nimmung der Vollksmassen diese Aufregung und schützt uns vor
einem Ausbruch dieses Fanatismus, — aber auf wie lange? Es
ist Thatsache, daß fanatische Wanderderwische überall bereits den
Christennord und Glaubenskrieg predigen, ja daß selbst bereita
Namen und Wohnungen der zunächst niederzumegzelnden bekannten
Furopäer von Mund zu Mund gehen. In vielen christlichen
Hausern entläßt man bereits die sich immer trotziger geberdenden
muhamedanischen Kawassen, Bootsknechte und Hausleute. Im ita⸗
lie nischen Viertel ist es bereits so weit gelommen, daß die Be—⸗
wohner freiwillige, bis an die Zähne bewaffnete Nachtwachen ein
gerichtet haben und jeden nach Mitternacht sich in das christliche
Viertel einschleichenden Türlen auf eigene Hand — unschädlich
machen. Kein Jadr hat noch so trostlos angefangen, wie bieses.
Zur Bezahlung des Januarkupons ist fast alles Gold und Silber
aus der Haupistadt und selbst aus den Provinzen in das Ausland
zegangen, hier c'rcul'rt jezt fast nur noch Kupfer⸗ und elende
Scheidemünze. Die Offiziere, die Beamten und die Soldaten
haben diesmal zum Kurban-Baframfest nicht einmal einen Abschlag
auf ihren seit lange fälligen Gehalt bekommen. Die übertriebensten
und aufregendsten Gerüchte werden dabei systematisch in Gang ge⸗
setzt. So soll der Sulian die auf seine eigenen Stücke der tür⸗
lischen Anleihe fallenden Zinsen im Betrage von 80,000 Prund
fich voll und in Metell haben auszahlen lassen, trotz der für alle
Stücke ohne Ausnahme gellenden Zinsenreduction. Es ist daß
allerdings nur iine bösweillige Erfindung, um so mehr als der
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Markt gebracht hat, aber das Gerüchk hält fich nachdrücklich auf
recht unb erregt unglaublichen Ingrimm. Es war allgemein be
kannt, daß zum Kurban-Vairam-Fest, bei dem der Sultan in
jeie rlicher Prozessson zur Achmed-Moschee sich begibt, eine groß—
artige Demonsiration der Volksmassen stattfinden sollte. Um dem
vorzubeugen, war ploͤtzlich das Fest vom Freitag auf den letzten
Sonnabend verlegt worden und der Sultau feierte dasselbe nicht
wie immer bisher in der Achmed Moschee, sondern in der von
Tobchane. Er hatte sich auch nicht zu Roß dorthin begeben, son⸗
dern auf dem Meer in seinem goldenen Kail dahin rudern lassen
und den Rückweg an doppelten Spalier der Leibregimenier vor⸗
bei angetreten. Und dennoch sind grollende und aufrührerischt
Rufe an sein Ohr gedrungen, wie Zeugen der Ceremonie ver⸗
sichern. Die türkische Partei draͤngt zu energischem Vorgehei
gegen die Insurgenten, zur Kriegserklärung an Montenegro und
Serbien, jzur schroffen Zurückweisung der Vorschläge der Groß
maͤchte, aber in fatalist:scher Ruhe weederholt das Volk von Mund
zu Mund die bereits in allen Kaffeehäusern rec iirte und von
Neuem verkündele alte Weissagung von dem Ende der tkürkischen
herrschaft über Stambul und von dem Heimzuge der Muhamedaner
uͤber den Bosporus nach Asien. Aber nicht ohne uns zuerst an
den ungläubigen Hunden zu rächen! — gelodt sich das Volk.
Was unter solchen Umnständen der chrstliche Europäer hier zu er⸗
warten hat, ist leicht denlbar. Es wäre wohl Zeil, daß die Gceoß
mächte auch diese Alternative und diesen Ausgang ihrer diplo—⸗
matischen Vermittelungen in das Auge faßten und für den Schatz
ihrer hiesigen Landesangehörigen sorgten.
