Slt. Ingberler Anzeiger.
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AM 104.
Sonn tag, den 2. Juli 1876.
Deutsches Reich.
München, 28. Tuni. Das kgl. Kriegsministerium höt ge⸗
nehmigt, daß auf Maͤrschen, sobald bei großer Hitze nach dem
oflichtmäßigen Ermessen des Befehlshaber einer marschirenden Truppe
poraussichtlih Menschenleben auf dem Spiele stehen, die Tornister
der Mannschaften gefahren werden dürfen.
München, 29. Juni. Der König hat beute dem Staats-
rath im außerordentlichen Dienste, Herrn Regierungs-Präsidenten
zon Braun in Spehyer, zu dessen Namenstage die herzlichsten Glück⸗
vünsche zugesandt.
Muͤnchen, 29. Juni. Bezüglich des Gesetzentwurfes über
die Pfälzischen Eisenbahnen wird vom Referenten des Finanzaus⸗
chusses der Reichsraihskammer, Hrn. v. Niethammer, die unverän⸗
derte Annahme nach den Beschlüssen der Abgeordnetenkammer be⸗
antragt. Der Gesetzentwurf wird in der Reichsrathskammer in den
nächsten Tagen zur Berathung gelangen.
Man jchreiht dem „N. W. A.“ aus Jugenheim: „Die Hoff—
nung auf eine Verständigung zwischen Rußland und England hat
einen starken Stoß erlitten. Von Bedeutung in dieser Richtung
var der folgende Zwischenfall. Generalkonsul Jonin madhte die
Mittheilung, daß ein Schiff mit englischen Waffen für Muthtat
Pascha an seinen Bestimmunasort gelangt sei und daß ein Attache
zer englischen Botschaft in Wien Mukthar Pascha Geld überbracht
zabe. Der Zar, von dieser Mittheilung in Kenntniß gesetzt, ge-
ieth in solche Erregung, daß er ausrief: „Nun hat meine Friedens⸗
siebe ein Ende.“ Fürst Gortschakoff wurde auch sofort beauftragt,
nach Belgrad die Anfrage zu richten: Ob die Zwangsanleihe effek⸗
wirt sei und wie es mit den Gelemitteln stehe“ Die Antwort fiel
zegreiflicherweise so aus, daß der Zar noch an demselben Tage An⸗
jaß hatte, den Befehl zu ertheilen, es seien für Serbien vier Mil⸗
ionen Rubel flüssig mm machen. Es haben sich auch bereits zwei
erbische Beamien auf den Weg gemacht, um die genannte Summe
zuu bebeben.“
sie gehören zum zweiten Landwehraufgebote. In Smyrna sollte
»benfalls ein Lager von 70,000 Mann formirt werden; aber es
st beschlossen worden, daß die dort aus dem Inneren ankommen⸗
den Redifs (Landwehrleute) sofort eingeschifft und nach den ver⸗
chiedenen Punkten des Kriegsschauplatzes expedirt werden. Ferner
st schon das dritle Aufgebot einberufen, so daß bei etwaigem Wi⸗
»erbeginn der Feindseligle'ten nach Ablauf des Waffenstillstandes
mit den Aufständischen mehrere imposante Armeen gleich operiren
foönnen. K. 3.)
Bermischtes.
4 Slt. Ingbert, 1. Juli. Gestera Morgen gegen 2412
Uhr schlug der Blitz in das Dach des hiesigen Polizeigerichtsgefäng⸗
nisses, jedoch ohne zu zünden, wobei ea. 2 Quadrat⸗Meter Ziegeln
erschmetiert wurden.
T Zweibrücken, 28. Juni. Bei der gestern stattgefundenen
Beneralbersammlung des hiesigen Gaswerkes wurde beschlossen, für
»as abgelaufene Jahr eine Dividende von 12 0109 zur Ver⸗
heilung zu bringen.
