Full text: St. Ingberter Anzeiger

näher zu prüfen. In mehreren Häusern hätten die Frauen seine 
Bemühungen beinahe vereitelt, indem diese ihre Männer vor dem 
Unkauf warnten und den Hirsch ziemlich unverblümt als Schwind⸗ 
ler bezeichneien. Darüber war Hirsch gewöhnlich fehr aufgebracht, 
und drohte den Frauen, wenn sie ihre Zunge nicht im Zaume 
hielten, lönne er sie leicht auf ein paar Monate „wo anders hin“ 
bringen, deun er sei vom Staate geschickt. Das k. Zuchpolizeige⸗ 
richt brachte aber unsern Hirsch anders wohin, nämlich 18 Monate 
in's Gefängniß und erkannte gegen denselben zugleich auf dreijaäh⸗ 
eigen Verlust der bürgerlichen Ehrenrechee. 
Als Conferenzorte für die nächsten allgemeinen Lehrercon⸗ 
ferenzen hat die Regierung folgende Plätze jeden für das ent- 
sprechende Bezirksamt bestimmt: Klingenmünster, Dirmstein, Rülz⸗ 
heim, Homburg, Kaiferslautern, Marnheim, Altenglan, Landau, 
Neustadt, Hinterweidenthal, Speier und Zweibrücken. 
F In Neustadt ist es, der „Pf. Ztg.“ zufotge, dem Bier⸗ 
zrauer X. gelungen, das merkwürdige, von hohem Verständniß zeu— 
gende Experiment auszuführen, einer lebendig eingefangenen Maus 
den Kopf ahbzubeißen! Rauschender Beifall belohnte den Künstler, 
der nebenbei den Preis einer eingegangenen Wette behaglich 
einstrihh. 
J Erfenbach, 18. Mai. Dieser Tage brachte eine Katze 
dierselbst 3 Junge zu Welt, von denen 2 ganz normal gebaut 
waren, die dritte aber 8 Beine und 2 Schwänze halte. Während 
die ersten beiden leben dlieben, starb dritte bald nach der Geburt 
und wurde von dem Eigenthümert dem naturwissenfschaftlichen Cabi⸗ 
net der Kaiserslauterer Kreisgewerbschule überwicsen. (K. 3). 
F Landau, 16. Mai. (LE. A.) Der gewesene Leihhaus⸗ 
tassier Peter Graf wurde heute durch Urtheit des kal. Zuchtpolizei⸗ 
zerichts dahier wegen Unterschlagung zum Nachtheil der hiesigen 
deihhauskasse in eine Gefängnißstrafe von einem Jabhr und sechs 
Monaten verurtheilt, wovon jedeoch die bisher erstandene Untersuchungs- 
haft mit fünf Monaten in Abzug kommt, so daß ihm noch dre zehn 
Monate zu verbüßen bliien. 
F Um den vielfachen Betrügereien im Samenhandel, welche 
den Landwirth oft stark schädigen, zu steuern, hat das Reichsober⸗ 
handelsgericht bei dem Prozesse eines grozen Gutsbesitzers, welcher 
Sommerrübsen und Raps zur Aussaat hiben wollte, dem aber 
Winterrübsen und Rapsfamen statt dessen vom Verkäufer geliefert 
wurden, weshalb es unmöglich war, eine Ernte in demselben Jahre 
ju erlangen, folgende Entscheidung ahzegeben: „Der Verkäufer 
haftet unbedingt, selbst wenn nur gelehrte Betaniker bdeiderlei Samen 
zu unterscheiden verstehen. Er hat für das geringste Versehen zu 
haften. Schon in der Abschlicßung des Vertrages liegt ein solches, 
indem er beabsichtigte, dem Käufer nicht unter ellen Umständen, 
wie dieser erwarten konnte und mußte, für die gekaufte Woare ein⸗ 
zustehen. Es ist dabei gleichgilt'g, ob dem Verkäufer bei der Art und 
Weise, wie er sich selbst die Waare verschaffte, kein Versehen zur 
dast fällt.. 
Der deutsche Weinbau-Congreß unter dem Präsidium 
der Herren Dr. Blankenhorn zu Karlsruhe, Schlumberger zu Col⸗ 
nar und Dr. Buh! zu Deidesheim wird seine diesjährige General⸗ 
dersammlung im September zu Kreuznach abhalten. Die voriähr ge 
war in Colmar. 
