St. Ingberler Anzeiger.
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M 49. Dienstag, den 26. März 1878.
Deutsches Reich.
Berkin. Der „Reichs-Anzeiger“ vom 283. März publizirk
die Enlassung Camphausen's unter Belassung des Titels
und Ranges kines Staats-Ministers.
Zur Hebung noch immer auftauchender Zweifel in Betdreff
der Aurtchnung der letzten Kriegstahre als Keiegs⸗
dienstzeit hat as Kriegs-Ministerium erläutert, daß unter Frank—
reich nicht das heutige Gebiet desselben, sondern jene Grenze zu
herflehen sei, wie sie vor dem Beginn des Krieges bestanden. Bei
weimonatlichem dienstlichen Aufenthalt jerseit dieser Geenzlinie ist
sedes Dienstjahr, worin solcher Aufenthalt stattgehabt, selbst dann
doppelt zu rechnen, wenn die Betreffenden in keinem Gefecht be⸗
heiligt oder zeitweilig durch Krankheit dienstunfähig waren. Auch
Diewelche immobilen oder Ersatziruppen angehört und jenen Be⸗
dinguͤngen genügt, haben gleichen Anspruch.
Die rhein ich⸗wesiphalischen Kohlengrnbenbesitzer bharren bei
hrem Beschluß, alle jene Bergleute zu entlassen, welche dem social⸗
demokratijchen oder dem (projectiren) christlich- soeialen Bergarbei⸗
derverband beitreten. In Folge dessen hat die christlich-sociale
Partei beschlossen, den geplanten christlich-socialen Bergarbeiterver—
baad einstweilen nicht in's Leben zu rufen.
Die „Nordd. Allgem. Ztg.“ bespricht den Friedensverteag
und sagt: Was der Reichskanzier von der Convention von Adria—
nopel sagt, git auch von dem Vertrag von San Stefano. Deutsche
Interessen sind darin nicht berahrt. Der von Deutichland ver—
langten Freiheit der Wasserstraß u ist durch Schleifung aller Donau—
festungen, sowie durch die auf die Dardanellen bezügliche Bestim—
mung des Vertrages vollkommen Rechnung getragen.
Aussand.
Wien, 24. März. Von guter Seite erhalte ich folgende
Information, die ich allerdings mit der größten Reserve wieder⸗
gebe: D'ie Anwejsenheit einiger außerordentlicher, in letzter Zeit
mehrfach genannter Vertrauenspersonen in Wien galt der Neu—
befestigung des gelockerten Dreitaisatrundes und der —A
Souveräne, sperziell der Verhütung einer austro senglischen Allian;
and der austro russischen Verständigung über den Friedensvertrag.
Diese Mission ist vollständig gelungen, noch bdevor Graf Andrassy
ver Mitwesser dieser ptinzlichen Sendungen wurde, obwohl' er nuch⸗
träglich natürlich zust minte. Rußland machte, auf Anrathen del
Fursten Bismarch, gewichtige Conzessionen an Oesterreich, gewährte
I. A. eine unbdestiamte Vertagung der Retirozession Bessarabiens.
Die Okkupation Bosniens und der Herzegowina stellte Rußland
dem österreichtshe Cabinet neuerdings bedingungslos frei. Dagegen
werde Rußland an England — evbenfalls in Fotge Bismarck'schen
Intensionen — gar keine Conzessionen machen. Ein en lisch-rus⸗
sischer Kr eg sei daher nicht unmöglich, das Scheitern des Congresses
ziege nahe, in diesem Falle würde Rußland von Cabinet zu Cabinet
sich verständ gen. (Deutsches Montags⸗Blatt.)
Waen, 24. März. Die hochosfiziöse „Montagssebue“ läßt
ch von hrem Berliner Cortespondenten schreiber, Deutschland würde,
wenn der Congreß nicht zu Stande komme, Alles gutheißen worüber
äch seine beiden Nachvarmächte ins Einvernehmen setzten. Wenn
Sugland in oder am Mittelmeer vollendete Thatsachen zu schaffen
zeabsichtige, dürfe dadurch kein europäisches Interesse verletzt werden,
und die Freihet der Wasserstraße habe Bismaick als ein auch
deutsches Juteresse bezeichnet. Ein Berliner Telegramm derselben
Zeitung bezeichnet Stolberg als künftigen Ersatz Bismarcs.
London, 24. März. Die Lage ist durchaus verworren.
England und Rußland sind beide gleichwobl von Nachgiebigkeit ent⸗
jeint und dus Zustandekommen des Congiesses erscheint zweifelhafter
als je. Die Entfremdung zwischen dem hiesigen und dem Wiener
Cabinet ist eine vollstäenndige. Die Rede, welche Schatzkanzler North—
rote bei dem gestrigen Bankett hielt, läßt zwar eine kriegerische
Dentung leicht zu, trotzdem hat eine friedliche Beilegung der Mei—
nungsverschiedenbeit die auößere Wahrschemlichkeit für sich.
