St. Ingberler Anzeiger.
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Der St. Jugberter Anzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt. Sonntags mit illustrirter Bei⸗
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M4. Sonntag, den 6. Januar 1878.
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Deutsches Reich.
München, 4. Janugr. Heute Nachmittag ist für den
Finanzausschuß der Kammer der Abgeordneten Sitzung anbe⸗
ranmt, in welicher der Bericht des Abgeordneten Crämer üder den
Ttat der Malzaufschlags⸗, Zoll⸗, Steuer⸗ und Kartenstempelgefälle
zur Berathung gelangt. Auch der Petitionsausschuß tritt Nachmit⸗
tags zur Sitzung zusammen.
Der Franß. Kur. schreibt: Was Ordensverleihungen für einen
Werth haben, darüber gibt es belanntlich verschiedene Ansichten.
Finen interessanten Beitrag zu der Taxation derartiger „Auszeich⸗
nungen“ liefert aber jedenfalls die Thatsache, daß dem nunmehr
verflossenen franzoͤsischen Boischafter in Berlin, Vicomte de Gontant ⸗
Biron, der sich durch sein Verhalten bei der Reichsregierung, in
zpecis beim Fürsten Bismarck unmöglich gemacht hotte und deß⸗
vegen Berlin verlassen mußte, beim Scheiden zur Versüßung des
Trennungsschmerzes der höchste Orden der preußischen Krone, der
Schwarze Adlerorden verliehen worden ist. Welchen Orden würde
wohl dann eine „persona grata* erhalten müssen?
Berlin, 3. Januar. Die „ProvinzialCorresp.“ meldet,
Se. Maj. der Kaiset habe beim Neujahrsempfang der Minister
die zuversichtliche Hoffuung ausgedrüdte, daß das neue Jahr eine
friedliche Entwickelung nach Außen wie im Innern bringen werde.
Berhin, 3. Jan. „Die „Provinzial Correspon.“ schreibt:
Die englische Regierung hat von dem Ersuchen der Türkei um
Englands Bermittlung behufs Einleitung von Friedenzverhandlungen
in Petersburg vorzugsweise wohl in dem Sinne Mittheilung ge⸗
macht, um daselbst die Geneigtheit der Türkei zur Anknüpfung von
Friedensverhandlungen zar Kenntniß zu bringen. Wirlkliche Ver⸗
dandlungen dürfen nach Lage der Dinge wohl unmittelbar zwischen
den beiden kriegführenden Mächten einzuleiten sein.
Berlin, 3. Jan. Die Socialdemokratie will nächstens in
zanz Deutschland Massenversammlungen gegen die auswärtige Poli—
tik des Deutschen Neichs veranstalten. Liebknecht bereitet eine
JInterpellation über die brientalische Frage im Reichstage vor.
Zustand noch bedenklich genannt werden muß. In Folge einer er
ittenen Gehirnerschütterung stellte sich bald ein heftiges Erbrechen
in, dem eine andauernde Bewußtlosigleit folgte; doch ist Hoffnung
porhanden, ihn am Leben zu erhalten.
Die Volksbank Bergzabenn hat eine Sparkasse in's
deben gerufen, in welche Beiräge bis zu 2 Mark herab eingelegt
verden koͤnnen. Der Zinsfuß ist 4 pCt. jährlich.
Die ‚Rheinpf.“ bringt folgende Weinprophezeiung für das
Jahr 1878: Ihr Käfer! macht Fässer, soviel ihr lönnt! Wein⸗
hesier! schlagt los um jeden Preis! Weinschmierer! das Handwerk
wird euch gelegt werden! Die Weinrose blühte wunderschön und
die Jerichorose ging wunderbar an Weihnachten auf. Also ein
voller Herbst steht in Aussicht. Freuet euch ihr armen Winzer!
In Amerika gestorbene Pfälzer. In New⸗-VYork
Margaretha Bäcker 83 Jahre alt aus Gräfenhausen; ebendaselbst
Thristian Flerr 48 J. alt, aus Kerzenheim. — In New⸗Jersey
Union Hill) Babette Parkhouse 41 J. alt aus Neustadt. — In
Williamsburg (New-Yort) Wilhelm Schramm 50 J. alt aus Alsen⸗
zorn. — In Brootlyn Mew⸗NYorkt) Elisabetha Steinhrecher, 67
Jahrt alt aus Otterberg. — In Cincinnati (Ohio) Johann Metz⸗
zet aus Böchingen. — In New⸗-Orleaus (Louisiana) Peter Albrich
36 J. alt, aus Freimersheim (bei Edenkoben); ebendaselbft Adam
Meher 43 J. alt, aus Albersweiler.
