Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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Der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Vei⸗ 
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M 143. Samstag, den 9. September I — 1876. 
— 
Deutsches Reich. 
München, 5. Sept. S. M. der König hak genehmigt, 
daß vom laufendem Jahre augefangen die Alterszulage der Postillone 
bei einer tadellosen Dienstzeit von sechs Jahren auf 20 Mark sest⸗ 
gesetzt und für je weitere drei Dienstjäahre um 10 Mark dis zu dem 
Meistbetrage von 120 Mark 7rhöht werden. 
Berlin, 5. Sept. Generalfeldmarschall v. Manteuffel wurde 
vom Kaiser Wilhelm abgesandt, den Kaiser Alexander in Warschau, 
wo er den großen Manövern anwohnt, zu begrüßen. Vielfach wird 
behaupfet, Manteuffels Sendung bezwecke mehr, als die bloße Be— 
grüßung. Ein „unterrichteter“ Verliner Correspondent schreibt 
darüber: „Am 1. d. M. Morgens war über die Reise noch nichts 
»ekannt, und unmittelbar derselben voraus ging eine mehrstündige 
Audienz, welche der General bei dem Kaiser hatte. Ferner war 
eine ähnliche Mission weder im vorigen Jahre noch 1874 beliebt 
worden, wo sich der Kaiser Alexander gleichfalls in Warschau 
befand; eine der rtige Begrüßung nur Seitens Oesterreich durch den 
Erzhetzog Albrecht erfolgte. Es braucht nicht daran erinnert zu 
werden, daß General v. Manteuffel persona gratissima am rus⸗ 
äüschen Hofe ist und wiederholt in politischen Missionen sich in Petersburg 
befunden hat. Es heißt — wie weit mit Grund, lassen wir dahin— 
gestellt —, daß die Reise, welche auf den Rath des Fürsten Bis- 
marck erfolge, hauptsächlich bewirken solle, den Kaiser Alexander in 
den. Widerstande gegen die Einflüsse der russischen striegspartei zu 
vefestigen, welche in den letzten Tagen entschieden die Obechand 
zewonnen habe und an deren Spitze der Großfürst: Thronfolger und 
der Großfürst Constantin Fhen follen. Die Vermittelung der 
Gegensütze zwischen England und Rußland möchten bei der, Reise 
des Generals v. Manteuffel erst in zweiter Linie in Betracht kommen. 
Berlin, 6. Sept. Der Reichstag tritt nach der M.⸗Z.“ 
am 28. October zusammen. Die Reparaturbauten am Parlaments⸗ 
gebäude sind jetzt beendet; der Sitzungssaal des Bundesraths ist 
mit neuen Heizungsvortichtungen versehen worden, die sich nach 
Ansicht Sachverständiger gut bewähren werden. 
NAusland. 
Wien, 6. Sept. Die „Politische Corresp.“ meldet aus 
Belgrad vom heutigen unter Reserve und mit Betonung der ser— 
dischen Quelle, daß man dort die Grundlanen erfahren habe, üher 
welche die Großmächie für eventuelle Friedensverhandlungen zwischen 
der Pforte und Serbien sich untereinander geeinigt hätten. Die— 
elben wären folgende: Wiederherstellung des „Status quo ante 
dellum“‘, eine angemessene von Serbien zu leiftende Kriegsentschä⸗ 
digung, Zauhlung drei rückständiger Tributsraten Serbiens an die 
Pfotte und Räumung von Mali⸗-Zwornik von Seiten Serbiens. 
Wien, 7. Sept. Aus Koustantinopel geht der „Presse“ 
die Nachricht zu, daß Savfest Paschn den Vertrelern der Groß— 
nächte mittheilte, die Waffenrutze sei nicht im Interesse der Pforte 
und werde deshalb von dieser abgelehnt. 
Paris, 6. Sept. Der Präsident der Republik ist gestern 
n Begleitung seines Stabes zu den großen Manövern abgegangen. 
Er hat fich zunächst über Dijon nach Sullh und Etang gewand', 
um in der Gegend des letzteren Oris den Manövern des 8. Ar— 
meecorps beizuwohnen, welches von dem Genetal Goliffet befehligt 
vird. In der Begleitung des Marschalls befindet sich auch der 
nglische Militärbevollmächtigte. 
London, 6. Sept. Gladstone's Brochure über die Gräuel⸗ 
chaten in Bulgarien ist erschienen. In derselben wird ausgführt, 
daß einer Eruenerung solcher Vorgänge nur vorgebeugt werden 
lönne, indem Bosnien, die Herzegowina'und Bulgarien, der türkischen 
Verwaltung entzogen würden. England musje vereint mit den 
anderen Ttächten hierauf hinwirken. 
Watschau, 2. Sept. Den Zeitungen Warschau's ist de⸗ 
ohlen worden, daß fie über die Anwesenbeit das Zuren nue das 
nittheilen dürken, was h'erüber die „Grazeia Pol chjna“ berichtel. 
