Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sb. Ingberker AAnzeiger. 
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4ẽ 80. Sonntag/ den 21. Mai 0 1876. 
Deutsches Reich. 
München, 18. Mai. Wie die „Süddeuische Presse“ meldet, 
st heute früh der im Justiz⸗Ministerium arbritende Accessist Schneidet 
iach Schloß Berg zu etwaiger Uebernahme der zweiten Stellung 
m KabinetseSeiretariat beschieden worden. Die endgiltige Er—⸗ 
iennung Dr. Ziegler's zum ersten Kabinets-Zekretär soll unmittel⸗ 
dar bevorstehen. 
München, 18. Mai. Bis jetzt (2 Uhr) bekanntes Wahl⸗ 
resfultat: 14,791 tiberale gegen 2118 ultramontane Stimmen ab- 
Jegeben und 254 liberale und 24 ultramontane Wahlmänner ge⸗ 
vählt. (Im Ganzen find 284 Wahlmänner zu wählen. 
München, 18. Die Wahl der fünf liberalen Abgeordneten 
iä durch die keutige Waht vollständig gesichert. Die Liberalen 
saben in 48 (497) Vezirken, die Ultramontanen in 8 (77) Be— 
irken gesiegt. Die Wahl ging in größter Ordnung vor sich, 
benso hatte man sich über die Zusammensetzung der Ausschüsse 
ihne erhebliche Schwicrigkeiten verständigt. Die Piitglieder der 
eichsfreundlichen Partei versammelten sich Nachmittans in dem 
neu engerichteten Saale des Verlegers der Munchner Neuen Nach— 
ichten, Herrn Knorr, in so kolossalen Massen, daß die Zabl 
nehrere Tausend betrug. Bei geselliger Unterhaltung wurden die 
Wahlresultate unter allgemeinem Applaus bekannt gegeben. Heute 
st es zum 10. Male, daß München einen liberalen Wahlsieg er⸗ 
ang. Als Bürgermeister Hr. Dr. Echardt in der Versammlung 
aschien, wurde er mit einem begeisterlen Hoch empfangen. Den 
on Herrn Vecchioni auf denselben ausgebrachter Toast erwiderte 
derselbe mit einem Hoch auf die liberale Stadt München. 
Berlin, 18. Mai. Das Herrenhaus berieth heute über 
jen Gesetzentwurf wigen Abtretung der preuß. Staatsbahnen au das 
steich und nahm ihn in ecster Lesung mit 57 gegen 26 Stimmen 
m. Fürst Bismarck suchte die verschiedenen, namentlich von Con⸗ 
erbativen, dagegen erhobenen Bedenken zu verscheuchen. Er meinte, 
ie Eisenbahn Actionäte wären mit der Aendernng schon zufrieden, 
nur die Directionen sträuoten sich; übrigens follten ja auch nicht 
ille Bahnen für das Reich erworben werden. Schließlich ver⸗ 
icherte Biemard, es sei nicht beabsichtiet, durch die Beschlüsse des 
reußischen Landiogs einen Denck ouf den Bundesrath oder den 
steichstag zu üben. 
Berlin, 18. Mai. Der „Reichsanzeiger“ schreibt: Von 
erüchtweise verlautet, r weiteret Ermordung von Deutschen in der 
Türkei sei an ammicher Stelle nichts bekanrt; namentlich lägen 
jen dem Consul Gillet direkte telegraphische Mittheilungen aus Sa 
pnichi bis zum 16. Mai vor. Die neuesten Telegramme der 
eutschen Botschaft in Konstantinopel erwähnten nichts von der 
Ermordung des Direckors der rumelischen Bahner, Kühlmann, eder 
inderer deutscher Bahnbeamten oder fonst'ger deutschet Staatsan- 
zthöriger in der Türkei. 
Ausland. 
Paris, 17. Mai. (Koln. Ztg.) Die Konigin Christine 
eht in Begleitung des Grafen Onate and ihret Sekretärs am 
fFreitag nach Madrid. Auch die Koönigin Isabella wird in Kutzem 
hre Reise dahin antreten, 
Der Aufstand in Bulgarien scheint rasch eine große Aus⸗ 
ehnung gewonnen zu haben: am 1. Mai brach er aus, am 9. 
ollen schon 185,000 Mann unter den Laffen gestanden sen. Als 
Hrund des Aufstandes bört man die Ueberbürdung init Steuern 
ind die Einkerkerung vieler mit den Abgaben noch im Rückstand 
)efindlicher Familienväter nennen. J 
Aus Bosnien hört man, daß die kürkifchen Trusdpen, die 
nisher im Lager bei Widdin sianden, die ganze serbische Grenze 
idgespertt haben, um den Uebertritt serbischer Freischärler zu ver⸗ 
adern. — In dem Städchen Prjedort im nordwestlichen Bornien 
tes nenerlich zu einem blutigen Kampfe zwischen Christen und Türken 
zekommen; die christlichen Einwohner unterstützten die Au'ständigen 
zurch Ge!d, Kundschafterdiensten und sonst auf jeglich‘t Weise. Die 
krbitterung der Türken wuchs von Tag zu Tag und kam zum 
Ausbruch, als eine Anzahl junger Chtisten das Städichen verlassen 
vollte, um fich den Aufständischen anzuschließen. Es sollen an 100 
Christen und der Erzvriester dabei umgekommen sein. Selim Pascha 
ifte auf die Kunde von dem Vorjsall mit Truppen herbei und ließ 
tliche hundert Mann Besatzung zum Schutze der Christen in dem 
-mtädtchen zurück. 
