Full text: St. Ingberter Anzeiger

rxoͤrtern. Auf diesem soll auch der Anttag des Gewerbemuseums⸗ 
ereins erledigt werden. Die vom Reichzkanzleramt veranstaltete 
ẽrhebung über die Verhältnesse der Lehrlinge, Gesellen⸗ und Fabrik⸗ 
srbeiter hanie den Berband veranlaßt, alle ihm angehörigen Vereine 
u Berichten und Gutachten aufzufordern; es sind jedoch dieser 
Aufforderung nur sechs Vereine (Neustadt, Kaiserslautern, Kirche 
eimbolanden, Kusel, Grünstadt und Bergzabern) nachgekommen. 
Dder auf Grund dieser Aeußerungen verfaßte Bericht des Vororts 
vird durch den Reichstagsabgeordneten Dr. Zinn der Reichsregierung 
ibergeben werden. Auf die Tagesordnung des nächsten Verbands 
ags, der am 10. September in Speyer zusammentritt, wurde 
ußer den vorerwähnten Gegenständen noch gesetzt, die Besprechung 
sber Farbenblindheit und dessen Gefjahren bei'm Eisenbahndienst, 
iber den Anschluß an den bahyrtrischen Gewerbevereintag, über Be⸗ 
oilligung von Reisekosten für die Delevitten, über Festsetzung der 
gerbandsbriträge, über das Institut der Fabrikinspectoren in Bayern. 
Im. Königreich Bayern sind im Jahre 1875 im Ganzen 
.499 Eilroukungen an den Pocken zu verzeichnen, hiervon treffen 
271 auf Unterfranten, 142 auf Niederbayern, 39 auf Oberbayern. 
16 auf Viitielfranken, je 10 auf Obeiftanken und Schwaben, 8 
zuf die Oberpfalz und 3 auf die Pfalz. Die Gesammtzahl der 
Todesfälle an den Pocken bezifferte sich auf 75. 
Wird eine Person bei dem Betriebe einer Eisenbahn durch 
aigenes Verschulden und zugleich durch das Berschulden der Eisen⸗ 
ahn⸗Verwalrung berletzt oder getödtet, so schließt das eigene Ver⸗ 
chulden des Vernanglückten deu Entschädigungsanspruch nicht ohne 
Weitttes aus, vielmehr hat der Richter das beiderseitige Verschul⸗ 
zZen hinsichtlich der Art und des Grades, sowie des Einflusses des⸗ 
elben auf den eingetretenen Unfall abzuwägen. Erkenntniß des 
Reichs⸗Oberhandelsgerichts, 1. Senats, vom 9. Mai d. J. 
fIn ben Tagen vom 3. bis 6. Seplember versammeln sich 
die deuischen Forstwirthe in Eisenach. 
fBismard-⸗Kultus. Auf seiner Reise nach Kissingen 
zat sich der Reichskauzler auf dem Bahnhof,in Salzungen ein 
Hlas dortigen Klosterbiers geben lassen, wonach die Vereinsbtauerei 
Ht Bier nun, Bismarchbier“ nennt. Das Glas, aus dem Bis⸗ 
marck getrunten, wurde von einem Herrn für drei Mark gekauft. 
Die Salzunger waren überhaupt gegen den Reitskanzler fehr zu⸗ 
hunlich; ein Stadtverordneter fragte ihn, ob der Europäische Friede 
nun gesichert sei, auch der Brauereidirector stellte sich vor und ein 
Oritter lud den Kanzler ein, doch das Soolbad Salzungen zu ge⸗ 
zrauchen, worauf er geantwortet, daz er, wenn die Aerzte es 
dünschten, auch einmal hierher kommen könne. Die Unterhaltung 
n Salzungen soll ihn sehr erheitert haben, unter den Hochrufen 
zer Menge fuhr er freundlichst grüßend von dannen. 
f Kiel, 16. Juni. Heute wurde von dem hiesigen Kreis⸗ 
zericht der Reichenags-Abgeordnele Liebknecht (Sozialdemoktat) wegen 
inen im leßlen Winter zu Neustadt gehaltenen Vortrages, in dem 
angeblich eine Beleid gung der deutschen Armee enthalten sein soli, 
zu“2 Monaten Gefängutß verurtheilt. Der Staatsanwalt hatte 8 
Monate beantragt. 
