Full text: St. Ingberter Anzeiger

maäßige Hersftellung von Gegenständen, welche zur Fälschung von 
Nahrungs · oder Genußmitteln bestimmt sind, verboten oder beschränkt 
verden därfen. Ein dritter Gesichtspunkt, welchen der Entwurf 
us Auge faßt, ist die Ergänzung, bezw. Verschärfung der be⸗ 
dehenden Strafbestimmungen. Als „Fälscher“ ist danach zu be⸗ 
strafen: wer zum Zwedke der Tauschung Nahrungs; und Geuuß 
nittel, welche zum Verkauf bestimmt sind, mit dem Anschein einer 
hesseren Beschaffenheit versieht oder dieselben durch Entnehmen oder 
Zujetzen von Sioffen verschlechtert, sowie Derjenige, welcher der⸗ 
gleichen unter Verschweigung derartiger Umstünde oder uuter einer 
zur Täuschung geeigneten Bezeichnung feilhält. Die Strafe der 
Fälschung eeht bis zu 6 Monaten Gefäneniß oder 1500 Mark 
Heldbuße, dagegen soll die vorsätzliche Herstellung von gesundheits⸗ 
schädlichen Nabrungs- und Genußmitteln oder Gebrauchsgegenständen, 
sowie der wissentliche Verkauf derselben Zuchthausstrafe nach fich 
sieben. 
Berlhin, 20. Febr. Es verlautet, daß der Kaiser Wilhelm 
einen Brief an den Czar gerichtet habe, worin bei wiederholler 
Versicherung der gegenseitigen freundschaftlichen Beziehungen an die 
früheren Zusicherungen des Czar appellirt werde, da Deutschland 
uch Oellerreich gegenüber gewisse Verpflichtungen zu erfüllen habe. 
(SIr. 3.) 
Ausland. 
Wien, 20. Febr. Des Fürsten Bismarck Orienlrede bat 
in Regierungskreisen einen besseren Eindruck gemacht als im Publi⸗ 
im; besonders die Seklärung, daß Deutschland in vielen Pankten 
Desterreichs Standpunkl offen billigt und für den Kriegsfall vollste 
Feutralität jedem Kriegführenden, sowohl Rußland wie Oesterreich 
Jegenüber ankündigt. Auf eine Waffenbrüderschaft Deutschlands 
Ruͤßland gegenüber hatte man hier überhaupt nie gehofft. Aus 
London wird telegraphirt, es sei die Zustimmung Deutschlands 
um Congreß in Baden. Baden eingetroffen. Merkwürdig ist, daß 
kingland wie Deutschland offiziell immer von Conferenz, nicht von 
Tongrekß sprechen. Die Türkei ist eingeladen, was ich wiederhole, 
deil noch immer die gegentheilige Behauptung verbreitet wird. 
(Ksln. Zig.) 
London, 20. Febr. „Morning Post“? will wissen, daß 
Rußland Gallipoli besetzen wolle, falls England nicht die Besetzung 
dis Bosporus:Forts durch die Russen gestatie oder verspreche, daß 
die britische Flotte nicht in das Schwarze Meer einlaufen werde. 
ostantinopel, 18. Febtr. Die britische Flotte ankert 
gegenwärtig vor Tuzla (also im Golf von Ismid. näher bei Kon⸗ 
jantinopel als der von Mudaniq). 
Konstantinopel, 20. Febr. Der Sultan ist geistig 
wie lörperlich in Folge der letzten Ereignisse so herunter gekommen, 
haß mancherlei Befürchtangen gehegt werden. (K. 3.) 
Koßstantinopel, 20. Febr. Suleiman Pescha wurde 
derhaftet und Vulair (an den Dardanellen) gebracht. Er wird in 
Konstantinopel vor ein Kriegsgericht gestellt werden. (Mit seiner 
Sendung nach Volo kann's also nichts sein. Der Sultan hat 
geuerdings mit der Königin Victoria Telegramme geweéselt. 
Rustantinop'sel, 20. Febr. In Folge starken Schnee⸗ 
salls sind die Straßen unsahrbar geworden und ward dadurch die 
Faumunz von Erzerum und Batum verzögert. 
