Full text: St. Ingberter Anzeiger

Hl. Ingberler Anzeiger. 
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M 106. Donnerstag, den 6. Juli 
1876. 
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Deutsches Reich. 
Muünchen, 3. Juli. Der Finanzausschuß ist seit mehreren 
Tagen mit dem Kultusetat beschäftigt. Der Referent A. Schmid 
jat den Antrag gestellt, für den Ausbau der katholischen Kirche in 
zweibrücken 20,000 fl. in das Budget eirzuse ßen. 
Am 3. d. hat der Finanzausschuß der Kammer der Abge⸗ 
ardneten bei fortgesetzter Berathung des Kultudetats die Postulate 
ur die in Folge der neuen Schulordnung vom 20. August 1874 
in den Lateinschulen errichteten 5. Klassen, beziehungssweise für die 
in denselben angestellten 25 Studienlehrer mit 8 (ultram.) gegen 
z (lib.) Stimmen abgelehnt. 
München, 85. Juli, 8 Uhr Nachmittags. Die Kammer der 
Abgeordneten hat heute die Wahl Zweibrücken⸗Pirmasens für un⸗ 
zilͤg erklart. (Die HO. Oberappeltath Karl Schmidt, Beiirksamt⸗ 
ann Gustav Schmiln und Gutsbesißer Jatob Höh sind demnach 
hon heute an keine Abgeordneten mehr. Hoffentlich vird unser 
Wahlkreis der ultramontanen Kammermehrheit dieselbe Antwort er⸗ 
heilen wie vor einiger Zeit München J.) G6w. 3.) 
Berlin, 3. Juli. Einem Pariser Telegramm der National⸗ 
Zeitung“ zufolge wäre General Klapta in türkische Dienste getreten 
ind bereils nach dem Kriegsschauplotz unterwegs. 
Ausland. 
Paris, 2, Juli. Es wird eine Nachricht des Londoner 
Echo“ hierher telegraphirt, wonach Earl Derby wegen Meinungs⸗ 
zifferenz mit Disraeli seine Demission einreichen wollte, daß dies 
iber in Folge hoher Jutervention unterblieb. — England wird 
75 000 Viann für den Orient ausrüsten. — Der Konflikt unseres 
Ministeriums mit der Linken ist noch nicht beigelegt. — Der „Agence 
havas“ zufolge wird das Miltelmeergeschwader am Dienstag Tou⸗ 
on verlassen. — 
Paris, 4. Juli. Der „Agence Havas“ zufolge ist im 
Miin sierralh über die neuesten Ereign ffe im Orient Berathung ge⸗ 
oflogen: aus den eingelaufenen Informationen habe sich ergeben, 
zaß die Politk, der Enthaltung, der Nichteinmischung am meisten 
Aussicht habe, von den europäischen Mächten befolgt zu werden, 
ine Politik, welche auch die der franzoͤsischen Regietung sei. 
Belgrad, 83. Juli, Abends. An der Südostgrenze haben 
nehrere ernste Gefechte statigefunden; nach dreistündigem Kampfe 
erstürmte General Tschernajeff das von mehrer⸗en fürkischen Batail⸗ 
dnen vertheidigte befestigte Lager bei Babina Glawa; die Türken 
hurden in die Flucht geschlagen und verloren Pferde und Gepäck. 
Ranko Alimpics kämpft heute vor Bellina. 
Belgrad, 5. Juti. (Ojficiell.) Der serbische General 
Tschernajeff, gegen Pirot vorrückend, hat Akapalanka genommen. 
Die Türten griffen Zaicar an, wurden aber zurückgeschlazen. Die 
Zerben beobachten in Zaicar eine defensive Haltung. Ranco Alim⸗ 
Fics eroberte die Schanzen von Belina. Alle Vortheile sind bis 
etzt allenthalben auf Seite der Serben. 
Konstantinopel, 4. Juli. Eine Depesche der Turqnie“ 
rus Woddin meldet: „Die Serben griffen die rürkischen Truppen 
in. Rach lebhaftem Kampfe wurden die Serben zurückgeworfen. 
die Tücten drangen am 2. Juli Adends in Serbien ein; und 
rückten siegreich bis Zajeka (Zaicar, Satschar) vor, indem sie alle 
mliegenden Positionen der Serben besehzten. Die Serben wurden 
n die Flucht gejagt; sie verloren 2000 Mann. Der Verlust der 
Türcken ist verhältrißmätig gering.“ 
Ueber die Stärle der türkischen Streitktäfle, welche zut 
Bertheidigung der bedrohten Landestheile, concentrirt wurden, ver⸗ 
affenilicht die „Corr. Orientale“ falgende Daten: Die Observations⸗ 
Urmee in der Herzegowiana zählt 82,000 Mann, jene an den ser⸗ 
hischen Grenzen in diei Corps, bei Widdin, Nisch und Nov'⸗-Bazar, 
usammen 48,8317 Mann. Der Stand der in Ober Aldanien ver⸗ 
ammelten Truppen beträgt 11,520 Mann, also Alles zusammen 
inschließlich einer auf 20,000 Mann veranschlagten Rejerve 112,000 
Fombatlamen — Außerdem stehea in Konstantinopel 10,000 Mann, 
muf Nrag 7000. in Macedonien, Epirus und Tessalien 7500, in 
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Syrien 17,000, in Kurdistan 20,000 und in verschiedenen Gar⸗ 
nisonen 10,000 Mann. Der GesammtEffectivstand der türkischen 
Armee giebt dieselbe Quelle auf 206,000 Mann an, wozu jedoch 
och in kurzer Zeit 10 Regimenter Redifs aus Kurdistan nund 
„yrien, zusammen 30,000 Mann, und 43 Bataillonr Redifs zwei⸗ 
er Kategorie, zusammen 15,000 Mann stoßen sollen. Wie wir 
sen Konsiantinopeler Journalen entnehmen, wurden in den letzten 
Tagen des Monats Juni von Konstantinopel täglich mehrere Ba⸗ 
aillone theils nach Nisch, theils nach Kleck abgeschickt, so daß der 
Ztand der operirenden Armee sich heute gegen die Angaben der 
erwähnten Correspondenz wesentlich höher stellen dürfte. 