Bretten. Ein Gemeindediener im Amisbezirk Bretten in 
gaden hat in voriger Woche thatsächlich folgende Bekanntmachung 
mit der Schelle verlündet: „Es wird hiermit bekannt gemacht, daß 
eder Hund mit einer 3 Meier langen Blechinarke verseten wer en 
muß. Wer einen Hund herrenlos herumlaufen läßt, der wird mit 
2 Marl bestraft und nach einigen Tagen getoͤdtet'. 
F Eilsässer und badische Blätter bringen Aufrufe zu Samm⸗ 
ungen für die Ueberschwemmten. Einem Aufrufe des Ersteiner 
dreiscomites entnehmen wir folgende Stelle: Am 183. 14. und 15. 
Juni c. sind die Ortschaften Rheingau, Frießenheim, Boofzheim, 
Obenheim, Daubensand, Gerstheim, Kraft, Plobsheim in Folge der 
Rhe ndammbrtüche bei Plobsheim, Kraft, Gersiheim, Rheinauer 
Mühle, Schörau und weiter oberhalb in überraschender Weise über⸗ 
luthet worden. Hunderte von acuien Taglöhner-Fainilien haben 
hre Wohnungen unter Zurücklassaug ihres Hausraths räumen, ihr 
Vieh zum Theil im Freien unterbringen müssen. Sie sind aus 
Wochen erwerbsunfähig. Die Ernte au Futter, Kartoffeln, Gerste 
und Hauf ist vernichtet und nuc mit großen Kosten werden die 
Felder wieder nwutzbar gemacht, die Häuser, Stalle und Scheunen 
dieder hergestellt werden können. Auch ein Theil der Feldmarken 
von Eschau, Erstein uad Illk rch-Graffenstaden ist übecschwemmt. 
In Gersiheim sind 120, in Ober heim, 3, in Rheinau 8, in Plobs 
deim 15 Häuser, Stalle ꝛc. eingestürzt, andere werden bein Ablauf 
des Wassers nachfolgen; in Rheinau müssen gegen 250 Menschen 
nuf dffeniliche Kosten gespe st werden. Eine Menge Familien ver⸗ 
riert fast die ganze Ernte. 
pEin Berichterstatter der „Köͤln. Zig.“ in Konstantinopel 
jat durch einen Beamien des kaistrl. Palastes erfahren, daß d'ie 
Zahl der an die Adresse des Sultans aus Europa eingelaufenen 
Zetlelbriefe und Schrifistücke ähnlicher Gattung sich auf mehrere 
Tausende beläuft, unter welchen sich einige merlwürdige Sachen 
Fefinden. So fragt z. B. ein kürkinnenfreundlicher Hamburger an, 
ob nicht die ihres Herrn beraubten Shavinnen des verstorbenen 
xx⸗Sultaus billig ins Ausland abgegeben werden koͤnnten, wobei 
Fesich gleichzeitig nach den Preisen en gros und en detail er⸗ 
undigt. Wurdiger tritt ein englischer Landgeistlicher auf, der in 
men medrere Bogen starken Hirtenbriese den neuen Herrscher zum 
guten' ermahnt, ihn vor den böjen Wegen warnt, die sein Vor⸗ 
zänger zum Schaden des Landes und des eigenen Seelenheiles 
jewandelt, und ihm jchließlich die ernstliche Prüfung der Wahrhei⸗ 
en des Christeuthums zur Pflicht macht, durch dessen An nahme 
zas Türkenreich einzig und allein gerettet werden loͤnne. Am 
riginellsten jedoch ist unstreitig ein Gesuch von einer Studenten⸗ 
erbindung einer holländischen Universität, welches den Sultan auf 
em Wege der Posikarte benachrichtigt, daß auf dem ersten Kneip⸗ 
bende nach seiner Thronbesteigung auf sein Wohl ein kräftiger 
zchluck getrunken worden sei, und — hier kommt des Pudels Kern 
gleichzeitig um Uebersendung einer Quantität edlen Cyperweines 
ttel, da it die Gejundheit des Padischah künftig aus besserem 
Ziofft geirunken werden koͤnne. 
p'In Yerres, einem Dorfe in der Nähe von Paris, wa⸗ 
en die Lusischiffer Sivant und Chausse beschäftigt, ihren Ballon 
Francais“ zu füllen. Als sie nun im Begriffe waren, einzustei⸗ 
— großer Schäferhund mit blutunterlaufe⸗ 
en Augen, Schaum dor dem Munde, also unzweifelhaft toll, un⸗ 
er die Teute. Alles stod entsetzt auseinander, der Hund b's indeß 
nicht um sich, sondern spang mit einem Satze in die Gondel und 
lieb dort wie angewurzelt stehen, wüthend um sich blicend. 
