St. J ngberler Anzeiger.
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M 148. Sonntaa, den 17. Septeniber J 1876.
Deutsches Reich.
Berlin, 14. Sept. Der „Reichsanzeiger“ veröffentlicht einen
Frlaß des Kaisers, wodurch derselbe für die ihm im Laufe des
Zommers, sowobl aus Preußen wie aus allen Gauen des Deutschen
seiches bei festlichen Veranlassuagen, insbesondere am Sedantage,
ugegangenen Kundgebungen treuester Gesinnung für Kaiser, König
und Reich seinen aufrichtigen Dank ausspricht.
Anus Berlin wird der .N. Fr. Pr.“ geschrieben, daß zur
Beurtheilung der Sendung Manteuffels nach Warschau der Umstand
jon Bedeutung sei, daß die leitenden Kreise Oesterreichs von seiner
Keise im Voraus unterrichtet waren. Fürst Bismarck wünsche ernst⸗
ich die Aufrechthaltung des Dreikaiserbündnisses, sehe aber die
Riöglichkeit seines Fortbestehens nur darin, daß Rußland von einem
elbstständigen Vorgehen gegen die Türkei abgehalten werde. Dex
Tzart habe dazu ohnehin keine besosdere Lust; Manteuffel aber
jabe in Waärschau Gelegenheit gehabt, auch auf jene Persönlich⸗
eiten in der Umgebung des Czaren einzuwirken, von denen man
zehauptet, sie seien in dieser Frage mit dem Czaren nicht eines
Sinnes. Allem Anschein nach, so schlleßt der Berliner Correspon⸗
nent der „N. Fr. Pr.“, habe Manteuffels Reise das gewünschte
Ergebniß geliefert (d. h. es wäre erreicht, daß die Hallbarkeit des
Dreikaiserbündnisses in nächster Zeit noch nicht auf die Prode ge—
tellt wird; mehr ist's wohl nicht.)
In Bezug auf die Eisenzölle schreibt die „F. Z.“: „Wie
oir hören, wird gleich beim Beginn der Reichstags-Session der
Antrag eingebracht werden, das mit dem 1. Jan. 1877 in Kraft
retende Gesetz betreffend die Ausfhebung der Eisenzölle zu sistiren,
und den Termin, an welchem mit der Aufhebung der Eisenzölle
dorgegangen werden soll, dem diskretionären Ermessen der Reichs⸗
egierung zu überlassen. Die Autragsteller werden diesem ihren
Antrag mit einem Hinweis auf die demnächst ablaufenden Handels⸗
derträge motiviren, bei deren Abschluß die Reg erung am bisten in
der Lage sein werde, für eine bessere Exportfähigkeit unserer hei⸗
mischea Industrie Sorge zu tragen. Auf einen solchen Antrag
würde sich die Regierung wohl einlassen, schweilich aber der Reichs⸗
lag, der, unter gewissen Umständen, wohl die Hinausschiebung des
Termins für einen bestimmten Zeitraum concediren könnte, aber
zewiß niemals der Regierung allein es überlassen wird, nach Be⸗
neben den Wegfall der Eisenzölle dekretiren zu können. Wie man
ans versichert, wären einflukteiche Mitglieder des Bundesraths von
der Einbringung des Antrags bereits unterrichtet worden.
NAusland.
Paruis, 14. September. Der „Ag. Havas“ zufolge häite
»er Minister des Auswärtigen, Herzog von Decazes, im heutigen
Ministerrath beruhigeude Mittheilungen über die Lage der Dinge
m Orient gemacht.
London, 14. Sept. E'ner Depesche der „Daily News?
ms Konstantinopel zufolage nehmen die Türken in der Gegend von
Tatarbazardjikt und Philipoppel aeuerlich eine drohende Haltung
jsegen die Bulgaren an und sprechen von baldigen weiteren Nieder⸗
metzelungen der Christen. Der Correspondent obiger Zeitung hat
»en britischen Botschafter in Konstantinopel Elliot davon benach⸗
ichtigt, daß die Muhamedaner bewaffnet, die Christen dagegen
dehrlos seien.
London, 14, Sept. Der alte Lord Russel (der vor lauter
Türken⸗Abscheu die russische Gefahr nicht sieht) schlagt in einer an
dord Derby gerichteten veröffentlichten Zuschrif— vor, den Boischafter
elliot von Konstantinopet abzuberufen; die Rückkehr Ellions durfe
icht vor strengster Bestrafung der in Bulgarien verübten Gräuel—
baten erfolgen.
Vermischtes.
