte zwsschen dem Maädchen und ihrem Pianifsten ge⸗
heilt werden. — Pauline ging auf den Vorschlag ein und das
Zärchen machte ein gutes Geschäft. Seit der Abreise der gnädigen
5r u war das Justrument nur an wenigen Tagen in der Woh⸗
jung, sonst aber in Bier und Tanzlokalen zu finden. — Die Aus⸗
agen des Mädchens wurden denn auch in allen Punkten bestätigt,
ind konnte das Pianino noch an demselben Tatze nach der Wod⸗
iung zurücttransportirt werden. Dochh wie war dafsselbe zugerichtet!
Ddie Saiten waren theilweise gesprungen, die Klaviatur ruinirt,
ind das Aeußere durch den fortgesetzten Transport an verschiedenen
Stellen start beschädgt. — Die gewissenlose Pauline wurde selbsi⸗
verständlich unter Einbehaltung des Lohnes und ihrer Sachen
ofott entlassen und wegen des groben Vertrauensbruches denuncirt.
F Nauen, 26. April. Dem Invaliden Neye wurde in der
jorigen Woche aus der rechten Seite eine Chessepottagel geschnitten,
velche derselbe seit dem 16. August 1870, der Schlachi von Mars ˖ la⸗
Tour, mit sich herumtrug und die ihm zeiweise große Schmerzen
ereitete. In den letzten Tagen verspürte der Verwundele ein
einliches Drücken in der Seite, ging zum Atzte, und dieser schnitt