Sl. Ingberler Anzeiger.
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der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wöhhentlich) mit dem Hauptblatter verbundene Unkerhallungsblatt. (Sonnlags mit illustrirter Bei
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M 166. — Donnerdtag, den 18. Oetoberr 1376.
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Deutsches Reich.
Berlin, 13. Okt. Die Nachricht, daß die Reichsregierung
absichtren, demnächst zu der Einziehung der Silderthaler überzus
jehen, ist eine irrthümliche. Die Reichssregierung verlangt nicht
ie Vollmacht, die Silderthaler außer Kurs zu setzen, sondern die
m ihren Kossen sich anhäufenden Thaleistücke in Reichssilbermünzen
imptägen zu dürfen. Die Einziehnug der alten 52 und: I0-
Hroschen stücle wird ebenfalls nur mögzlich sein, wenn der Betrag
xer überhauyt auszuprägenden Reichssilvermünzen erhöht werd.
.A. 3.
Berlhin, 17. Oltt. Der „Reichsanzeiger“ schreibt: Ade
geitungen erwähnen eine Depesche, worin die rufssische Regierung
hbre Ublehnung des von der Pforte vorgeschlagenen sechsmonatlichen
Waffenstillstandes mittheilt; der Text des betreffenden Telegrammes
zus Livadia vom 2./14. Okt. lautet 'ndeutscher Uebersetzung:
Wir hatten e nen Waffenstillstend von sechs Monaten nicht für
rothwendig oder günstig für den Abschluß des dauernden Friedens,
velchen wir wünschen. Wir sind nicht im Stand, auf Serbien
ind Montenegro einen Druck auszuüben, um ihre Zustimmung zu
einer so beträchtlichen Verlängerung ihrer. ungewissen und schwierigen
Lage berbeifüdien. Endlich fieden wir, daß die üherdies schon
inerträgliche finanzielle und commercielle Situation Europas unser
olchem Aufschube noch mehr leiden würde. Wir müssen auf
Wafsenflillstand von 426 Wochen, wie ihn En land ursprünglich
jorgeschlagen, bestehen, vorbehaltlich weiterer Verlängerung, wenn
er Gatg der Verandlungen die Nothwerd'gkeit einer solchen dar⸗
hun wird.
Ausland.
Wien, 16. Olt. Das hochoffi iösen, Frembenblatt“ cinrt
us einer soeden erschienen Broschüre, die den Titel führt ,Projekie
ur Lösung der: Orientfrage“ den Plas einer Theilung der Türkei
wischen Rußlond, Griechenland und Oesterreich. Letzteres soll
onturll Bosnien, die Herzegowina, Serbren, Alt-Serbien, Montene⸗
ro und Nordalbanien anneltiren.
Wien, 17. Oktt. Der „Presse* zufolge wäre gestern ein
ussischer Feldjäger mit einem Handschreiben des Kaisers von Ruß⸗
and an den Kaiser Franz Joseph hier einget toffen.
Brüssel, 16. Ott. Die in Antwerpen mit Beschlag be⸗
egten Krupp'schen Kanonen, welche dort für Rechneng der Türkei
ingeschifft werden sollten, sind wieder freigegeben worden. Sie
jehen mo gen an ihren Bestimmungsort ad. Es sind nicht, wie
nan verbreitet hat, 300, sondern nur 41 Geschütze, für welche der
Zultan 123 Million Francs bezahlt hatte. Die Beschlagnahme
var übrigens nicht auf Antrag der Pfortengläubiger erfolgt. Der
Zwischenfall schrieb sich vielmehr von einer Mißhelligkeit her, welche
ich zwischen den Spediteuren entsponnen, durch deren Hande die
herfrachtung dieser Geschütze gegangen war.
Lemberg, 16. Oti Polnische Blatter bstätigen, daß Ruß⸗
and auch in dem Gouverpenent Polen die schleunigste Mobilifirung
orhereitei.
Das Zunftwesen und die Gewerbefreiheit.
(Fortsetzung.)
Aber wie, was soll noch geschehen? Diese Ftage wird mn
ann genügend gelöst werden, wenn die Lehrherren selbst mehr
zateresse für die Sache an den Tag kegen, als es disher geschehen
st. So lange sie aver nichts Anderes thun, als ihren Lahrsingen
estsatten, Abends nach vollbrachter Arbeit eine Stande in der Schult
uzubringen, die Je zu besuchen d2erpflichtet sind, — so lange fie
elbuuicht durch Er unterung und Belehrung beittagen, daß ihre
Ilegebefohlenen Liebe zur Sache bekommen — io ange der Lehe⸗
ing den Schulbesuch als eine Pflicht und nicht als eure Ad dee
hat detrachtet — wird alle Mühhe vergebens sein. Er geht in
ne Schule und geht wieder heim, schleppr fich mühsam und lang⸗
zeilig durch, bis das lang erfehnte 16. Lebensjahr errrticht ist.
ind witd als Geselle bei wertem nicht mit den stennmissen ausge⸗
rüstet sein, die die Staatsregierung bei ihrem fürsorglichen Stichen
m Auge hatie.
