Full text: St. Ingberter Anzeiger

ge 
Der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonniagt mit illustrirter Eei 
lage), erscheint wochentlich viermalz Dieustag, Donnerstag, Samstag und Sonutag. Der Abonne mentspreis beträgt vierieljährlich 
Mark 20 R.⸗Pfz. Anzeigen werden mit 10 Pfa., von Auswaurts mit 13 Pfit. far die viergesp altene Zeile Blattschrift oder deren Raum, Neclaneun 
mit 30 Pfg. pro Zeile berechnet. 
MeuJ. Daeenstas den as. Jauauaceee 176 
Deutsches Reich. 
Mänchen, 21. Die Civbilehe ist nun in Bayen eingeführt. 
Sie läßt si nicht mebr aus der innerhald der blauweißen Grenz⸗ 
fühle gelegenen Welt schuffen, aber man kann doch wenigstens 
zegen sie demonstriren. In den altbayerischen Provinzen hat näm⸗ 
ich ein klerikales Blatt den Rath gegeben, die Vrautleute sollten 
zur Cibiltrauung nar im Stallkittel erscheinen, alsdann zur kirch 
ichen Trauung erst das Hochseitsgewand antegen. Dieser Rath 
st auch hereits an mehreren Orten auf dem Lande besolgt worden. 
Wahrend der Staudesbeamte in schwarzem Anzuge das Ceremoniell 
zornuhm, fanden sich dee Brautleute, auch wenn sie keine Arbeiter 
varen, in Arbeitskleidern ein, um sie hleich darauf bei der kirch⸗ 
ichen Einsegnung mit ihren schönsten Gewänd'rn zu vertauschen. 
Durch diese stille Demonstrat'on soll die Mßachtung gegen das 
steichs zesetz ansgedrückt werden. In den Städten, wo dos Schickllich⸗ 
leitsgefühl auch in den letzten Bevölerungsschichten ein ausgebildeces 
st. kommen natürlich solche Kindereien nicht vor, würden auch von 
den Standesbeamten kaum geduldet werden. Bemerkenswerth ist 
noch der Umftand, daß die klerikale Presse den Ausdruck „Civlehe“ 
zurch „Civilkontrali“ zu ersetzen sucht, um so den Begriff „Ehe“ 
ewissermaßen nur für die kirchliche Trauung vorzubehalten. 
Munchen,, 22. Jan. Nach hieher gelangter Nachricht 
st der der Gesundheitazustand der Großfürstin von Kußland ein 
janz hoffnungslojer. 6. K.) 
Münachen, 23. Jan. Der Generallieulenant Py. Frht. v. 
Podewils, Direktor der Gewehifabrik in Anberg, hat eine neue, 
aus dünnem Messingbleche geprägte Patroner hülfe konstruirt, welche 
ür das ganze deutsche Heer (also Werder⸗ und Mausergewehr) als 
rüinheit?patrone in Aussicht genommen ist. Diese Patronenhülse ist 
ückwarts volllommen gasdicht abgeschlossen, dilliger und leichter, als 
ie bisherige Berdan's he M.ssingpatrone und macht deren Heistel⸗ 
ung Deutschland vom Auslande upabhänggegg. 
Munchen. Als bahyerische Mitglieder der Jury bei der 
Weltausstellung in Philadelphia wurden bestimmt: Die Maler 
bert. Wenglein und Hagen. Eine frühere von anderer Seite ge⸗ 
axachte Nachricht ist falsch. 
Berlhin, 20. Jan. Mit dem 1. k. M. triit auch mit Frank⸗ 
eich und Algerien das Postinweisungs ;Verfahren in straft. Keine 
Anweisung darf über 300 Mark hinausgehen, doch muß die anzu⸗ 
veisende Summe zuvor in Francs und Centimes ganz nach der für 
Zelgien deßhalb gegebenen Bestimmung umzerech set werden. Die 
Bebühr muß im votaus durch Aufkleben von Freimarken entrichtet, 
die Frankirung aber auf der Karte selbst erfoigen und der Abschnitt 
)arf nur den Namen des Absenders enthalten. Die Gebühr be⸗ 
zrägt mindestens 50 Pfennig (bis 50 Marl) und steigt dann auf 
l, 2 bis 8 Mark. — 
Berlin, 22. Im. Unter den dem Bundesrath neuer⸗ 
dings gemachten Vorlagen befindet sich auch der Entwurf eines 
Besetzes über die außerordentliche Bereitstellunz don Mitteln zu 
Tasernenbauten. Für das Jahr 1876 soll eine Summe von 
1,670, 000 Mark zu diesem Zoecke zur Verwendung gelangen, 
velche auf den noch nicht zur Auszahlung gelangten Reltantheil 
»es Norddcutschen Bundes an der französischen Kriegsentschädigung 
angewiesen wird. Daraus ist zu schliezen, daß dieser Casernirungs⸗ 
sr auf die Staaten des ehemaligen Nord deutschen Bundes 
eschränkti. 
Aussland. 
Wien, 21. Jun. Das ‚Tagblatti“ Kringt heute eia Tele⸗ 
sramm aus Cetivnje, demzufolge Montenegro die Offensive ergreifen 
olirde und sollen Legionen zur Hälfte aus Herzegowianera und 
MRonsenegrinern gebildet werden. Das Commando soll Montene⸗ 
Iro führen. 
