Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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AMAfs 775. 2ZSanuustag/ deu 1s. Mai —E 11376. 
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8 Deutsches Reih. 
München, 9. Mai. Die Wahlen des Wahlkreises Kandel 
gelangen nächsten Freitag Vormittag in der Kammer zur Berathung 
und am Abend des Tages wind sich die 7. Abtheilung mit der 
gegen die Wahlen in den Wahlbezirken Zweibrücken und Eden⸗ 
soben erhobenen Reklamation beschäftigen. 
Von „einflußreicher parlamentarischer Seite“ wird der Sudd. 
Pr.“ folgende Eörterung zugeschickt: Verschiedene Blätter, insbe⸗ 
sondere ein Korrespondent der .X. A. 3.“ finden die Langmuth 
der liberalen Partei in der Kammer gegenüber den Vergewalti⸗ 
zungen der Moajor tät unbegreiflich und jener Korrespondent fragt 
in Bezug auf die vom Abg. Crämer in PRuesicht gestellte Altion 
„Wacrum nicht heute?“ Man sollie glauben, gerade bei Vorkomm⸗ 
nissen, wie jene, deren Schauplatz die bayerische Kammer der Ab⸗ 
zeordneten in den letzten Tagen war, würde man sich freuen, daß 
es trotz aller erlitienen Gewalt noch eine Partei in Bayern gibt, 
zie ihre Grundsätze höher hält, als daßs sie heute in Parteiwuth 
deufelben Fehler begeht, den gestern ihre Gegner begangen haben. 
Noch keiner Parter hat es gefrommt, von den Grundsätzen des 
Lechtes abgegangen zu sein. Die liberale Partei ist eingedenk 
hres Eides, ur des ganzen Landes Bestes im Auge zu behalten. 
Ein geordneter Finanzhaushalt ist aber eine wichtige Grundlage 
'ür des Landes Bestes. Die Hauptanfsgabe des Landtages ist die 
Zustandebringung eines Budgets. Statt dessen das Land in einen 
Adereillien Wahlkampf zu stürzer, die Regierung zu finanziellen Oc—⸗ 
kroyrungen geradezu zu zwingen und durch Verwerfuag der Wahlen 
in München Il den Gegrern eine Rechtfertigung für die Behaup⸗ 
zung zu geben, die liberale Partei hälte sich durch eine ähnliche 
Bewalithat, wie jene der klerikalen Partei gegen die Wahl München 
Jwar, in eine künstliche Mjorität versetzen wollen, wenn man 
hr nicht zuvorgekommen wäre: das hät'e wohl jedes Epitheton 
eher verd'ent, als das eines klugen Verhaltens. Mag die tlerskale 
Partei noch eine oder die andere Wahl vernichien. Darauf kommt 
wenig an, ob die übrig bleibende Minorität einige Stimmen mehr 
oder weniger zählt. Darauf aber kommt etwas an, die ller kale 
Partei zeigen zu lussen, wie we't sie ihren Parteiübermuth trebi. 
Wenn dann die liberale Partei die Auflösung erzwengt, tritt sie 
tedenfalls unter besseren Aufspizien in den Wehltkampf, als wenn 
der entscheidende Schritt übereilt geschieht, ehe die Gegner Zeit 
hatten, ihren cebolutionären zu jeder Gewaltthat bereiten Charakter 
zor eller Welt unwiderleglich kund zu thun. 
Ein Münchener Korrispondent der „A. A. Z.“ macht 
olgende zutreffeude Bemerkungen: Der Protest, welchen der Abg. 
Trämer Namens seiner Partei gegen die von der rechten Seite 
des Hauses fortgesetzt geübte verschleppende Geschäftsbehandlung 
einlegte, findet seine Begründung in der Art und Weise, wie man 
mit der Erledigang des Budgets verfährt. Ein Budgetlandtag hat 
aoch in keinem Land eine derarsige Poysiognomie gezeigt, wie dieß⸗ 
nal bei uns. Viese Monate hindurch war schon von allem Mön⸗ 
lichen und Unmöglichen die Rede, die eigentlichen Budgetarbeiten 
iiegen aber immer noch fast gänzlich beiseite. Neu engetretenen 
Mitgliedern mag es allerdings bequemer vorlommen auf Geb'eten, 
auf welchen sie statt sachlicher Deduktionen die billig Waare reine—⸗ 
Befühltpolitzk und ächtet Parteifärbung zu dieten vermögen, ihre 
Rednetkünste zu versuchen. Daß jedoch über alledem der klerikalen 
Partei das Berständniß und auch das Herz für die wahren Be⸗ 
Rürfnisse des Landes, welche allein in der endlichen ernsten Inan⸗ 
zriffnahme des Budgets ihre Befrsedigung fänden,, abbanden zu 
ommen scheint, ist eine traurige Wahrnehmung, die sich jedem Be⸗ 
obachter der Dinge aufdrängt. 