Aus München, 12. Mai, ging der „Gegenw.“ folgender 
Artikel zu: „Den Herren Seeber, Ph. Anton, Fr. Humm und 
Weisenburger zu St. Martin in der Rheinpfalz diene hiermit zur 
Nachricht, daß heute in der 7. Abtheilung der Kammer der Abge⸗ 
Idneten ihr staatsrechtlicher Versuch, eine Reclamation gegen die 
Wahl Landau⸗Neustadt, beziehunzswe se gezen den 3. Wohl reis in 
Fdenkoben, zu Wege zu bringen, in Uebereinstimmung des Referenten, 
Bürgermeister Stoba us und des Correferenten Domcapitulars 
Henning, von der ganzen Abtheilung einstimmig dahin beschietd en 
wurde, es sei demselden keine Folge zu geben! Im Eingang des 
Rteferats bedauette der Herr Refereat, der schlechten Schrift wegen 
aur einen Namen der obigen Herren lesen zu können, ebenso be⸗ 
dauerte derselbe die mangelhafte Kenntniß des Staatsrechts selbst 
sowohl der vier Herren, als des Verfassers der Schrift sowie übet ⸗ 
haupt die Unkenuiniß des Wablgesetzez und des aus demselben ent⸗ 
springenden Wahlrechtes. Was derselbe aber am meisien bedauerte 
und worüber sich derselbe mit Entrüstung aussprach, das ist die 
in der Neclamat on ausgesprochene Pieinung, die Herren von Eden⸗ 
koben aus den Wahlkreisen 1. und 2., die in dem Wahltreis 8. 
zewählt haben, könnten zwei⸗, unter Umsfänden dreimal gewählt 
haben! Eine Verdächtigung und zugleich Ehrenkränkung von berech⸗ 
tigten Männern, die in der ganzen Reclamation, sowie in den 
Wahlacten keinerlei Begründung findet. Hätte diese Aeußerung 
ein leichtfertiges Kammermitglied in der Kammer gemacht, so wäre 
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Folge gegeben werden. H'er liegt die Sache jedoch ganz anders; 
diese Ehrenkränkung, durch nichts erwiesen, und nur in dem Gehirn 
der Petenten bestehend, hervorgerusen durch die Absicht, die Gegner 
schlecht zu machen, st schristlich und unterschrieben vor das Forunm 
der Kammer und somit vor das Land gebracht von Leuten, die 
doch nur berechtigt sind, das zu sagen, wes sie auch beweisen kön— 
nen. Es wird daher Sache der oben ange'ührten Wahlmänner 
von Edenkoben oder eines jeden einzelnen derselben sJiäin, sich ihre 
Rechtfertigung vor Gericht zu holen, um solchem unwürdigen Par— 
teigetriebe ein Ende zu machen.“ 
F München, 15. Mai. Die Eintrittspreise für die Kunst⸗ 
zewerbe⸗-Ausstellung in München sind folgendermaßen festgestelli 
worden: Der Preis einer Saisonkarte beläuft sich aus 20 Park; 
ür 1 Monat 15 M.; für 14 Tage 10 M. Der Preis einer 
Tarte an einzelnen Tagen wird an drei noch näher zu best mmenden 
Wochentagen (wahrscheinlich Montag, Mittwoch und Freitag) auf 
2 M., an drei anderen (wahrscheinlich Diensstag. Donuerktag und 
Zamstag) auf 1 M.., endlich an einem Tage (wahrich:einlich Sonn⸗ 
tag) auf 50 Pfg. gestellt werden. 
F In Frankfurt schoß ein Buchhalter, Namens Pfeif, der 
entlassen werden sollt⸗, auf seinen Prinzipah, den Mit nhaber der 
Firma v. Mörs und Rüppel, Herrn Schmidt. einen Revolver ab, 
ohne denselben zu treffen. Auf der Flucht jagte er sich jelbst eine 
Kugel durch den Kopf. 
F Berlin. Die Exped tion eiges Extrazuges wegen eines 
Paars vergessener Hosen auf weite Entfernung ist vielleicht trotz des 
veisen Ben Aliba noch nicht dagewesen, und erst das jetzige große 
hier stattgehabte Diplomaten Rendezvous bot Veranlassung zu diesem 
a exclusiven Kreisen Aufsehen etregenden Ereigriß. Der Sachverhalt 
st folgender: Ein in Wien accredetirter Gejandter, welcher zur 
Theilnahme an den diplomat'schen Conferenzen hier eingetroffen war, 
hemerkte zu seinem Erschrecken kurz vor dem Zeitpunkt der großen 
Balacour, wo er fich den Majestäten vorstellen sollte, daß man, 
venn auch nicht seine gesawmten, so doch gerade seine Gesandtens 
zuahosen einzupacken vergessen hatte. Guter Rath war ihuer. 