Konstantinopel, 20. Febr. (via Odessa.) Die 
Telegraphenverbindung über Keschan, wo die Linien nach Otranto 
nnd VGrodista abzweigen, ist von den Russen derart in Anspruch 
jenommien, daß nur die Kabelverbindung über Odessa für den 
VFubatverkehr offen bleibt. 
Petersburg, 20. Febr. Die ‚Agence Russe“ erklärt 
die Nachricht der „Dailh News“, daß am Mittwoch der directe 
Frieden zwischen Ruhland und der Türkei unterzeichnet werden solle, 
ur unbegrundet. Die, Pforte sei im Gegentheil wieder halsstar⸗ 
tigir geworden. Durch den Umstand, daß die britische Flette bis 
n'die Mudania⸗Bay zurückgegangen sei, werde die Wichligkeit der 
Thatsache, daß dieselbe gegen den Willen der Pforte die Darda⸗ 
Acn polfirte, nicht vermindert. Der Rüdgang der Flotle bis in 
zrößere Entfernung von Konstantinopel beweise, daß englische in 
er Türkei lebende Untershunen nicht bedroht seien. Die Durch⸗ 
ahrt sei demnach in dieser Hinsicht unnütz gewejsen⸗ Da dieselbe 
e ein „Fait accowplie sei, so notyige sie die rujsischen Truppen, 
ewisse näher an Konstantinopel gelegene Punkte zu besetzen, um 
ür jede Moͤglichkeit vor bere'tei zu sein, welche die Christen bedtohen 
donie, Die Losung der Frage würde in dem Rückzuge der bri⸗ 
aͤschen Flotte nach der Befika⸗ Bay liegen; alsdann würden die 
zufsischen Truppen hinter die Demarcationslinie zurückgehen. 
Rermischtes. 
54. Inabert. Auf Antrag des Oberhostamset Speher 
purde dem Postillon Peler Goͤrlinger bdon hier ein Ehrenpost 
jorn mit silberdurchwirkten Schnüren verliehen. 
FKaiserslautern. Dem Bezirlsqgerichte dahlet wur⸗ 
den 500,0000 M. Uberantwortet zur Vertheilung an die Erben 
iner auf Java verstorbenen Wittwe Steenkamp. Es sollen auf 
die verschiedenen Erben je 37.000 M. entfallen. (Pf. V.) 
Dürkbeim, 19. Febr. Vom Reichsgesundheitsamt in 
gerlin kam der Auftrag hierher, ein Sortiment Proben hiesiger 
Naturwein? zuc chewischen Untersuchung einzuschicken; der Gehalt 
ind die Zusammensetzung der Weine sollen als Anhaltspunkte vei 
der Unteifuchung verdächtigtr Weine dienen. (D. A.) 
purmet, 19. Febr. Heute Nachm'ttag wurde die hiesige 
demeinde in Aufregung versetzt. Der einzige Sohn des hiefigen 
Irtsbürgers Franz Alles, Namens Anton, besorgte das Geläute 
n hiesiger kath. Kirche. Wie gewöhnlich trat er auch h.ute seinen 
zaug nach der herrlich gelegenen kath. Kirche an, um das Zwölf— 
ihrläuten zu besorgen. Von diesem Gange kam er jedoch nicht 
bieder zurück. Die Eltern wurden wegen des langen Ausbleibens 
esorgt und jforschten nach. Sie fauden die Krche verschlossen, 
ind auf das Rufen nach ihrem Sohne tieß sich nicht das Geringste 
dug derselben vernehmen. Die Kirche wurde nun geöffnet, und 
ver malt sich den Schrecken — der junge Munsch, erst 17 Jadre 
At. — hing erhängt am Glockenseile. So wie Schteiber Dieses 
zen bett. Vorjall auffaßt, ltegt hier ein Unglücksfall durch Spielerei 
mit dem Glockenseile vor. Kus. Zig.) 
