humer Europas aufsaugt. IDie Franzosen find nicht wenig stolz,
doß auf das Anlehen der Stadt Paris, die 100 Mill. Francs
jordert,s Milliarden gezeichnet wurden, und die „Ag. H.“ stellt
höhnisch XLDDDD
jchen Eisenbahnanleihe gegenüber das allerdings viel zu denken
gibt. Die Ernteberichte lauien im Ganzen ziemlich befriedigend,
man erwartet eine Mittelernte. Der Wein steht sehr gut, wo
die Philloxera nicht ihr Wesen treibt, die neuerdings wieder Fort⸗
schritie in der Gitonde gemacht hat..
Die franzoͤsische Regierung hat in Rußland eine bedeutende
Anzahl Pferde (wie es heißt, fünftausend) zu hohen Preisen an⸗
laufen kassen.
Paris, 25. Juli. Die Pariser geographische Gesellschaft
hat die große Medaille zur Erinnerung an den letztjährigen geo⸗
araphischen Congreß ausgegeben. Sie wurde unter Anderen zu
Theil 10 deuischen Gelehrten, dem deutschen Botschafter Fürsten
Hohenlohe und den Boischaftsmitgliedern Lindau und Stumm,
welche bei dem Congreß als Commissarien fungirt hotten. — Die
diretten Steuern vaben in diesem Halbjahr 45,.967,200 Francs
mehr als im gleichen Zeitraum des vorigen Jahres eingebracht.
Der Ertrag der indirekten Steuern war in den bisherigen 6 Mo⸗
naten dieses Jahres 983, 288,000 Francs, 70, 262, 000 Francs
mehr als im Budget vorgesehen und 14,193, 000 Francs mehr
als in gleicher Zeit vorigen Jahres.
Während russische und österreich sche Zeitungen sich gegenseitig
nit jenen Liebenswürdigkeiten regaliren, velche gewöhnlich die Vor⸗
länfer ernstlicher Verwicklungen zu sein pflegen, sucht man in den
oberen RNegionen nach Kräften abzuwiegeln. Die gleichzeitig rujs⸗
sischen und österreichtschen officiösen Mittheilungen gastlich geöffnete
Politische Correspondenz“ berichtet zu diesem Zwecke von einer
angeblichen Aeußerung, welche Kaiser Alexander in diesen Tagen
gdeshan hätte. „Es soll Niemandem so leicht gelingen, sagte der
That, zwischen uns und Oesterreich den Samen der Zwietracht
zum Aufgehen zu bringen.“ Dies eine jener Aeußerungen, bemerkt
die Correspondenz, aus den letzten Tagen, welche von Kreisen dem
Kaiser nacherzählt werden, die iin der Lage find, sie gehoört
haben zu können. In der That scheint auch, daß die bisherigen
HMittheilungen über den Inhalt der Reichstadter Verabredungen urcht
ganz erschoͤpfend gewesen seien.
Heute beginnt man bereits den Zeitpunkt zu fixiren, wann
die großmächtliche Intervention im Orient ihren Anfang nehmen
joll. Obgleich die dresbezügliche Nachricht noch nicht verbürgt ist,
derdient fie doch Beachtung, weil mehrfache Anzeichen darauf jchließen
jassen, daß man wieder einmal ver einem Wendepunkte steht. Es
heißt, die Großmächte würden in der ersten Hälfte des Vionats
August zuerst mit einer diplomatischen Fordecung an die Kämpfen-
den herantreten, eine Waffenruhe abzuschließen and die völlige
Beilegung des Konflikts den Großmächten zu üverlassen. In Reich⸗
stadt sei vereinbart worden, den Vorgängen einen Monat lang
vollständig passid zuzuschauuen, und diun Siellang zu nehmen.
Dieser Termin würde demnach am 8. August abzelaufen sein.
Auf die Thatsachen gestützt, daß der Krieg in eine furchtbare
Metzelei ausgeartet sei, und daß gleichwohl eine entsch ide de Wen⸗
dung dergedens auf sich wacten lasse, sollen die drei Kaisermächte
die Zulimmung der anderen Großstaaten zu einer Midiation in
dem angedeuteten Zeitpunkte erstrebt hahen. Os sie diese Zustim⸗
nung bereits erhielten und unter welchen Bedingungen, resp. auf
velcher Basis die Medtation statthaben solle, wird nicht gesat.
