Full text: St. Ingberter Anzeiger

Slt. Ingberler Anzeiger. 
Der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Haupiblatte verbundene Unterhaltungsblatt. (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
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M 137. Dienstaa,/ den 29. August 1876 
Jeuisches Reich. 
München, 24 Aug.. Beseelt von dem Wunsche seinem 
Bolk ein dauerndes Denkmal landesväterlicher Liebe zu hinterlassen, 
und durchdrungen von der Ueberzeugung, daß die Förderung der 
Jugendbiidung, insbesordere so weit sie für den Dienst des Vater⸗ 
andes geschieht, für das öffentliche Wohl den reschhaltigsten und 
egensreichsten Erfolg verspricht, hat Se. Maj. des Königs in Bott 
uhender Hr. Vater, König Max D. Majestät, die Errichtung einer 
Anstalt beschlossen, welche bestimmt ist, die Etlanzung der zur 
Losung der höheren Aufgaben des Staatsdienstes erforderlichen 
wissenschaftl chen und geistigen Ausbildung zu erleschtern. Da es 
zem Berblichenen nicht mehr beschieden war jene Anstalt selbst noch 
ns Leben zu führen, so hat Se. Maj. der Koͤnig zufolge allech. 
Stiftungsurkunde d. d. Hohenschwangau, den 20. d. M. die von 
dem ollergnädiosten Stifter getroffenen Anordnungen vollzogen. 
Der hierdurch vollzjozenen Stiftung (von 800,000 fl. — 1,871,428 
M. 571 Pfa.) wird in der Eigenschaft einer selbständigen öffent⸗ 
ichen Unterrichtsstiftung unter der Benennung Kgl. Maximilianeum“ 
zie landesherrliche Bestätiçgung ertheilt. — 
München, 26. August. Die Verwendunq der Kavaller'e⸗ 
—XVD— 
der Kavallerie in einem von Franltireurs unsicher gemachten Lande 
ießen das Bedürfniß einer guten, weittragenden Feuerwaffe für 
ieselbe als unabweisbare Nothwendiglkeit hervortreten. In Preußen 
vurde dem entsprechend ein von einer Kommission eingehend ge⸗ 
xrüfter, dem Infanteriegewehr Musser 70 entsprechend konstruirter 
darabiner eingeführt, der nun auch für die bahyerische Reiteret un⸗ 
jenommen wurde und sonach der erste Repräsentant des Maufer⸗ 
Jewehres in der bayerischen Armee ist. Wie ich höre, sollen saͤmmte 
iche Chevauxlegers -Regimenter, von jeder Eskadron der Uhlanen⸗ 
ind Kürassier-Regimenter 32 Gemeine, sowie die berittene Mann⸗ 
chaften der Trainbataillone und Administrationen mit dieser Waffe 
usgerüͤstet werden. Als Ersotz des Kavallerie-Pistols wird ein 
Kevolber in der ganzen deutschen Reiterei eingeführt werden. 
München. Das Gesez⸗ und Verordnungs-Blatt Nr. 39 
nthält zwei Allerhöchste Verordnungen, d. d. Linderhof den 17. 
Jug. Die eine betrifft die dienstliche Stellung und Besoldung der 
hauptlehrer an den Präparandenschulen des Königreiches und tautet 
uso: 8 1. Den Hauptlehrern an den Piäpara denschulen des 
dönigreiches werden die Rechte der Staatsdiener eingeräumt. 8 2. 
dieselben werden hinsichtlich ihres pragmatischen Gehaites den 
Zemmarlehrern an den Schullehrer⸗Seminarien des Köaigreiches 
leichgestellt. 8 3. Den Haupilehrern an den Präparandenschulen, 
pelche bereits vor dem Erlasse gegenwärtiger Verordnung angestellt 
norden sind, verden Wir die in dieser Eigenschaft Screits zurück⸗ 
elegte Dienstzeit bei Bemessung der Dienstalterszulagen in Anrech⸗ 
ung bringen lassen. 8 4. Gegenwärtige, für alle Landestheile 
iltige Verordnung tritt vom 1. Jan. 1876 an ia Wirksamkeit. 
gleichzeitig erlöschen alle entgegenstehenden früheren Bestimmungen. 
König Ludwig II. erhob zu seinem Doppelfeste, Namens⸗ 
ind Geburtstag. den Reichsrath Niethammer mit beiden Söhnen in 
en erblichen Freiherrustand und ernannte den commandirenden 
general des ersten Armee-Cotps, v. d. Tann, zum Großkanzler des 
nilitärischen Mox⸗Joseph-Ordens. 
Berlin, 25. Aug. Es verlautet in fonst gutunterrichteten 
dreisen, daß die deuische Reichsregierung sich für die Betheiligung 
ei der Par ser Weltausstellang von 1878 definitw entschieden. Die 
Zräsidentschaft der deutschen Sektion soll nach derselben Quelle 
Irinz Friedrich Karl übernehmen. 
Ausland. 
