Full text: St. Ingberter Anzeiger

Anzeiger. 
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M 147. J J 9 I TSamstag- den 16. September F F 1876. 
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Deutsches Reich. 
Mäünchen, 13. Sept. Bei den Truppenühungen, welchen 
der deurnsche Kaiser demnächst im Reichslande beiwohuen wird, werden 
don Sr. Majestät auch baherische Truppen, namentlich das 5. 
Chevaurxlegers⸗ Regiment, besichtigt werden, da dasselbe an den 
abalerie-Uebuugen vom 14. bi 28. d. M. in der Umgebung 
don Weißenburg Anthel zu nehmen hat und der Kaifer- am 25. 
und 26. d. diesen Uebungen beiwohni. — 
Betlin, 10. Sept. Die zwischen dem Präsidenten des Reichs⸗ 
tanzleramis, Staatsminister Hofmaun und dem Minister des Innern, 
Grafen zu Eulenburg gepflogenen Verhandlungen wegen Auflösung 
deyw. Erdffnung des Reichs und Landtages haben, wie wir aus 
destunterrichteter Quelle mittheilen können, zu folgendem Resultate 
Jefühtt. 14. Ottober: Auflösung des preußischen Landtages; 
31 Otwber: Wahl der Wahlmämer; 28. Oktober: Wahl der 
Abgeordneten; 30. Ottober: Eröffnung der Herbst ession des Reichs⸗ 
—ED—— 10. Januar: Er⸗ 
zffnung des preußischen Landtages. J 
—8 15. September, Der letzie Vräklusivtermin für die 
Einziehung des Landes⸗Papiergeldes in den verschiedenen Bundesstaaten 
wird am 30. d. M. ablaufen und mit diesem Tage eine weder im 
Bundesrathe noch im Reichstage bei Berathung des Gesetzes, beiref⸗ 
fend die Ausgabe von Reichskassenscheinen erwähnte Eigent: ümlich⸗ 
keit aus der Welt scheiden. In den fünfziger Jahren erließen 
mehrere deutsche Staaten erpragen durch welche die Annahme 
fremden Staats-Papiergeldes, sowie die Zahlung in demselben theils 
dei Strase verboten, theils beschränkt wurde. Trotß des Vestehens 
dieser Verbote wurden Verstöße gegen dieselben schon keit inchreren 
Jahren nur sehr selten bestraft. J 
Mit welcher Gleichgültigkeit die Bevö kerung der mitteldeutschen 
Staaten den politijchen Wahlen gegenüdbersteht, mag die Thatsache 
darthun, daß in voriger Woche bei einer Landtagswahl in Essenach 
bon 1200 Berechtigten nur — 27 erschienen, de selbstwerstäudlich 
unberrichteter Dinge wieder nach Hause gingen. Aus 28 Wablbe⸗ 
zirlen war kein einziger Wähler erschienen. 
Auslaud. 
Wien, 13. Sept. Die „Politische Carrespond enz“ sagt (in 
Uebereinstinimmung mit der Meldung der „Allg. 3.“), daß nach 
ihten Informationen die Pforte ihre ursprünglichen Friedensbe⸗ 
dingungen in einem neuerlichen Ministerrathe in einigen Punkten 
nicht unwesentlich modificirt und die Mittheilung der modificirten 
Friedensbedingungen an die Vertreter der Großmächte in Konstan⸗ 
aͤnopel für gestern (12. September) in Aussicht gestellt habe. 
Pesthe 11. Sept. Den magyarischen Journalisten ist der 
zuropänsche Kreg nur noch eine Frage der Zeit. Der offiziöse 
„Hon“ erfährt aus vertrauenswürdiger Quelle ernste und beäng 
igende Nachrichten. Die Pforte soll ihre Vertreter im Auslande 
dadon verständigt haben, daß sie bis zum Aeußersten entschlossen 
und nicht mehr willens sei, die in das Gewand der „guten Rath- 
schlage“ gehüllten unwürdigen, oft unqerechten und in der Regel 
zöswilligen Einmeugungen zu dylden. Der Hat des Sultans werde 
demnächft, gleicham als Programm des neuen Herrschers, aus— 
inandersetzen, wozu die Türkei als Staat berechtigt sei vnd worein 
die Mächie sich nicht zu mengen haden. Ueberhaupt herrsche in 
den türkischen Regierungskreisen eine sehr energische Stimmung, 
welche in der Presse kräftig zam Ausdruck gelangt. Seit die Schwert 
imgürlung Abdul Hamids vollzogen sei, habe diese Entschlofsenheit 
is zu den leßten Konsequenzen im Divan das entschiedenste Uebet ⸗ 
gewichl erlangt. — „P. Naplo“ meint, Rußland werde demnächst 
mit seinen Vorschlägen zur Theilung der Türkei abermals an Oester⸗ 
ceich herantreten. Im Falle der abermaligen Ablehnung sei der 
srieg mit Rußland so gut wie fertig. „So lange Graf Andrafsy 
und Koloman Tisza Mmister sind, wird Oestetreich nie im Bunde 
nit Rußland die Pforte bekriegen und sich mit diesem iag die Türlkei 
cheilen. Man wisse in Pelersburg, daß Oesterreich: Uugarn ent⸗ 
schlossen sei jedet Umgestaltung an seiner Gtenze, welche die Juie 
ressen des Reiches verletzt, mit bewaffneter Hand entgegenzutreten. 
