Full text: St. Ingberter Anzeiger

Sl. Ingberler Anzeiger. 
Der St. Jugberter Anzeiger und das (Z mal wochentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, (Sonntags mit illustrirter Bei⸗ 
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M 40. — IJ ESonntaa,- den 10. März — 14878. 
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3 Deutsches Reich. 
Mänchen, 7. Wärz. Als eine sehr erfreuliche Folge der 
Reorganisation der früheren Gewerbeschulen erscheint, daß nun 
auch die aus denselben hervorgegangenen (echs⸗llassigen) Realschulen 
zu den höheren Lehranstalten gehören, welcht zur Ausstellung direkter 
Zeugnisse uͤber die wissenschaftliche Befahigung für den einjährig⸗ 
sreiwilligen Militärdienst im ganzen deutschen Heere berechtigt 
ind (naͤmlich das Zeugniß über das Bestehen der Entlassungs 
rüfang). Es kestehen zur Zeit in Bayern 40 solcher Realschulen. 
Die Frage, ob diesen Lehranstalten die in Rede stehende Berechtigung 
u ertheilen sei, wurde, wie wir hören, Seitens des Reichskanzler⸗ 
amtes in sebr entgegenkommender Weise erledigt.. 5 
Der Landtagsadgeordnete Dr. Freyburger (Wahlbezirk 
Speyer) hat sich wegen seiner Beförderung zum Rath an dem Be— 
irksgerichte Frankenthal einer Neuwahl zu unterziehen. 
Berlhin, 6. März. Wie die „Volkszig.“ hört, fühlt sich 
Fürst Bismarck sot leidend, daß er nach Annahme des Stell⸗ 
zetungsgesches für Jängere Zeit auf Urlaud mach Varzin gehen 
vird. 
Ber lin, 7. März. Im Bundesrath gelangten heule u. A. 
zur Annahme die Anträge des Justizkostengesetzes, einer Gebühren⸗ 
»tdnung für Gerichlsvollzieher und einer Gebührenordnung für 
Zeugen. 
Bexlin, 7. März. Nach den der „Nordd. Allg. Zig.⸗ 
porliegenden Nachrichten ist das Zusammentreten des Congresses in 
Berlin als gesichert zu betrachten, so wenig dieser neue Anspruch 
an die personliche Arbeitsleistung des Reichskanzlers seinem Gesund⸗ 
heitszustande auch entsprechen mag. — Die „Nortd. Allg. Ztg.“ 
exwähnt der Stimmen der französischen Presse, welche abrathen, 
daß Frankreich die Conferenz beschicke, und bemerkt dazu: „Den 
Rathschlägen der französischen Presse scheint der Gedanke zu Grunde 
zu liegen, daß Frankreich jett seine Unterschrift nicht verpflichten 
soll, um für die Zukunft freie Hand zu haben, eine Politik, welche 
uns nicht ganz frei von Gefahren dünkt, um so mehtr, als sie stets 
die Erinuerung von 1870 zum Ausgangspunkt nimmt.“ — Nach 
der „Nationalzeitung“ werden sich Ändrassy und Gortschaloff per⸗ 
önlich hier einfinden. 
Aussand. 
Wien, 8. März. Erzherzog Franz Karl, Valer des Kaisers 
Franz Joseph, ist heute Mittag gegen 1 Uhr gestorben. (Erz⸗ 
detzog Franmz Karl war geboren am 7. December 1802; sein Vater 
war Franz L.) J 
Paris, 7. März. Im Ministerrathe, der diesen Morgen 
mm Elysee abgehalten wurde, theilte der Ackerbau-Minister den 
Besetzentwurf wegen Einrichtung der Ausstellung der deutschen Kunst⸗ 
verle mit. — Der „Temps? meldet: Waddington theilte heute 
dem Ministerrathe eine Depesche aus Petersburg mit, welche die 
ffizelle Anzeige entrält, daß Fürst Bismarck den Vorfitz im Con⸗ 
uresse angenommen habe, der bestimmt in Berlin zusammentreten 
werde. 
Paris, 7. März. Die Meinung, daß Frankreich sich 
der Theilnahme an dem Congresse enthalten müsse, wird der 
„Agence Havas“ zufolge nicht für ernst gehalten; die Zustimmung 
der fran ösischen Regierung zum Congresse werde im Gegentheil 
ür gewiß erachtet. — „Gaulo “ und „Paris-Journal“, conser⸗ 
vatide Journale, belennen fich ebenfalls zu der in einem von der 
„Republique Francaise“ geftern veröffentlichten Briefe ausgesprochenen 
Ansicht, daß Frankreich fich jeder Betheiligung an einer Conferenz 
oder einem Congreffe enthallen müsse. 
