Full text: St. Ingberter Anzeiger

Slt. Ingberler Anzeiger. 
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Der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöochentlich) mit dem Haupfblatte verbundene Unterhaliungsblatt. (Sonntags mit illustrirter Eei 
age), erscheint woͤchentlich viermal: Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonnementepreis betragt vierteljahrlich 
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4 79. Samstag, den 20. Mai — —* 7 1876. 
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Deutsches Reich. — 
Mänchen, 16. Mai. Die Linke hat beschlossen, der Vor⸗ 
lage über Erhöhung der Civilliste zuzustimmen. Wie wir vernehmen, 
dind Dr. v. Ziegler noch im Laufe dieser Woche mit der Leiung 
diz Sekretariats Sr. Maj. des Könios definitiv betraut. 
Aus Bayern, 15. Mai. Der „Irk. K.“ schreibt: „Auf 
Schloß Koͤfering, dem Grafen Lerchenfeld gehötig, fand, wie aus 
rinem Circularschreiben d. d. Munchen, 1. Mai 1876, zu ersehen, 
amn 10. Aug. v. Is. eine Versammlung von Mitgl'edern des 
bayerischen Adels statt, welche den Beschluß faßtet, doß sie „in 
einem gemeinsamen Wirken des katholischen Adels in Bayern, zu 
den Zwecke die in den Statuten des Vereins katholischer Edelleute 
(zu Viünsler) gestellten Aufgaben auch in Bayern zur Ausführung 
u bringen ein zu erstrebe des Z'el“ erkennen und daß weitere 
Berothungen in München stattsinden sollten, wenn mindestens 50 
Standesgenossen ihten Beitritt eiliärt und andere denselden in 
Aussicht gestellt haben; deßhalb ladet das erwähnte Circularschreiben 
qu einer Versammlung ein, die auf den 22. Mai d. J. zu 
München anberaumt worden ist, um üder die Bildung einer selbst- 
ständigen bayer. Adelsgenossenschaft im Geiste des Münster' jchen 
Verens „karholischer Edelleuter“ zu beschließen.“ — Die beiden 
jugendlichen Flüchtlinge, welche jüngst auf ihrer Fahrt zu den In⸗ 
jurgenten in Senlin aufgefangen wurden, waren Gottfried Pfretz⸗ 
schner, Neffe des Staatsminissers und Richard v. Stengel, Sohn 
des Oberstaatsanwaltes: beider Eitern sind in Augsburg wohn⸗ 
haft. 
Berlhin, 17. Mai. Bei Besprich ing der hier stattgehabten 
Counferenzen constatirt die offiziöse „Prtopenz. Corresp.“ die Befrie⸗ 
didung, welche das allgemeine politische Bewußtsein in der unzwe fel⸗ 
haften Thatsache gefunden habe, daß die Berliner Zusammentunft 
dem europäiichen Frieden neue Bürgschaft brachte, welche das Ver⸗ 
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wickel: dieselbe auch sei, so drohend sie auch stets für die Beziehungen 
der Grotzmäch‘e erschiene, werde dank der jetzt inmitten Europa's 
aufgerichteten Friedensgemeinschaft den allgeme nen Frieden nicht 
ören. Die Kraft dieses Friedensbündnisss habe sich gerade da— 
durch von Jahr zu Jahe wirksamer bewährt, daß dasselbe nicht zu 
bestimmien besonderen Zwecken abgeschlossen sei, sondern auf dem 
aufrichtigen gemeinsamen Streben für den Frieden überhaupt beruhe. 
In Folge der jedetmaligen vertraulichen Verständigung über die 
Jateressen des europäischen Friedens und durch jeden enisprechenden 
semeinsamen Erfolg werde das Ründniß immer fester und vertrauens⸗ 
yoller gekvüpft werden. 
Berlhin, 17. Mai. Dem „Reichsanzeiger“ zufolge sind in 
Salobpichi dissher im Ganzen 54 Personen zur Untersuchung 
jezogen und 11 sofort der Bethe ligung an dem Morde der beiden 
Fonsuln überführt worden. Hiervon wurden secht zum Tode ver- 
urtheilt und gestern auf öffentlichenn Platze dei ziemlich erregter 
Stuͤnmung der Bevölferurg von Salonicht hingerichtet; dieselben 
gehören der niedriesten Classe des Volkes an. Die Untersuchung 
dauert fort und wird sich r.amentlich auch auf die Ermittelung 
iwaiger höherer Anstifter und Begünstiger der Motdtbaten zu er⸗ 
drecken haben. 
Sitraßburg, 17. Mai. Wie es heißt, waͤre Hoffnung vor⸗ 
danden, daß det Kasser im Laufe des Sommers den Elsaß besucht. 
Voriges Jahr war dasselbe Gerücht verbreitet, ohne daß ewwas 
daran war.) 
