hai, eine Vermittler-Rolle im Orient zu übernehmen, sondern sich
nur bereit erklärt hat alle Friedensversuche zu unterstützen. — In
diplomatijchen Kreisen hält man eine europäische Koͤnferenz für
unumgänglich, da man glaubt, daß Rußland nunmehr die bdulga—
rische Frage anregen werde. (F. J.)
Während zwischen König Alfons und der tugendsamen Isabella
in La Gronja und den Sardinern ganz im Stillen ein kleinee
Krieg geführi wird, rührt es sich plötzlich auch wieder an der fran⸗
zösischen Grenze. In Bayonne, wo viele Spanier den Sommer
jubringen, sollen am 20. d. Ruiz Zorrilla, Roque Barcia uud
Angulo mil einer hervorragenden Persönlichkeit aus der Umgegend
des Prätenden, dem Grafen Fuentes, eine lange Besprechung ge⸗
habt haben. In Biarritz hatten sich einige dreißig carlistische
Offiziere dieser Tage zu einem Festmahle im Hotel Lagardere ein⸗
gefunden, wo mit großer Begeisterurg auf die daldige Wiederauf⸗
nahme des blutigen Handwerls im Vereine mit den nördlichen un—
zufriedenen Provinzen toastitt wurde. Auch soll daselbst det Herzog
bon Parma, Bruder der Gemahlin Don Carlo's, weilen. Alle
diese Nachrichten stammen aus dem spanischen Ministerium des
Aeußern, wo man hoch und theuer deren Richtigkeit beschwört, sind
aber trotzdem verdächtig. Man darf eben nicht vergessen, daß
Canobas die Diktatur beibehalten bat und dafür bon Zeit zu Zeit
einen triftigen Grund vorbringen muß. Der Marquis v. Molins
soll delegraphisch angewiesen worden sein, beim Herzog v. Decazes
wegen der neuen carlistischen Umtriebe vorstellig zu werden.
Belgtad, 30. Aug. Nachts. (Offiziell.) Die Türken sind
auf allen Punkten des rechten Morawaufers und auf den Höoͤhen
von Prugoracs, Stanziz, St. Stephan und Yozeros; geschlagen
worden und der Gefahr ausgesetzt, daß ihr rechter Flügel umgangen
werde. Sie sind in voller Flucht, nachdem sie dem letzten serhi⸗
schen Angriff nicht Stand halten kdonnten. Ihre über die Morawa
geschlagene Brücke wurde soeben zerstört. Die serbischen Truppen
verfolgen den Feind und besetzen bereits auf den Höhen die Ver—⸗
schanzungen der Türken am rechten Ufer, von welchem der Feind
vollständig vertrieben ist.
Konstantinopel, 80. Aug. Die Regierung läßt die
Zeitungsmeidungen von einer Niederlage der türkischen Armee vor
Alexinatz für erfunden erklären; vielmehr habe bisher die rürkische
Armee ununterbrochene Erfolge gehabt, die vor Alexinatz er⸗
richteten Verschanzungen eine nach der anderen genommen und ein
serbisches Geschütz erbeutet. Die serbischen Streitträfte seien jetzt
in die sogenannien großen Bejfestigungen zurückgeworfen, deren sich
zu bemächligen die türtische Armee gegenwärtig Vorbereitungeu ireffe.
Die Dipvision unter Ali-Saib Pascha, die am liuken Morawa⸗Ufer
operitt, habe dort alle befesti ten Stellen der Serben genommen
und erleichtere dadurch die Herstellung der Vereinigung mit der
Armee von Risch (die am rechten Ufer vorgeht.)
In Utah besorgt man den Ausbtuch einer Revolution unter
den Marmonen im Falle des Ablebens Briham Young's. Brig-
ham jr. und Joseph F. Smith, ein Neffe des ersten Propheten,
find beide Kandidaten für die Nachfolgerschaft, und während das
jetzige Haupt der Marmonenkirche unzweifelhaft ersteren begüstigt,
werden die Ansprüche des letzteren von ener sehr mächtigen Partei
untecstützt. Im Falle eines Zwiespaltes wied Smith's Opposit'on
gegen die Vielweiberei ihm einen seht wesentlichen Vortheil über
den direcien Abtömmling des gegenwärtigen „Prophelen“ cewahren.
