Slb. Ingberler Anzeiger.
— ——
—— —, ⏑ — —
HDer St. Jugberter Anzeiger und das (Z mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt. (Sonntags mit illustrirter Bei⸗
lage) erscheint wöchentlich viermalz: Dienstagz, Donnerstag, Samstag und Sonutag. Der Abonnementepreis beträgt vierteljährlich
Martk 20 R.⸗Pfg. Anzeigen werden mit 10 Pfg., von Auswärts mit 15 Pfa. fur die viergespaltene Zeile Blattschrift oder deren Raum. Neclamen
mit 30 Pfg. pro Zeile berechnet.
M AdJ. Sonntag, den 17. März 1878.
*
Deutsches Reich.
Berlin, 18. März. Man spricht davon, daß der Kaiser
im nächsten Monat auf einige Zeit nach Wiesbaden sich begeben
werde. Sein Aufenthalt daselbst dürfte, wie in früheren Jahrep,
bis zum Beginn der Frühjahrsbesichtigungen der Gardetruppen aus⸗
gedehnt werdetn, falla nicht wegen des bevorstehenden Congreffes
ein längeres Fernbleiben des Kaisers von Berlin unthunlich erscheint.
In diesen Tagen sind einige Bestimmungen bekannt worden,
welche in Bezug auf die großen Herbstübungen des 11. Armee⸗
storps erlassen worden sind. Hiernach werden die Hauptmanbver
dieses Korps in der Nahe von Wabern im niederhessischen Kreife
Fritziar statfinden. Der Kaiser gedentt den Uebungen persönlich
hbeizuwobnen und beabsichtigt zu diesen. Zwecke in der Zeit vom
8. bis 13. September in Kurhessen, bez. Kassel und Wilhelmshöhe
zu verweilen. Am Montag, den 9. Sepiember, soll die greße
Kaiserparade des Arm'ekorps stottfinden, am 10. ist Ruhetag und
am 11. wird ein Korpsmannöver gegen einen markirten Feind
ausgeführt werden; während des 12. und 18. Septembers sollen
endlich die Divissionen gegen einander mansveriren. Der Kaiser
gedenkt am 8. Sepiember Abends in Schloß Wilhelmsböhe einzu—
ireffen und 2 Tage 'n demselben die Wohnung zu nehmen, woraus
das Hoflager nach Kassel verlegt wirden soll, am 24. wird Se.
Majestät nach dem Eisaß abreisen, um den Uebungen des 185.
Armeekorps beizuwohnen. Das 11. Armee Korps hatte zum ersien
Mal im Jahre 1874 sein Kaiser-Maröver und wurde von Sr.
Majestät in der Nähe von Friedderg inspizirt, es ist bekanntlich das
därtste des Reichsheeres und umfaßt 8 Divisionen.
Ausland.
Wien, 14. März. Der Prinz von Batlenberg weilt seit
destern hier; er soll in einer wichtigen Mission hier sein. Es heißt
auch hier jetzt wieder, er sei für den bulgarischen Thron ausersehen.
Die „Polit. Correspondenz“ läßt sich dieses Gerücht aus Veters⸗
burg bestätigen.
Paris, 14. März. Die Anzeichen der Unzufriedenheit der
Arbeiter in den Eisenwerken und Kohlengruben mehren sich. Heute
wird der Ausbruch einer Ardeitseinstellung unter den Gruben⸗
arbeitern von Decazeville gemeldet.
Aus dem, wirklichen Stand der russisch-türkischen Beziehungen
ist schwer klug zu werden. General JIgnatieff sollte gestern in
Petersburg eintreffen, die Publikation des Präliminarfriedens wird
dah⸗r wotzl heute erwartet werden dürfen, vorausgesetzt, daß der⸗
selbe sofort die kaiserliche Sanktion empfängt. JInzwischen voll⸗
ziehen sich aber in der Umgegend von Konstantinopel wiederum
Bewegungen der russischen Truppen, welche nicht allein die Auf⸗
merksamkeit, sondern auch eine Gegenbewegung der euglischen Flotte
zur Folge gehabt hiben. Einem Konstantinopeler Telegramm zu⸗
folge nähert die russische Armee sich bereits Bujukdere, dem belannten
Sommersitze der europäischen Diplomatie am Boeporus, und andere
Anzeichen lassen darauf schließen, daß der linke Flügel sowie das
Centrum der russischen Aufstellung vor Konstantinodel die gleiche
Höhe mit San Stefano erreiqen sollen.
Die „Times“ versichet, England und Frankreeich
würden vor dem Zusammentritt des Congresses über die egyptische
Frage sich einigen. — Der „Daiy Telegraph“ Lbält die Behaup⸗
tung aufrecht, daß Rußland einen Thei! der Provinz Bayazid zum
Austausch für einen werthpvollen Lendstrich am kasbischen Meer offerire
*—
BVermisqhtes.
J Das Zuchtpolizeigerich Kaiser Slautern verurtheilte
am 12. ds. den Tagner Franz Leist von Enlenbach wegen Belei⸗
digun des Königs von Bayern zu 2 Monagaten Gefängniß.