In einer Stunde soll die Cour stattfinden, und selbsndie eiligst 
jerbeigerufen Korhpoäen der Berliner Schneiderzunft erklätsen eins 
uimmig, daß et außer dem Bereiche jeder Möglichkeit liege, die 
cforderlichen Inexpressibles vor Ablauf zweier Stunden in vorschrifts⸗ 
näßigem Zustande fertigzustellen. Da, im Moment höchsler Nath⸗ 
ossigkeit, erscheint die Rettung, nämlich der Garderobier des Gesandten 
zus Wien, welcker, nachdem er das Versehen bemerkt, ohne Besinnen 
nen Extrazug genommen hatte, mit den nun doppelt theu'en Bein— 
leidern dem Heren nachgecilt und kurz nach ihm eingetroffen war. 
— Dieser diplomatische Instinkt des Garderobiers soll sowohl bei 
einem Herrn als dessen Collegen hohe Anerle nung und Bewun⸗— 
derung erregt haben. 
F Am 14. und 15. Juni d. J. werden zu Hamburg d'e 
deutschen Gastwirthe tagen. 
F (Küßt unsere Kleinen nicht!) Unter der vorstehenden Ueber⸗ 
ichtif: bringt der „Düsseldorfer Anzeiger“ von einem „Arzte“ die 
nachfolgende Mahnung, die weitere Vecbreitung verdient: Eine 
chauderhefte Unsitte ist es, die Kinder zu küssen. Wir brauchen 
absichtlich den Ausdruck „schauderhafi“, weil wir uns zart aus— 
)rücken wollen und die Beieichnung „wörderisch“ uns schon auf 
der Zunge schwebte. Ja wohl, gnädige Frau, „moörder sch'! Be⸗ 
sinnen Sie sihh velleicht noch darauf, als Sie vor etwa 15 Tagen 
nit einem großen Shanl um den Hils einen Besuch bei Dr. S. 
machten ? Und als der kleine Hans ins Zimmer gesprungen kam, 
zriffen Sie nicht den Kleinen mit anscheinend überstömender Zärt⸗ 
ichteit, nannten ihn „wein reizendes Kterlhen“ und kuͤßten ihn 
ach Herzenslust? Dann fingen Sie an zu erzählen, was für eisen 
chredlich entiündeten Hals Sie hätten; daß Sie sogar am Tage 
»orber eine Einladung zum Conceit hätten ablehnen müssen, weil 
Sse zu verschwollen seien? Sie hatiten keine Absichten auf das 
deben des sendes, und doch ködteten Sie dafselbe so siher, als 
venn Ste ihm statt ihres zärtlichen Kusses Stiy dnin oder RNefenil 
jzegeben dätten. Jhre Zärtlichkeit wurde verhängnißvoll. Zwii 
»der drei Tage darauf fing „mein reizendes Kerlchen“ auch üder 
einen entzündeten Hals zu klagen an, und als der Arzt kam, ge⸗ 
nügte das eine Wort: „Dipztheritis“, um Alles klar zu machen. 
— — Heuite ist ein kleiner irisch gesoimmüchter Hügel vor dem 
Thore die einzige Erinnerung an Ihren Besuch. — — Die Mut⸗ 
er hat natürlich richt den geringsien Ve dacht auf Sie; sie hängt 
hren herben Verlust der geduldigen Vorsehung an. Der Arzt that 
nichts, um diesen Glauben zu zeistören; denn das dürfle eben io 
anklug als grausam hein, mir aber hat er es im Vertrauen mitge⸗ 
heilt, daß allein Ihre „schanuerl de Dum uheit“ — es waren seine 
Worte, gnädige Frau — an dem Tode des kleinen Hans die 
—A— 
Theil der augenblicklich grasfsirenden Diphtheritissälle auf solche Ge⸗ 
dankenlosigleit zu schieb/n ist; dus steht j⸗doch fest, daß Erwachsene 
die Dipdtherie oft in so geringem Grade haben, dasß sie dieselbe 
'ür eine einfache Erkältung nehmen. und da die E kältung nicht 
unsteckend ist, so finden sie auch nichts Böses darin, Andere ihrem 
Athem auszusetzen, und können keine Gefahr darin erblicken, ihre 
dpben mit denen And rer in Berübrung zu bringen. Bedenkt