Bayoune, 1. Febt. General Quesada ist heute mit
seinem Cocps in Bilbas eingerückt, ohne doß er bei seinem Vor⸗
marsche durch Biecaya auf erheblichen Widerstand gestoßen wäte.
Madrid, 32. Febr. Der Regierung zugeganzene offi⸗
z'elle Depeschen melden: General Primo di Rivera hat 4 Kilo⸗
meter von Estella entfernt Slellung genommen; General Quesada
hat verschiedene Punkte in der Umgegend von Wiravalles befestigt,
die in Viscaya stehenden karlistischen Truppenabtbeilungen haben
sich auf Zorgosa zurückgezogen. General Mart'nea Campos hat
Elizondo besetzt.
Rew⸗HYork, 2. Febr. Di'e von hiesizen Zeitungen
zebrachte Nachricht von dem Einrücken Kubanischer Insurgerten in
Cienfuegos werd von amtlicher Seite als unbegründel beseichnet.
Vermis ütes J
fKaiserslautern, 2. Febr. Heute kam vor dem Bezirks⸗
zericht zur Verhandlung die Berufung des Moritz Funkenstein“, 27
Jahr alt, Kaufmann in Mannheim wohnhaft. und des Jul us
Htim, Reisender bei Funkenstein, allda wohnhaft gegen ein Urtheil
des kgl. Polizeigerichtes Kaiserslautern vom 13. December 1875,
wodurch beide wegen des Betrugsbersuchs zum Nachtheile der Witiw
Peter Huber dahier im Betrage von 10 Thalern, und zwar Funlen⸗
stein zu einer Gefaängnißstrafe von 3 Tagen und zu einer Geldst tafe
bon 100 Thalern, eveatuell 20 Taze Gefängniß, und Heim zu
ciner Gefaͤngnißstrafe von 1 Tage und 80 Thalern, evenuell zu
6 Tagen Gefängniß und solidarijch zu den Kosten veruriheilt worden
Aind. Die Berufang wurde bezuglich des Funkenstein gis begründet
angenommen und derselbe mitielst Reformation des angefochtenen
Urtheils als nicht überführt von Strafe freigesprochen; bezüglich des
Heim wurde die Berufung jedoch als in jeder Beziehung unbe⸗
gründet verworfen, das augefochtene Urtheil ihm gegenüber bestätigl
und ihm die ihn treffenden Kosten zur Last gelegt und Funkenstein
für diese Kosten als civilverantwortlich erklärt. (Pf. V).
Von Hrn. L. B. Hussong, Kaufmann in Blieskastel,
welcher die Vermittelung von norddeutschem (west⸗, ostpreußischem
und posener) Dienstpersonal besorgt, geht uns die Mittheilung zu
daß ihm sowohl aus der Umgebung von Blieskastel als auch aus
Lothringen Aufträre zugegangen sind. Innethalb zweier Tagt
wurden 9 Kiechte uͤnd 1 Magd bei ihm bestellt. (Zw. Zig).
F Eine Korrespondenz in der „Speyerer Zig.“ belennt sich zu
der Ansicht, daß gegenüver dem schädlichen Hausichandel u. dgl. die
Abhilfe nicht von dem Publikum kommen werde. Immer würden
so meint dieselbe, dier Hausierer Opfer fiaden. Die Korresponden,
empfiehlt alsdann ein vraktisches Schutzinittel mit nachstehenden
Worten:
Wir sehen, daß der seßhafte Gewerbetreibende in seinem Wohn—
ort schlechter gestellt ist, als Derjenige, welcher darin ein Wander⸗
lager unterhält, seinem Hausirgeschäfte odliegt, Versteigerungen und
Ausverkaufe betreibt. Der Kaufmann muß feine Gewerdbest euer
bezahlen und die darauf haftenden Gemeindeumlagen, welche die
erstere sehr oft übersteigen. Auch Andere, welche vorübergehend an
rinem Orte ihre Kunst oder ihre Gewerbe ausubden, wie Schau⸗
und Meßbudenhalter, Carrousselbesitzer, müssen Abguben an die Ge
meinde entrichten. Der Hausirer geht dagegen frei aus, ebenlo der
Uusvertäufer, Versteigerer zc. Man forscht vergeblich nach Gründen.
