Full text: St. Ingberter Anzeiger

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der St. Ingberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
lage), erscheint wöchentlich viermal: Dienstaz, Oumerstag, Sanstaz und Sonntaz. Der A⸗ oanementzpPreis beträgt vierteljährlich 
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M 193. DDiendtaa/ den 3. Deeember 16. 
Deutsches Reich. 
München, 1. Dez. Die;„Hoffmm. Corr.“ fbreibt; Aus 
zuter Quelle vernehmen wir, daß in den letzien Tagen im Kriegs⸗ 
ninisterum Conferenzen stattfanden zur Berathung über die im 
Falle einer Mobilisirung der daheriichen Armee zu erare isenden 
Maßregeln. —DVV——,, — 
Mäünchen: 2. Dez. Nachdem zufolge kaiserl. Vero dnung 
hom 23. d. M. die Wahlen zum Reichstage am 10. Januar 1877 
‚orzunehmen sind, hat das k. Staatsministerium des Innera⸗ Fol⸗ 
—E 31. 
MNai 1869 wird als Tag, an welchem die Auslegung der Wählet⸗ 
aisten in Bayern beginnt, Montag, der 11. Dez.d. Jr, bestimmt. 
die im F 2 aAbs. 2 des Wahlreglements vom 28. Mai 1870 vors 
jeschriebene Bekanntmachung hat spätestens am Tage vorher in orts⸗ 
Ibliver Weise zu erfolgen. D'ek. Bezirkzämter sind verpflichtet, 
»en Vollzug diefer Anorduunz-zu kontroliren und sich zu dem Ber 
hufe von jeder Gemeinde ihres Bezirles Anzeige erstatten zu lassfen. 
Senanntes Ministerium hat außerdem sehr weitgehende Anordaungen 
erlaffen. * 
Bei dem Diner, das am Freitag (1. Dec) der Reichskanzler 
Fürst Bismarck dem Voistande des Reichstages gab, äußerte sich 
Ferselbe über de Or'entalische Angelegenheit folgendermaßen: 
Deufchlands Bemühungen für die Aufrechterhanung . des 
Friedens hätten den Ecfolg gehabt, daß der Mereques von Selis⸗ 
bury dei seiner Anwesenheit in Berlin —— 
mehr zugeneigt hat und somit wadrscheinlich gemacht, daß England 
gegen die Lolalisirung des Krieges zwischen Rußlamo uns det Türkei, 
der allerdings ktaum zu vermeiden seing, werde, uich:s zu Untexuehmen 
Jedenke. Oesterrich befinde sich*in⸗ überaus schw'eriger Lageé 
Deutschland habe das Interesse, die Freundschait O⸗sterreichs sid 
erhalien zu sehen; sollte dieses in schwierige Lagen gerathen ore 
gar „lebensgefährlich verwundelzwerden“, so würde für Deuilschlauf, 
die Möglichteit einer Unterstüzung Oesterreichs Jicht rausgesch ossen 
sein. Dieser akute Fall werde jedoch erst eintreten? wenn Oester— 
keich in den striea verweckelt und seine Integrilat bedroht würde. 
Man unterschätze Oesterrelchs Widerstangskraft und überschätze seine 
konstitutionellen Schwierigleiten. Deuischland werde veutral beeiben 
ad dnter allen Umständen für Lokalisirung des Irieges zwischen 
Mußland und der Türkei eintreten, damiil nicht neue Schw'erig⸗ 
teiten in Asien und Indien entständen! Ju Rußland sei eine große 
Anzahl höherer Militärs gegen den Krieg, der vornehmlich von der 
Presse und den panslav stischen Altions Komiltees geschürt wede. In 
der Throntede sei von deu mit Deutschland histotisch und durch 
Bündnisse befreundeten Natiogen die Rede; unter diese ser E gland 
mit einbegtffen. Die Nachricht, daß er, Bismarckh, Salisbury 
gegenuber von seiner Zustimmuag zut Besetzung Balgariens durch 
Rußland gesprochen, sei nicht richtig. — Die ganzenAeußerungen 
Biamoards ließen keinen Zweifel darüber, daß Deutschland die Freund⸗ 
chaft Oesterreichs sihh erhalten und im gegebenen Folle demfelben 
deisiehen werde, und hinterließen auf die Anwesenden den Eindruck, 
daß Deutschland sich in leine Aktionspolitih, Rußland gegeuühet, 
engagirt habe. Fücst Bismarck betonte ausdrücklich, daß Deutsche 
land sich nach keiner We se hin gebunden hade. Wenn Veutschlaͤnd 
in poliltisches Prestige hätte zeigen wollen, so ware jetzt die paf⸗ 
endste Gelegenheit dazu gewesen, allein die Zutunft werde die aroße 
Uneigennützigkent der Politik Deutschlands klar zu Tage foördern. 
