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Sl. Ingberler Anzeiger.
Der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Vei⸗
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53 1565. SEonntag/ den 1. Oetober ———— 1876.
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Deutsches Reich.
.Munchen, 25. Sept. Heute Morgen begannen im kleinen
Odeonssaale die Verhandlungen deutscher Künstler, Kunstindustriellen
und Freunde derselben, wie sie vom Directorium unseret Kunst⸗
gewerbeausstellung. vorbereitet waren. Es hatte längere Zeit den
Anschein, als ob eine Anzahl von Theilnehmern, die der weit⸗
tragenden Einladung auch nur einigermaßen entspreche, sich über⸗
haupt nicht zusammenfünde. Nach langem Zuwarten aber konnte
doch mit den Verhandlungen begonnen werden. Zuerst gelangte
ein pon Erzgießer v. Miller, dem Prasidenten des Ausstellungs⸗
directoriums, eingereichter Antrag zur beinahe einstimmigen Au⸗
nahme, dis Inhalts: es sei an alle deutschen Staatsregierungen die
Bitte um Errichtung, Förderung und Unierfstützung von Kunst⸗
gewerbe⸗“ und Fachschulen in den größeren deutschen Staaten und
Industriebezirken zu richten. Als Gegner des Miller'schen Antrages
rat ein einziger Redner auf, Architekt Feder von hier, der befürchtet,
es mangle an den nöthigen rüchtigen Lehrkräften, und bei dieser
Gelegenheit ziemlich unbarmherzig die bisherige Wirksamkeit der be⸗
stehenden Schulen der angedeuteten Art vor Gericht zog. Director
Lange und Prof. Krell von hier, sowie der Antragsteller erwiderten
ihm sehr nachdrücklich, ohne übrigens alle seine Eiawände zu ent-
kräften. Dann kam ein Antrag des Oberbauraths Neureuther von
hier zur Besprechung, die Versammlung wolle den Wunsch aus⸗
drücken, daß alle Staatsregierungen, Landesvertretungen und Gemeinde⸗
dehörden die Mittel bewilligen, öffentliche Bauten, welche höheren
Zwecken dienen und also am besten geeignet sind, die Bildungsstufe
und den Charakter der Zeit, des Landes und des Volkes auszu⸗
prägen, auch künstlerisch würdig auszustatlen, also der Plastik, der
Malerei uad dem Kunstgewerbe dei Ordnung des inneren und äußeren
Schmuckes angemessenen Raum zu gewähren. Die Begründuug
dieses Antrages war sehr interessant. Kurz, aber treffend zeichnete
der Redner das Jahrzehnte lang geübte Sparsamkeilssystem bei
allen öffentlichen Bauwerken, das jede künstlerische Ausschmückung
als entbehrlicher Luxus fernhielt, und dem gegenüber das System
der Alten, das gerade durch den wahrhaft künstlerischen Schmuck an
und in monumentalen Bauwerken den Sinn für das wahrhaft Große
und Sqhöne im Volke stets rege erhielt. Sein Antrag wurde ohne
Debatte einstimmig angenommen. (S. M.)
Berlin, 28. Sept. Sowelt bisher Nachrichten vorliegen,
sind nachfolgende Aus steller aus Süd⸗-West-Deutschland in Phila⸗
dephia prämiirt worden: Die Bauer'sche Gießerei in Frankfurt
a. M., Reinhold Hanke in Höhr bei Coblenz, Gebr. Gundlach zu
Broßalmerode (Provinz Hessen-Nassau), Gebr. Lotzbeck zu Lahr,
Heinrich Keller Sohn in Dacmstadt, Adolph Noll in Gießen, P.
J L. Landfried in Wiesloch in Baden, August Ganz in Baden⸗
aden.
Cannstadt, 28. Sept. Die höchsten Herrschaften (Kaiser,
Koͤnig ec.) trafen vor 11 Uhr auf dem Bolksfestplatze ein, stürmisch
begrußt von dem trotz des Regenwetters in ungeheurer Menge aus
den entferntessen Landestheilen versammelten Volle. Sie wohnten
hierauf der Preisvertheilung des landwirthschaftlichen Haupifestes
sowie dem Weitrennen bei und fuhren um 2 Uhr nach Stutt⸗
zart zurück.
Stuttgart, 28. Sepi. Das Kaiserpaar, der deutsche Kron⸗
prinz und das dadische Großherzogpaar sind um, 5 Uhr mit Extra⸗
zug nach Baden-Baden abgereist. Der Abschied am Bahnhof war
sehr herzlich. Eine ungeheure Menschenmenge grüßte bei der An⸗
jahrt am Bahnhof sowie bei der Zurückfahrt des Koͤnigspaares nach
Abgang des Zuges in enthusiastischer Weise.
Karlaruhe, 27. Sept. Feldmarschall Giaf Moltke hat den
daiser nicht nach Eülsaß begleitet, sondern traf am Sonntag Nach⸗
mittag in Heilbronn ein, wo sein unerwartetes Erscheinen auf dem
derbstfeste des Veieranenvereins unendlichen Jubel hervorrief. Abends
orachten dann die Sänger des Vereins dem berühmten Feldherrn
ein Fackelständchen, und bei dessen Abreise am anderen Morgen
vparen die Straßen beflaggt. Graf Moltle hielt sich auch kurze
Zeit in Heidelberg auf, besuchte das Schloß und reiste nach Frant ⸗
surt weitert. —
Aausfand.