Paris, 26. Aug. Der „Agence Havas“ wird aus Wien 
elegraphisch gemeldet: Dem Veinehmen nach würden nach den voraus⸗ 
egangenen Beiprechungen zwischen den Pariser Vertragsmächten 
immtliche Machte, mit Einschluß von Rußland, als Friedensgrund⸗ 
»gde nachfolgende Punkte vorgeschlagen: Erhaltung des Fürsten 
Milan auf dei Throne, Zahlung einer Kriegsentschädigung von 
Seiten Serbiens, Einräumung des Rechtes an d'e Türkei, eine 
in der rürlischen Grenze gelegene Festung Serbiens mit einer Gar⸗ 
nison zu besetzen. 
.. Pactis, 27. Aug. Das ‚„Journal officiel“ veröffentlicht ein 
Deeret des Präsidenten der Republik, demzufolge vor Ende diefes 
Jahres in ganz Frankteich eine Vollszählung vorgenommen werden soll. 
Belgrad, 27. Aug. (Amilsche Meldung.) Die Armee des 
Beneral Tschernaseff hat gestern die Offensive ergriffen, im Vor⸗ 
ücken Stanzi besetzt und die türkische Stellung zwischen Dobrajewatz 
ind Katun angegriffen. Mittags erhielt die Armer Fühlung mit 
em über Arandjel herangerückten Corps des Oberst Horvatovicß. 
Obwohl der Kanpfevon früh bis Abends dauerte, sind die Nerluste 
der Serben, Dank dem unebenen Terrain, doch nur unbedeutend. 
Bom 8. Verbandstag der deutschen Müller und 
Mühlen⸗Interessenten. A — 
Der deutsche Müllerkongreß, welcher vom 18. dieses Monats 
zis zum 18. in Nürnberg tagte, war von allen Seiten her äußerst 
ahlreich besucht, da die mit demselben verbundene Ausstellung der 
neuesten Maschinen, Mühlsteine, Walzen und dergl. jeden nur 
inigermaßen Interefsirten anlockte. Es ist daher nicht zu ver⸗ 
dundern, daß in Nürnberg fast kein Logis mehr zu fiaden war; 
ille Gasthöfe waren schon in den ersten Tagen überfüllt, und es 
sst nur der werllich großartigen Gastfreundschaft der Nürnberger 
uzuschceiben, daß die Leute in Prwatlogis Unterkommen fanden. 
An 2000 Müller von dem Verband selbst waren dort vnd wohl 
an 800 Bäcker, welche ebenfalls ihren Verbandstag dort abhielten, 
dußerdem noch biele Täusende, die weder dem einen noch dem 
undern Bund gngehören, sich ader dennoch für die Sache interes⸗ 
irten. Das — tann in seinem ganzen Verlauf als ein in allen 
Theilen sehr gelungenes bezeichnet werden. Hauptsächliche Erwäh⸗ 
zung verdienen der schöne Ausflug ach dem Schmausenbuck und 
ie Abendunterhaltung auf der Rosenau, bei welcher ein drillantes 
Feuerwerk abgebrannt wurde, für das die Stadt Nürnberg allein 
00 M. beigesteuert hatte. Für den Fachmann war natürlich die 
teruationale Ausstellung die Haupisache, um so mehr, als sich 
eder Fabrikant ꝛc. die größte Mähe angethan hatte, un einen 
zhrenpreis zu erringen. Die Ausstellung sollte, wie aus dem 
Zrogramm hervorging, durch den Minister von Pfeufer eröffnet 
derden — was aber in der That durch Se. Exc. den Regierungs⸗ 
crektor von Feder aus Ausbach geschah. Aus der Pfalz hatten 
wer Firmen ausgestellt, welche beide als erste Sieger preisgekrönt 
vucden; es find dies die Firma Aug. H. Marhiin in Neustadt 
1. d. Haardt, wlhe für Champagner-Mühlsteine und Mühlenuten— 
ilien die für diese Branche einzig bewilligte goldene Medaille er⸗ 
ang, und die Firma Gebrüder Pfeifer in Kasserslautern, welcher 
ie silberne Medatle für Maschinen zu Theil wurde. 
Die Firma Aug. H. Martin stand bei dieser Gelegenheit zum 
tstenmal in einer größeren Ausstellung den ältesten und dedeutendsten 
Fabriken von französischen Mühlsteinen gegenüber, und mußien selbst 
ie Franzosen, die hervorragenden Leistungen anerkennend, derselben 
)en Ehre. preis zusp echen, somohl für die bis jetzt nicht dagewesene 
éeine Arbeit wie für die seltensten und besten Material en, die das 
eichhaltigste uud bestassortirze Lager in Rohysteinen auf das Un⸗ 
we felhafleste beku.deien. Dieser erste Sieg der deutschen Muühls 
teinindustcie gegenüber den bisher so sehr übermüthigen sranzösischen 
Fabrikanten ist ein Triunh nicht allein für die pfälzischen Jndu— 
triellen, sondern für gauz Deutschland, und hat Herr Aug. H. 
Martin somit die fruher so oft bei uns aufzeworfene Frage, ob 
nan in Deuischland französische Mühlsteine machen könne, de der 
ranzösischen Arbeit ebenburtig seien, durch seine eifrigen Bestreb⸗ 
ingen in glänzendster Weise gelöst. 
Die Herren Gebrüder Pfeiffer in Kaiserslautern hatten eine 
Ddampfmaschine von 8 Pferdekräften ausgestellt, welche bedeutend 
zrößeren Maschinen gegenüber den Sieg erranug durch elegante,