lischen Kreisen als gunstiges Zeichen für dis Nachgiebigleit der
Pforte deutet. —
Petersburg, 8. Sept. Aus Kerisch wird den Zeitgenös⸗
sischen Nachrichten gemeldet, daß alle Befürchtungen und Gerüchte
uͤher Unruhen in der Krim sich sehr fühlbar beftätigg haben. An
der ganzen Küste von Kertsch bis Sewastopel sind jetzt Cordons
bon 25 bis 30 Mann aufgestellt, so daß Truppen von seerisch,
Feodossia, Sewastopol im Wachtdienst stehen. In Jalta wurde ein
türkisches Schiff mit Waffen festgehalten, und man fürchtet eine
ühnliche Ausschiffung auch hier. Die Aufsicht ist so weit verichärft,
daß der Zutritt zue Meeresküste am Abend nicht gestattel ist.
Vermischtes. —
. Aus der Pfalz. (Pf. Ztg.) Fuür viele unserer Land⸗
leute mag der Paragraph 361 3. 9 des Reichsstrafgesetzbuches sehr
unangenehm werden. Nach demselben werden nämiich Diejenigen,
welche Kinder oder andere unter ihrer. Gewalt stehende Personen,
die ihrer Aufficht untergeben sind und zu ihrer Hausgenossenschaft
gehdren, won Begehung von Diebflählen, somie von der Begehung
strafbarer Verletzung der Zoll⸗ oder Steuergesetze oder der Gesetze
zum Schutze der Forsten, der Feldfrüchte, der Jaad oder der Fischerei
abzuhalten unterlassen, mit Hast oder mit Geldstrafe bis zu 100
Mark bestraft. Dieser Paragraph, des R.⸗Sa.⸗G..B. Ziffers H.,
welcher betanntlich erst seit dem Monate Marz d. J. in das Gesetz
eingefügt ist, sollte auch in den Forsigerichtssitzungen seine Anwendung
finden Zuf die Bestrafung Solcher, wilche Kender oder andere, oben
bezeichnete Personen non Forstfreveln nicht abhalten. Nun erklärte
sich aber der Richter eines pfälzischen Landgerichtes für inkompetent,
in einex Forstgerichtssitzung eine Strafe auf Grund eines Para⸗
graphen auszusprechen, welchen er nur in seiner Eigenschaft als
Kichter eines Polizeigerichtes anwenden könne, Die kgl. Staats⸗
dehörde schloß sich der Ansicht dieses Beamten an, und so haben
aun Diejenigen, welche sich gegen den betreffenden Parag: aphen
aerfehlen, die Anssicht, zuerst von dem Forstgerichte in den Ersatz
des durch den Forsifrevel verursachten Schadens und des Werthes
des gefrevelten Objeltes und dann nochmals vor dem Polizeigerichte
in eine eutsprechende Strafe verurtheilt zu werden. Da in manchem
QAuntone die Zahl der jährlichen Uebertretungen des Fostgesetzes
4-6000 beträgt und ein gutes Drittheil davon den Paragraphen
8361 3. 0. D. R.Si.⸗B.⸗B. berührt, so werden die Polizeiurtheile
eine bedeutende Mehrung erfahten. —
FSpeyer, 12. Sept. Die Gewerbebank Speyer, einge⸗
wagene Genossenschafi hielt gestern ihre Generalversammlung ab,
zehufs Darleguug der Geschäfisergebnisse im ersten Hälbjahr 1876.
Der Vereia, welcher seit etwas mehr als anderthalb Jahren besteht,
Fählte am, 81. December 1875 380 Mitglieder; bis 80. Juni
1876 waren uoch beigetreten 99, so daß nach Abgang der Aus-
geschiedenen 462 Mitglieder verbleiben, zu diesen find bereits weitere
34 im zweiten Semester nen eingetreten, Die e nbezahlten Stamm⸗
antheile betragen 119,8667 M. und der Reservefond 7409 M. Die
dei dem Vereine angelegten Depositengelder hetragen 442,390 M.;
es wurden im ersten Semester 1376 60,015 M. mehr eingelegt
ala zurückgezogen. Au Zensen und Provisionen wurden vereinnahmt,
25, 485 Vi. vecausgabt wurden 6020 M., verbleiben somit
19,415 M. Hiervon gehen die Zinsen der Depositengelder, welche
Jährlich berechnei wurden, für 6 Monate ab. Die Unkosten betragen
3160 M. Der Gesammtumsatz beträgt 5.764,834 M., was gegen
denselben Zeitraum 1876 ein Mehr von 1,844,37 1 Mark ergibt.
