St. Ingberler AAnzeiger.
Der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hiuptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei
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A⸗ 170. —— Donunerstag, den 26. Oetober 1876.
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Deutsches Reich.
Mänchen, 24. Olt. Der Siiftsdecan Enzler, zum
Bischof von Speyer ernannt, hat auf das Bisthum thatsächtch
Zderzichtet und sein deßfallsiges Gesuch bere is dem König eingereicht.
Berlhin, 24. Okt. Der deuische Botschafter in Petersburg,
Beneral v. Schweinitz, wurde gestern in längerer Audienz vom
daiser eipfangen und ist Abends nach Petersburg abgereist. Der—⸗
elbe begibt sich von dort nach Livadia zu Kaiser Alexander, von
vo er in etwa drei Wochen nach Berlin zurüchzukehren gedentt.
Berlin, 24. Olt. Heute Nachmittag 1 Uhr hat im könig⸗
ichen Pala's unter dem Vorsitze drs Kaisers ein Minssterruih stau⸗
jefunden.
Für den Fall, daß die Eröffnung des Reichẽtages nicht vom
daiser in Person vollzogen werden wird, soll der Präsident des
Reichskanzleraintes, Hr. Hofmann, in Abwesenheit des Reichskanzlers,
die Veilefung der Thronrede vornehmen. Ein hiefiges Biatt bringt
die Nachrihht von einer für den 80. Geburtstag des Kaisers (22.
März 1877) bevorstehenden umfassenden Amnessie.
Seitens der sozialdemokratischen Abgeordneten wird im Reichs
ag der Verfuch gemacht werden, die jetzige polinsche Lage Europas
ur Dedatte zu br'ngen und über die von der Reichsregierung ein—
gehaltene Politik Aufschlüsse zu erlangen. Viel werden sie dabri
vobl nicht erfahren, das Fragen aber ist ja ein billiges Vergnügen.
NAusland.
Wisen, 23. Ott. Aus offinösen Kreisen transpirirt, Igna⸗
neff werde morzen, Dienstag, von sämmtlichen großmächtlichen Ver—
retern in Konstantinopel der Pforte ein Ultimalum übecre chen.
Wenn d'eser letzte diplomatische Schritt erfolglos bliebe, würden die
Rordmächte, gemäß der Reichsstädter Abmachung den Weg der be⸗
vaff eten Intervention befchreiten, deren Modus nach O'sterreichs
und Rußlands Vorsch,ag — Deuischland zu bestimmen hätte. (29)
Pest, 24. Okt. Im Finanzausschutz erklärte der Landes—
nettbeidigungs-Minister v. Szende auf eine Anfrage, es könnten
nöthigenfalls 217,000 Honveds binnen 8 Tagen voliständig aus—
jerüstet und mobilisirt werden.
Bukartest, 28. Olt. Wie hier verlautet, drängt Minister⸗
»räsident Bratiano darauf hin, we in Serbien so auch in Rumä—
nen eine Königs-Protlamation in's Werk zu setzen, die natürlich
uuch von einer Aufkündigung des bisherigen Verhältaisses zu der
Turkei und den Mächten begleitet sein würde. Falls Roußland ein
Schutz⸗ und Trutzbündniß mit Rumäni⸗en kingeht, wütden 100,000
Rann rumänijcher Truppen zur Verfügung gesielll werden können.
Madrisd, 28. Olt. Amtlich wird gemeloet: Vereits seit
ange hat die Regierung die sozial stische Verschwörung uberwacht,
velche von Rutz Zorilla und Salmeron mit Unterstützung einiger
örderalistischen Miltäts organisirt war. Nach eirer an der Grnze
rfolgten Beschlagnahme eines Briefes don Ru'z Zocrilla, worin
derselbe den sofortigen Lesbruch andefithlt, beschloß die Regierung
u handeln und verhaftete die Hauptschurdigen, darunter die Generäle
Mereto, Areyro, Patino und Acosta, welche nach dem Mililärgesetz
iestraft werden sollen, sowie mehrere förderal:stische Deput rte. Einige
B. rjchworene haben sich geflüchtet.
Konstantinopei, 23. Okt. Die Regierung hat ein
damplott gegen dos Leben des Großveziers und Midhat Pascha's
zdeckt. Die Rädelsführer, zwei Ulemas vom höchsten Range, und
damiz Pascha sind verhaftet und nach Rhodus deport rt. Weilere
Berhaftungen werden erwariet.
A—
»en Oberbefehl des Großfürsten Michael, Bruders des Kuifere,
isherigen Staithalters im Kaulasus geftelln; 60,000 Mann seien
ereit, die türkische Grenze zu überschreiten.
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Vermischtes.
fKufel. Von dem kgl. Landgerichte Kusel wurde am 17.
Oltober der Metzget Phil:pp Schloffer von da wegen Verkaufs von
fehlerhaftem (nicht bankwürdigem) Fleische zu 14 Tage Haft, und
vegen Unterlassung der Anzeige an den Fieischbeschauer zu 20
Mark bestraft.
