Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
tzatthäcchtktaben 
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M 185. Dienstag. den 21. November 
1876. 
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Deutsches Reich. 
Mäunchen. Die Landräthe der säumtlichtn Regierungbe 
ezirke werden auf den 4. December zu ihren regelmaßigen Sitzungen 
inberufen. 
Aus München, 17. Nov., geht der „Allz. Zig.“ folzende 
»ffizibse Minheilung zu: „Se. Maj. der König hat, der Bitte des 
Stiftadecans Enzler entsprechend, dessen Errennung zum Bischof 
zon Speyer außer Wirlsamkeit gesetzt.“ — Weiter wird demselben 
Blati unterm 18. November aus München gemeldet, Pater Am⸗ 
rosius Käs habe bei Sr. Maj. dem stönig um Genehmiqung 
einer Resignation auf den bischöflichen Stuhl von Würzburg nach- 
jesucht, da er die für ihn als Ordensmann erforderliche päpstliche 
dispense nicht erlaugen konnte. 
Berlin, 18. Nev. Deutschland wird sich au der Pariser 
Ausstellung nicht betheiligen. da Frankreich auf eine Verlegung auf 
yas Jahr 1880 nicht eingegangen ist. 
Berlin, 19. Nod. Die Fortschritt? partei hat ihren Antrag 
zuf Ge wahrung von Reiselosten und Tagegeldern wieder enrebracht. 
Ferner hdat der Abgeordnele Schulze⸗Delitzich seinen Autrag auf 
ine Nodelle des Gesetzes, betreffend de privatrechtliche Stellung 
zer Errerbs⸗ und Wirthschafts-Genossenschaften eingebracht. Die— 
elbe will die Abänderung von 13 Paragraphen des üesherigen 
hesetzes. 
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Zammere!“ Bis jetzt hört man nicht, daß die Bebörden Maßregeln 
gegen diese vielleicht ganz erwünschten Ruhestoͤrungen ergriffen 
haben. 
Ueber die ärkischen Kriegspläne verlautet, daß 
chon jeit Anfang des Monais in das Donau-Vilajet 60 Bataillone 
Lizams, 24 Bataillone Redifs und 18 Ordus Baschi-Bozuks ein—⸗ 
zerücht sind. Die Truppenzuzüge nehmen aber erst jetzt noch größere 
Dimensionen an. Besonders zahlreich ist die Feldarlillerie, welche 
Jier kdonzentrirt wird. Bis jetzt stehen der Operations Armee 240 
Bronze und Gußstahl⸗Geschütze zur Versfügung. Auch auf die An⸗ 
ammlung von größerern Kavolleriemassen ist man bedacht. Im 
dager von Schuma soll ein Kavallerie-Korps von 22,000. Mann 
onzentrirt werden. Man glaubt, daß innerhalb vierzehn Tagen 
nie türkische Vonau ˖ Armee über 180,000 Mann start fein werde, 
vas um so wahrscheinlicher ist, als die gegen Serbien und Mon— 
enegro operirenden Truppen sehr start reduzirt werden. Die Truppen⸗ 
zewegung nach der Donau wird mit großer Eile betrieden. was 
Fer als ein Symptom gilt, doß die Pforte auf etwas mehr als 
ine bloße Defensive bedacht in. Es wird viel davon gesprochen, 
»aß die Pforte, wenn sie einmal die Ueberzeugung von der Un—⸗ 
rusweichlichkeit des Krieges mit Rußland hat, daran denkt, der 
ussischen Invasion zuvorzukommen. Es soll der Plan bestehen, 
rie türtische Armee in der Gegend von Kalafat die Donau über- 
hreiten zu lassen, urd den Krieg auf rumärnisches Gebiet hinüber⸗ 
uspielen. Der Formation von türkisch-polnischen Kosaken-Regi- 
nentern ist im vollen Gange. Es heißt, daß der betannte Langie⸗ 
yils das Oberkommando derselben übernehmen werde. Aus dem 
Westen, namentlich aus der Schweijn, sind mehrere hundert Polen 
jier angelommen, die sämmtlich auf Offizierstellen aspiriren. 
Peftersburg, 19. Row. Das Journal St. Peters⸗ 
zutg spricht in einem Leitartikel die Hoffnung aus. daß die Türkei 
inter dem einstiaim gen Druck Europa's den Forderungen der Lage 
jachgeben warde. Die Rüstungen Rußlands seien keine Bedrohun 
es Friedens, dielmehr ein schweres Opfer, welches das een 
ich auferlege, um d'e Wohlthaten des Friedens zu sichern und die 
Thristen im Orient zu schützen. Wenn aber der Krieg unver⸗ 
neidlich sei, werde die rufsische Nation denselben um so energischer 
interstützen, da er erst nach der Erschöpfuag aller friedlichen Ver⸗ 
uche erfolgen werde. 
Ausland. 