Athen, 24. März. Admiral Hornby, von dem englischen
Geschäftsnäger Wyndham von der Gefahr unterrichtet, in welcher
die christligen Familien auf dem Olympos (durch drohende Excesse
der Muhamedaner) schweben, sandte ein Panzerschiff zu ihrem Bei⸗—
stand und zur Verhütung von Gräuelthaten. In letzter Zeit haben
die türkischen Truppen mehrere Oetschaften in Thessalien niederge⸗
brannt und die Einwohner alle getödtet. Hodart Pascha hält mit
der türkischen Flotte alle Zugänge zur See gesperrt, um die thes—⸗
jalischen Aufständischen durch Hunger zur Ergebung zu zwingen.
Vermischtes.
f*Zweibrücken, 25. März. Am Samstag Abend wurde
au der Kanalschleuße im Schwarzbach die Leiche eines jungen
Frauenzimmers aufgefunden.
4 Die Geflügel:Ausstellung in Kaisers lautern hat an
Eintrittsgeldern 3368 M. 64 Pffg. ertragen. Geflügel wurde für
2420 M. 55 Pf. verkauft.
7 Nach einem Berichte der k. bayer. Gesandschaft in Paris
mehrt sich bei dieser Gesandischaft seit einiger Zeit auffallend die
Zahl jener Hilfsbedürftigen, welche, um Ardeit zu suchen, nach
Paris kamen, diese daselbst nicht finden können und nun dem
Tlende preisgegeben, entweder aach Hause geschafft oder mindestens
inteistützt werden wolen. Dieselbe Erschemung ergibt sich beim
zeutschen Hilisverein in Par s, und letzterer ist außer Stande,
nit seinen Mitteln all die Gesuche um Rückschaffung in die Heimath
u erfüllen. Namentlich sind es einzelne junge, dem Arbdeiterstande
ingehörige Personen, aber auch ganze Familien, die sorglos nach
Piris sich begeben. Von Beyern sind es vorwiegend Angehörige
zer Pfalz und in dieser selbst meist aus ver Gegend von Zwei⸗
mücken, aus Lemberg, Rodalben u. s. w. Aus Letz erer Gemeinde
illein sind in den letzten zwei Monaten mindestens 12 Familien
nach Paris gekommen, welche in dieser Weise dem Vereine zur
Zast fielen. Namentlich ist bei dem nahenden Beginne der Welt⸗
nusstellung, die in Vielen vielleicht den Irrthum vermehrtet Arbeits⸗
gelegenh it erweckt, darauf aufmerksam zu machen, daß in Folge
ver allgemeinen industriellen und Handels-Krisis Tausende von
ranzösischen Arbeitern in Paris nicht beschäftigt zu werden ver⸗
nögen und dadurch um so weniger Gelegenheit zum Ecwerb für
deutsche Arbeiter geboten ist.
Saarbrücken, 20. März. Dieser Tage wurde
hier ein Mann angehalten, der in seine Kleider eingenäͤht 40 gol⸗
dene und silberne Herren- und Damenuhren, sowie 67 ebensolche
Uhrketten bei sich trug. Die Uhren, welche saͤmmilich Genfer
Ztempel tergen, sind wahrscheinlich gestohlen. Der Verhaftele,
velcher den Vorderschweizer oder den bad schen Oberländer: Dialekt
pricht, gibt an, Jakos Müller aus Zofingen zu heißen.
— In Folgzge der hier erhobenen und weiter durch die Zeis
ungen bekannt gewordenen Verhaftung des Schweizers wit den
zielen Uhren sind dem hiesigen Polizeiamte eine ganze Menge Zu⸗
chriften aus Otten geworden, in denen Diebstähle an Uhren ver—
dat wurden. Ob der hier Nerhaftele mit einem d'eser Diebstähle
in Verbindung steht ist uns nichts dekannt geworden. (S. 3.)
fOsnabrücck, 21. Marz. Von 22 für den einjährig⸗
freiwilligen Dienst Geprüften haben hier vierr bestanden.
f Mannheim, 20. März. Ein hiesiges Gebäude, an
velches sich manche historische Erinnerung knüpft — das ehemals
Bürch'sche Haus — ist nun verschwunden. In demselben hat be⸗
s'anntlis König Ludvig J. von Bayern das Licht der Welt erdlickt;
päter bewahrte der treffliche Furst unserer Stadt steiß eine warme
Anhänglichkeit, von welcher unser Schillerplatz ein beredtes Zeugniß
ablegt.
vLeipzig, 23. März. Heute früh 7 Uhr stard Ernst
eil, der Herausgeber der „Gartenlaube“, geboren am 6. De⸗
zembetr 1816.
Bern, 20. März. Vor einigen Tagen brachten die
Blätker die Nachticht, daß bei Oberdorf, im Kanton St. Gallen,