Das serbische Heer hat am 2. Juli nach drei Richtungen 
sin die türkische Grenze überscheitten: Die Hauptmacht unter Ge⸗ 
reral Tschernajeff (Morawa⸗Armer) ist, wie die Telegramme melde⸗ 
en, mit den Türken bereits westlich zusammengestoßen. Gegen 
Westen rüchte die Drina⸗Armee (eine Division stark) unter Ranko 
Alimpics am 2. Juli unbcehindert vor, am 8. kam es auch dort 
um Kampf. Gegen Osten drang die Timok Armee (eine Division 
tart) unter Oberst Rajko Beschjanin vor und soll sich des Forts 
Adetale bemächtigt haben, welches die kürkische Besatzung räumte. 
Die Namen der drei Armeen sind von den Grenzflüssen Drina 
aind Timotk und der Serbien von Süden nach Norden durchfließen⸗ 
den Morawa genommen. 
Aus Konstantinopel wird der „Vol. Corr.“ telegraphisch 
gemeldet, die Pforte habe in Folge des serbischen Ultimatums eine 
TFircularnote an die Pariser Signatarmächte gerichtet, welche besage, 
»aß die Pforte, sich im Falle eiues serbischen Angriffes gegenüber 
Zerbien jeder Beengung für enfbunden erachte und von dem Rechte 
der Vertheidigung auq über die serbische Grenze hinaus Gebrauch 
nachen werde. Wie amilich verlaute, sei von mehreren Seiten, 
iamentlich auch von England, bereits billigende Antwort auf jene 
Fircularnote eingetroffen, und sei heute auch aus Petersburg eine 
ustimmende (7) Erwiderung Rußlands angekündigt. 
Im Unterhause erklärte der Unterstaatssecreliär Bourke auf 
eine Anfrage Simons, die Regierung unterhandle mit Deutschland 
vetreffs gemeinsamer Schitte wegen den Ausländern auf Cuba 
auferlegten Kriegßabgaben. 
Vermischte. 
F. In einem Schreiben an den Kaiserslauderer Stadtrath er⸗ 
lärt Herr Kolb die Behauptung, als habe er ultramontanen Ab—⸗ 
zeordneten Beweismaterial gegen die Lauterthälbahn geliefert, als 
iine Lüge und sandte gleichzeitig sein Diblom als Ehrenbürger 
urück. J 
f Vom oberen Gebirg, 1. Juli, wird der „Rhpfe“ ge⸗ 
hrieben: Der geiürchtetete Wurm hatte streckenweise wieder stark 
in den Weinstöcken sich angesetzt. Zum Glück hat das Blüthen 
er Trauben bei der großen Hitze der jüngsten Tage sehr entschiedene 
Fortischritte gemacht, so daß das schädliche Insect wohl wenig mehr 
erdetben wird. Stellenweise sieht man schon bedeutend entwickelte 
Traubenbeeren. 
In München hat diesee Tage eine Versammlung von 
Hertretern deutscher Kriegerverbände stattgefunden, um die Einigang 
zmmilichetr Verbände anzubahnen. Ein Statutenentwurf war be⸗ 
reits von einer gemeinschaftlichen Commission des „deutschen Krie— 
serbundes“ (circa 63,000 Mitglieder) und der „Allzemeinen deut⸗ 
hen Kriegerkameradschaft“ (c rea 22, 000 Mitglieder) ausgearseitet; 
13 es aber zur Festtellun, des Namens kam, entzweite man sich. 
die Vertreter des deutschen Kriegerverbandes verlangten einen neu⸗ 
ralen Namen und acceptirten als solchen die Bezeichnung: „Deutsch⸗ 
andkestriegerverband'. Die Vertreter der „Allgemeinen deutschen 
dri⸗egerkameradschaft“ dagegen wollten diesen Namen nur verallge⸗ 
neinert wissen und verweigerten, als dennoch der Name „Deutsch⸗ 
ands Kriegerverband'“ angenommen wurde, ihrer Auschluß, sodaß 
)er Vereinigungsversuch als gescheitert anzufehen isi. 
*? Augsburg. 1. Juli. Die Zahl der Hunde, welche in