F Rüdesheim, d. Rh., 22. Okt. Ende dieser Woche
vird man hier mi dem Auslesen der Trauben beginnen müssen.
Die Erute verspricht vorzüglich zu werden. Auch die Quantitüt
st reichlich. Die Eibinger (vulgo Eilinger genannt), deren Ge⸗
narfung zwischen der unserigen und der Geifenheimer liegt, be⸗
zjinnen bereits morgen den Herbst. In Aßmannsdausen ist man
afrig beim Einthun der rothen Trauben, mit denen man fehr zu⸗
rieden ist. In Lorch wird Qualität und Quantität des 1876er
denfalls gelobt. Ueber dem Rhein, in der Gemarkung Bingen's
at man vorgestern mit der Lese angefangen; man erwartet dort
allgemein einen guten Mittelwein. EGr. J.)
7 Frankfurt, 21. Ott. Wiesbadener Blaͤner schreiben:
Fin in seiner Art in der That seltenes Werk der Eisenindustrie
zalten wir heute in dem Hofraum des Herrn Fabrikanten H. C.
dalkbrenner (Friedrichstraße Nr. 10) Gelegente zu besichtigen:
inen circa 28 Fuß langen und 515 Fuß breiten eisernen Koch⸗
jeerd mit, einem Gewicht von über 8000 Pfund. Außer seiner
omfortablen Einrichtung hat der Heerd, der irsdtz seiner colossalen
Bihße durchweg wohlproportionirt erscheint, auch eine c'rculirende
Wasserheizung. D⸗rselbe ist für das neue Restaurations-Gebäude
)es Zoologischen Garsens in Frankfurt a. M. beftimmt. Eine
Besichtigung des Werks dürste für Freunde der Kunst ⸗ Industrie
Jewiß interessant srin.
tBerlin, 16. Olt. Wie gemeldet wird, ginge der General⸗
postmeister Stephan mit dem Plane um, eine Mitwirkung der Post
ur Förderung des Sparkassenwesens eintreten zu lofsen. In Eng⸗
and besteht bekanntlich die Einrichtung der Pofliparkassen seit langer
Zeit und hat außerordentlich günstige Resultate aufzuweifen.
fVon Seiten der Berliner Vegetarianer wird lebhaft dafür
gitirt, die Anwendung der deutschen Sprache den Aerzten bei Ab⸗
zassung der Recepte zur Pflicht zu machen.
F Eine schreckiiche Ep sode trug sich am Monkag in der gegen⸗
värtig iu Linum der Berlin zur Schau gesiellten Menagerie zu.
Der 16 Jahr alte Sohn des Menageriebesitzers bgab sich, wie ge⸗
röhnlich, in den Kafig zweier Bären, um mit dense!ben Produk⸗
onen in der Dressur zur Aufführuug zu bringen. Sobald er die
Thür des Käfizs hinter sich gischlossen hatte, packte der eine der
zären ihn am Saenkel, warf ihn zu Boden und zerriß ihm die
Fleischtheile an den Armen und Beinen. Nur dadurch gelang es,
»en Unglücklichen vor dem gänzlichen Zerreißen zu retien, daß die
Menageriediener und Wärler die wuülhende Bestie mittelst Eisen⸗
langen erstachen. Der andere Bär konate nut dadurch von der
Zeute abgehalten werden, daß, während der erstere erstochen wurde,
iner der Augenzeugen der enisetzlichen Scene ihn mit eincr anderen
Fiseustange derattig bearbeitete, daß er vor Schmerz in einet Ecke
ich kümmte. Der Schwerverletzee mußte anderen Tages in das
drankenhaus nach Neu ˖ Ruppin gebracht werden.
4J Mr. Rilph Stotit will die Leistungsfähigkeit seiner Flug—
naschine am 4. Nov. d. J., Mittag 12 Uhr,in Weißensee be⸗—
veisen. Mr. Stott will aus der Lufi herab durch Werfen von
Jefüllten Bomben u. s. w. auch beweisen, wie gefohrbringend seire
Maschine für die Kriegsschiffe, wie für die Armeen in Zeiten eines
drieges werden kann; er wird ferner fich in einer längeren ge—
)ruckten Ansprache über den Werth seinet Mischine und über die
Folgen seiner Erfindung an die öffentliche Meinung wenden. Ein
»ctannter und wohlhabender Rentier, nuter den Luͤden wohnhaft,
wird Mi. Stott bei seinem ersten Fluge begleiten.
Bern, 18. Ott. Im Schangnauer Wald im Canton
Bern stehen gegenwärtig zwei Bäume übervoll von reifen schwarzen
de Im Frühjahre trugen die gleichen Bäume fast gar keine
itschen.
F In Wien wurde am 17. da. der Briefträger Guga, dem
das Austragen der Werthpackcie, sowie die Auszahlung der Post«