Der „Phar- d'Alexandrie“ schreibt: „Der preußische Mafot 
3. Vlök. welller in Begleitung des Prinzen Haffan nach Aeg meu 
zekommen ist, wurde vorgestern (23. August) von dem Khedive in 
Privotaudienz empfangen. Der Major v. Plötz, einer der distin⸗ 
ruirtesten Offiziere der deutschen Armee, ist von Sr. Hoheit zum 
Direktor der Milttärschule von Abasseh ernannt worden“ 
Beigrad, 6 Sept., Nachts. (Amtliche Meldung.) An 
den 3 letzten Tagen und in der verflossenen Nacht hahen bei Javor 
artnäckige Kampfe stattgefunden. Der Feind, welcher die serbischen 
rinien angriff, wurde überall zurüchgeworfen; als hierauf gegen 
Mittag die Serben zum Angriffe übergegangen waren,‚ wurden. die 
Türken aus 3 Verschanzungen und 2 Batterien delogirt, geschlagen 
ind in die Flucht gejagt. Die Serben bemächtigten sich feindlicher 
Fahnen, machten Gefangene und erbeuteten Munition und Gewehre. 
Um 5. Sept. ward ein neuerlicher Angriff der Türken auf Klein⸗ 
Zwornik zurüchgewiesen. Bei Karpovnik, auf türkischem Gebiete, 
purde der Feind angegriffen und trotz dreifacher Ueberlegenheit 
eschlagen. 
Semlin, S. Sept. Die, Stimmung, in Belgrad, ist ver— 
weifelt. Der Zuzug der Nussen dauert fart und es kam gestern 
u ernsten Conflicten mite denselben, weil fie verächtlich von Offi⸗ 
ieren der Serben sprachen. —WV Gr. 3.. 
Deligrad. ist mit zwanzig schweren Positions-Geschützen in 
ben letzten Tagen armirt worden. Bei 3000 Mann arbeiten Tag 
uind Nacht an den Verschanzungen von Cuprija, welches, nach Deli— 
zrad, allein noch im Stande ist, den Feind aufzuhalten. Das 
erbische Armee · Commando hat die Räumung der Stadt Alexinaz 
ben Seiten der Einwohner angeordnet. Auch die Verwundeten 
werden nach Cuprija transportirt. In den Kämpfen vom 1. ds. 
ind abermals siebzehn russishe Offiziere gefallen. Der Zuzug an 
Dffizieren, die täglich eintreffen, gleicht wohl die Verlusie aus. 
Immerhin ist der Verbrauch an Offizieren in diesem Kriege ein 
ingeheurer, well sich diese stets exponiren müssen. 
Konstantinopel, 5. September, Abends. Die Pforte 
jat das von den Broßmächien geltellte Waffenstillstandsvetlangen noch 
nicht beantworte. 
Wie das „Memorial diplomatique“ auf Grund besonderer 
Informationen versichern kann, bereilen sich im hohen politischen 
Personal zu Konstantinopel wichtige Aenderungen vor. Der Prä⸗ 
ident des Staatsrathes, Midhat Pascha, erfreut sich des besonderen 
Vertrauens des neuen Sultans, Abdul Hamid, und er wird auf den 
Bang dec ottomanischen Politik einen weit größeren Einfluß aus— 
iben als seither. 
Konstantinopel, 6. Sept. Der Herzog von Edinburg, 
isher im Dienst auf der Flotte in der Besika-Bay, passirt morgen 
konstautinopel, um sich nach der Krim zu begeben. — Ein Theil 
ner vor Alcxinatz befindlichen türkischen Truppen marschirt gezen 
»as verschanzte serbische Lager bei Deligrad, um im Falle der 
säumung von Alexinatz den dort noch stehenden serbischen Batail- 
onen die Rückzugslinie abzuschneiden. 
Franzöfische Arbeiterdelegirte über die Weltaus— 
stellung in Philadelphia. 
Die Berichte, welche verschiedene Arbeiter-Deligirte über die 
Beltausstellung von Philadelphia auf dem 27. August zu Par's 
bgehaltenen Bankette erstattet haben, liegen aun vor. Veachtung 
erdient unter denselben ein kurzer Vortrag des Herrn August Des— 
noulins, der in Philadelphia den französischen Volksunterricht zu 
ertreten batte, sich aber auch auf anderen Gebieten mit Verstand 
umngesehen zu haben scheint. 
Bei unserer Rückktehr, sagte Herr Dekmoulins, wurden wir 
ron allen Saiten mit der Frage empfangen: Was holten Sie von 
der Ausstellung? Nicht wahr es war ein Hiasko? Hierauf ant- 
vorteie ich:. Ja, wenn man nur die von den Unternehmern ver⸗ 
angten Resultate in Betracht zieht. Sie zühlten in ded That ouf 
runderttausend tägliche Besuche und es stellen sich deren kaum zwan⸗ 
igtacsend ein. Dieser Tage stieg die Zahl der Besucher auf 
. 000 und der Telegraph dat die frohe Botschaft sogleich der