z yneidet die Taue ab, rief Herr Chausse, man gehorcht. Mit 
inem Ruck war der Ballon zu einer enormen Hoͤhe emporgeschnellt 
ind bald verschwunden. Französische Blätter, welche diese Sen⸗ 
ationsgeschichte erzählen, nielden noch nicht, was aus dem Ballon 
ind seinem vollen Infassen geworden ist. 
f Sturm auf der Insel Caprera. General Garibaldi 
ollie nicht die Freude erleben, seine gel ebte Einsiedelei auf der 
rcaprera in demselben behaglich mn Zustande wiederzusehen, wie er 
ie vor sechszehn Pionaten verlassen hatte. Wenige Tage vor seiner 
Unkunft hatte zwischen Ceprera und Maddalena ein Sturm gewüthet, 
er Mauern und Väume niederriß, Dächer abdedte und das Wasser 
veithin über die Felder und die Schwellen der Häuser trieb. 
garidaldi's Gatten und Weiunberge, sowie die von ihm mit großer 
Zorgialt gepfleoten Odstbäume wurden dermaßen heimgesucht, daß 
vohl Jahre vergehen können, bevor sie wieder io dastehen wie früher. 
Fin ticiner Boch, der durch die Insel fließt und kaum hinreichte, 
inige Ochsen zu träuken, trat aus und richtete durch seine Ueber⸗ 
chwemmung enisetßlichen Schaden an. 
Aus Si. Johns (Ouebed) merdet eine Reuter'sche Kabel⸗ 
epesche vom 18. d.: „Gestern brach hier eine Feuersbrunst von 
normem Amfange aus, wodurch fast der ganze Geschäftstheil der 
Ztadt zerstoͤrt wurde. Beide Seiten der Richelien-Strett und 
ie Ostseite von Champlain⸗Street braunten in ihrer ganzen Länge 
zieder, inck. sieben Hotels, neun Kirchen, das Zollamt, der Ge⸗ 
ichtshof, zwei Baulen, die XEEXV 
grücke und mehrere Schiffe. Im Ganzen wurden ungefähr 200 
Dagazine und Wohnhäuser ein totaler Raub der Flammen. Der 
inge zjcherte Distriẽt hat eine Lange von einer (enal.) Meile (/⸗ 
Ztunde) und eine Breite von 600 Fuß. Mehreie Frauen kamen 
n den Flammen um. Der angerichtete Vermogensjchaden wird 
zuf Lis Millionen Dollars deranschlagt. 
(Bon Newyort nach San Franziskoin 84 
Ztunden.) Ein Eilzug, welchen die Herren Jarret und Pal— 
ner arrangirt haben, verließ Jersey City am 1. Juni, um am 4. 
Juni in San Franzisko einzuireffen. Die ganze Fahrt ist also 
a achtzig und einigen Stunden —XVV— 
ner haden für ihren Eilzug Arrangements mit der Pensylvania⸗, 
z»er Pittsburg⸗, Fort Wayne- und Chicago⸗, der Chicago⸗ und 
dorthwestern⸗ / der Union ⸗Pacific und der Central⸗Pacific Eisenbahn 
zetroffen, welche ihnen die Benutzung dicset Bahnen und das 
Wegerecht vor allen anderen Zügen sichern. Der Zug bestand aus 
ine Lolomolibe, einem kombinirten Passagier-, Post und Gepäck⸗ 
bagen und einem der Pullmann'schen Palast⸗Hotel ⸗Wagen. Die 
Fahrt soute nicht viel rascher sein, ais mit Expreßzügen; da aber 
zur au einigen Punkten und zwar nur wenige Minuten angehal⸗ 
en wird, so ist viel Zeit gewonnen. Das Billet für die Reise 
nit diesem Zag nach San Franzisko und zurück kostet allerdings 
00 Dollars, aber man hau auch Etwas dafür. Das —XV 
erechtigt den Besitzer zur Reise nach San Franzisko auf dem er⸗ 
oabnten Sp cialzig, zu eiuem Doppelbeit in dem Pullmann'jchen 
Zalaftwagen, zu Mahlzeiten à la carte während der Reise in 
em Hotelwagen, zu einer Woche Aufenthalt nebst Mahlzeiten im 
HZrand Palace Hotel in San Franzisko und zut Rückfahrt mit 
»inem Zug erster Klasse zu irgend einer beliebigen Zeit. 
Fur die Redaction verantwortlich: FJ. X. Demeß. 
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