Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Anzeiger. 
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M 24. Samstag, den 12. Zebruar 0 187 6. 
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Deutsches Reich. 
Müncchen, 7. Febr. Wie in militärischen Kreisen verlau 
tett, sollen in der ersten Hälfte des laufenden Johres in der Art 
dedungen des Beurlaubtenstandes stattfinden, daß Mannschaften der 
Landwehr⸗-Infanterie, Feld- und Fuß Art'llerie, sowie des Trains 
uuf 12 Töge, der Pioniere auf 20 Tage einberufen werden. 
Manchen, 9. Febr. Den Kammern wird unmittelbar 
nach ihrem Wiederzuscmmentritt ein Gesetzentwurf vorgelegt werden, 
velder d'e Staatstegierung zur provisor schen Erhebung der 
Steuer int 1. Quarlal d. J. ermächtigen soll und zwar in der 
für die abgetaufene Fivanzperiode bew'lligter Höhe. Von ander⸗ 
weitigen Gesetzentwürfen, die der Kammer vorgelegt werden jollen, 
st bis jetzt weniostenzs nicht; bekannt. 
Mänchen, 9. Febr. Der t. Juslizminister Herr Dr. von 
Fäustle hat sich — wie berichtet — nach Berlin begeben, um den 
Sitzungen der Justizkommission des Bundesrathes anzuwohnen. 
Fürt die Dauer der Abwesenheit desselben hat Herr Staatsrath v. 
Lomhard die Leitung des Just zministeriums übernommen. 
Berlin, 8. Febr. Der Reichskanzler dat dem Bundes⸗ 
rath eine Nachweisung üder die den einzelnen Bundesstaaten b's 
Ende Dezember v. J. Überwiesenen Beträge an Reichs-Silber,, 
Rtickel- und Kupfermünzen zur Kennt ißnahme vorgelegt. Demnach 
waren ausgeprägt in der etdachten Zeit: an Silbermünzen die 
Summe von 22,996,143 M. in 53. Markstücken, ferner 100, 182,398 
in L⸗-Markstücken, 61,846,075 M. 50 Pf. in 50-Pfennigstück⸗n, 
18,253,77 1 M. in 20. Pfennigftũken; an Nickel nünzea 10,823,643 
M. in 10 Pfent igstücken, 5,634,835 M. in 5-Pfennigstücken; an 
upfermünzen 4, 194,113 M. in 2 Pfennigstüfen, 2,337, 235 M. 
in 1-Pfenaigstücen, Alles im Allem 171,288. 218 M. 
Berlkin, 9. Febr. Der „Noiddeutschen Allgem. Ztg.“ 
zilt es als wahrscheinlich, daß eine Vorlage über die Eisenbatzn⸗ 
frage von Seiten des Stoatéministeriums dem Köpige unterbreitet 
wird. Es handle sich zunächst uvm die örmächiigung, mit dem 
Reiche wegen Uebergabe der preußischen Staateböhnen und des 
Aufsichteärechts über die Privatbahnen an das Reich in Verhand- 
ungen zu treten. 
Berlin, 9. Febr. Der Neichztag begann heute die dritte 
Berathung der Strafgesetznovelle. Bei den 88 130 und 131 hielt 
Fürst Bismark eine einftündige Rede, in welcher er darauf hin« 
vieẽ, wie gefährlich die Presse durch Verbteitung falsver Nach- 
richten welen könge; er erinnert an die im letzten Frühjahr ver⸗ 
dreiteten Gerüchte über drohenden Kr'eg und daran, was für Miß⸗ 
brauch mit der Bejeichnung offiziös geit'eben werde. Cc wieder—⸗ 
holte, daß nur der „Reivöanzeiget“ und d'e „Prorinzialcorrespon⸗ 
denz“ Regierungsorgane seien. Durch «falsche Kriegsgerichte uber 
werde die Stimmung den Publikums erheblich beeinflußt. „Wir 
leben, sagte er im tiessten Frieden, haben keine Eroberungszelüste, 
sind zufrieden mit dem, was wir haben, und denken nicht daran, 
irgend einen Menschen zu dedrohen, und doch entstehen folche Ge⸗ 
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icher Minister durch Artikel der Kreuzzeitung“ im vorigen Sommer 
zurück, welche ehrlose Verleumdungen aber jurist'sch nicht zu verfolgen 
zewesen wäre, was zeige, daß eine Lücke in der Gesetzzebung sei. 
Wir können übrigend, fügte er bei,“ auch außerhalb des Ztrafgesetz 
zuches viel thun; wenn jeder vor seiner Thür kehrt, werden wir 
»iel meht erreichen, als durch das Strafgesetz.“ — Die Debatte 
wurde heute vicht beendigt. 
Ausland. 