Straßburg, 17. Mait Die Session des Landesausschusses 
ourde heute eröffnet. Oberpräsident v. Möller hob in seiner Er⸗ 
zffnungsrede insbesondere die Bedeutung des bereits dekannten Ge 
setzentwurfes hervor, welcher das Gewicht der Stimme des Landes⸗ 
ausschusses dei der Landesgesetzgebung bedeutend veistärken foll, und 
wies ferner auf die Vorlage hin, welche den Kresen Corporat'ons- 
rechte verltihen soll, wodurch die Bevöllerung mehr zur unmitel⸗ 
baren Theilnahme an der Verwaltung herangezogen wülrde. In 
seiner Erwiederung sprach der Alterspräsident seine Befriedigung 
aus, daß weitaus die meisten Anträge des Landesausschusses uus 
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reuen Efer für die neuen Ardeiten und schloz mit der Hoffnung, 
det Oderpräsident werde dem Lande seinen kräftigen und wohl · 
vollenden Beistand quf dem Wege zu einer endgiltigen politischen 
ind administrativen Verfassung leisten, welche' den Wuünschen und 
Bedürfnissen der Bevölkerung entspreche. Hierauf wurde Schlum⸗ 
berger m'it 26 gegen 2 Stimmen zum Präsideaten Zorn von 
Vulach mit 20 Stimmen zum Vicepräsidenten gewählt. 
Aussand. 53 
Aus Oesterreich, dem klahsischen Boden für Abschaffungen“ 
sind in Monal Aptel 25 Ausländer, darunter drei Frauen, „ab⸗ 
geschafft', das heißt auf Deutsch ausgewiesen worden. Die Wie⸗ 
ner „Presse“ begleitet diese Thatsache nut folgender Bemerkung: 
„Hiervon entfallen auf die Türkei, Sachsen und Deuischland je 
eine Person, auf Rumänien 2, auf Würtemberg und Griechenland 
je 3, auf Baiern 4, auf Ungarn 8, auf Preußen 9, auf Rußland 
0 und 'auf Italien 80 Personen.“. Neden der Abschaffang un⸗ 
ebsamer Personlichteiten scheint sich das österreichische Ministerium, 
»essen Organ die „Presse“ ist, neuerdings auch mit der „Abschaf- 
ung“ der außeröfterreichischen „Geographie“ zu beschäftigen. In 
er That glaubten wir bisher, daß Sascsen, Wüctembera, Baiecn 
und Preußen auch für das Kabinet Auersberg zu Deutschland 
zehören. 
Partis, 17. Mai. Admiral Jaures ist mit der franzoͤsischen 
Ftotte vor Salonichi angekommen, wo er die deutsche Corvette 
„Medusa“ antraf. Bei der vorgestern stattgehabten Hinrichtung 
jon 6 türkischen Mördern waren deutsche und französische Marine⸗ 
ruppen ausgerück:. 
Nach dem „Levant „Herald' lautien die Forderungen, welche 
das diptomatische Korps in Konstantinopel zur Sühne des Konsuln⸗ 
nordes in Salonichi an die Pforte stellt, wie folgt: 
„1. Die Mörder der Konsuln von Deutschland und Frank⸗ 
eich in Salonichi und die Aust fter der Emeute, welche in dieser 
Staädt stattgefunden hat, werden in einer Frist von acht Tagen 
xemplarisch vestraft. 
2. Alle Valis werden aufgefordert, die Wachsamkeit zu ver⸗ 
doppeln, um die oͤffenlliche Ruhe aufrecht zu erhalien; sie werden 
ür elle Unruhen verantwortlich gemacht, welche in den von ihnen 
derwalteten Provinzen entstehen könaten. 
3. Die Leichenbegängnisse der beiden Vice⸗Konsuln finden in 
Salonichi öffentlich und mit Pomp statt. . 
A. Die Valis aller Provinzen werden von der Züchtigung in 
Denntniß gesetzt, welche dir Schuldigen treffen wird. 
5. Die üürkischen Journale insgesammt werden aufgefordert, 
leine Artikel zu deröffentlichen, welche auf die Erregung der Geister 
uind die Erwecung des Fanatismus der muselmännischen Bevöl— 
terung abzielen.“ 
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RVermischtes. I 
7 Jur Beleuchtung des jetzt dielfach getriebenen Schwindels 
heilt die „Rhpf.“ einen Auszug aus der Sitzung des Zuchtpolizei⸗ 
serichts Zweibrücken vom 10. d. mit. Auf der Anklagebank saß Heinrich 
hirsch aus Altleinigen wegen verschiedener im Sommer v. Is. ver⸗ 
ibter Betrügereien, welche er durch Verkauf jogenannter Bezugs 
cheine für Anlehens-Präsniene Loose verübt hatte. Der Genannte 
rieb sig im Sommer v. Is. in den Orischaften der Cantone 
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r ser vom deutschen Reiche geschickt, um gute Staatsloose in das 
Land zu bringen und den vielen ichlechten Lotterien das Handwerk 
u legen u. s. w. Er zeigte seine Autheilascheine, gab sie für 
Staatsloose aus, brachte es durch sein kedes Auftreten dahin, daß 
hm mehrete Personen derartige Scheine abkauften. Er schwieg 
ider dabei stets, daß die Papiere keine Praͤmienloose seien. Die 
daufer nahmen sie aber auf seine Ueberredung und auf die Aus⸗— 
icht hoher Prämien an, ohne in seinem Beisein deren Inbalf