Rermischtes. U 
Saarbrücken, 13. Mai. Eine ganz eremplarische Strafe 
vurde heute vor dem Zuch polizeigerichte einem Manne aus Wiebels⸗ 
irchen zu Theil. Genannier haste am 22. März aus boshafter 
dachsucht einem Nachbar die Fenster eingeworfen und später den⸗ 
elben in dessen eigenem Hause gröblich mißhandelt und beleidigt, 
ie Frau mit dem Messer bedroht, ja, dem alten Schwiegervater 
es Nachbars die Daumenspitze abgebissen und ausgespieen. Bei 
er Konkurrenz der vielen hier vorliegenden Vergeben und der dabei 
ewiesenen thierischen Rohheit beantragte der Staatsanwalt eine 
gzesammtstrafe vornr5 Jadeeu' Gefängniß. Nach kurzer Berathung 
zerurtheilte der Grrichtshof den Beschuldigten zu 4 Jahren Gefängniß. 
f Zweibrücken, 19. Mai. Gestern Nachmittag verunglückte 
ie 16 Jahre alte Tochter von Ludwig Knobloch in Ernstweiler 
»adurch, daß sie am Rand des Hornbachs mit Salatstechen beschäftigt, 
yon einem ihrer sie hin und wieder heimsuchenden epileptischen An⸗ 
ällen ergriffen wurde, in den Bach stützte und ettrank. (Zw. 3.) 
7 Kaiserslautern.“ Die Pfaälzischen Bahnen gewähren 
en zur Grundstenlegung des Gewerbemuseums am Sonntag hier⸗ 
ser reisenden Festbesuchern 50 pCt. Fahrtaxermäßigung. 
FKaiserslautern, 18. Mai. In der gestrigen Sitzung 
es biesigen Polizeigerichs wurden etwa 50 Burschen von hier, 
velche am 24. April abhin, bei Gelegenheit des heurigen Ersatz⸗ 
zeschäftes die Straßen hiesiger Stadt Arm in Arm und unter 
rüllendem Gesange durchzogen, den Polizeidienern, welche sie zur 
Irdnuna verwiesen, noch ungezogene Bemerkungen machten, und 
ich sonstige Ungehörigkeiten zu Schulden kommen ließen, in Hafte 
krafen von 8 bis 21 Tagen verurtheilt. — Eine weitere Anzahl 
iesiger Burschen, welche, sich zu Thätlichkeiten gegen die hiesige 
Zolizei hinreißen ließ, wird in nächster Zeit vor dem h'esigen tgl. 
Zuchtpolizeigeeichte zur Abuttheilung koumen. (6G. 3) 
F Aus Schifferstadt, 18, Mai, schreibt man der „Pfälz. 
3tg.“: „Die Nachricht pfalzischer Blätier, daß man den Eigen 
ümer des Hutes, welcher neben dem ermordeten Waldhüter Witt 
efunden wurde, ermittelt habe, wird als nicht zutreffend bezeichnet. 
Zisher sind fünf Individuen als des Mordtes verdächtig verhaftet, 
dier von Schifferstadt und einer von Neuhofen.“ 
F Die „Pf. P.“ schreibt: Nach einem Ausschreiben der kgl. 
stegierung soll im Verlaufe des Sommers in jedem Amtsbezirke 
von der: betreffenden Hauptlehrern je ein? allgemeine Lehrerconferenz 
im 31. Mai und zwei besondere Exspectantenconferenzen am 28. 
Juni und 23. August abgehalten werden, woju durch die Distrikts⸗ 
ind Lolalschulinspectionen die Lehrer (diese jedoch nur zu der all⸗ 
zemeinen) einzuladen, die Verweser aber zum Erscheinen aufzufordern 
ind, da für letztere der Besuch obligatorisch ist. Die Gegenstände, 
herche auf der ersten genannter Conferenzen verhandelt werden sollen. 
ind) 1 Die Wichtigkeit der Veranschaulichungsmittel beim Unter⸗ 
icht im Allgemeinen, die Lehrmittel der pfälzischen Volksschulen im 
Zesonderen. 2) Stoffvettheilung auf die einzelnen Lektionen und 
arüber zu führendes Tagebuch. 8) Die Vereinigung der im Fort⸗ 
zildungsbezirke dermalea vorhandenen Bibliothelen. Wahl der Aus⸗ 
hüsse, Bildung von kleineren Lesezirkeln. Die Exspectanten haben 
ür ihre bride Conferenzen je einen Aufsatz zu bearbeiten, nämlich: 
P Wie bringe ich meine freie Zeit zu? 2) Zeichnung der merk—