Wie ganz anders würde es kommen, wenn ein corporatives
Zusammenwirken bestände, wenn von Seiten der Meister dieser
Auterricht als ein integrirender Theil der Ausbildung im Handwerk
zetrachtet, wenn eine gemeinsame Negelvng der Sache angestrebt
vürde, was nur durch eine Verständigung mit der Gesammtheit
er-Vehrherrn geschehen kann.
Freilich würden zur Erreichung dieses Zieles einige Opfer
dothig sein, darin bestehend, daß die Lehrherren ihren Lehrlingen
nußer dem Sonntag noch zwei Nachmittage, etwa am Mittwoch
ind Samstag, freigeben und der Unterricht an der Foribildungk⸗
hule stan an den späten Abendstunden dreimal in der Woche in
e 2 oder 3 Stunden ertheill würde. Was den Meistern dadurch
zerloren ginge, würde reichlich ersetzt werden durch den theoretijschen
LUnterricht. Es muß dadei bedacht werden, daß der Lehrling dem
Reister nicht al Aubeiter, sondern in erster Linie als Lehr⸗
inmg, als Lernender übergeben wurde.
Die Fortbildungsschulen sollen aber n'cht blos für die Lehr⸗
ange eingedichtel sein, sondern auch dem Gesellen die Möglichteit
eten, seine Kenntnisse zu erweitern und fich zu vervollkommnen.
Sie werden dadurch zugleich ein Mittel, nicht nur die freien
Stunden, welche den Gesellen übrig bleiben, nützlich autzufüllen,
oudern auch viele andere Unzuträglichkeiten, die sich mit dem Ge—
ellensande verbinden, zu beseitigen.
Verbinder man damit eine Bibliorhek und Mustersammlungen
hvon Gegenständen, die in die Handwerke einschlagen, so wie ange⸗
nessene Borträge, so körnnen solche Anstalten sogar die Grundlage
ür die Weiterbildung der Gewerbe und Erfindung von Verbesser—
mngen werden. Nur auf diese Weise scheint es uns möglich, dem
h)andwerkerstande die Bildung zu geben, welcde die Gegenwart von
hin fordert und, ihm zugleich die Stellung neben dem Fabrikherrn
su sichernn.
Da ich gerade die Fabrikherren erwäͤhne, so kann ich nicht
unhin einen Gedanken wiederzugeben, den ich kürzlich von einem
uinferer Publizisten äußern hörte, der sich viel mit dem Wohle des
Arbeiterstandes befaut. Derselbe bedonte in einem. lurzen Vortrage
mit beredten Worten, daß es recht und billig wäre, wenn Fabrik⸗
direktoren,, die reichliche Divdenden unter die Actionäre vertheilen,
illjährlich einen mäßigen Betrag auswürfen, um nach und nach
eine namhafte Arbeiterbibliothet damit anzuschaffen.
Der Gedanke ist ein kerngesunder und verdient alle Beach—
ung.
Die Corporationen hahen aber außer der theoretischen Bil—
zung ihrer Pflegebesohlenen noch etwas anderes ins Auge zu fassen,
ind zwar die Fürsorge, daß Gehorsam, Zucht uad Sitte wieder
eingeführt werden. (Fortsetzung folgt.)
Vermischtes.
F Sit. Jugbert, 18. Olt. An dieser Stelle brachten
wir s. Z. die Nachricht, daß der Distriktsrathsausschuß gegen die
Kegietungsverfügung, wonach der im Kauton St. Ingbert öngestellt
vetden sollende Bauschaffner von kgl. Regierung nicht genehmigt
wurde, bei hohem Ministerium Relurs ergriffen hat.
Heute nun können wir die Minheilung inachen, daß hohes
Ministerium den Rekurs des Distrikisraths-Ausschusses genehmigte,
Aso die Ansiellung eines eigenen Bauschaffners, mit d.m Wohnsiß
in St. Ingbert, stattfinden kanm
7Kaiserslautern, 17. Okt. Der Pfälzische Saar⸗
zeũüdee Bezirlsverein des Vereius deusscher Iugenicure feiertt am
achsten Sonntag (22. Oct.) hier in Kaiserslautern sein zwanzig⸗
Ahriges Stiftungsfest. (K. 3.)
f Mußdach, 16. Okt. Gestern in der Frühe war unser
Vemeindewald der Schauplatz eines dlutigen Ereignisses. Ein Jagd-
züter wurde von drei Wilderern angegriffen, schoß zu seiner Ver—
head'gung fein Gewehr ab und traf einesn der Wilderer, Kauf—