F St. Johann, 4. Jan. Gestern fand die Obducktion
der Leiche der Frau Witwe Lautz siatt, welche bestätigte, daß die
ilte Frau eines gewaltsamen Todes, durch Erwücgen, verstorben ist.
leber den Thäter hat man immer noch keine Spur, obwohl die
Nachfotschungen der Gerichte und Sicherheitsorgane aufs Eifrigste
'ortgesezt werden. Die Annahme wird übrigens immer sicherex,
haß der Moörder von seinem gräßlichen Verbrechen nicht die geringste
Frucht gehabt. Es sollen sich noch in unerbrochenen Schiebladen
der Ermordeten nicht unbedeutende Geldsummen und Werthgegen⸗
fände vorgefunden haben, welche der Mörder sich sicher angeeignet
zätte, wäre er nicht von der später Ermordeten überrascht und daun
jon seinem Gewissen von dem Orte des Verbrechens weg getrieben
vorden. Heute Nachmittag 3 Uhr findet die Beerdigung der Er⸗
mordelten statt.
Mänchen, 2. Jan. (Raubmord.) Gestern Abend zwischen
z und 9 Uhr ist der an der Station „Feldmoching“ bredienstete
derheirathete Wechselwärter Butzmann vor dem Dienstgebaude er⸗
chlagen und seiner Vaarschaft von circa 60 M., sowie seiner Uhr
eraubt aufgefunden worden. Die von dem Thäter beabsichtigte
Berstümmelung des Leichnams durch einen kdursirenden Zug wurde
adurch vereitelt, daß der dienstihuende Beamte die Leiche nächfl
zen Schienen liegen sah und olsbald der begangene Raubmord kon⸗
tatirt werden konnte. Der Thäter ist noch nicht ermittelt.
FMünchen, 2. Jan. Gestern wurde ein Haus in der
streuzstraße wegen Auftretens der schwarzen Blattern auf polizeiliche
Anordrung gesperit.
pNüäürnberg, 2. Januar. Das Bezirksgerichk hat heute
in einem Falle der Verfälschung von Lebensmitteln den Thatbestand
des 8 263 des R.Str.G. (Betrug) als gegeben angenommen
ind demgemäß die Oekonomenfrau Anna Klumann von Scheinau,
velche schon ofters wegen Milchfälschung bestraft worden war und
zeuerdings Milch mit einem Wasserzusatz von 80 und 65 pCt. ver⸗
chleißte, des Vergehens des Betrugs in Zusammenhing mit einer
lebertreiung des 8 367 Ziff. 7 des R.St.«G. für schuldig erkannt.
Da die Beschuldigte auch einen Bestechungsversuch an dem visitiren⸗
den Beamten gemacht hatie, wurde sie zu 2 Monaten 6 Tagen
Befängniß, 8 Tagen Haft und 100 MGeldstrafe verurtheilt und
das Goldstück, mit welchem der Bestechungsversuch gemacht wurde,
dem Staate verfallen erklärt. (N. C.)
Mannheim. Das „Mannh. Journal“ berichtet: „Wir
sönnen die für viele unster Leser gewiß angenehme Nachricht mit⸗
heilen, daß Herr und Frau Jacobi durch eine Kontrakt-Berlänge-
tung unjerem Schauspiele auch für die Zulunft erhalten bleiben.“
NAusland.
Wien, 3. Januar. Nachmittags. Hiesige diplomatische
sreise glauben an das Zustandetommen eines baldigen russisch-tür⸗
ischen Waffenstillstandes. — Die ‚Presse“ meldet aus Sistowo:
Der Eisgang ist forsdauernd. — In Bulgarien find acht Grad, am
Balkan siebzehn Gtad Kälte.
Wien, 3. Jan. Die ‚Presse“ meldel aus Sistowa vom
2. d.: Seit gestern sind alle Donaubrücken auf das linke Ufer ge⸗
chafft. Bei dem Corps des Generals Gurko eingetroffene scher⸗
essische Deserteure berichten, daß das türkische Corps bei Sofia
Mangel an Lebensmitteln und Winterkleidern leide; dasselbe zähle
27,000 Redifs und Baschibozuts, sowie 2000 Tscherkessen.
Rom, 3. Jan. Der König hat heute Morgen Gambetta
empfangen. Ministerpräsident Depretis gab letzterem zu Ehren ein
Dejuner. Heute Nachmittag reist Gambetta ab.
London, 3. Jan. Die ‚Morning Post“ schreibt: Der
zestrige Cabineisrath kam dahin überein, die Antwort Rußlands
nuf Englands Vermittelungs⸗-Anerbieten nicht als den Schluß der
englischen Action zu betrachten und beschloß, vor Uebermittelung
)er Antwort an die Pforte in Petersburg anzufragen, welche Waf⸗
ienstillstands-Bedingungen die russischen Commandeure zu fordern
88 worden seien. Z Heute findet wiederum Minister⸗Conseil
tatt.
Vermischtes. —
f Pirmasens, 2. Januar. Der „P. A.“ schreibt: In
Bet reff des jungst berichieten Ünglücksfalles können wir die Min
heilung machen, daß der verungiückte Knabe, der bewußtios und
jüt todt dom Plaze getragen wurde, noch lebt, wenn auch sein