F Worms. EEn usch twittwochs-Sereich.) Aus Worms,
7. März, berichtet die „N. W. Z3.“ Folgendes: Wie vor einigen
Jahren auf den 1. Aptil sich ein großer Theil der hiesigen Ein⸗
wohnerschaft an den Rhein uzen ließ, um direlt aus dem Wasser
konmende Rilpferde“ zu sehen, so ging es gestern wieder mehreren
Hunderten don Einwohnern auf ein ‚Eingesandt“ in der alten
Wormser Zeitung“ hin, nach welchem mit dem Kurierzuge 1 Uhr
58 Minuten die gegenwärtig in Deutschland weilende chineßische
Besandschaft mit zahlreicher Dienerschaft zur Besichtigung des
duiherdenkmals hier eintreffen sollte. Wie gesagt, strömten Hunderte
in den Bahnhof, um in echter Aschermitlwochslaune die bezopften
Söhne des himmlischen Reiches zu beaugenscheinigen. Ein hiesiger
doitelier hatte sogar einige Zimmer für die erwarteten Gäste heizen
assen, während sein Omnibus mit dem sein ausstaffirten Portier
in der Aussteigehalle angefahren war, um die erwarteten Gäste in
rẽIimpfang zu nehmen. Der Zug fuhr an. Mit auf der Brust „ekreuzten
Armen, behandschuht, stand der Portier da, große Erwartung,
S„—pannung auf allen Gesichtern — das des Redakteurs der alten
„Wormser Zeitung“ nicht auggenommen — die Kupees wurden ge⸗
jffnet, doch von Chinesen keine Spur, nur einige Bauerfrauen
entstiegen einem Kupee 1. Klasse, wo sie anders keinen Plaß in dem
iberfüllter Zuge gefunden. — Die nun hierauf gefolgten Sienen
assen sich kaum beschreiben und müssen wir das Ausmalen derselben
der Phantasie eines jeden einzelnen Lesers überlassen. In wen'igen
Minuten hatte die große Menschenmasse eingesehen, daß sie à la
Nupferd von einem eder emigen Witzbolden einmal wieder gründ⸗
ich geuzt worden war.
In der Zeit vom 9. bis zum 20. vor. Mts. wurden auf
dem Postamte in Köln nicht weniger als 117 Postanweisungen im
Betrage von M. 4329,29 und vier Geldbtiefe mit M. 2267. —
außerdem vier rekommandirte Beiefe, welche säwmtlich an die Firma
Hebr. Stollwerk in Koln gerichtet waren, von Unberechtigten ab⸗
zeholt und die Beträge zum Theil erhonen. Die Diebe, deren
wei gewejen zu sein icheinen, halten die Beobachtung gemacht, daß
die Gebr. Stollwerk am Vor⸗ und Nachmittage die für sie einge⸗
aufenen Geldanweisungen und Briefe abholen ließen, sie benutzten
)eshulb die Abendzeit zur Vollführung ihrer verbrecherischen Thaten.
Finer derselben ließ sich am Postschalter die Anwe jungen und
briese für genannte Fiema aushandigen, und der andere holte
dann, nachdem die Anweisungen mit der falschen Unterschrift ver⸗
sehen waren, die Gelder ab, das heißt nur die größeren Beträge,
die tleineren waren nicht der Viühe werth.
Dortwund, 12. Maärz. Die traurigen Folgen der
illgemeinen Geschästestocung machen sich immer mehr bedenklich.
50 haben sich in den letzten drei Tagen zwei früher sehr gut situirte
zdandwerksmeister, ein Schlosser und ein Schreiner erhängt, ein
Dritter wurde noch frühzeitig genug entdect und abgeschnitten und
war in derselben Siroße, in welcher die beiden Anderen ihren un⸗
seligen Vorsatz ausfübrten. Beide Todte hinterlassen zahlreiche
Familien. (Ess. 3.)
FIn Dortmund wurde ein Bauunternehmer, der mehrere
Urbeiter entlassen hatlse, von drei Männern derart mit Messerslichen
traktirt, daß sein Leben gefährdet ist.
fIn Meerane Gachsen) wurde in der Nacht vom 10.
auf den 11. März eine wohrdaft schrechliche Mordthat verübt.
Der frühere Materialwaarenhändler VRann, der sich wieder der
Weberei zugewandt haite, da sein Geschäft zurückzegangen war,
zate Morgens gegen 2 Uhr seine Frau und seine Tochter von
ieben Jahren und ein kleineres Töchterchen von fünf Jahren er—⸗
»rosselt und sich dann wahrscheinlich gegen 7 Uhr früh auf dem
Boden des Hauses gehänugt. Mann soll noch am selben Abend,
also wenige Stunden vor der Ausführung der entseßlichen That,
mit seiner Frau eigem Tanzvergnügen beigewohnt haben. Es ist
noch nicht festgestellt, ob Nahrungsesorgen oder Furcht vor einer ihm
bevorstehenden Verhandlung bei Gericht ihn zu diesem Schritte
veronaßt haben.
tIn den Badeorten Nassaus macht man sich zur
Zeit viel Hoffnuog auf die beborstehende Saison. Die doruigen
hausbesitzet und Wirthe ecinnern sich der gläͤnzenden Saisons,
welche auf den Kriemkrieg folgten und hoffen, daß auch diesmal nach
erfolaten Frieden die Rußen ihre Wunden in den kräftigen