Die „California-Staaiszeitung“ schreibt über die amerilanische
Finanzlage: „Ein schlechter Hausvater gibt mehr aus als er ein⸗
dimmt. ESo war es bei uns, wir importirtin mehr als wir ex—
portirten, und daher die Krisis. Dieses Verhältniß hat sich aber
in Folge der letzten Krisis wunderbar zu unseren Gunsten geändert.
In den letzten elf Monaten haben wir nur für 426 WMiillionen
Dollars importirt. In den entsprechenden Monaten des Jahres
vorher für 490 Millionen, des Jahres vorher 579, und des Jahres
vorher 594 Millionen. Ausgeführt haben wir in den letzten elf
Monaten 541 Millionen, d. h. 115 Millionen mehr als wir ein⸗
führien. Wenn das Volt anfängt zu sparen, um dadurch die Ein⸗
fuhr sremder Luxusartikel zu vermeiden, so stellt sich bald die
Handelsbilanz zu unseren Gunsten und der Wohlstand kehrt wieder.
Ünser toller Uebe muth nach dem Kriege war unser Verderben und
Zat die letzte Krisis erzeugt. Darauf folgte Einschränkung und mit
ihr sfellte sich dann die Handelsbilanz wieder zu unseren Gunsten.
Ein Land, welches solche Stapelartikel, wie Baumwolle, Getre de,
Tabak, Provisionen u. s. w. in ungeheuren Massen ausführt, sollte
doch wahrlich die Handelsbilanz nie gegen sich haben. Das Wunder⸗
barste ist dei Aufschwung, den die Industrie, die Baumwollen⸗ꝛc.⸗
Fabrikaiion im gauzen Süden, namentlich in Georgia genommen.
Der Suden wird in wenigen Jahren mit Bezug hierauf von fremden
Märkten unabhängig sein.“
Vermischtes.
Zweibrücken, 831. Aug. In der Nacht vom 28. auf
den 29. Aug. wurde hier im Hause der Frau Ww. Flory am
dallplatz ein frecher Einbruchsdiebsiahl verübt. Der Thäter stieg
dden Keller ein und gelangte von da durch die Kellerfallthür in
das Wohnzimmer, wo er mittelsi Nachschlüssel den hier befindlichen
Setretär offnete, daraus 136 M. in Gold und 6 Mark in Silber
ntnahm und dann den Sekretär wieder schloß. Ein in demselben
Behälter befindliches Schächtelchen mit weit größerem Geldinhalt
sieß der Dieb, jedenfalls aus Versehen liegen. Die Stätte seiner
einnehmenden Thätigkeit verließ der Einbrecher auf deien 8
3. 3.
5 In dem zwischen Höheischwe!ler und Bärenhütte gelegenen
Blander Wald ist am 28. Aug. ein Mann folgendermaßen ver⸗
uglückt: er hatie das Seil, woran er eine Kuh führte, fest um
den einen Arm gebunden; wahrscheinlich durch irgend etwas scheu
Jeworden, riß die Kuh ihren Führer um, lief davon und schleifte
n eiwa 400 Meter weit fott. Er wurde schrecklich entstellt als
ackte Leiche aufgefunden; durch das Schleifen waren ihm alle
Zleider vom Leibe gerissen, worden. Die Kuh war noch an ihr
Opfer gebunden.
4 Zwischen den Orischaften Piesteritz und Reinssdorf
land inan kürzlich eine steinerne Kanonenkugel, welche einen Fuß
m Durchmesser hal. Sie gehört den Maitagen des Jahres 1547
mi, n denen Kaiser Karl V. mit seinem aus Spaniern und Italienern
»estehenden Heere noch der Schlacht auf der Lochauer Haide (ge⸗
voöͤhnlich nach der Stadt Mühlberg genannt) auf der sandigen Höhe
zei Piesteritz sein Lager aufschlug, um die Mesidenz des gefangenen
Zurfürsien Johann Friedrich des Beständigen, die zugleich die stärkste
Festung des Landes war, zu belagern.
FLandstuhl, 28. August. Gestern ist der Quellenfinder
Bernatz, ein geborener Pfälzer (wenn wir nicht irren, stammt der⸗
elbe von Speher) dah'er eingetrofsen. Bereits haben 9 Gemeinden
und 17 Privaten sich angemeldet, so daß sich die Kosten seiner Be⸗
rufung aus München nicht sehr hochnstellen werden. Pf. 3.)
