Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler AAnzeiger. 
—— — 
—⸗ 
— —88 
Der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wöcheuilich) mit dem Haupiblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei— 
lage), erscheint wöchentlich Viermal: Dienstag, Donuerstag, Samstag und Sonutag. Der Aboanementspreis beträgt vierteljährlich 
1 Mark 20 R.⸗Pfa. Anzeigen werden mit 10 Pfg., von Aaswörts wit 15 Pfy. für die viergespaltene Zeile Blatischrift oder deren Raum. Reclamen 
mit 30 Pig. pro Zeile berechnet. 
AM 182. Donnerstag, den 16. November 1876. 
— 
Deutsches Reich. 
Berlin, 14. Nov. Das Zustandekommen der Civilprozeß⸗ 
ordnung kann nunmehr als gesichert erachtet werden. Es ist dies 
ein Werk, welches nicht nur der Form, sondern auch dem Wesen 
der Sache nach die Verschiedenheiten der Hauptrechtsgebiete sowohl, 
als auch die der einzelnen Staaten in einer einheitlich gemeinjamen 
Gestaltung aufgehen zu lassen bestimmt ist. Darin lagen die 
aroßen Schwierigkeiten, welche sich der Ausarbeitung des Eutwuris 
entgegenstellten. 
Unten den süddeutschen Abgeordneten des Reichstages steht es 
ohne Unterschied der Parteirichtung fest, daß die Aburtheilung der 
Preßvergehen den Schwurgerichten übergeben werden soll, wie die 
Justizkommijssion (entgegen dem Bundesrath) beschlossen hal. In 
Süddeutschland, wo die Zuständigkeit der Jury für Preßdergehen 
schon zu Recht besteht, ist die öffentliche Meinung für diese Ein⸗ 
richtung so eingenommen, daß z. B. selbst der deutsche Gesandte in 
Paris, der Reichstagsabgeordnete Fürst Hohenlohe, seinen Wählern 
das Versprechen gegeben hat, für den Beschluß der Justizkommijssion 
in dieser Richtung einzutreten. 
ANuscland. 
Wien, 13. Nov. Der ‚„Pester Lloyd“ sagt, daß nach der 
Zaren-Rede für Oesterreich kein Platz mehr im Drei-Kaiser-Bündniß 
sei. — Nach dem ‚Tageblatt? werden b's zum 1. Dezember sechs 
Armeckorps am Pruth aufgestellt. — In dplomatischen Kreisen 
glaubt man, die Konferenz werde nach der Vorberathung resultatlos 
austinandergehen. (Frf. 3.) 
Wien, 13. Nov. Wie die ‚Neue Freie Presse“ erfährt, 
wären die Schwierigkeilen bezüglich der Demarkationslinie nunmehr 
beseitigt, indem Rußland die Forderung wegen Zurückverlegung 
der Linie und Räumung don Alcxrinaz fallen gelassen habe. 
Belgrad, 13. Nou. Das Urtheil des Zaren über die ser⸗ 
hbische Armee hat hier die größte Erbitterung herborgerufen. Ticher⸗ 
najeff erhielt von Petersburg Befehl, binnen 83 Wochen dem rus⸗ 
sischen Kriegsminister den Eatwurf einer Neubildung der serbischen 
Armee einzusenden. (A. 3.) 
Rom, 12. November. Der Cardinal Simeoni, gegenwärtig 
Pronuntius in Madrid, ist an Stelle Antonelli's vom Popst zum 
—A 
Petersburg, 13. Nov. Der Kaiser Alexander ist heute 
Vormit!ag in Zartkoje Selo eingetroffen. Die von ihm in Mosskau 
gesprochenen Worte habven im ganzen russischen Reiche einen allge— 
meinen, lebhaften Wiederhall gefunden. Zahlreiche Stadtdertretungen, 
Landtage, Gewerke, Kaufmannsgilden und die Geistlichen haben 
ihre vollste Bereitwelligkeit erklärt, mit allen Kräften dazu beizu— 
ttagens, die Anforderungen, welche der Kaiser und das Keich zur 
Wahrung der Juteressen Rußlands an sie stellen sollte, zu erfüllen. 
Ueb rmorgen wird der Kaiser hier eine große Truppenschau 
dalten. 
Petersburg, 14. Nod. Das „Journal de St. Petersbourg“ 
beröffentlicht ein Rundschreiben des Reichskanzlers Fürsten Gort⸗ 
schokoff, worin die Mobilisirung eines Theils der russischen Armee 
angekuͤndigt wird. Tabei bemerkt Gorischakoff, der Kaiser wolle 
nicht den Krieg und werde ihn möglichst zu vermeiden suchen; 
aber er sei enischlossen, die von ganz Europa als nothwendig er⸗ 
lannten Principien der Gerechtigkeit in der Türkei verwerkricht und 
virksam garantirt zu sehen. 
Peterbeburg, 14. November. Der ‚Räassische Inbolide“ 
veröffentl'cht eine kaiserliche Verrordnung von 1./13. NRovember über 
die Formirung von sechs Armeecorps aus den in den Militärdistricten 
Odessa, Charkow und Kiew stationirten Divisionen. De Activ-Ar 
mee wird gebildet aus dem 7., 8., II. und 12. Corps; Oberbe⸗ 
jehlshaber ist Großfürst Nicolai Nikolajewitsch der Aeltere. 
