St. Ingberler Anzeiger.
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M 94.
Donnerstag, den 185. Juni J 1876.
Deutsches Reich.
München, 10. Juni. Abgeordneter v. Schlöor war 2 Tage
der Gast des Fürsten Bismarck in Friedrichsruhe und besprach mit
hm die ganze Eisenbahnsrage. Wie maͤn hoͤrt, sind die
beiden Herren darin einig, daß die ganze Eisenbahnfrage in erster
dinie vom wirthschaftlichen urd in zweiter Linie vom finanziellen
Staundpunkte aus zu betrachten und zu behandeln sei. Dabei
spielt die Tariffrage eine Hauptrolle. Wie es scheint, könnte Hierr
p. Schlör Vorstand des Reichseisenbahnamtes werden, allein er bat
dazu wenig oder gar keine Lust. Seine Reise zum Fürsten Bismard
geschah mit Zustimmung unseres Königs, in dessen Namen Graf
Holastein mit Herrn v. Schlor verkehrte. Jedenfalls ist es eine
zroße Anerkennung für Herrn v. Schloͤr in dieser so wichtigen
Frage um seine Meinung befragt worden zu sein.
München, 11. Juni. Der gedruckte Bericht der 7. Ab⸗
cheilung der Kammer der Abgeordneten über die Adgeord netenwahl
m vierten pfälzischen Wahlbezirke Zweibrücken ist zur Vertheilung
gelangt. Die Abtheilung dat mit 1i1 gegen 5 Stimmen auf Vor⸗
scchlag des Referenten beschlossen, es sei Namens der 7. Abtheilung
a die Kammer der Antrag zu bringen: „Hohe Kammer wolle
Heschließen, daß 1. der Reclamation d. d. Blieskastel den 20.
Sept. 1875 eine Folge nicht zu geden sei; 2. die Abgeordneten
des Wahltreises Zweibrücken, die Herren Karl Heinrich Schmidt,
Gustav Schmitt und Jalob Höh als giltig gewaͤhlt zu erklären
eien. Correferent Hennemann hat in eigenem und im Namen von
hier anderen Abtheilungsmitgliedern dem Mehrheitsantrage gegen⸗
iber der Kammer nachftehenden Antrag zur Verbescheidung unter⸗
Freilet 1. Es sei die Urwahl in der Stadt Pitmasens auf Grund
aß Art. 11 des Gesetz s zu vernichten. Da weiter nach Art. 17
zes Gesetzes zur giltigen Wahl der Abgeordneten die Anwesenheit
on 2 Drittheilen der Wahlmänner nöthig ist, der Wahlkreis
Zwerbrücken-Pirmasens 201 Wahlmänner gewuhlt hat, wovon dem
Beirlsumte Zweibrücken 116, also nicht zwei Drittheile, d. i. 134
angehören, so sei 8. auch die Wahl der Abgeordneten im Wahl⸗
treise Zweibrücken ⸗Pirmasens zu vernichten.
Munchen, 12. Juni. Wie wir hören, will der Referent
über den Etat des Cultusministeriums, Abg. A. Schmidi, eine
Aufbesserung der Zulagen der Voltsschullehrer —X
Ausland.
London, 12. Juni. In Dublin hiellen gestern Fenier und
Fenierfreunde ein , Triumphfest, mit Fackelzug, um das Entsprin⸗
gen der sechs fenischen Sträflinge in Westaustralien zu feiern.
3000 Menschen nahmen an der Kundgebung Thdeil. Disracli
vurde im Bildnisse verbrannt.
gegen den Bau des Gewerbemuseumß war) zum Scherz an einer
angen Sitange ein etwa 2 Meter langes schwarzes Tuch — um
jier als Fahne zu dienen — an seiner Wohnung auf, an welcher
äch der Festzug vorbei bewegen mußte, und darunter ein weißes
Brett mit dem Wort „Umlage“. Da das Gericht in dieser Sache
leine Uebertretung weder nach F 8360 Ziff. 11 des R.-St.-G.B.,
noch nach Art. 60 des P.St.G.⸗B., erblicken konnte, wurde W.
zon Strafe und Rosten freigesprochen.
Vorderweidenthal, 11. Juni. Wie dem „L. A.“
von hier geschrieben wird, sind gestern die Brüder Jac. Stengel,
32 Jahre alt, und Hch. Stengel, 60 Jahre alt, beide Maurer
on Birkenhördi, während der Arbeit auf einem Dache dahier mit
inander in Streit geratten, in Folge dessen Hch. Stengel seinem
Zruder mit einem Hammer auf den Kopf schlug, so daß dieser
„om Dache stürzte und nach vier Stunden starb. Die Untersuchung
p'rd darihun, ob der Schlag oder der Sturz vom Dache die To⸗
desursache war. Der Thaͤter ist verhaftet.
FIn Daurkheim wurde am Sonntag das neue geschmad⸗
holle, vortrifflich eingerichtete Badehaus in Gegenwart des k. Re⸗
zierungspraͤsidenten eingeweiht.
