Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberler Anzeiger. 
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Der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, Sonntans mit illustrirter Bei— 
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M 31.1. Samstag, den 23. Februar 1878. 
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Die Bismarck'sche Erklärung zur Orientfrage. hat Füest Bismarck ziemlich deutüch gelennzeichnet. Er appellirt 
Wenn auch Fürst Bismarck, w'e er sagt, die Interpellation einerseits an Rußlands Ahened Iweresee e, hm e sich 
über die Orientfrage sich nicht gerade,u bestellt hatie, so ist ihm nicht e eeeet — ege * ester⸗ 
dieselbe, wie sid aus der ziemlich eingehenden Beantwortung ergibt, 84J m we *— ie F —* z an in wahen 
doch nicht ungelegen gekommen; der Zweck, durch eine mit Beifall n di Ziummun — 8 9 de , 
aufgenommene Erklärung über den Sinn der überwiegend russen⸗ — — * 3 8 54 
freundlichen Politik des deutschen Reiches für dieselbe die Mit⸗ der BDauer — eit besitze. erersei Dne sterteich daver, 
verantwortung des Reichstages zu erhalfen und damit einer all— der Er piniß ke 5 —— pu Dirg lett beben, 
fälligen Opposition von vornherein die Spitze abzubrechen, anderer⸗ st ein segrewer rieg he srric dede Ver edere zu 
seits aber auch mit einer nur vor dem Recchstage möglichen Offen- Bewinn n ee wu e, n em — F e grr 8 er 
heit die Grenzen zu bezeichnen, in wie weil Oesterreich, aber auch ee völlig n — cwen i J uren i Wge 
Rußland auf die Unterstützung Deutschlands zu rechnen haben werde, * n . au dn e — er n ür Oes F 
ist durch den Verlauf der gestrigen Reichstagssitzung entschieden er— An * du ieß b n, — 
reicht worden. Eine kurze Verschiebung der 38 — man viel⸗ * —* i iens umzuwandeln, ersceine jetz 
leicht insofern noch vortheilhafter gewesen, als die Pläne Rußlands J 
in der sae Provinzen der Türkei bis dahin vielleicht — Orientinteressen dussarvn deft Bismaret 
etwas derzaillirter bekannt sein konnten und es den Kanzler unter zun ongaesse agahri zu sehen. — esen win voe 
Umständen mözlich war, üch in dieser Beziehung etwas konkreter Punkne zusammen : 9) —— er a ee die all· 
auszudrücken. Im Uebrigen aber ist die Interpellationsbeantwortung, Inn — ein En e nne ae ) ffenha ans d 
welche im selben Augenblick erfolgte, da in Oestetreich Ungarn die Wasegsraten Da — ne we atd anellen F 5 Lan aer 
Eristeuz einer beträchtlichen Meinungsverschiedenheit mit Rußland per g A * aAe en mnen pad seintr en ruffischen 
in der bulgarischen Frage amtlich constatirt wurde, augenscheinlich d schiffen g6 ffne werden aber ihnen nicht allein gad ohne 
in einem Zeitpunkte geschehen, der eine Klärung über die gegen— ebergang der die Straße beherrschenden Pofitionen auf Rußland. 
seitigen Endzele dringend erforderlich erscheinen ließ. Zum Schlusse machen wir noch uf zwen interessante That⸗ 
Der Schwerpanti der Bismard'schen Erklärung liegt in der Jachen aufmerksam, die uns durch die Biemarchsche Rede mitgetheilt 
Hervorhebung des Gedonkers, daß Deutschland in deinem Falle so vetden. Die eine ist der Umstand, daß Rußland trotz all seiner 
weit gehen werde, für die fernere Entbickelung der Orientfrage raditionellen Unverschämtheit sich doch — gesehen hat, wenn 
jelbst sein Schwert in die Wagschale zu legen. Deutschland wird uuch knopp 5 Thoifchluß, den deunen Reigskanzler in der 
zwischen Oesterreich und Rußlande, als aufrichtiger Fteund Beider Orientfrage nicht teden zu lassen, ehe das Versaumniß, ihn von 
unde weil im eigenen Interesse auf die Ertanuung des Friedens Rn driedensde dingungen i Felrtweß zu setzen, nachgehoit war· 
unter diesen seinen nächsten Nachdarn auf zwei Seiren bedacht, zu Die andere liegt in der stolzen Erklärung Bismards, welche dem 
vermitteln suchen, doch wird diese Vermiltelung nie so weil gehen, VYader um den von Gorftschakoff beanspruchten Congreßvorsitz ein 
daß der Rath Deutsch!ands nach der frühber üblich gewesenen frau⸗ Ahes Ende bereitet bat: daß auf deutschem Boden des Prasidium 
zösschen Melhode, zu einer Forderung wird, deren Nichterfüllung Teutschlands als selbstverständliches Recht in Auspruch genommen 
den Kriegsfill mit Deutschland bedeuscie. Oecsterreich, an dessia werde; auch deussche Geduld hat im Puntte der Ehre ihre Grenzen, 
Intacihaltung Deutschland zwar ein großes Interesse het, wie Ben— über welche die russische Kaute nicht binüverhauen darf. (Fr. K.) 
