Full text: St. Ingberter Anzeiger

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St. Ingberler Anzeiger. 
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Der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wöhhentlich) mit dem Haupltblatte verbundene Unterhaltun 186latt. (Sonntags mit illustrirter Bei 
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M —169. i Dienstaa, den 24. Oetober 1876. 
Deutsches Reich. 
Berlhin, 22. Oktober. In dem Geriatsverfassungsgesetze ist 
die Streitfrage über den Sitz des küufticen obersten Gerichishofes 
des „Neichsgerichts“! za beseitizen. In d'ieser Hensicht köunen drei 
Städte in Beugacht kommen, Berlin, Leipzig und Frankfurt a. M., 
indessen hit sich im Laufe der Jahre die Ueberzeugung tesestigt, daß 
das Reichsgericht seiaen Sitz nur in Berlin haben kann. 
NAussand. 
Paris, 21. Oft. Heute wacr der Migsisterrath wie er 
persammelt. In officiellen Kressen wird versichert, England mache 
gjegenwärtig die letzten Austrengungen zus Erztelnng eines Einder⸗ 
ttaͤndnisses mit Rußland. 
Belgrad, 22. Olt. (Amtliche Meldung.) Vorgestern und 
gestern schritten die Tücken auf der ganzen Lenie zum Augriff vor, 
namentlich am User der. Morawa bei Krewet (7) wurde aufs hart⸗ 
näckigste gekämpft; die wiederholien Angreffe der Türken wurden 
aberall zurückgeschlagen. Dasselbe war der Fall bei den am 16. 
und 17. de. gegen die Idararmee gerichteten Ang iffen der Türken. 
Am Timok haben erneute Recognoscirungsgefechte stattgefunden. 
—Kaonstantinopel, 20. Ott. Der bierher gemeldete 
Artikel der „Times“ und die Nachrichten, denen 3 folge Englaud 
es ablehnt, der Pforte unter allen Umständen zulnärijchen Vesstand 
zu leisten, machen hier erh⸗blichen Eindrrck. Die Slimmung ist 
gedrückt. — General Ignatteff überrescht seine neuen Creditive am 
nächsten Dienstag. 
Konstaniinopel, 20. Ott. Heite firdet bei dem tu'sischen 
Besandten General Ignatieff eine Berashung der Vertreter der Mächte 
Statt. Die Konferenz will eine Uebeceinstiumung zum gemein—⸗ 
samen Haudeln für e'ne Verständiaung über den Waffenstillstand 
und die Fr'edensbedingungen herbeiführen. 
— Konstantinopel, 21..Ott. Die Türken haben am 
Donn retag bei Alsxinatz die Offensive ergriffen und dreizehn be—⸗ 
fest gle Positionen der Serben besetzt, die vollsiändig geschlagen wurden. 
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Sie die junge Generation zu sich heran; mit einem Worie: 
haffen Sie eine moralische Kraft, die mächt'g gegen Schlaffheit, 
Zuchtlosigteit und Trägheit ankämpft, und sorgen Sie für eine 
augeniessene Bildung Ihrer Pflegebefohlenen. Gemeinsame Inte⸗ 
ressen, gemeinfame Ziele, geineinsame sittliche Grundsätze müssen 
Sie selbst beseelen und diese Grundsähze müssen auf Ihre Arbeiter 
übertragen, ihnen gleichsam eingeimpft werden. Und dann, m. He! 
wird und muß es besser werden! Ich bin dessen gewiß, so ge⸗ 
wißg, als in unseren Tagen und vor unseren Augen durch das 
enge Aneinanderschließen der deutschen Stämme ein Reich gegründet 
vuide, vor dessen Groͤße, Macht und Würde der neidische Nachbar 
saum den Blick zu erheben wagt. 
Nun zum Schlusse meines Vortraas, dem ich noch den Wunsch 
anfüge, daß meine aus dem Herzen kommenden Worte auch Auf⸗ 
nahme in Ihren Herzen finden mögen! Prägen Sie sich die⸗ 
eltben tief ein und seien Sie eingedent, daß Fleiß, Belehrung und 
Bildung zum Segen gereichen. Fassen Sie diefe inhalisschweren 
Worte zusammen, befolgen Sie den in ihnen ruhenden Sinn, und 
ZSie werden, unbeirrt von fremden Einflüssen, mit sich selbsi und 
Ihren Verhältnissen zufrieden sein, und Ihre Kinder und Kindes⸗ 
inder werden Sie segnen und eingedent sein der Worte des 
Dichterz: 
„Arbeit ist des Vürgers Zierde, 
„Segen ist der Mühe Preis; 
„Ehrt den König seine Würde, 
„Ehret uns der Haͤnde Fleiß.“ 
Doch wir haben noch manchen Zampf mit dem Auslande zu 
zestehen; noch ist der Boden nicht geebnel, der unsere deutsche In⸗ 
dustrie auf ein gleiches Niveau mit der auswärtigen stellte, und 
die gegenwärtige Stockung der Geschäfte lastet drückend auch auj 
dem Arbeiterstande. Daher Muth gefaßt, und — ich bin dessen 
zewißz: deutsche Kraft und deutsche Befonnenbeit, deuischer Muth 
ind deutsche Beharrlichkeit, deutscher Fleiß und deutsche Biederkeit 
verden der deutschen Industrie und dem deutschen Handel eine 
ervor agende Stellung im großen Welthandel eirräumen. 