F Landau, 12. Juni. Das hiefige Musikfest wird, wie
nunmehr endgiltig festgesetzt ist, am 9. und 10. Juli nächsthin
tatifinden. Der „V. A.“ berichtet darüber u. A.: Es werden
wei Concerte stattfinden, das erste — am Sonntag, 9. Juli —
bird ausschließlich der Aufführung des Oratoriums „Samson“ von
dändel gewidmet sein, das zweite — am 10. Juli — wird Ein⸗
elvorträge der bei'm Oratorium mitwirkenden Solisten und auzer-
em einige Orchesterstücke bringen. Für die Soli sind bedeutende
dräfte gewonnen, deren Namen können jedoch erst nach festem Ab ⸗
hluß der sämmtlichen Vecträge veröffentlicht werden. Der Chor,
jebildet aus den verecinigten gemischten Chöte der betr. Vereine in
daiserslautern, Landau, Pirmasens, Speyer und Zweibrücken, wird
irca 250 Stimmen stark werden, wädrend das Orchester, eirca 60
MNann stark, zum größten Theile gestellt wird don der Capille des
dofthealers in Karlsruhe, verstärkt durch einige Musiker von Fach,
owie einzelne hervorragende Dilettanten. Die ouswärtigen Chor⸗
nitglieder sowohl wie die Musiker werden einquartiert. Die Con⸗
rte werden in der Zeughauskirche stattfinden, jedoch sind noch sehr
dedeutende Arbeiten pöthig, um das Local zweckentsprechend und
vürdig herzurichten.
FIn Speyer tagte am 11. Juni der Verband füdwest—
deutschetr Stenographen im Lyceumssaale. Nach Erstattung des
Jahres und Rechenschaftoberichtes wurde als Vorort für 1876
dis 1877 Ludwigshafen, als Ort für die nächste Wanderversamm⸗
ung Siuttgart gewählt. Außerdem wurden zwei Vorträge gehal⸗
iin; der erste betraf die scheinbaren Schwierigkeiten der Gabels⸗
Ferger'schen Stenographie, der zweitt verbreitete sichüber Guttenberg,
Zenefelder und Gabelsberzer und deren Erfindungen: Buchdrucker ⸗
unst, Lithographie und Stenographie.
4 Speyer, 12. Juni. Die Summe der Beiträge für das
pfälzische Dienstbotenstift ist laut Amtsblatt von 17,076 Mark 5
Gfennig auf 19,620 Mark 5 Pfennig gestiegen.
München. Adele Spitzeder wird am 1. Stvtember
. J. ihre Strafe abgebüßt haben.
Das ‚Manph. Tagedi.“ schreibt: „Seit einiger Zeit treibt
ich in hiesiger Stadt ein Herr (dem Dialekt nach Ausländer)
zerum, welcher leichtgläubigen Leuten nach vorgelegten Mustern.
Taitun zu 5 kr., schöne Leinen zu 8 bis 10 tr., Bettzerge zu7
kr. per Elle u. s. w. anbietel. Selbstverständlich macht das Pub—
itum in Rücdficht auf die tnorm billigen Preise bedeutenda Beitel⸗
lungen, ohne zu ahnen, daß dieselben niemals ausgeführt werden,
sondern nur dazu dienen, die Besteller dermaßen zu verblenden, daß
der Hausirer, eine Partie Buxkin, welche er „ufällig“ bei ßich hot,
ju enorm hohen Preis mit leichtem Spiel an den Mann bringt.
Daß es tei diesem Manöver nicht an den bekannten Redersarten
nebli, „man brauche sehr nothwendig Geld“, „der Associé sei durch—
Permisqtes.
Zweibrücken. Für die am nächsten Montag beginnende
Schwurgerichtssession des 2. Quartals sichen folgende drei Fälle
sur Verhandlung: 1) Am 19. Juni, Morgens 8 Uhr, Welhelmine
Binkel, 21 Jahre alt, ledige Näherin aus Eßweiler, Kantons
Wotfstein, wegen Kindesmord; Vertheidiger Anwalt Tisch. 2)
Am 20. Junm, Morgens 8 Uhr, Friedrich Henninger, 21 Jahre
alt, Winzer aus Kallstadt, Kantons Dürkheim, wegen —AX
der vorsählichen Körperverletzunz mit födtlichem Erfolge, sowie we⸗
jen Vergehens der vorsaßzlchen Körperverletzung; Vertheidier: An—
valt Gießen. 8) Am 24 Juni, Morgens 8 Uhr, Christian
Bampfer, 24 Jahre alt, Ackerer aus Donsieders, Kantons Pirma⸗
ens, wegen vorsählicher Tödtung seiner Schwiegermutter und
Mordversuchs gegen seine Edefrau; Vertheidiger: Anwalt Gebhart.
p Jun Kaiserslautern ist am 8. Juni Nudelfabrikant L.
Welsch von da vor dem k. Landgericht von der Anklage des Un⸗
suges bezw. Erregung von Besorgn'ssen von Gefahren durch Ge⸗
orauch vou Loosungszeichen, verübt am 21. Mai, freigesprochen
worden. Am genannten Tage, dem Tage der Grundsteinlegung
dum Gewerbemuseumsbau, hina W. (welcher zur Vartei gehört, die