In Schwabmünchen war am 21. ds. das 1. Bataillon
des 12. Infanterie⸗Regiments auf dem Marsche zum Lechfelde auf
holle Verpflegung eie quartirt. Ein Soldat hatte den unglücklichen
Traum, daß das Bataillon schon abmarschire, und sprang schlaf⸗
runken im Hemd und Unterdeinkleid durch das Feuster des dritten
Ztockes, blieb an dem Wirihshausschilde hängen, wobei er sich einen
Fußß gräßlich verstümmelte, bis er schl'eßlch zur Erde fiel. Da
Iles im tiefsten Schlafe lag, hörte man längere Zeit jein Hilfe⸗
ufen nicht, bis es ihm gelang, ein Fenster im unteren Stockwerke
inzuwerfen, worauf soaleich der Militärarzt gerufen wurde. Das
Baiaillon marschirte Früh halb 7 Uhr ab, wähgrend eine Sanitäts⸗
ablheilung zu seiner Verpflegung zurückblieb, de ihn mit dem Mittags
zuge in das Militärspital nach Augsburg befoörderte.
F Noch einer vomek. Staatsministerium des Innern herge⸗
dellten Üebersicht über das Ergebniß der Impfang in Bayern pro
1875 beträgt bei der 1. Impfung die Zahl der Impflinge
48,6536. die Zahl der mit Erfolg Geimpften 140,925, jene ohne
Erfolg: 951, de Zahl der Fälle, in welchem der Arzt von der
Impfung gänzlich Abftand genommen: 1388; vorläufig: 2867;
zie Zahl der der Impfung vorschriftswidrig entzogenen Pflichtigen:
2525, dagegen jene der im Jahre 1874 lebend geborenen 204, 089.
Bei der 2. Impfung beziffert sich die Zahl der Impflinge auf
101,045, mit Eifolg: 85,063, ohne: 13,115, von der Impfung
vurde dei 226 gänzlich, bei 780 vorläufig Abstand genommen;
der Impfung wurden vorschr'ftswidrig 1861 entzogen.
Meß, 28. Aug. Amletzten Freitag wurden beim Zoll⸗
amt im hiefigen Bahnhof 50 Hettoliler spanischen Weines wegen
ronstatirtet Fälschung desselben mit Arsenthaltigem Fuchsin mit
Zeschlag belegt und der Polizeibehörde zur weiteren Untersuchung
der Sache überwiesen. (N. B. L.-3.)
ꝓ Ein Arbeiter zu Gleiwitz bot seiuem Fabrikheren ein fran⸗
dsisches Terthpavter der Chemins de Fere de POuest über
2,500 Francs für 300 Mort zum Kauf an. Der Prinzipal fchöpfte
ofott Verdacht und machte der Polizeibehörde von dem Vorfall
Unzeige. Die polizeiliche Vernehmung ergab, daß der Arheiter im
ranzösischen Feldzuge 1870,71, welchen er als Landwehrmann mit⸗
Jemacht hatte, angeblich in L'Hay mit mehrerten Kameraden, als
je auf Vorposten zogen, in einem Holzschuppen mehrene Werthpapierr
Fejunden und daß sie dieselben unter einander getheilt hätien. Bei
iner vorgenommenen Haussuchung find verschiedene werthvolle Ge⸗
jenstaände, u. A. ein papstli er Orden, welchen der chrlose Krieger
auf dem Schlach:felde bei Chevilly in der Patro tasche eines ge⸗
fallenen Soidaten gefunden haben will, mit Beschlag belegt worden.
FStuttgart. Man hofft hier, das Canustatter Vollsfest
werde dom Kaifec Wilhelm durch jeine Anwesenheit beehrt werden.
In Cannstatt findet alljährlich Ende Septemder das „Landwirth⸗
shaftliche Fest“ statt, wie es offiziell benannt wird, das ‚Volksfest“,
wie es im Lande heißt, weil zu diesem Feste nach altem Brauch
biele Tausende aus allen Theilen des Landes zusammenstroͤmen, um
auf dem Festplaz, dem „Cannstat:er Wasen“, sich an Lustbarkeiten
aller Art, Schaubuden, Kunstreitern. Orgelmännern xc. auf solider
gasis ungezähllet Sauerkrautportionen zu vergnügen. Der offiziell