Gleichzeitig erfährt man, daß der serbische Vinister Rist es eine
Denkicht'ft ausacbeitet; welche allen europäuschen Cabinetten zugestellt
und bei den gedachten großmächtlichen Berathungen üdber die künftige
GRestaltung der Dinge im Orient berücsichtigt werden joll. Es ist
demnach nicht unmöslich, daß der vielfach vent'lirte und belanmlich
in verschiedenen Formen aufgetauchte „Theilungsplan“ wirklich
hald auf die Tagesordnung gesetzt werde.
Bestätigt sich dieß Meldung, so kann man getrost behauplen,
daß wir den Brennpunkt der Ocient-Eceianisse erst nock vor uns
qaben.
Bom Kriegsschauplatz. Die Serben verlegen sich auf's
Retiriten: ihr Hauptquartier ist schon nach Tschuprija an der
Morawa zurückverlegt. Dott wäre etwa der Punkt, wo die von
Osten (Saitschar) und von Süden (Nisch) her vordringenden tür—
tischen Arme. corps zusammentreffen müßten. Zwischen Tjchernajff
und Ljeschanin sollen Mißhelligleiten ausgebrochen sen, indem Er⸗
stserer Leßteren beschuldigt, er sei an allem Unalück schuld. Das
Gerücht, die Türken hätten die Höhen um Saitschar beseßt, hat in
Belgrad großen Schrecken verurjacht und schon veginnt man dort,
seine Werthsachen über die Donau nach Ungarn zu schaffen. —-
In Bosmien sollen. die Hadschas die muhamedanische Bevölterung
zuf die Entfaltung det Fahne des Propheten vorbereiten, was
anter den Christen einen großen Schrecken erregt hat, da sie den
Ausbruch des religiösen Fanatisumus furchten.
Während man aus Konftantinovpel telegraphirt: „Die
bom Kriegeschauplatz vorliegenden Nachtichten lassen eine entschei⸗
dende Aktion als unmittelbar bevorstehend erwarten,“ louthit aus
Belgrad, die niederschmetternde Veldung: „Der ferbise General—
stab hat beschlossen daß General Tschernajeff dlle bei At Palanta
und Babina Glava bisher inne gehabten Positionen verlassensolle,
da Abdul Kerim Pascha sich leicht in Besitz derselben setztu lönne.
Damit ist der Rüchzug der Serben eingestanden und die Kriegs⸗
kunst Tichernajeffs hat fürs Erste Fiasko gemacht, da woͤhl ange⸗
nommen werden darf, daß die geräumten Positionen n'cht: gutwellig
aufgegeben wurden. J
Die Offenüvbewegung des tkürkischen Heeres ist somit nach
abereinstimmenden Nachtichten aus beiden Legern mit sehr. glücklichem
Erfolge eingeleitet worden. Für die Beuriheiln g des tüürkischen
Operationsplanes ist namentlich das Gefecht bei Geamada,! nordost—
wärts der eben verlassenen serbischen Positionen, von hohem mili—
rärischen Interesse. Ddie serbische Heeresleitung scheint nach Allem,
vas über die Siellungen der serbischen Truppen bekannt geworden
it, in der festen Ueberz ujunz sich vetrannt zu haben, daß die
ürtische Armee ihren Haup'stoß entlang der Straße von Nisch nach
Deligrad führen werde. Und n der That — Nichts- konnte für
die Serben- erwünschter jein, als dieses. Von Topolitza augefangen
bis nach Altxinatz in einer Länge von W Vieilen, hätte Tschernajeff
vinter den aus der Kozren Planina der Morawa zufließenden Wasjer⸗
läufen nicht weniger denn 4 Positionen gefunden, von welchen jede
tinzelne derselben den Türken tagelangen Aufenthalt und Tausende
pon Leuten hätte kosten können. Ber Altxiuatz vollends, in jener
außerordentlich vortheilhaft siturten Veciheidigungsstellung, welche
in der Front durch die Stricsev tza, in der rechten Flanke durch
die Morava und im Rücken durch die Festung Deligrad marklirt
pird hätten die Serben bhürn felbst einen dreifach überlegenen
Pcht die Stirn zu bienen dermocht, ohne — gestützt auf das in
nächster Nähe gelegene Teligrad — bei einem ung instigen Ausgange
des Gefechts eine enticheidende Niederlage defürchten zu müßen.