Wien, 18. Nov. Auf das Börsengericht einer bevorstehenden 
Mobilisirung der österreichischen Armee steigt der Werih der Nabo⸗ 
econs auf 10 Gulden 18 Krenzer (reeller Werth 8 Galden). — 
Der österreichssche General-Konsul in Rumänsen, Baron Kalice, 
ach Wien berufen, langte heute hier an. 
Wien, 18. Nov. Das auswärtige Amt verbreiten folgendes 
Jot d'ordre: Oesterreich werde keine Entscheidung gegen seine 
Interessen acceptiren, weder auf noch außerhalb der Konferenz. 
Wien, 18. Nod. Rußland stellt 600,000 Mann auf. Die 
Stadte und Stfände offeriren 200 Millionen Nubel. Die Unter- 
drechung des Bahnberkehrs dauert mindestens sechs Wochen. Die 
kleven der Militärschulen wurden ohne Schlußprüfung als Ojsiziere 
eingereiht. Der ungari'sche Konseilspräsident erklärte: Oesterreich 
stehe auf dem Boden der englischen Vorschläge. Morgen kommt 
Andrassy hierher. Don Carlos ist hier eingetroffen. 
Nach einem Telegramm der „Aussb. Allg. Ztg.“ befindet sich 
sschernajew bereits auf ungarischem Gebiet und wird in Wien er⸗ 
ooriet. Die Rückkehr nach Rußland wurde ihm angeblich durch 
in Handichreiben des Kaisers Alexandec verbolen. 
Pest, 18. Nov. Der offiziöse „Naplo“ will aus verläßlicher 
Quelle erfahren haben, England mobilisire ein indisches Armee⸗ 
Torps von 50,000 Mann, bestehend aus russenfeindlichen Muha⸗ 
nedanern, welche der Sekte der Sunnilen ancehören. Der ebenfalls 
xfiziöse „Ellenor“ dehauptet, die englische Canalflotte habe Befehbl 
rhalten, nach Malta abzugehen. 
Im Gers- Departement ist es zu bonopartkistischen Demon- 
rrationen gekommen. Wiederholt rorteten sich die Bouern dver— 
chiedener Dorfer zuuammen und durwzogen das flache Land. Sie 
varen mit Gewehren dewoͤffnet, hatten Fahnen mit Adler und 
elbsigewaählte Anfuhrer. unter decen Befehl sie militärische Uebungen 
nachten. Dabei wurden Hochs auf den „Empereur“ ausgebracht 
ind Drohungen gegen die Republikaner ausgestoßen. Eine dieser 
Banden begab sich am 22. Okt. nach dem Flecken Ollin, wo Pey 
russe der bonnpart stische Deputirie wohnt, dessen Wahl noq nicht 
utgeheißen worden ist. Die Bande war ungefähr 800 Mann 
tark, von denen 700 bewaffnet waren. Vor der Wohnnng des 
Ddeputirten wurden, nachdem, Vive PPmpereur“ gerufen, die Ge⸗ 
oehre abgefeuert und dadei gedroht, Jeden niederzuhauen, der zur 
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s Morgens früh wieder ab, ind'm sie die Rufe ausstieß: „Es 
ete der Kaiser!“ „Nieder mit der Republikt!“ „Nieder mit der 
Vermischtes. 
FeRaisertzhautern, 17. Norb. Der Wagenwärter Jakob 
dittelberger von hier ist gestern früh anf dem Bahnhofe in Reun⸗ 
irchen verunglückt, indem derfelbe bei einer Kreuzung oder Weiche 
wischen vorbeifahrende Wagen gerieth und erheblich derletzt wurde. 
dittelberger ist ein noch junger Mann und Valer eines Kindes. 
rHaßloch, 17. Nov. Wir haben schon berichtet, daß zwei 
veitere Individuen des Mordes verdächtig nach Frankenthal ab⸗ 
eführt wurden. Bei einem derselben, Namens Ph. Ullmer, sollen 
ioch Schrot und Zünddütchen in der Tasche gefurden worden sein. 
Dessen Stiefeln passen genau in die Sparen, die vom Platze des 
Berbrechens bis auf die Neustadter Straße reichen. Allgemein 
zlaubt man, daß letzterer den Waldhüter Handrich erichossen habe. 
1In Mannheim wurde ain 16. d, auf dem Markt die 
Hutter zu 1 M. per Pfund verkauft, eine Folge der zurückbalten 
en Takt'k der Hautfrauen. 
F. In Stuttgart stehen gegenwärtig über 700 Wohnungen 
eer; die Miethen sind im Preis gesunken, die Lebensmittel da— 
jegen encrm theuer. 
Wiesbaden. Das Appellationsgericht hat am 16. d. 
ie auf 4 Jahre Gefängniß lautende Strafe, welche der Schiffer 
J. W. Bär von Bingen wegenfahrlässiger Herbeiführung des 
„intens des Ueberfahrisscheffis, Luise“ bei Rüdesheim und wegen 
ahrlässiger Tödung von Menschen in 13 Instanz erhalten, auf 8 
Jahre ermäßigt unter Anrechnung von 8 Mongaten Untersuchuugs 
aft.