f—Quedlinburg, 11. September. Welche Vorsicht bei an
Milzbrand leidenden Thieren zu beobachten ist, zeicgt nachstehender
Vorsall. Einige einem hiesigen Oekonom gehoörige Schafe waren
an Milzbrand erkrantt verendet. Um den poltizeilichen Vorschriften
nachzulommen, wurde das Fleisch, nachdem das Fell abgezogen
wat, vergraben. In der Nähe des Platzes spielten einige Kinder,
die am nächsten Tage bedentlich erkrankten. Der herbeigerufene Arzt
lonstaterte die Ansteckung. Eines der Kinder ist bereits gestorben,
während die anderen bedenklich darnieder l'egen.
7Oels, 8. September. (Eigenthümliche Verkehrsstörung).
Der Abendzug, welcher am Mittwoch Abend um 624 Uhr von
Breslau hier eintreffen sollte, ware in der Gegend des Ollendoiff'schen
Magazins bald sitzen geblieben. Die Ursade war, daß sich auf den
Schienen eine unzahlbare Menge von Raupen aufhielt, d'e, zerfahren
eine solche Glätte verursachten, daß die Räder, ohne vorwärts zu
tommen, sich auf ein und derselben Stelle um die Achse beweglen.
Der Schaden, den die Raupen in hiesiger Gegend dem Kraute be⸗
reiten, scheint beträchtlich zu sein.
Serltin, 10. Sept. Das kaiserliche General-Postamt
macht Folgendes belannt: In den in Frankteich aus Deutschland
eingegangenen Päckereisen dungen sind seitens der franzoͤsischen Zoll⸗
dehoörden bei der zollamtlichen Revifion in letzter Zeit hausig Briefe
oder sanstige Mittheilungen, welche die Eigenschaft von Correipon·
denzen hatten, vorgefunden worden. Zur Fernhaltung von Nach⸗
heilen wird darauf aufmerksam gemacht, daß das Einlegen der⸗
artiger Schriftstücker in die nach Frankreich destimmten Päckerei⸗
endungen gegen die sranzößische Postgesetze verstößt und Zuwider⸗
andlungen die Einleitung des Strafverfahrens in Frankreich zur
Folge haben.
F Die alten Berliner Originale sterben zwar aus,
iber es ist dafür gesorgt, daß immer neue auftauchen; das aller⸗
ieneste verdanken wir der Pferdebahn. Es ist (schreibt das Berliner
Tagdlatt) ein älterer Herr von etwa 35 Jahren, mit freundlichem
gesichte, der die Manie hat, so oft er mit der Pferdebahn fährt
- und er fährt des Tages über mehr als zehn Mal — neben
em Kutscher zu stehen, und die Glocke zu läuten. Man kennt ihn
chon auf allen Linien und nennt ihn den „Bimmelfritze“. Er er⸗
auft sich das Privilegium zu läuten durch regelmäßige Trinkgelder
ind ist bei den stutschern daher ein gerngesehener Gast. Wenn er
ꝛen Klöpfel anschlägt, verklären sich seine Züge; ging es nach ihm,
r würde die Bewohner der Straßen, durch welche die Wagen
ahren, durch ungusgesetztes Läuten zur Verzweiflung bringen. Seine
sarmlose Manie soll von dem Tage an datiren, an welchem er Zeuge
par; wie auf dem Bellealliance⸗Platze ein kleines Kind durch einen
Zferdebahnwagen überfahren wurde. Wenn er dereinst zur letzten
stuhe gebetiet wird, müßten ihm alle Glocken — der Pferdebahn
um Grabgeläutt erklingen.