Laubenheim; 7. Febr. Eine einzeln stehende Per⸗ 
'on, Taglöhnerin, erschien auf der Bürgermeisterei daselbst und bat 
en Bürgermeister Möhn, er möge doch d'e Güte haben, ihre Er⸗ 
parniß in die Sparkasse zu besorgen, damit sie während ihres 
iisters doch Etwas zuzusetzen habe. Mit größter Bereitwilligkeit 
ibernahm Herr Moöhn diesen Aufiraꝛ. Aber wie erschrack derselbe, 
ils die Person vor seinen Augen ihr sauer erspartes Geld auf den 
Tisch legte! Holländische Guldenstücke, doppelte preusßische Thaler 
mdol. uünd einen bayerischen 50 Guldenschein — lauter verrufenes, 
ninderwerihes oder verfallenes Geld enthielt die Sparschaft. Herr 
Möhn sandte den 50 Guldenschein sofort an die bayerische Regierung 
iach München, um nachträgliche Einlösung zu erwirken. Alein 
um größten Leidwesen der armen Verson kam von dort eine ver⸗ 
neinende Antwort. 
paAus der Pfa!z. In Amerka gestorbene Pfäkzer: 
Magdalena Becher, ageb. Braun, aus Lingenfeld, gest. am 15. 
dobe 1877, Rew.PYork. Barhara Buticher, geb. Weiler, aus 
dernten (D, 63. Jahre, gest. am 10. Oct. 1877, Cineinnati, 
hio. Anna Maria Kuntz, ged. Weidner, aus Wollmesheim bei 
dandau, 45 Jahre, gest. am 19. Oct. 1877, New Orleans, Loui⸗ 
jana. Elis. Eva Gams, geb. Helck. 46 J., aus Fredenfeld, gest. 
im i9. Nob. 1877, Cincinnati, Ohio. Otltilie Müller aus Dürk⸗ 
eim, 68 J., gest. am 24. Dez. 1877, Brookiyn, New⸗Portk. 
Fis. Seeboch aus Zweibrücken. 74 J., gest. am 17. Oct. 1877, 
Philadelphia, Pennsylvania. Georg Schumm aus Burrweiler, 55. 
J gest. am 17. Oct. 1877, Cindnnati, Ohio. Elis. Steinbrecher 
rußz Otterberg, 67 J., gest. am 80. Oct. 1877, New Vork. 
douis Schmidt aus Midrtheim bei Lardau, 30 J. gest. am 31. 
Zch. 1877, Philadelphia, Pennsyhlvanio. Jacob Ziegler aus 
Bergzabern, 68. J., gest. am 15. Oct. 1874, Cincinnati, Ohio. 
In Augsaburg erhängie sich der Choriß Keil vom dor⸗ 
sigen Siadttiheater. Brieflich hinterließ er die Bitte, man möge 
bei seiner Beerdigung singen: „So leben wir, so leben wir ꝛ⁊c.“ 
FeAus Rosenheim wird gemeldet, daß in Cannftadt 
»rei Strolche als Moͤrder des Pfarrers Hayler in Oberneulirchen 
erhaftet wurden; dieselben sollen schon kbeilweise Geständnisse ab⸗ 
gelegt haben. 
pCoburg, 13. Febr. In einem Stadtichen in unferer 
sähe schlug der Wirth S. einige Weidenstöcke ad, auf die der 
zrauer B. auch Anspruch zu haben glaubt, während S. sie selber 
nepflanzt haben und deßhalb weder das Weidenholz noch als defsen 
Werth ganze 30 M. hergeben will. Gut, fie prozessiren. Ver— 
nessungen, Zeugen, Besichtigung durch Advokaten und Commijsfionen, 
Teimine duf Termine folgen und jehzt machen die Kosten, in die 
neulich Wirth S. verurtheilt wurde, natürlich neben Ersaß des 
Weidenholzes oder Bezahlung seines Werthes von 30 M., nicht 
veniger schon als 9000 M. Und doch klagen hier zu Lande 
manche Advokaten immer noch über „schlechte Zeiten“. 
Berlin, 15. Febr. Die Außercurssetung der Sechstel⸗ 
Thalerftücke, die schon wiederholt in Aussicht gestellt war, soll nun⸗ 
nehr wirklich erfolgen. Dem Bundestathe ist so eben der Entwurf 
iner hieraui bezüglichen Verordnung zugegargen, deren Verkündi⸗ 
zung in nächster Zeit erfolgen dürfte, da die Einziehung mit dem 
Nouüat März ihren Anfang nehmen und mögalichst innerbalb 
)xeiet Monate beendet sein soll. 
f Berhin, 18. Febr. Heute begann dor dem Stadt 
chwurgericht der Prozeß gegen den Tischlergesellen Tuͤrolf, welcher 
beschuldigt ist. am 7. Abpril y. J. die 72iährige Frau Sabatlv⸗