Von 'verschudenen Seiren sei Dentschland aufgefordert worden, als 
Friedensvermittler aufzutreten, Deuischland habe diese Rolle abgelehnt, 
weil dasselbe keine akademischen Unterhaltungen pflege, und eßhaßb 
genöthigt gewesen wäre, mit seiner Macht sür seine Vermittelung⸗ 
Borschlaͤze einzutreten. Deutschland gleiche dec Sltetnarnitur in 
rinem Siehaufmännchen, mittels welcher das ent opauche Gleichgewicht 
chließlich schon zum richtigen Stehen gedracht werden winde. Die 
Verstimmung, welche zvischen den Nationen herriche, sei viel schwerer 
su überwinden, als die Spannung der Zabinette. Nodh bemerlle 
Zismarck gegen Joörg, er und Deutschland hätten nie daran grdacht, 
Deutsch⸗Oestetreicher zu sich herüberzuziehen, was auch Deutsch⸗ 
Desterteicher ihrerseits nicht wollen.“ 
In der Krupp'schen Fabrik in Essen werden augenblicklich 
ille Anstengungen gemecht, um den Rest des für die Türkei be⸗ 
limmten Geschützmaterials an Kansnen und Lafetten in kürzester 
Frist fertig herzuͤstellen. Wie eilig es plötzlich der Sultan Abdal 
ham'd hat, nun auch in den Besitz des letzten Viertels der bei 
kdrupp vor etwa 3 Jahren in Auftrag gegebenen Feuerwaffen zu 
omuen, mag aus der von der Essener Volks-Ztg. mitgetheillen 
Thaisache herborgehen, daß in den Kanonenwerkstätten des Elablisse⸗ 
nents Tag und Nacht gearbeitet wird, um das schwerwiegende 
driegemalerial baldigst an die Adcesse des kranken Mannes am 
Vvoldenen Horn gelangen zu lafsen. 
Ausland. J 
Paris, 3. Dez. Das amtliche Blatt wird morgen den Rück⸗ 
uitt des Ministeriums melden, (weil dessen Präfident Dufaure von 
er Mehrheit der Abgeordnetenkammer bei der Berathung des Cultus⸗ 
zudget wegen seiner Nachgiebigkeit gegen den Klerus mehrfache 
Mißtrauensvota geerntel hatte) welches jedoch vorläufig im Amte 
leiben wird, bis Marschall Mac Mahon über die Ersetzung desselben 
Herfügung trifft. Dem „Moniteur“ zufolge hätte der Herzog Audiffret⸗ 
Zasquier (linkes Centrum) die Bildung eines neuen Cabinets ab⸗ 
elehnt. 
London, 2. Dez. JIai Sinne der mehrfach befürworteten 
Zarallel Besetzung lürkishhen Gebiets durch Rußland, Oesterreich und 
zuglaud taucdhte hier die Anregung aufte, Oesterreich sollen, falls 
zẽngland Kosstantinopel besetze, nicht Bosnien, soandern geradezu 
zelgrad oalkupiren. 
Kom, 2. Dez. Der Marquis of Salisbury verwahrt sich 
ier gegen den idm zugescherebenen Reitezweck, eine antirussische 
ittion der Mächte in Scene setzen zu wollen. Seine Aufgabe sei 
dielsch, si d direkt über die Anschauungen der Kontinental-Mächte 
u informiren. Dem italienischen Minister des Aeußern, Melegari 
egenüber deurcte Salisvury an, daß falls Italien gelegentlich der 
Rentwirren, eine Gebieiserweiterung erstrebe, es sich darauf gefaßt 
nachen müsse, dem lebhaften Widerspruch Englands zu begegnen. 
Petersburg, 2. Dezember. In den Ostseeprovimzen hat 
estern schon die Aushebung der erst im uächsten Jahre zu stellenden 
dekruten staugefunden. Den dem Ort der Aushebung nahe woh— 
enden Rekrulen ist ein kurzer Urlaub zur Ordnung hrer Angele—⸗ 
enheiten gegeben; die anderen siad sofort zur Einkleidung zurückbe— 
alten worden. Die Aushebung wurde sebr streng duschgeführt. 
B Vermischtes. 
Otterdberg, 30. Nov. Bei der heutigen Schlußbverste ger- 
eigerung der Leinenzwirnfabrik-Anlagen war einer der drei Concui⸗ 
enlen, Leoni aus Mainz, nicht erschienen. Von den zwei übrigen 
hat Sigismund Cohn⸗Speyer aus Frankfurt das letzte Gebot und 
warde ihm das Anwesen um die Summe von 147.,000 M. desin⸗ 
iv zugeschlagen. (Kaisersl. 3.) 
F Dirmstern, 29. Nos. G stern hat die hiesige Feldjagd 
ei schö stem Wetter staugefunden; es zogen 150 Schützen zu der⸗ 
elben aus und wurden 750 Hisen geschossen. Nach der Jagd war 
un Jagdessen bei Hrn. Stocke mit musikalischer Unterhaltung. 
p Guͤtsbesitzet Theod. Steinmetz von Forst hat dem Max- 
tift in Dürkleim 3500 Mark zugewiesen bedufs Schaffung eincs 
Freiplatzes für ein armes Forster Kind. Bravo! 
'In Bielefeld wurde — nach der „K. 3.“ — der 
Lehtling einer Leinen- und Waschefabtek, A. B. aus Lüttich, ver⸗ 
haftet. Er hatte seit Monaten die meisten ein— und ausgehenden 
Zriefe unterschlagen (bei seiner Verhofiung fanden sich noch 200 
decselben vor), Anfangs wenen der auf denselben befindlichea Marken, 
päler aus Rache über die ihm angetlüüadigte Entlassung. Diese fott 
esetze Unterschlagung übte wegen Ausbleibens der Bestellungen eĩnen 
erait ungünftigen Einflaß auf das Geschäft, daß die Arbeitsträfie 
erselben vermindert werden mußten. 
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