Mostau, 14. Nov. Das heute verkündete Urtheil im 
Prozeß Strousberg lautet wie folgt: Strousberg wird ins Ausland 
verwiesen, Landau und Poljansti werden nach Tomsk, Borris⸗ 
sowely nach Ownetz verbannt, Schuhmacher zu Gefängniß von 
zinem Monat verurtbeilt. 
Rermischtes. 
F Zweibrücken. (Zuchtpolizeigerichtssitzung vom 25. Okt.) 
Um Abend des 9. Juli abhin waren in der Wirthschaft zum 
„Tivoli“ zu Rohrbach viele Burschen aus diesem Dorfe beisammen, 
darunter der Beschuldigte Jatkob Allmannsberger, 18 Jahre alt. 
uind seine beiden älteren Btüder Johann und Jaktss (also zwei 
Soͤhne in einer Familie, beide mit dem Vornamen Jakob), sowie 
die beiden Bergleute Georg Gehring und Max Bastian. Gehring 
und Johann Allmannsberger geriethen mit einander in einen Wort⸗ 
sreit der durch das Dazwischentreten der Wirthin geschlichtet wurde, 
vorauf die Brüder Allmannsberger die Wirthschaft verließen. Als 
leich nach diesen auch Gehring und Bastian ihren Heimweg an⸗ 
raten und dabei an der Wirthschaft „ur Sonune“ vorbeikamen, 
rafen sie hier auf die Brüder Allmannsberger, von denen Johanu 
Allmannsberger den Gehring mit einem Schimpfworte empfing und 
dafür von diesem mit einer Ohrfeige bedacht wurde. Als nun 
Biide handgemein wurden und Bastian zu Gunsten des Gehring 
ich in den Streit einmischte, eilte der Beschuldigte seinerfeits mit 
inem offenen Messer in der Hand seinem Bruder zu Hilfe und 
jersetzte dem Behring drei Stiche in den Rücken, don denen Einer 
o tirf eindrang, daß anfänglich Gefahr für das Leben des Verletzten 
estand. Doch verlief die Heilung fo glücklich, daß der Verletzte 
nach 22 Tagen bereits w'eder seiner Arbeit na heehen konnte. 
Das Gericht zog zwar bei Ausmessung der Strafe in Betracht, 
haß der Beschuldigte, der noch in sebr jugendlichem Alter steht, 
either gut deleumundet war und zur That sich hinreißen ließ, weil 
er seinen Bruder im Handgemenge mit zwei Gegnern sah. Ander⸗ 
eits erheischten aber auch der Gebrauch des Messers und die Ge— 
ährlichkeit der beigebrachten Verletzungen, welche leicht die schwersten 
Foigen hätten haben können, eine ernste Ahndung. Die Strafe 
aute e auf acht Monate Gefängniß. 
F Zweibdrücken. Die Hauscollekte für VBrückenau hat 
weiter ergeben: 
Uebertrag. .1172,77 M. 
59. Niederauerbach 29 08, 
60. Niederigailbach 84, 
61. Webenheim.. 8,64, 
62. Mimbach..14,42 
Sa. 1246,17 M. 
F Aus dem Kanton Landstuhl, 14. Nov. Vor einigen 
Tagen wurde in einer Kapelle bei Kirchenarnbach — in der so⸗ 
zenannten Bildeiche — der Opferkasten gewaltsam geöffnet und 
Jas darin befindliche Geld, mit Ausnahme von einigen Pfennigen, 
entwendet. Dieser Opferkasten wurde bis jetzt schon mehrmals er⸗ 
rochen und scheint der Thäter stets den Zeitpunkt abzuwarten, an 
welchem sich nach seiner Ausicht irgend eine Summe im Opferkasten 
befindet, um sich dieselbe auzueignen. Uehber die Thäterschaft konnte 
noch n'chts ermittelt werden. (Rh.) 
f Neustadt, 14. Nov. Heute Morgen wurde Waldhüter 
Nit. Handrich von Haßloch erschossen und Schlaghüter Mich. Scholl 
chwer verwundet in der Nähe der Pfalzmühle bei Haßloch aufge⸗ 
unden; bei letzterem soll Hoffrung auf Wiederh rstellung sein. 
Zwei der That verdächtige Personen von Haßloch sind bereits ver⸗ 
haftet. 
Landan, 15. Nov. Im Piozeß der Baumwollspinnerei 
Lampertsmühle wurdc heute Morgen das Urtheil gesprochen. Das⸗ 
elde lautet auf Abweisung der Ktlage des Vorschußvereins Kaisers⸗ 
autern, sovie der Klage der Firma Holtzbacher u. Etienne (Namens 
der Aklionäre). 
4 Au 18 ds. wurde in München der tgl. Polizeidirektion 
ur Anzeige gehracht, daß in dem Schlosse zu Biederstein nächst 
Schwabing an dem Herzog Mox Emanuel und dessen Gemahlin ein