Drum, deutsche Arbeiler! setzet euern Stolz hinein, euch 
vürdig zu machen euerer Vrüder, die für Deutschlands Ruhm und 
ẽhre ihr Blut vergossen habhen. Denn was wars wohl, das sie 
em behaglichen heimischen Herd entzoꝛ, um der Fahne zu folgen? 
Was war es, das sie ermush gte, Gut und Blut einzusetzen, um 
)en übermüthigen Nachbar in die getörige Schranke zurückzuwesen? 
Deutschlands Ruhm und Ehre galt es, Deutschlands Ruhm und 
khre opferten sie willig und freudig ihr Heim, ihr Wohl, ihr 
ut und Blut. Den Manen der Gefallenen wollen wir ein 
Tenkmal setzen, indem wir uns auf ihren Gräbern geloben, uns 
)urch Fleißß, Berufstreue und Valterlandsliebe jtrer würdig zu 
machen. Richt mit dem Schwerte in der Hand sollt ihr käupfen, 
euer Kampf soll ein unblutiger, friedlicher sein: Ihr sollt kämpfen 
egen die Anmaßung Unberufener, die euch ablenten möchten vom 
Wege des Rechtes und hiueinziehen auf eine Bahn, die wihrlich 
nicht zum Heile führt. — Maßigleit und Sparsamkeit, ——A 
heit und Arbeitsamkeit jeien euere Losungsworte. Said eingedent 
der Worte: 
Das Zuuftwesen und die Gewerbefreiheit. 
(Schluß.) 
Das ist meine Arsicht, m. H.! „Aber,“ werden Sie 
fragen, „wird der schlichte Handwerksmann auch das Selbstbe⸗ 
wußtsein ia sich tragen, auf d'ese Weise wohlthätig wirken zu 
können ? Wird er sich setbst so viel moralischen Gehaͤlt zutrauen, 
daß er mit seiner sittlichen Autorität seinen Lerbeitern zu impo 
niren vermag?“ Sicherlich, m. H.! wird er das vermögen, wenn 
er sich aufrafft und der Würde seines Standes in seiner ganzen 
Tragweite dewußt wird. Die Zeiten sind Gott Lob vorüber, wo 
die sogenaunten bevorzugten Stande gerngschätzend auf den Hand⸗ 
verksneann her iedetsahen, die Nasen rünpften und den „kleinen 
Mann“ von ihrer Höde herab mit einem huldvollen Lächeln be—⸗ 
lückten. Der Handwerkerstaad ist heutzutage höher gestelln, er ist 
rin Glied der großen Kette geworden, die sich um das ganze sociale 
Leben zieht, er hitft imin, das Gebäude zu errichten und zu er— 
halten, welches die Wohnstätle unseres Wohlergehens, uaseret Fa⸗ 
nilie, unserer Existenz ist! Und so wie gegen das Eade des 
vorigen Jabrhunderts darch eine mächtige Unwälzung in ugserer 
Probinz die Uebermacht des Adels gebtochen warde und die Wuürde 
des ehrfamen Bücgersta des zur Gestung kam, so ist auch in der 
neueren Zeit für den ehrsamen Handwerkerstand, eine neue Aera 
angebrochen und es liegt nur an ihm die Stelle, die ihm die 
Neuzeit angewiesen, mit Winde zu behoupten. 
Er strebe daher, dieses siitche Selbstewußllsein pur Geltung 
zu bringen, indem er dasselbe auf seine Pflegedefohleren in der 
Weise uüberträgt, daß er Sitte, Zucht, Ordnung und Liebt zur 
Arbeit in ihnen erweckt und aufrecht erbält. 
Ich wiederhole daher mit wenig Worfen den Sinng und den 
Wunsch meines Vortrags. Bilden Sie Corporctionen in der don 
nir angegebenen Weise, schließen Sie sich eng aneinander, ziehen 
„Ehrt den König seine Würd;, 
„Ebret uns der Hände Fleiße“ 
Vermilhtes. 
7 Kaiserslautern, 21. Ott. Die in hiesiger Stadt er⸗ 
obene Häaujersteuer betrug im Jahre 1875 nur 17,3144 Mark, 
vwährend sie für da? Jaht 1876 nach der neuen Veranlagung 
37,135 M. beträgt. Rechnet man dabon die in diesem Jahre neu 
hinzugetretenen Häuser ab, so bleibt immerhin eine Erhohung von 
ca. 100 pt. — Am 19. d. wurden hier zwei Taubstummen 
getraut, der Drechssler u. Krämer M. Jos. Knill von hiet mit Frul. Louise