München, 10. Mai. Das Finanzministerium gibt bekanut: 
Da die nunmehr einberufenen ?/13 Groschenstücke der Thalerwährung, 
zdie 80, Uas, a3 Thalerstücke und übrigen auf nicht mehr als 
12 Thaler lautende Silberscheidemünzen der, Thalerwährung in 
Bayern kein gesetzliches Zahlungsmittel bilden, so werden für deren 
Umwechslung Einldsestelsen nicht aufgestelld; es ist jedoch um den 
Besitzern die Verwendung thunlichst zu erleichtern, Veranlassung ge⸗ 
roffen, daß derattige einldsungsfähige Münzgen dis 80. Jun 1876 
dei Zahlungen an die lgl. hayer. Finanzkassen noch angenommen 
verden. Da übrigens einige gleichnamige Münzen der Thaler⸗ 
vaͤhrung, z. B. die mit ‚kurfürstlich“ oder ‚löniglich“ sächsischem 
BSepräge versehenen a40 und Nas-Thaler-Stücke, dann solche Acht⸗ 
Pfenmiger, Dieier und Einpfenniget in Silber, ferner kurhessische 
uchtheller (»ñ Grofchenstücke) schon früher außer Conrz gesezt und 
ntwerthet sind, so wird zur Vermeidung von Verlusten dringendst 
havor gewarnt, Theustucke des Thalers oder Groschens im Verkehr 
mzunehmen oder allenfalls von Auswärts zu beziehenn. 
Straßburg, 8. Mai. In der „Siraßb. Zeitung“ wird' 
eine an dru Landesausschuß gelangende Gesetzvorlage mitgetheilt, 
vonach in Zukunft Landesgesetze flir Elsaß Lothringen, wenn' der 
ꝛandesausschuß denfelben zugestimmt hat, vom Kaiser mit Zustim⸗ 
umg vdes Bundestathes ohne die Mitwirkung des Reichstages 
ollen erlossen werden dürfen. — 
Drres den, 10. Mai. Die zweite Kammer hat den Ankauf 
zer Leipzige⸗ Dreedener Eisenbahn für den Staat mit 40 gegen 28 
Stimmen genehmigt. 
Aussand. 
Wien, 10. Wai. Nacrichten aus Salonichi zufolgeist. 
in türkisches Kriegeschifj mit dem Gouverneur, dem Commissär ver 
BZforte und den Specialcommissären Deuischlands und Fraukreiche 
seute dort aagekommen. Der österreichische Kriegsdampfer, Ra⸗ 
etzky“ w'rd erwartet. I 
Lsdon, 10. Mai. Der „Morning Post“ zufolge trifft der. 
kx⸗König don Hannover am 16. de. hier ein. 97 Kisten Silber— 
eug im Gesammtgewicht von 240 Ceniner sind bereits in England 
ingetroffen. — Der Stadttath von London hat die Könignn zu 
»em für den 19. ds. zu Ehren des Prinzen von Wales vordere ie⸗ 
en Fesie eingeladen. — Eine Bittschrift, die, von 108 Mitgliedern 
)es Unterhauses unterzeichnet, die Freigabe der fenischen Zträflinge 
achsucht, wird morgen dem Premier⸗Minister zugesteüt. 
Philadelphia, 9. Moi. Zum Besuche der Ausstellung 
stbereits eine sehr große Anzahl von Fremden hier eingetroffen. 
der Prasident der Vereinigten Staaten, die Mitglieder des Cabi— 
jets so wie Vertreter der beiden Häuser des Congresses und andere 
servorragende Persönlichkeiten sind anwesend. Die Straßen sind 
ruf das festlichste geschmückt. Zu der morgen stattfindenden. Eröff⸗ 
uung der Ausstellung sind gegen 4000 Einladungen ergangen. 
Zach dem officellen Verzeichniß der auzwärtigen Commissate sind 
10 Länder auf der Aussiellung vertreten. 6 
Piladelphia, 10. Mai. Die Wellausstellung ist heute 
von dem Präsidenten Grant eröffnet worden. Anwesend waren 
)er Kaiser und die Kaiserin von Beafilien, die Minister, die Mit- 
lieder des Congresses, d'e Spitzen der Militär- und Cibilbehörden, 
m Ganzjen eiwa 50,000 Zuschauer. In der Eiöffnungerede be— 
onte Grant, daß die fremden Nationen eingeladen worden seien, 
um Zeugniß abzulegen von deri aufrichtigen Wunsche Amerila's, 
ie Freundschaft zwischen den Gliedern der großen Familie der 
Nationen zu pflegen. Grant dankte, daß die Nanonen dem 
Vunsche Amerika's bereitwilligst enisprochen haben, und dieß die⸗ 
elben herzlich willlommen. Ein Musikcorps spielte derschiedene 
Vollshymnen. 
Die Repudlit Chile hat den Frauen das politische Stimmrecht 
erliehen. Sie ist der erste Staat, welcher sich zu diesem Schritte 
dersteht. Für beide Geschlechter ist nunmehr das einzige Erforder. 
uß, um stimmberechtigt zu sein, daß der Betreffende im Bisitz der 
Lolljährigleit, sowie der Faͤhigkeit zu lesen undju schreiben ist. 
ermischtes. 
R St. Ingbert, 182. Mai. Die am Mittwoch zu Blies⸗ 
rastel siattgehabte Versammlung des Beiitkalehrerdereins BRebtanet-