Paris, 19. Jan. Der Exkönig von Hannover ist 
o rgestern mit der Prinzessin Friederile aus Biarritz hier angekom⸗ 
aen, wo er den Winter verbringen wird. Die Exlkoͤnigin und die 
ütinzessin Marie sollen nachste Tage aus Oesterreich eintreffen. 
Paris, 283. Jan. Die „Agence Havas“ meldet: Die 
aus den französischen Häfen stgnalisirten Schiffsbewegungen haben 
einzig den Zveck, die bestehenden Geschwader durch Ersetzung der 
ibrüstenden Schiffe zu rekonstituiren. 
Das französisch e Kriegsministerium schidt sich an, für die 
aroßen Mandvrr des Jahres! 1876 die 1868er und 18609er Klassen 
der Reservisten zum aktiven Dienst einzuberufen. 
— — — 73 
B—ermischtes. 
7 SKaifersltautern, 21. Jan. Es ist bis jetzt nur ein 
inziger Blatterafall dier dorgekommen. 
F Aus der Pfalz. Aus Germerrnheim, 20 Januar 
erichtet die „Pfälz. Zig.: Gestern Adend gegen 5 Uhr 
mtzte im Militärlazareth dahier ein Soldat zum Fenster 
inaus und war nach wenigen Minuten eine Leiche. Wie es 
heint wollie derselbe in die dor dem Lazareth hinziehende Vertie⸗ 
ung schauen, beugte sich aber zu weit hinaus. Der Fall erregt 
im so größeres Aufsehen, als der Unglückliche an Weihnachten 
hwer krank darniederlag und nur durch die Kunst und die größle 
zorgfalt der Arrzte geretiet worden war. Wie wird sein Vater 
urch diese Nachricht bestürzt sein, der ihn während seiner strant⸗ 
jeit besucht hatte, und wußte, daß er wieder genesen war! 
4 Der „L. A.“ berichtet von der Queich: Das Tabaksge- 
däft ist hier größtentheils erledigt und wurden in Zeiskam, Ober⸗ 
ind Niederlustadt, Weingarten ⁊c. je nach der Qualität 183 bis 
18 fl. per 100 Pfund gezahlt; für Sandblätter 52-8 fl., was 
vohl für die Pfalz so ziemlich die Norm sein wird. Die 
Ubnehmer waren, haupisächlich Tabatsfabrikanten der Pfalz und 
hadens. 
f Eine neue Art von Fälschung. Die „Nürnberger Prehe“ 
»erichte.: In den letztvergangenen Tagen sind bei der hiesigen 
Ztadtpost zwei Postanwe:sungen präsentirt und ausbezahlt worden 
velche sich nachträglich als gefälscht erwiesen haben. Sie trugen, 
ie Einzahlungsstempel Forchhein und Auerbach, welche ächt, 
vährend bei diesen Postexpeditionen Einzahlungen nicht gemact 
scin sollen. 
fVBerlhin. Das Kammergericht hat am vorigen Donnerstag 
ein Urtheil gefällt, welches den Bauernfängern hoöffentlich einen 
zeilsamen Schrecken einjagen wird. Ein Mitglied dieser gemeinge⸗ 
ährlichen Zunft, das in Gemeinschaft mit mehreren unermittelt ge⸗ 
zliebenen Genossen einen Russen um eine hübsche Summe im 
dartenspiel geprellt hatte, war in ersler Instanz zu der gewiß 
nicht geringen Strafe von 9 Monaten Gefängniß verurtheif 
vorden. Die Staalsanwaltschaft fand das Urtheil noch pu gelinde 
ind appellirte. Das Kammergericht hat darauf mit Rüchsicht ouf 
die Gemeingefährlidkeit der BVauernfängerei und auf die Vorbestraf⸗ 
ungen des Angellagten, der eins der hervorcagendsten Veitglieder 
der Zunft sein soll, die Gefängnißstrafe gegen ihn auj 1 Jahr 6 
Monate erhoöht. 
fDie Staots Kassens heine des Herzogthums Anhalt werden 
zis Ende März l. J. bei der Haupistaatskasse in Dessau, sowie 
»ei den Regierungskassen in Cöthen, Veinburg ꝛ⁊c. ein elöst; nach 
pieser Frist sind sie völlig werthlos. Theile von Scheinen,“ bei 
deren Präsenlanten nicht der Verdacht rechtswidriger Zueignung 
rorliegt, werden gegen Vergütung von 0,75, 1,50, 2225 Mart 
ür den bezüglichen Theil eines Thalers eingelöst. 
F(Augen, Haut und Haare unserer Shuljugend.) In Folge 
der zu ethnologischen Zweden angestellien Ermillelung über Farbe 
»ckr Augen, Haut und Haare der Sahüler unnerhalb Deutschlands 
jat sich herausgestellt, daß don etwa 760,000 Schulern 224, 000 
laue Augen, 287,000 graue, 255,000 braune, 450shwarze, 3 rothe 
ind einer ein braunes und blaues Auge hatte. Blondes Haar hatten 
210.,000, braunes 313,000, schwarzes 3700, rothes Haar 1927