Die „Berl. Boͤrs.Zig.“ bringt folgendes ächtes Handels⸗
asonnement: Der Getreideerport aus Ungarn nach Süddeutschland
ind der Schweiz ist dem „P. Bl.“ zufolge neuerlich in erfreulichem
lufschwunge begriffen utrd dürfte sich, wenn sonst keine Zwischen⸗
alle eintreten, auch danernd gestalten. Daß übrigens auch die
zoncurrenz anderer Länder wieder mächtiger auftritt, läßt sich nicht
tugnen. So theilt man aus verläßlicher Quelle mit, daß in letz⸗
rec Zeit viel Weigen vom Schwarzen Meere nach Marseille kommt,
belcher Umstand nicht verfehlen wird, auf die Preise in der Schweiz
mgzünstig einzuwirken. Ebenso sollen jür Mannheimer Rechnung
ungst größere Getreide-Einläufe in St. Petersburg effectuirt worden
ein und die Versch ffung dieses Getreides via Rotterdam bereits
degonnen haben.
4Graz, 13. Sept. Fürst Arton Auersberg, belannt unter
dem Dichternamen Anastasius Grün, welcher vor acht Tagen von
inem Schlaganfall betroffen wurde, der ihn der Sprache beraubie,
st heute Nacht im Alter von 70 Jabren gestorben.
f Capitän Boyton. Eine Scilderung der Erlebnisse
des Capitäns Boyton auf seiner Wasserreise von Preßburg nach
VBest eninehmen ungarische Blatier Folgendes: „Dienstag um 9 Uhr
Zormittags, verließ ich Preßburg. Tagsüber ging es gut. Als
ʒ finster wurde. leate ich mich ins Wasser zurück. Es herrfchte
todienstille; kein Lüftchen regte sich.“ Es mochte 9 Uhr gewesen
ein, als ich, von der enormen Hitze des Tazes etwas schwindlich
eworden, ein unwiderstehliches Bedütfniß nach Schlaf empfand.
sch legte mich zurück und verfiel vor Szapp in einen unrvhigen
zchlum ner. Plötzlich erweckte mich das heftige Rauschen eines
VBassers. Die Strömung hatte mich, das war mir im ersten Augen⸗
olide tlar, in eine Mühle getrieben, und es war schon zu spät,
nich aus der Strömung herauszuarbeiten. Instinctiv umklammerte
d den Balken der „Wehre“ vor dem Wasserrade, allein das Rad
zatte meine Beine schon erfant, ich ließ mich hinunterziehen und
am — freilich mit gebrochenem Ruder und zerrissener Kappe —
iuf der anderen Seite heraus, nicht ohne eine unbedeutende Con⸗
usion am Kopfe erhalten zu haben. Unwillkürlich mußte ich um
zilfe gerufen haben, denn der Müller ein aller bärtiger Mann
um mit einem Lichte heraus, um zu sehen was es gäbe. Etr sah
X
nich in meinem schwarzen Habit erblickte, muß er mich rein für
den lebendigen Gottseibeiuns gehalten haben, denn mit einem Angst⸗
hrei ließ er nicht nur das Talglicht, sondern leider auch die mir
ugeworfene Leine ins Wasser fallen. Plums, lag ich wieder im
Wasser und zwar nicht in der angenehmsten Situation. Was blieb
nir übrig? Ich nahm das halbe, mir gebliebene Ruder zwischen
die Beine und begann nun mit beiden Händen zu rudern, konnte
es jedoch nicht unterlassen, dem grauen Fesgling ein, Schäm' Dich
utes Weib!“ nachzurufen. Endlich wurbe es Tat, und gegen 7 Uhr
var ich vor Komorn.“ Nach vier Stunden schwamm der Capitän
veiter und kam um 1 Uhr Nachts nach Gran. „Alles war ruhig“
— erzaͤhlt er —, „ich hoͤrte kein Mählengeklapper und beschloß,
iin wenig zu schlasen. Im besten Schlummer wurde ich durch
Ruderschlaͤge geweckt; Sch ffsleute hielten mich für eine schwimmende
deiche und wollten mich auffischen. Ich hatte um so mehr Grund,
zen Leuten für ihre Absicht zu danken, als mich sonst der eben
ommende Dampfer gewiß zusammengefahren hätte, während sich
etzt fein Capitän damit begnügte mir Schnaps zu geben und hierauf
ein „Adieu“ zuzurufen. Um 8 Uhr früh begrüßte mich zwischen
Maros und Visegad eine aus 20 Booten bestehende Deputation
von Herren und Damen. Ein wunderschönes Mädchen brachte mir
inen Strauß blauer Blumen.“ — Die Antunft des Heren Voyton
rfoigte gegen Z Ubr Abends nach 5B8stündigem Schwimmen.