St. Ingberler Anzeiger.
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M VIGS. Donnerstag, den 22. Juni 5* 13876.
Deutsches Reich.
— München, 18. Juni. Herr Minister von- Pfretzschner hat
zu seinem Namenstage von Sr. Majestät dem König telegraphische
hlüdwünsche mit der Versicherung erhalten, daß sein Wirken bon
yem vollsten all rhöchsten Vertrauen begleitet sei.
München, 19. Juni. Die allerhöchste Entschließung auf
„ie Beschlüsse der Generalshnode der Pfalz hat die Genehmigung
es Koͤnigs erhalten.
München, 19. Juni. Se. Majestät der König hat dem
Brofessor, Stiftsprobst und Reichsrath Dr. v. Döllinger die Func⸗
ion eines Vorstandes der königl. Atademie der Wissenschaften und
ines Generalconservators der wissenschaftlichen Sammlungen des
Staates auf die Dauer von weiteren drei Jahren übertragen.
München, 20. Juri. Abgeordnetenkammer. Die Kammer
derieth heute den Gesetzentwurf, die Pfälzischen Eisendahnen be⸗
reffend. Art. 1 Abs. a des Regierungspostulats, Ausdehuung der
Bewährleistung des Zinsertrages ꝛc., fand Annahme, ebenso Abs.
). Ausdehnung dieser Gewäheleistung für den Bau der Verbindungs⸗
trecke von Bergzabern nach der Landau⸗-Zweibrücker Linie auf die
Summe von 8,915,000 Mark. — Ferner fand der Antrag des
Adg. Freiberrn von Hafenbrädl Annahme, die kgl. Negierung zu
»rsuchen, mit der großh. badischen Regierung bezüglich der Richtung
der Bahn von Bergzabern aus, eventuell stalt derselben über die
Herstellung einer direciten Verbindungsbahn zwischen dem Bogen
»ei Insheim und einem passenden Punkte zwischen Kandel und
Wörth in Unterhandluug zu treten. Die nächste, Sitzung findet
donnerstag statt.
Ems, 20. Juni. Erzherzog Albrecht von Oesterreich ist
jeute Nachmittag 21/4 Uhr hier eingetroffen und vom Kaiser Wil⸗
selm empfangen worden..
RVermisqtes.
Zweibrücken, 19. Inni. (Eschwurgerichtsverhandlung
il. Quartal 1871. 1. Fall.) Der Asüsenhof bat heute die Wil-
sdelmine Ginkel, 21 Jahre alt, ledige Näherin von Eßweiler wegen
dindsmordes zu 4 Juhren Gefänçniß verurtheilt. Da dieselbe bis—
her einen sehr guten Ruf genoß, und ihre That reuig eingestand,
wurden mildernde Umstände angenommen.
— 20. Juni. (2. Fall). Friedrich Henninger, 21 Jahre
alt, Winzer von Kallstadt, Kantons Dürkheim, der vorsätzlichen
sörperberletzung mit töotlichem Erfolge, sow e ꝛines Vergehens der
leichten Körperverletzung angeklagt, wurde heute der ihm zur Last
zelegten Thatbestände ohne Mildecungsgründe für schuldig erklärt,
worauf über denselben der Schwurgerichtshof eine Gesammistrafe
yon 5 Jahren und 8 Tagen Zuchtbaus und dern Verlust der büc⸗
zerlichen Ehrenrechte auf die Dauer von 3 Jahren aussprach.
F Alsenborn, 16. Juni. Gestern Nacht schlug der Blizz
zei furchtbarem Wetter in das hiesige Pfarrhaus, ohne jtdoch er⸗
jeblichen Schaden anzurichten. Die Insassen kamen mit dem bloßen
Schrecken davon. (Pfarrer in Alsenborn ist Herr Brandstettuer.)
F Die Eröffnung der Eisthalbahn (Grünstadt-Eiseuberg) ist
von der Direktion der pfäl, Bahnen auf Samstag den 24. do.
jestgesetzt. Diese Livie hat von Grünstadt ab folgende Stalionen,
tesp. Haltestellen: Asselheumn, Mertesheim. Ebertsheim, Eisenberg⸗
heitenleidelheim.
Edenkoben, 18. Juni. Bierstreik. Nachdem in der
dorletzten Nummer der „Gegenwart“ zu lesen war, daß vom leßlen
Donnerstag an der Schoppen Biec bei sämmilichen Bierbrauern
uind Bierwirthen 12 Pf. kostet (bisher meistens 11 Pf.), so erschien
m gestrigen Blatte ein „Viele Anti-Biervbereinler“ unterzeichneter
„Aufruf an alle Bierttinker,“ worin es unter Anderei heißt:
„Da die Herren Brauer 12 Pfg. füt den Schoppen Bier und 7
ür den halben verlangen, haden sich die Arbeiter der Nieder⸗
jofer'schen Fabrik dahin geeinigt, von nun an statt Teer nur Wein
iu trinken. Da wir überzeugt sind, daß das braune Wasser mit
10 Pfennig bezahlt ist, ersuchen wir alle Biertrinker um Nach⸗
hmung.“ (Pf. Zig.).
