Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sh. Ingberler Anzeiger. 
der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt. (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
lage), erscheint wochentlich viernal? Dienstag, Donnerstag, Samstag und Sonntag. Der Abonnementspreis beträgt vierteljahrlich 
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We89. Drienstag den 6. guntt 176. 
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Deutsches Reich. 
München, 2. Juni. Herr Asg. Fischer wird seinen Bericht 
über die beaustandeten Wahlen von Zweibrücken gleich nach Pfing— 
jen der Abtheilung zur Berathung und Genehmigung vorlegen. 
Die (lib.) Majorität der Abtheilung beantragt zwar, der Reclama⸗ 
tion eine Folçe nicht zu geben, allein pie man in Abgeordneten⸗ 
kreisen vernimmt, ist im Ehub der dermaligen Kammermajorität 
bereits beschlossen: daß die Zweibrücker Wahlen zu cafsiren sejen. 
— Wie verlautet ist der die pfalzischen Bahnen bett. Gesttzentwurf 
vom Kammerausschusse mit allen gegen eine Stimme zur unveräu⸗ 
derlen Annahme gelaugt, so daß auch dessen Annahme in der Kam⸗— 
mer als gesichert ersch eint. 
Ausland. 
Parit, 5. Juni. Aus Constantinopel, 4. Jani, wird 
amtlich gemelde: Der ErsultanAbdul Aziz hat sich 
heute Morgen durch Oeffnung der Armbvenen mit⸗telst der 
Scheere selbst entleibdt. Die Regierung nahm gefetzliche Erhebung 
vor. Das Leichenbegängniß findet unter den herlömmlichen Feier⸗ 
üchkeiten statt. 
London, 2. Juni. Der neue Großvezier benächrichtigte 
ie Mächte, die Pforte refüsite positivp, auch nur einen einzigen 
buntt des Berliner Memorandums zu billigen. Die Natifikation 
des Kriegsvertrages zwischen Serbien und Montenegro sei am 24. 
Mai ausgetauscht worden. Die Griechen in Konstantinopel ver⸗ 
veigern jetzt ihrem russisch gesinnten Patriarchen den Gehorsam. 
Die Gesandten der 5 Miächte in Konstantinopel beschlossen, der 
Pforte zu rathen, auf einen zweimonatlichen Waffenstillstand ein zu⸗ 
gehen. Frankreich erklärt sich in Folge der Rivolution in Konstan⸗ 
ünopel seiner früheren Zustimmung zu der Berliner Vereinbarung 
entbunden. Die Türker willigt gemnäß dem „D. Tel.“ ein, mit 
den Insurgenten während des Waffenstillstandes zu verhändeln, 
unter der Bedingung, daß Oesterreich nicht Bosnien und die Herze— 
gowina occupire. Die „Times“ sieht in Disraeli's Antwort nichts, 
was unveceinbar sei mit der Hoffnung einer günst gen Lösung. 
die Uisache der Schwierigkeiten liege in den kleinen kriegerischen 
Nachharstaaten der insurgirten Gebiete. Wenn England und Ftank⸗. 
teich jetzt gemeinsam fkundgeben würden, welchen Vergleich mit den 
tevoltirten Provinzen beider Parteien sie für angemessen helten, 
würden ihre Ansichten gewiß die anderen Mächte beeinflussen. — 
Auf die Aufraze der Königin Vikloria wegen der persönlichen 
Scherheit des abgesetzten Sultans antwortete der Großvezier, daß 
det Sultans Gewahrsam ein schöner Palast mit großem Garten 
ei. Er werde seiner Würde gemätz behandelt. — Wie die „Pall 
HDall Gazette“ hört, begleitet Bismarck den Kaiser Wilhelm nach 
ems, wo eine neue Konferenz zwischen Biemarck, Gortschalom und 
Tarolyi stattfinden werd. Czar Alexander verlängert seinen Aufent⸗ 
halt in Ems um eine Woche. — Serbien verweigert nach demselben 
dlatte die Anerlennung Murads und die Tubutsahlung wegen un— 
ꝛegelmäßiger Thronerlangung. 
Dem Journol ,Un'vers“ geht die Nachricht zu, daß eine An⸗ 
ahl Christen im Libanon von türkischen Baschiboschuks niederge- 
macht worden sind. 
RVermisqhtes. 
Bis zum 3. Juni hat die kgal. Kreiskaise der Pfalz an 
erschiedenen Nechsmünzen die Summe von 3,773,842 Mark er— 
salten, an alten Münzen wurde die Summe von 5,232,911 
Mart abgeliefert und eingelößt, etgiebt sich eine Mehrablicferung 
am alten Münzen von 1,459,069 Mark. 