Man liebt im „19. Siecles: Die Cinwohrer von Metß ha 
bden an die Wähler des Wahlkrelses Neuillh (bei Patis) folgende 
Adresse gerichtet: Theure Mitbürger! Wir haben mit rieser Rüh— 
tung vernommen, daß Viele von Euch für den Dr. Ed. Bamber— 
ser zu stimmen gewillt find. Indem er bis auf den heutigen Tag 
Vletz in der Nationalversammlung vertrat, schien uns das VBand. 
welches unser armes Metz mit Fraphkresch verknüpfte, noch nich! 
ganz zetxissen; — wie alle französischen Städte, hatten auch wir 
unseren Abgeocdneten der Rationalversammlung. Straßburg ist im 
Senat durch Valentinn, Mühldausen durch Scheurer⸗Heftnec vertre 
en. Sorgt dafur, daß Metz in dem Abgeordnetenhause vurch 
Bamberger vertreten sei, und Ihr werdet eine große parriotische 
That vollbracht haben. Wir wollen hier davon schweigen; vaß 
unser muthiger Abgeordnete zu der Absetzung des Kaiserreichs und 
der Vexurtheilung Bataine's angeregt hat. Wir xufen höhere Ge⸗ 
fühle an und ditten Euch: Sucht zu be virlen, daß Metz durch 
seine Vertretung französisch dleibt! Wir wollen zu den Kofien der 
Wahl eines Abgeordreten, den wir als den unsrigen delrachten, 
heitragen und senden Euch vorläufig 1000 Francs. Empfangt, 
theure Mitbürger, mit dem Ausdruck unserer unerschütterlichen An⸗ 
hänglichteit an die frauzösische Republik, die Verficherung unserer 
bruderlien Gesinnungen.“ — 
(GFolgt eine deträchtliche Zahl von Unserschriften.) 
NB. Die oben erwähnten 1000 Fr. stehen in der Kasse des 
„I9. Siecle“ zur Verfügung des Comite Bamberger. 
Englische Zeitungen, darunter die „Times“, halten sich in 
lüngster Zeit mit Vorliebe die Finanzen Deuischlands zum Thema 
der Beiprechung genommen und an die Darstellung derseiben den 
Schluß geknapft, daß Deutschland aus Finanznoth gezwungen fein 
werde, sKtrieg anzufangen. Die Kolnische Zetung“, indem sie an 
die Aufhebung des Pferde-Ausfuhrverbotes antnüpft, anwortet da— 
rauf namentlich der „Times“: „Bei ihrer gänzlichen Unwissenheit 
über unsete Finanzen wollen wir ihr bemerken, daß w'r in Preu⸗ 
zen unsere ohnehin geringfügigen Staatsschulden in den letten 
Jahren durch Tilgung noch ziemlich beträchtlich vermindert haben 
ind unsere gesammte verzinsliche Staatsschuld nur noch 929 Mil⸗ 
ionen Mark beträgt oder ebensoviel englische Schilling.. Die 
englische Nationalschald beträet aber 775 Millionen Pfund, beinahe 
)as Zwanzigfache. Wir wissen übrigens gecht gut, was sie dazu 
ntreibt, unser Militärsystem und unsere Finanzen so eifrig anzu— 
chwärzen. De kläglichen Zustände des vritischen Heerwesens du— 
jen von allen Seiten Verbesserungsvors4läge hervor, und es fehlt 
nicht an solchen, welche nach dem Radicalmitiel der allgemeinen 
Wehrpflscht verlangen. Da d'e krämerhafte „Times“ aber die ent— 
chedenste Feindin der „Blutsteuer“ ist, so kann fie die schredlichen 
Folgen dieses Systems nicht schwarz genug ausmalen und macht 
debhalb Deutjchland zum Popenz für 'die Engländer. 
Peterburg, 9, Febr. Der „Regierungsanzeiger“ 
ind das „Journal de St. Petersbourg“ publiziren die Note des 
Brafen Andrasshy. — Der „Golos? hedt hervor, doß die Theil⸗ 
kahme Englande an dem eurcpäischen Concert uuerläßlich serꝛ, um 
ie Reformen in der Türlei und die Bernhigung der Herzegoming 
jerde izusüh en. — Das ‚Journal des St. Pelers burg“ verbifent⸗ 
icht den bereits angekündigten Attikel zuz Richtigstellung der Au⸗ 
Jjaben der „Times“ üder das russische Budget. 
Madrid, 3. Febt. Die neuesten Bewequngen der Trubpen 
im Nordaen lassen endlich einmal wieder der Hoffnnag Raum, daß 
die Entscheidung nicht mehr fern lieat. Von allen Seuten wird 
norgerückt, ohne daß man indessen an irgend eivem der vom Femde 
auserkorenen Stühpunlte ernulichen Widerstand gesnaden hätte. 
NRach den Berichten, welche General Quesada hierhet gelangen läßt, 
durchziehen die Truppen nicht aur das Herz von Biscaha, um von 
Betoria und dem Menathale noch Bilboo zu gelangen, sondern sit 
machen auch Anstalten, um auf der Stroße don Zoronza in der 
Richtung nach Guipuzcoa zu marschiren. D'ese Assicht hat den 
Feind veranlaßt, die Stellungen bei Durango Guernica, welche er 
seither gegen jeden Ungriff gsichert glaubte, auszugeben. Unter⸗ 
dessen besezt das auf der redten Seite operirende Heer ganz Hoch⸗ 
Pavara und schließt volllommen die Gren,e gegen Ftanlreich hin. 
Die Telegramme besagen zwar noch nicht, doß die btes seitigen 
Truppen in Vera sind; aber die Carlisten müssen sich von da schon 
zurüd gezogen haben. sonst kana man es nicht erkären, daß die