velche diese Ungleichheit in der Heranziehung zu den Gemeindelasten
rechtfertigen könnten. Es wäre daher kein unbilliges Verlangen,
daß die wandernden Weltbeglücker mit Taxen an die Geweinden
»der an die Armenkassen belegt würden, weiche entweder fest und
anveränderlich oder für jeden Tag des Aufenthaltes zu bestimmen
wären. Unsere Gewerbe oꝛer Handelsvereine wären in erster
dinie berufen, hiefür zu agitiren. Müßige Klagen allein führen
zu Nichto.“
Zum Schluß erlaubt sich die Korresponden der Polizei gegenüber
den Rath, ungausgesetzt ein wachsames Auge auf die Legitimationes
der Hausiter zu haben.
fHornbach, 2. Febe. Bei gestern stauqgehabter Ver⸗
teigerung ging die zum Nachlasse des verlebten Herrn Ferdinand
Maurer gebörige, früher Ederhard'sche Mühle dahier um den Preis
von 20,900 Mark in den Besitz des Jalob Welsch, Oekonom von
Neuhäusel, über.
rF Die in Frankenhhal am 1. Januar gegründete
„Neue Pfälz. Zeitung“ hat am 1. Februac ihe Ecscheinen
eingestellt.
4 In Frankenthal slarb am 1. Febr. Hr. Notar Para⸗
quin nach mehrtäg gem schwerem Leiden in Folge von Herjver⸗
settung.
7 Der „Pf. s.“ meldet aus Hagenbach, 30. Januar
Heute wusde dahier durch dea nk. Forstgehlsen Gläß zen der bei
aislenek. Forstbeamten des Bienwaldes wohlbekannte große Keuler,
im Gewichte von (ausgeweidet) 242 Pfd., geschossen. Defsen all⸗
hdekaunter Saufiader „Jans“ erh elt von dem Wildschwein einen
gzewaltigen Hieb, der hoffentlich ohne bleibenden Nachtheil aus
beilen wird.
Neunkirchen, 2. Febr. (S.- u. B.3.) Heute Mor—
gen verun lückle das 7Tjährige Töchterchen des Grudenwächters S
zu Wellesweilergrube, als dasselbe bei geschlossener Barciere auf dewm
Wege zut Schule die Bahn überschritt. Wahrscheinlich woll e es
dem von Berxdach kommenden Zuge ausweichen, wurde aber von
dem zu gleicher Zeit von hier abgeganzenen Zuz auf den anderen
Bele se erfaßt unz am Kopfe beschädigt, so daß der Tod sofor!
eintrat.
F Neustadt, 1. Febr. In der gestrigen Versammlung
des Gewerbevereins wurde die Bercthusg der 31 Fragen über die
Verhältnisse der Lehrlinge, Gesellen und Fabrikardeiter bdegonnen,
die dem Gewerbevereine vom Reichslanzleramt zur Beantwortung
behufs eines nen zu erlassenden Reichsgesetzes ducch Vermittelung
des Vorortes Kaiserslautern zugegangen weren. Der Ausschuß hatte
mit Zuziehung einiger Mitglieder des Vereins die Fragen einzeln
deantwortet, sie wurden vom Vorsitzenden mit der Antwort ver
lesen; da sich an jeden einzelnen Punkt eine kürcere oder längere
Diekufsion knüpfte, so konnte mag nicht über Frage 16 hinaus—
ommen und beschloß, nachdem hiermit die die Lehrlinge betreffenden
Fragen erschöpft waren, die Berathung über die noch folgenden
Punkte nähsten Donnerstag fortzusetzen. Die 16 gestern erbrterter
Fragen handelten über Lohnvertrage (ob schriftlich oder mündli w)
tünd gungsfristen, Bestimmungen gegen unüberlegies Eingehen und
Auflösen von Lehrdetträgen, die Festsetzung der fäglichen Arbeus—
zeit, die Verwendung der Abende und der Sonntage der Lehrlind⸗