Obertribunalsentscheidung. Die öffentliche An⸗ 
zung derschiedener Klassen der Bevölkerung zu Gewaltthätigkeiten 
egen einander ist auch dann auf Grund des 8 130 des Sitaf⸗ 
Fsetzbuches wegen Gefährdung des öffentli hen Friedens zu bestra⸗ 
wenn die Anreizung die Moͤglichkeit einer Störung des öffent⸗ 
hen Friedens in sich schließt, mag diese Gefahr afz eine nahe 
der entfernte sich äußern. 
7,Paxis, 1. Juni. Der „Figaro“ erzählt einen ganzen 
stoman, aus welchem hervorgehen soll, daß der neue Sultan durch 
zine Großmutter, eine Base der Kaiserin Josephine, mit der Fa⸗ 
nilie Bonaparte verwandt wäre. „Die Mutter des Sultans 
HNahmud, des Großvaters des gegeuwärtigen Sultans, war eine 
jebotene Aimée du Lul de Rivery, aus einer der ältesten und an⸗ 
ejehensten Familien der Martinique, die mehrfach mit der Familie 
Tascher de la Pagerie verschwägert war. Die junge Kreolin wurde 
ach Frankreich geschict um bei den Dames Visitaudines von Nan— 
es erzogen zu werden. Im Alter von 18 Jahren lehrte sie nach 
)er Insel Martinique zurück; aber das Schiff, auf dem sie sich 
»efand, wurde von einem Seeräuber gekapert und nach Algier ge⸗ 
dracht, wo d'e junge Gefangene für eine bedeutende Summe an 
den Dey verkauft wurde. Dieser machte sie dem Sultan Abdul⸗ 
Achmet zum Geschenk. Sie wurde Dank ihrer Schönheit und 
zamenttich auch ihrer musi alischen Talente bald die Favoritin des 
Zultans und nach der Geburt Mahmuds, des Vaters der beiden 
eßzten Sultane, Abdul⸗Medschid und Audul-Aziz zum Rang der 
Zultanin Valideh erhoben. Sie Lebte als Sultanin-Mutter bis 
jum Jahre 1816.“ Nach dieser abenteuerlichen Geschichte wären 
r'cht nur Murad V., soudern auch seine drei Vorgaänger, Ver⸗ 
vandte der Familie Bonaparte, wovon man nie etwas gehört hat. 
F Wahnsinn durch Gläckswechsel. Vor einigen Ta⸗ 
jen, so erzühlt die „Gazelta del Popolo“ in Turin, erkrankte dort 
ner der reichsten Grundbesitzer aus der Umgegend von Mondovi, 
ind fühlte sich bald darauf dem Tode nahe. Er ließ nun seine 
Beliebte, eine gewisse Montani, an sein Todtenbett kommen, und 
ich hier mit ihr ehelich verbinden. Einige Tage nachher verschied 
er, hatte aber noch zuvor seine junge Gaͤttin zum Universalerben 
eines Bermögens, das über eine Mill.on Lire betrug, eingesett. 
Die junge Gattin, die so plötlich aus einer arinen Handarbeiterin 
ine Millionäriu geworden war, gerieth über diesen schaellen Ver⸗ 
nögenswechse! in eine soelche Aufregung, daß sie baid darauf in 
Wahnsiung verfiel, und vor einigen Tagen stürzte sie sich in einem 
inbewachten Augenblice vom Fensler ihrer Wohnung auf das 
Ztraßenpflaster henab, wo sie todt liegen blieb. 
Für die Redaction verantwortlich: F. X. Demeß. 
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upfer. 2. Die Unterhaltungs Nuümmer (22): Der Thee. 
Bon W. Ladowitz. — Gedichte in oberbayrischer Mundart. 
Bon Karl Stielter. III. — Schulmadhen und Hausfrau. 
sovellete von Ferd. Kürnbergec. — Der Nachtigallgesang. 
bon Paul Kummer. Das Zimmer-Aquarium von MaxHol— 
orn. III. Die Pflanzenwilt. — Einige Kaplel zur Geschichie der 
Spitzen. Von Jacob Falke J. — — Verschiedenes: Litera⸗ 
isches ꝛc. — Briesmappe. — Frauen-Gedenktage. — Ferner fol⸗ 
jende Illustraätionen: Ter Teee. Von Erdmann Wagner. — 
Faust und Gretchen. Von Hans Makart. — Romeo und 
Julia. — Von Hans Makart. — Ein Pathengeschenk aus 
davanna. 7