Neustadt, 13. Sept. Am letzten Sonntag fand hier
e socialdemokratische Versammlung in der Chelius'schen Wirth-
qust, Brauerei Geijel, statt, abgehalten von dem Agitator Ehrhardt
q
aus Mannheim, in welcher über den socialdemokratischen Congreß
zu Gotha Bericht erstattet und über die nächsten Reichstagswahlen
erhandelt wurde. Er gab bekannt, daß für den Wahlkreis Neustadt⸗
dandau Agitator Dreesbach als Reichstagscandidat aufgestellt sei,
velcher demnächst behufs Gewinnung von Stimmen einen Cyklus
on Vorträgen in unserer Gegend abhalten werde, und Iwar? vor⸗
jugsweise zur Bearbeitung der Landleute, auf die man nunmehr,
da man gesehen, daß in den Städten kein großer Fang zu machen,
eine Hoffnung setzt. Der erste der Vorträge soll Sonntag den 24.
8. in Lachen gehalten werden, worauf weitere in rascher Folge in
)aßloch, Maikammer, Edesheim, Rhodt, Venningen, Kirrweiler,
ẽdenkoben, Hambach, Mußbach, Neustadt, Lambrecht. Weidenthal,
ẽlmstein u. s. w. gehalten werden sollen. Nach unserer Kenniniß
»es Pfälzer. Volkes, seines Charakters und seiner Intelligenz haben
vir nicht zu jürchten, daß diese Bemühungen von großem Erfokg
gekrönt sein werden. . Gr.⸗Z.)
Man .berichtet aus Pforzheim, 11. Sept.: Ein gräßliches
ünglück, hervorgerufen durch unvorsichtige Hantirung mit einer Schuß ⸗
zaffe, hat sich gestern früh ereignet. Der 15jährige hoffnungsvolle
zohn des Postschaffuers Brenner, spielle mit einem geladenen, von
zinem Bruder erst wenige Tage zuvor erworbenen Revolver. Auf
inmal entlud sich der eine Lauf desselben und drang die Kugel dem
inglücklichen Knaben-in den Hals, worauf der Tod sosort eintrat.
Man schreibß aus Worms, 11. Sept.: Welche große
Jusdehnung der Obsihandel in hiesiger Gegend angenommen hat,
nag daraus entnommen werden, daß im Monal August hier am
khein 18.911 Körbe Steinobst im Gewicht von ca. 810,700 Kilo
heinabwärts verladen wurden. Der Erlös hierfüt beträgt bei einem
Durchschnitis⸗Ertrag von 8 Mark per Korb ca. 152,288 Mark,
jewiß eine hübsche Summe, die nur dazu beitragen kann, die Grund⸗
hesitzer zu bestimmen, der Obstbaumzucht größere Sorgfalt, wie bieher,
angedeihen zu lassen.
teFalsche Zwanzigmarkstücke. Neuerdings sind an ver⸗
chiedenen Orten wiederholt falsche Zwanzigmarkstücke verausgabt wor⸗
»en. Namentlich bedient man sich hierzu vergoldeter Viergroschen⸗
tücke mit hannover'schem Gepräge, von denen die mit der Jahres⸗
ahl 1859 sich desonders dazu eignen, denn diese besitzen genau
ieselbe Größe der Zwanzigmarknücke und anf dem Revers ein Ge⸗
yräge, welches die Taäuschung nur noch begünstigt.
F Metz, 8. Sept. Gegen die von Jahr zu Jahr sich steigernde
Weinverfälschung schreitet das hiesige Polizeigericht mit anerkennens—
werther Energie ein. Ein Handlungshaus in Barcelona hatte kürz⸗
ich seinem hiesigen Bertreter zehn Fosser Wein geschickt, welcher, wie
die chemische Untersuchung ergab, mit Fuchsseĩn gefärbt war. Das
Holizeigericht veruritheilte nun das genannte Geschäftshaus zu einer
Beldstrafe von 1800 Mk.; zugleich wurde das 3000 Liter beiragende
Weinquantom confiscirt, um vernichtet zu werden.
. Die Köchinnen in Frankfurt müssen, wie man zu sagen pflegt,
das „Geriß“ haben, denn unter 1418 Damen, die in d'esem Jahre
in Frankfurt ualer die Haube kamen, oder, um uns „standesamtlich“
auszudrücken, die aufgeboten wurden, besinden sich nicht weniger
als 918 Köchinnen, also fast zwei Drittel. Gesch'eht es vielleicht
der guten Bissen halber, daß die Köchinnen ein so gesuchter „Artikel“ sind?
F Zu Frankfurt erregte ein merkwürdiges Siamesen⸗Paar
)e allgemeine Aufmerksamkeit, zwei feingekleidele, aneinander ge⸗
ettete Männer, welche nach dem Clesernenhof fragten. Es siellle
ich beraus, daß die beiden Kettenträger gar nicht einmal zusammen⸗
gehörten, denn der behäbig aussehende Hert schloß sich plötzlich
os und überlieferte seinen Genossen 4 la Bagno einen wirklichen
A
aus selbst angefesselt, der Polizei.
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