Kaiserslautern. Den neulich im Stadtrath vorgebrachten
Beschuldigungen gegen Herrn G. F. Kolb war auch in der K. 3.“
lusdruck gegeben worden. Hierdurch veranlaßt, veröffentlicht Herr
dolb jetzt eine Erklärung, worin er sagt, es sei unwahr, daß er
iberhaupl in der Angelegenheit der Lauterthalbahn agitirt habe, sei
nach der einen oder der anderen Richtung; eben so wenig sei es
vahr, daß er die Stellung theile, welche Abg. Kurz zu dem ganzen
Besetzeniwurf überhaupt genommen habe. Nur in einem Punkte
sabe er nicht mit seiner Ansicht zurückgrhalten, er habe nämlich
nehrfach seine Entruͤstung ausgesprochen über die Verdächtigungen,
helche wiederholt und namentlich bei Gelegenheit des fraglichen
zesetzenwurfes gegen die Direction und den Verwaltungsralh der
Zfälzischen Bahnen unter der Hand ausgestreut worden seien. „In
ieser Beziehung,“ sagte er, „habe ich allerdings sowohl einen Ab⸗
seordneten von der nationalliberalen, als einen von der „ultramon—
anen“ Partei — und der letzte war allerdings der Abg. Kurz —
ffen, und so angelegentlich, als ich nun konnte, angegangen, beim
Wiederauftauchen irgend einer derartigen Verdächtigung auf strenge
intersuchung zu dringen, alt deren Resultat die Erklärung einer
Zerleumdung sich herausstellen müsse.“
F Kaiserslauptern, 29. Juni. (Kais. 3.) Gestern Nach⸗
nittag fand zu Olsbrücken eine sehr zahlreich aus allen Theilen
es Lauterthales und den an dem Bau der Lauterthalbahn interes⸗
irten Gemeinden besuchte Versammlung statt, die einen Beweis
avon gab, daß der Bau dieser Bahn einem wirklichen Bedürfnisse
ntsprechen würde. Nach längerer Debatte wurde beschlossen, sowohl
jon Seiten des Eifenbahn⸗stomites, wie von Seiten der belheiligten
hemeinden Petitionen an die Kammer der Reichsräthe zu richten,
n welchen gebeten wird, die Zinsgarantie für die Lauterlhalbahn
siedet in das von der Abgeordnetenkammer herübergegebene Eisen⸗
ahngesetz einzusetzen. De von den Herren Einnehmer Hartmann
uus Lauterccken und Pfarrer Reiffel aus Otterberg verfaßten Ent⸗
pürfe zu diesen Petitionen wurden verlesen und gutgeheißen; die
om Eisenbahn-Komite abzusendende Petiton wurde sofort unter⸗
eichnet; die Unterschriften zu der anderen Petition, resp. die Anschluß⸗
rtlärungen sollen von den betr. Bürgermeistern, resp. Gemeinde⸗
zertretungen schleunigst an das Bürgermeisteramt Kaiserslautern ein⸗
gesendet werden.
Sßeyer, 27. Juni. Der hiesige Gewerbeverein, dessen
ifriges Bemühen es ist, die Industrie der Stadt Speyer mehr und
nehr einer gedeihlichen Entwickelung entgegenzuführen, hat in rich⸗
iiger Erkenntniß des Nutzens, der dem Handel und Wandel einer
Stadt aus Gewerbe- uad Industrie-Ausstellungen erwächst, gegen
ẽnde des verflossenen Jahres den Plan gefaßt, im Laufe des Jahres
1876 in der Kreishauptstadt Speyer eine Lokal⸗-Gewerbe und
Industrie Ausstellung in das Leben zu rufen. Nach mühsamer Vor—⸗
arbeit, nach Ueberwindung vieler entgegenstehenden Hindernisse, deren
Ausland.
Belgrad, 29. Juni. Unter Kanonendonner und dem Zu⸗
rufe der Bevölkerung ist Fürst Milan heute Morgen nach der Grenze
abgereist. Der Fürst wird an der Grenze eine Proklamatin er⸗
assen. Der Meiropolit und die Bischöfe sind gestern abgereist, um
die Armee zu segnen.
Aus Belgrad erhalten die „D. A. C.“ folgende Notit
Zu den verschiedensten Conjecturen, die natürlich je nach der Seite
weschend. sind, von der sie gemacht werden, giebt der Umstand
Anlaß, daß vor wenigen Tagen der Großfürst Wladimir von Ruß:
sjand und der General Tadjeff hier im strengsten Incognito ein⸗
jetroffen sind und dann an die Grenze, in das Lager von Alerxinatz
deisten. Hier will man darin einen großen Beweis des Interesses
sehen, das Rußland am Erfolge Serbiens nimmt.
Die Rüstungen Serbiens üben ihren Rücschlag auch auf
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zer ferbischen Grenze, nach einer Mittheilung der Presse, eine Er⸗
zebung stattgefunden. In der Nähe von Nisch und Widdin kam
s zu heftigen Kämpfen zwischen Bulgaren und Türken. Im
Illichen Baltan herrscht große Gährung wegen der Schandthaten
det Türken; ‚das Lapd isi vollständig dort verwüstet, 180 Dörfer
ingeäschert, in tausenden von Familien die Frauen entehrt und
u Sclaven gemacht und 200 Priester und Lehrer gefangen und
niedergemetzelt. Trostlosigkeit uad Verzweiflung herrscht im ganzen
Sandjack“ — so meldet die Ag. Russe. Nach der Versicherung einer
ürkischen Autorität sind nur 18,000 Menschen, Manner, Weiber
ind Kinder in Bulgarien umgebracht. Bulgaren taxiren die Zahl
auf 30,000.
Konstantinopel, 23. Juni. Nie sah man so viele Sol⸗
daten in den Straßen Peras und Stambuls. In Beicos am asi⸗
atischen User des Bosporus wird ein Lager von 70 -80,000
Mann errichtet; schon sind mehrere Tausende angekommen, und
die Dampfschiffe der Regierung bringen fort und fort Soldaten;
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