Die Vorgänge bei Gramada, einem serbischen Orte am nördlichen
Abhange der Tori-Stars⸗Planina, beweisen, daß Abdul · Kerim⸗Pajscha
die Situanon ebenso richtig wie Tschernajeff beurtheilt hade und
zurchaus nicht gewillt sei, diesem den Willen zu thun. Der türkischt
Dpetauonaplan ist erfichtlich darauf angelegt, die Morava⸗Armee
hon der Timok ⸗Armet Leschjanins zu rennen, Letzteren — wie der
zu⸗ichzeitig mit dem Vormarsch auf Gramada erfoigte Sturm auj
die Verschanzungen Saichats zeigt — nordwärts zu drangen, mu
der Hauptarmee aber in der Richtung auf Razsan gegen die Bers
dindungen der serbischen Haupiarmee unter Tschernajesf loszugehen.
Daasß unier solchen Verdaltnissen Tjchernajeff, ohne sich einer
höcht pretären Lage auszusetzen, auf den füdwestlichen Abhängen
der KozrenPlanina — der vielgenaunten Babina Glava — nich!
lange verharren konate, leuchtet ein. Gleichze tig hat auch vom
Südwesten her an der Ibarliuie die Pforte die Offensive er zrijffer
RNach ener amtlichen Meldung hat eine aus Sotchaniza (soll wohl
he gen Sienitza) abgegangene Aothe lung turkischer Truphen die
jerbische Grenze überschritten und die Serben zurückgeschlagen, welche
300 Todte verloren. Drei serbische Dorfet wurden in Brano
gesteckt. Abdul Kerim ißt bereits in Nich eingetroffen.
Gerüchtweist verlantet, daß uoter den Gepuck, welches Sulei⸗
man Pascha den Serben dei Babina-Glava abgenommen hat, eine
orrespondenz Tjchennajeffs mit dem russischen Kriegsminifterium
auf zefunden worden sei. Tichernajeff soll sich darin üder die schlechte
Disiplin und ungenügende Bewaffnung det Serben bellagen. Offr
ziell wird dieser Fang keineswegs bestätig:.
In den Vereinigten Staaten gewennt der Indianerkrieg immer
mehr an Ausdehnung. Die Cyhayenne baben sich den Sioux an⸗
geichrossen, und nicht weniger als drei Generale mit 6000 Viann
werden gegen die Aufrührer ins Feid geschidt. Eit. sehr schwie⸗
riger Kcieg! Man hat augsgerechnet, daß jeder getoͤdtete oder
gefangene Indianer dem Staate Unlosten von 30,000 Dollars
derursacht. So vieler Umstande und Vorbereitungen drauche es,
um jeger wilden Kavallerie der Prairie, die heute hier. morgen dort
auftaucht. irgend einmal habhaft zu werdeen.
Einige Bemerkungen über die Neuleauzß'sche Kritik der
deuischen Industrie.
Die in Bonn erscheinende „Deutsche ereins⸗ Cotrespondenz“
nüpft: an das viel besprochene Reuleaux'sche Urtheil über unsere
Industrie einige treffende Bemerkungen, denen wir Folgendes ent⸗
nehmen nach dem Satze: Höre auch den andern!
Der große logische Fehler, welcher darin lag, das Verdammungs⸗
urtheil über die deutsche Industrie auf Ecund des in Philadel phia
Uusgestellten auszusprechhen und fomit jene mangelhafte Ausstellung
als treue Bertretung unserer ganzen Industrie hinzustellen, st schon
nehrfach getadelt worden. Was trotz der unglech zahlreicheren Bee
heitigung weder in Londoa noch in Paris und Ween statthaft war,
zas Ausgestellte als das wirkliche Spiege!bild der Production eines
Landes zu betrachten, trifft gewiß dei einer amerikanischen Aus—