Wien, 28. Sept. Der Missien des General-Adjutanten
Sumaroff, welcher eiv Haudschreiben des Kaisers Alexander hiertzer
iberbruchte, wird in hiesigen Regierungekreisen ein die Herstellug
des Friedens entschieden begünstigender Charalter beigelegc
Paris, 28. Sept. Eine Meldung der A pbe
widerspricht auf's Bestimmleste der Nachricht, daß — —— ürlei
ine Allianz angeboten habe. Persien sei nicht im Entferntesten
zewillt, seine Neutralität aufzugeben. 733
Uesber die von Tag zu Tag wachsende Erregeng in deu ruß⸗
ischen Volkskreisen scheeiht man der »D. Z.“ von der xufsische
sterreichischen Grenze: „Die Theilnahme an den Kriegsereignissen
in Serbien könnte hier nicht größer sein, wenn Rußland direkt an
enselben beiheiligt wäre. Alle öffentlichen Behörden und Anftalten
ammeln mit russischer Energie Gelb; von den Bauern werben zehn
dopeken per Kope neben den Steuern als Zuschlag für die Brüder
n Serbien“ zingehoben. Freiwillige slroͤmen gus allen. Orten
nassenhaft zur Bahn. Allgemein wird behauptet Rußland trete
zemnächst in die Altion, und man spricht ganz ungescheut davön,
daß das Volk die Regierung dazu zwingen werde. Die Popen
hun das Ihrige, um die Masse in fortwahrender Aufregung zu
rbalten. In der vorigen Woche bekam die Kreispolizei die strengste
Ordre alle Straßen umd Brücken in den hzesten Justand zu ver⸗
etzen, auf allen Stationen Heu und Hafer vh andere Vorräthe
aufzuspeichern und dafür zu sorgen, daß die Getreide⸗Magoine
der Gemeinden geflillt werden. Die Reservisten erwarten säglich
Marschbefehl.“
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VBermischteitsesss.
f Neustadt, 28. Sept. Die definitibe Tagesordnung sür die
norgen dahier statifindende sechste Haupwersammlung des pfälzischen
dreis Lehrervereins wurde heute durch den Kreisausschuß, wie foigt,
estgestellt: 1) Vortrag des Lehrers Bernhard von Herxheim über
»ie ungetheilte dreiclassige Volksschule; 2) Voitrag des Lehrers Ger⸗
jard von Haßloch über Volksliteratur, Vollsbibliotheken, Vollaschul⸗
ehrer; 3) Referat des VLehrers Drescher von Trippstadt über den
Antrag des Bezirksvereins Landau⸗Annweiler, Entschädigung sür
den Abtheilungsunterricht in überfüllten Schulen deir.
F In Maikammer wurde in der letzten Woche Gartenmost
verkauft, das Fuder zu 145 Gulden (). Derselbe wog 66 Grad.
7 Kusel. Zur Prämiirung von landwirthschaftlichen. Dienst⸗
ʒoten beiderlei Geschlechts, welche üͤber 10 Jahre bei einer und der⸗
elben Herrschaft gedient und sich durch Fleiß und Treue ausgezeichnet
„aben, hatten auf Anregung des landw. Bezirlslomites die Distrikte
dusel, Lauterechen und Woifstein zusammen 200 M., und zwar der
erstere 100, die beiden anderen je 50 M. bewilligt. Mit dieser
Zumme wurden im Distrikte Kusel 4 männliche und 5 weibliche,
in Distrikt Lautereden 4 männliche und im Disirikt Wolfstein 2
nännliche Dienstboten mit Preisen von 12 und 10 M. bedacht.
Die längste Dienstzeit unter den Prämiirten haben Friedrich Gebert
von Schmittweiler bei Jalob Metzger daselbst 33 Jahre, Elisabetha
Müller von Quirnbach bei Wwe. Müller von da 27 Jahre, Sophie
Schmitt von Gumbsweiler bei Abraham Drumm in Ulmet 24
Jahre, Daniel Linn V. bei Jakob Werner in Horschbach 22 Jahre,
Philippine Frank von Fockenberg bei Jakob Ddebel sen. in Kusel
21 Jahre- und Jalob Lensch in Frutzweiler bei Jalob Breith in
Rehweiler 16 Jahre. 9.
F Die „Rhpf.“ schreibt aus Edenkoben, 26. Sept.: Hier
vurde vor einigen Tagen eine 74jährige Frau von einem Vit⸗
zewohner des Hauses so mißhandelt, daß man an ihrem Auskommen
weifelt. Als Grund wird angegeben: weil die Frau Sitz im Hause
zabe und — zu lange lebe.
FSpeyer. Bei der am 27.d. zu Ende gegangenen Schul⸗
ienstexspektanten⸗Prüfung sind von 55 Kandidaten 19 durchgefallen.