nigsen betonte, kann troßdem nicht darauf rechnen, seine Wünsche 
von Deutschland çgegenüber dem Cjarenreich in einem Maße ver— 
treten zu sehen, welches einer nachdrücklichen Unteistützung gleich— 
täme. Umgekehrt wird auch Rußland in enem etwaigen Kriege 
imit Oesterreich auf die deutsche All auz ia keinem Falle rechnen 
dütfen. Deuitschland wird einen Krieg nur um seiner eigenen In— 
seressen willen führen, die nach Bismaich's Ansicht zur Zeit ganz 
gewiß nicht in einem Grade bedroht sind, welcher eine kriegerische 
Betheiligung Deutschlands oder auch nur die Drohung mit der— 
selben irgendwie populär erscheinen ließ. Ju letzierer Hinsicht hat 
der Reichtkanzler sicher das Richtige getroffen: das Friedensbedürfniß 
ist selbst bei uns Gegnern des Moskowiterthums stürler, als der 
Wunsch, durch eine Altion im jetzigen Augenblicke dem Panslavis⸗ 
mus einen Stoß zu versetzen. Etwas Anderes wäre es gevesen, 
wenn Deutschland s. Z., als es sich überzeugte, daß Rußland; 
Entschluß zum Kriege unabänderlich und daher die Zerschmetterung 
der Türlei doch unvermeidlich war, seinen Einfluß auf Oesterreich 
im Sinne ener Thelnahme am Kriege an der Serte Rußlands 
unter der moralischen und nöthigenfalls finanziellen Unterstütz ng 
Deutschlands geltend gemacht hätte; unter dieser Vorausjetzung war 
es vielleicht wörzlich, die Neugestaltung auf der Balkanhälbinsel in 
einem Oesterreich und damit der zukünftigen politischen und Kultur— 
Futwicktlung Mitteleuropa's günst geren Verlaͤufe vor sich gehen zu 
lassen. In dieser Beziehung schrint vor Jahresfrist eine Unter— 
lassungssünde begangen worden zu sein, das sich freilich jetzt nur 
durch einen blutigen Krieg wieder gut machen leße. 
In welcher Richtung sich dꝛe Vermitkelung zwischen Rußland 
und Oesterreich — von England ist nicht merr vel die Rede, da 
dessen Hallung augenscheinlich von det Gewinnung oder —R 
zewinnung der österreichischen Allianz abhangt — bewegen wind 
Deutsches Reich. 
München, 19. Febr. Die Anträge der Abgeordneten— 
lammer, daß bei der Ausfuhr von Branntwein der Mal zaufschlag 
zutückvergütet und daß bei den Hundfurterschrotmühlen von dem 
gesetzlichen Controlapparat Umgang genommen werden moͤge, wurden 
bdon der Kammer der Reichsrälhe abgelehnt. In leßterer Bez' ehung 
wurde die Gefahr der Steuerdeftaudation geltend gemacht, in 
erslerer die Etwägung, daß die Vrann weinbrenner, wenngleich ihte 
lagen über Besserstellung der norddeutjchen Blanntweinbrenner 
»egründet seien, sich doch gut ständen. Reichsrath v. Neuffer 
mneinte, die Abschaffung der Differentialtatrife würde den Brennern 
nehr nützen, als die Ruckdbergütung der Steuer. 
Berlin, 19. Feor. Der Gesetzenwurf über den Verkehr 
mit Nahrungs- und Genußmitteln und Gebrauchsgegenständeun ist 
dem Bundesrathe vorgelegt worden. Derselbe umersiellt den Ver— 
ehr mit Nahrungs aitteln, Genußmitteln, mit Gegenständen, welche 
zur Haushaltung, zur häuslichen Einrichtung, zur Geschäftseintich⸗ 
ung oder zur Kleidung bestimmt sind, und mit Spitlwaaren, der 
Beaufsichtigung durch die Organe der Gesundheitspolizei. Dieselben 
ollen zu Revisionen sowie zur Entnahme von Proden behufs Unter⸗ 
uchung berechtigt sein; sodann wird besteumt, daß durch kaiserliche 
Verordnung Bestimmungen zum Schutze der Gesundheit' für das 
ganze Reich erlassen werden können. Derarnuge Reichs Polizeiver⸗ 
ordnungen sind insbesondere zulässig in Betreff der Herstellung, 
Aufbewahrung und Bezeichnung der zum Beikaaf bestemmten Nah⸗ 
ungs- und Genußmittel; es würde beispielsweise also im Verorb— 
nungswege die Anwendung von Surrogaten bei der Bierfabrikation 
c. zu untersagen sein. Indessen geht der Gesehentwurf noch 
weiter: Es soll durch kaiserliche Verordnung auch die hewerbẽ⸗