Das Blatt jschliezt: „Graf Andrassy halte, wenn möglich Frieden, 
r bleibe neutral, so lange er kann, wenn aber Rußland den Krieg 
zeginnt, so möge Graf Byland-Rheidt darauf bedacht sein, daß unser 
deer nicht nur imit Uchatius⸗-⸗Kanonen, mit Waffen und Munition, 
soondern daß es auch mit Allem. was zu einem Winterfeldzuge gehoͤrt, 
xrsehen se, damit es nicht erfriere.“ 
Paris, den 10. September. (Die Weltausstellung 1878.) 
Das Amtsblait bringt heute die verheißenen Mittheilungen über die 
JIusstellung für 1878. Ihre Dauer ist auf die Zeit vom 1. Mai 
zis 31. Okiober bestimmt; ihr Umfang umfaßt Erzeugnisse der Kunst, 
des Ackerbaues und der Industrie aller Nationen; ihr Ort ist das 
Ftamp de Mars und der gegenüberliegende Trocadero.“ Vor dem 
)auptgebäude auf dem Marsfelde und auf dem Abhang des Tro⸗ 
adero sollen Patks und Gärten für die lebend auszustellenden 
Thiere und Pflanzen angelegt werden. Die Komissionen des Aus⸗ 
andes werden ersucht, sich moͤglichst bald mit dem französischen 
heneraltommissär in Verbindung zu setzen oder sich bei demselben 
»urch einen Deligirten vertreten zu lassen, so daß der Generallkom⸗ 
nissär nicht unmittelbar mit den Ausstellenden in Verkehr zu treten 
raucht. In Jeder Abtheilung, die den Ausstellern aus einer und 
)erfelben Nation angewiesen wird, siad die auszustellenden Gegen⸗ 
fände in neun Gruppen zu vertheilen. Jede dieser Gruppen wird 
n Klassen untergetheilt. Es wird ein allgemeiner Katalog der Er⸗ 
eugn sse aluer Nationen auf Kosten Frankreichs verfaßt werden. Die 
musländischen Nationen können für ihre eigenen Erzeugnisse und 
zuf ihre Kosten einen Katalog drucken lassen; jedoch nut in ihrer 
Sprache. Von Allem, was ausgestellt wird, darf nichts ohne Er⸗ 
aubniß des Ausstellenden abgezeichnet oder nachgemacht werden. 
die Ausstellenden genießen die im Gesetze vom 28. Mai 1868 
iber die Garantie der patentirungsfäbigen Ecfindungen und die 
Fabrikzeichnunzen vorgeschriebenen Rechte. Keiner der ausgetellten 
zegenstände darf ohne Erlaubniß des Generalkommissärs vor Schluß 
»er Ausstellung z rückgenommen werden. Die Ausstellenden haben 
ür den Platz, den sie einnehmen, keine Miethe zu zahlen; nur Ein⸗ 
ichtung und Ausschmückung geschieht auf ihre Kosten. Zulässig 
ind Kunstwerke, die seit dem 1. Mai 1867 verfertigt worden sind, 
inzulässig Kopien, nicht eingerahmte Gemälde oder Zeichnungen 
ind die Sculpturwerke aus nicht gebrannler Etde. 4 
London, 13. Sept. Die gegen die kürtische Regietung ge⸗ 
ichteten Cundgebungen dauern fort. Lord Granville hat sich in 
iner veröffentlichten Zuschrift für Fortsetzung der Agitation aus⸗ 
zesprochen, welche unwiderstehlich werden müsse, damit die Regierung 
ine energische Politik einschlage; er hoffe, das Ministerium werde 
yvor allem die Wiederherstellung des europäischen Einverständnisses 
instreben, da, im Falle dies nicht gelinge, die Schwierigkeiten der 
zrientalischen Frage nur vermehrt würden. 
vn. Der im serbischen Hauptquartier weilende Berichterstatter der 
Daily News“ hat eine langere Unterredung mit Tschernajeff gehabt, 
n welcher der Beneral ihm versicherte, daß alle Gerüchte über eine 
eborstehende Einstellung der Feindseligkeiten auf Erfindung beruhten, 
zaß er vielmehr binnen Kurzem selbst zur Offensive überzugehen be—⸗ 
ibsichtige. Die Stellungen von Delligrad und Alexinatz seien geradezu 
meinnehmbar und auch die Armeen an der Drina und an der 
Ibac würden jetzt wieder mehr und mehr in den Vordergrund 
reten, seisden die große Anzahl der aus Rußland eiatreffenden 
Offiziere es ermöglicht habe, auch diese Truppeutheile mit füchtigen 
und geschulten Offizieren zu versehen. 
Cettinje, 13. Sept. Voigestern überschritt Derwisch Pascha 
v'e Gebirgshöhe von Veljebro und schlug zwischen dieser und dem 
Orte Spuz sein Lager auf. In Folze des Anmarscheßs zweier 
tarker Adtheilungen der Montenegriner zog sfich die türlische Armee 
sestern fruüͤh auf Podgoritza und Spuz zurück. 
Konstantikopel, 13. Sept. Sicherem Vernehmen nach 
putde die Notification der Friedensbedingungen der Pfotte abermals 
dertagt, angeblich auf Befebl des Sultans, was man in diploma⸗