Der „Gaulois“ schreibt: „Im Verfolg der Note des „Jour⸗ 
nal officiel“ hat der Generalkomm'ssar der Weltausstelkung gestetn 
dem Fürsten Hohenlohe die Pläne der Lokale mitgetheilt, welche den 
Senoungen aus Deutschland angewiesen sind. Wie wir hören, 
ollen sie einen seht beträchtlichen Umfang haben.“ 
Dir Dupanloup'sche Defense“ hemerkt zu der Note: „Wir 
wünschen zu wissen, wie viel diese Gefälligkeit des Herrn von Bis⸗ 
narck dem Stolz, der Würde und vielleicht den Interessen Frank⸗ 
reichs gekostet hat. Wir wollen wissen, um welchen Preis Herr 
»on Soini-⸗Vallier diesen ... Erfolg errungen hat. Wir können 
richt vmhin, diesem hölzernen Pferde zu mißtrauen, das Herr von 
Zaint⸗Vallier in uasere Mauern gebracht hat.“ Die meisten Or⸗ 
jzane der Rechten kreten, wenn auch in durchschnittlich maßvolleren 
Ausdrücken, dieser Auffassung bei. 
Konstantinope!, 7. März. Die Räumung des bul—⸗ 
zarischen Gebietes von den tkürkischen Truppen erfolgt binnen 14 
Tagen. Truppen von der Donau und dem Festungkviereck rücken 
oriwährend hier ein. — Der Bisuch des Grosfürsten Nikolaus 
dei dem Sullian findet nicht vor Samstaag statt. 
FKaiserslautern, 7. Mätz. Zwischen einem hie⸗ 
sigen-Bürger K. und einem gerade hier anwesenden Kunstreiter 
jon Alsenborn kam gestern eine Wette zum Austrag, die als wür⸗ 
ziger Schluß der hiesigen Faschingsfestlichleiten bezeichnet werden 
znnte, wenn fie für K. und dessen Angehörige ein weniger bedenk⸗ 
iches Ende genommen hätte. — K. setzte nämlich seinen Gaul 
ind 16 M. gegen einen Gaul und 20 M. des Kunstreiters als 
Zreisobjekt aus, wenn er nicht zuerst mit seinem Pferd das Ziel, 
u welchem Landstuhl auserkoren wurde, erreiche. Die Bedingungen 
vurden gegenseitig angenommen und gestern Mittag 9312 Uhr 
inter großem Zulauf von Neugierigen, ging vom Lothringerhause 
ius das Wettrennen an. Der Schiedsrichter H. fuhr mit dem 
urz vorher abgehenden Zug an den Ort des Zieles, sah aber 
in der Stelle, wo die Bahn längs der Czaussee hinführt, daß er 
u spät nach Landstuhl kommen werde, konnte aber schon da consta⸗ 
iren, daß K. die Weite verlieren wird. Und so war es auch. 
der Kunstreiter erreichte zuerst das Ziel und zwar in 23 Minuten, 
pährend K. 32 Minuten brauchte. Letzterer kam spater wohl⸗ 
zehalten mit der Bahn ohne Gaul hier an. 
Besser ein magerer Vergleich, denn ein fetier Prozeß. Von 
zer Wahrheit dieses Sprüchwories werden sich zwei benachbarte 
Landleute von Becherbach, die eine gegenseitige Feindschaft 
rerbt haben sollen und nun im Begriffe sind, sich zu vergleichen, 
ndlich überzeugt haben. Das Streitobjelt ist ein Gebund Stroh, 
velches der eine gestohlen haden soll, während der andere behauptet, 
ein Gegner habe denselben an seine Scheuer geschmuggelt, um ihn 
»es Diebstahls überweisen zu können. Die Kosten dieses Prozesses 
velaufen sich auf nahezu 500 M. (Pf. V.) 
F Am 6. ds. früh wurde im Walde bei Neuleinigen eine 
Frau Sottung von da an einem Baum erhängt gefunden. Die 
Unglückliche war erst seit zwei Monaten verheirathet. Motive zut 
That sind bis jett nicht bekannt. 
fPirmasens, 7. März. In der Nadht vom 5. auf 6. 
März wurde in der hiesigen Synagoge eingebrochen und ein daselbst 
aufgehängter großer Glaslüstre herabgerissen und zerstört. Die 
Trümmer des Leuchters hingen in einem Fenster der angebauten 
israelitischen Schule, durch welches der Frevler seinen Weg ge⸗ 
nommen. Ein Paar zurüchgelassene Schuhe wurden zu Verräthern, 
durch welche es gelang, den boßhaften Einbrecher, Namens Semmler, 
zu ermitlela. (BP. A.) 
FSpeyer, 7. März. Letzien Samstag brachte die bei 
Müller Feldner bedienstete Magd Fuchs ein Kindlein zur Welt, 
aähte dasselbe in einen Rock ein und warf es in den Bach, woselbst 
es seinen Tod fand. Die Fuchs wurde verhaftet und befindet sich 
vorläufig im Spital. — J EGEp.3) 
fFrankfurt. Der', zwölfjährige Sobn eines Zeitungs⸗ 
rägers des „Frankf. Beob.“ mußte vor Jahren Abends beim Be⸗ 
dellen der Bläiter seinem Vater behülflich sein. Da ihm aber das 
Spielen mehr zusagte, so vernachlässigte er die Bestellungen. Das 
»eranlaßte Klagen und schleßlich eine Züchtigung des Knaben, wo⸗ 
cauf dieser im Januar 1875 verschwand. Die darob sehr unglück⸗ 
Vermischtes.