F Die „Pi. 3.“ berichtet aus Speyer vom 20. Juni:
.Die rückläufige Bewegung des Wasserstandes hält an, und die
Fluthen fallen, aber nur sehr langsam. Heute Morgen 6 Uhr
»etrug det Wasserstand am hiesigen Pegel 3,8368 M., was gegen
jen höchsten Stand eine Abnahme von 0,77 M. ergibt. In der
yergaugenen Nacht betrug das Fallen nur 0,00 M., während es
n den vorhergegangenen 12 Stunden 0,15 betiagen hatte. Ein
ochmaliges schwaches Steisen des Wassers ist daher zu vermuthen.
Die hiesigen Bürger sind nun aufgeboten worden, an der Festigung
)er Dämme zu arbeiten. Hoffentlich wird die Gefahr bald vorüber
ein. Auch vom Oberrhein wird beständiges Fallen des Wassers
jemeldet. Der NRhein war bei Straßburg bis zum 19. um
70 Geim Ganzen gefallen. Die bei Straßburg weggeschwemmten
Pappe stamme sind theilweise bis Mannheim und Woims geflöht
vorden. Bet Mannheim haben sie die Männerschwimmschule siark
eschadigt. Auf der elsässischen Strecke Straßburg⸗Lauterburg ist
ein einziger Hauptryeiadamm gebrochen. Dagegen sind vom elsäs⸗
üschen Oserrhein mehrere Dammbrüche zu melden.
Aus Ludwigshafen, 21. Juni schreibt der „Pf. K.“:
Seit gestern ist der Rhein merklich gefallen. — Das Gericht von
iinem Dammbruch bei Reckarau hat sich der „N. B. L⸗Z.“ zufolge
uicht destäligt. Dagegen werd aus Sandhofen (bei Mannheim ge⸗
meldet, daß ein sog Sommerwasserdamm gebrochen ist und dadurch
zegen 3000 Morgen bebautes Land unter Wasser gesetzt sind. Auch
die Dämme bei der Koller-Insel und bei der Kohrhofer Gemarkung
ind gebrochen. — Die Frachtgüterannahme auf dem Mannheimer
Tentralgüterbahnhof ist — einer Bekanntmachung⸗ des Gisenbabn⸗
amtes zufolge — in Folge der Ueberfluthung der über das Rhein⸗
uind Reckavorland nach dem Centralgüterbahnhof führenden Schienen⸗
wege voraussichtlich auf etwa drei Tage eingestellt.
fMannheim, 20. Juni. Seit gestern sind Rhein und
Necar in langsamen aber stetigem Fallen begriffen.
FEin Familiendrama. In Gotlha spielte sich dieser
Tage ein kraurigaes Familiendrama ab. Eine Mutter ertränkte
im dortigen Partteich ihr 5 jähriges Tochterchen, indem sie mit
demselben in den Teich sturzte. Ihr gleichfalls dem Tode geweih-
er 7 jähriger Sohn entfloh seinem Schicksale noch im rehten
Moment, und auch die Mutter selbst fand nicht den im Wasser
zesuchten Tod, sondern wurde lebend mit der entseellen Kleinen
aus der Tiefe an's Land gebracht. Sie ist zunächst ins Kranken⸗
hJaus geschafft worden und wird demnächst ins Gerichtsgebäude
überführt werden.
F Selbst verrathen. Am dritten Pfingsifeiertage hatte
ich ein blinder Geiger dicht am Eingang zum Gesundbrunnen in
Berlin auf estellt und concertirte daselbst, während zwei Kassirer
pas von den Vorübergehenden veradreichte oder hingeworfene Geld
insammelten. Der blinde Geiger spiene und sang unterdessen die
oehmüthignen Lieder, doch plößlich Zielt er inne, hieb mit seinem
Bei genbogen auf den einen Kassirer ein und brüllte d'esen mit den
prosaischen Worten an: „Dett Bemogeln hört aber nu uff, Oskar,
ch hab'elt nu schon dreimal gesehen, det Du d'e Pfjennig in die
hdüchse und die Groschens in Deine Westentasche steckst.“ Kassiretr
Zskar stand wie versteinert da und villescht, wen sein blinder
Beiger gesehen hatte, daß er bemoggeite, warf er ihm die Geschäfts⸗
»üchse vor die Füße und entfloh eiligst, ohne sich von dem gemachten
Borwurf zu reinigen. Das durch diesen Zwischenfall verblüffte
Publikum fing nun seinerseits an, den blinden Spielmann so scharf
uu besehen, daß dieser es für geraden hielt, sich mit seinem zweiten
hm treu geblieberen Gehülfen schleunigst aus dem Staube zu machen.
Eine gute Preoigt. „Ich habe eine schöne Predigt
zehört am vorigen Sonntag!“ sagle eine Frau die einen kleinen
hölerkram hielt, zu ihrer Nachbarin. „Wovon handelte sie?“ sagte
»ie Freundin. „Ich kann mich nicht mehr desinnen, wovon fie
jandelte, ich weiß nur, daß ich aus der Kirche eilig nach Hause
zing und meine falschen Gewichte wegwarf.“