Rermischtes.
7 Die Augstb. Postzeitung schreibt: Die Gewehrfrage
für Bayern immer woch nicht erledigt. Vei dem Mausergewehr
haben sich neuerdings Mangel ergeben, welche durch ihr all gemeines
Jortommen geeigunet sind, die Schagfertialtit der dayerischen Armee
geradezu in Frage zu ftellen. Die Spiralfedern, welche die Ent⸗
sündung des Schusses bewerkstelligen, sind nämlich an den meisten
dieser Gewehre zu schwach und haufiges Versagen die Foige. Siärlere
Febern müssen jedenjalls beschafft werden. Osb Dies ohne weitere
—IXD— Zukunft lehren.
Die Doktorbauerin. Zur Beeidigung der Doktor⸗
zäuerin bhatte die Fürstin Fugger⸗Babenhausen zwei Pulmzweige,
die Großfurstin Konstantin ein Beileds⸗Telegramm und Erzogin
Flisabeid einen Kranz übeisch'cht. Ein Korrespondent besichtigte
die Sammlung von Geschenken, welche die Doktorbäuerin während
ihrer Praxis ethalten bat. Man findet da ein prachivolles goldenes
Follier, iim mit Perlen und Edelsteinen geschmucktes Medaillon von
der Herzogiu von Micklenburg, von der Großfüestin Konstantin
inen Giaube, Hoffvung und Liebe dorstellenden Schmuck; von
der Gemahlin des Hersogs Ludwig von Bayern einen Schmuck,
bon der Erzherzogin Eltjabeth zwei Geschmeide; von der Großfürslin
Vera ein Silber Serdice; von der Herzogin Cugenie von Würt⸗
semberg ein Kreuz, das die Verstorbene gewöhulich trug; von der
Brafin Fugger rin rerlengefaßtes Kreuz; dann Hunderte von
Diaceleis, Ringen u. s. w. Die russische Kolonie, welche Macia⸗
zruna alljahrlich bebdilerte, hat ihr mehrfach ein Aldum gewidmet.
pWannßheim. Die hiesige Straftammer hat am 9. d.
den Kaufmann H. A.ischüler von Grünftadt, zur Zeu in Mann⸗
heim, wegen einsachen Baukerotts zu 6 Wochen Gefängniß vervr⸗
— Oti. v. J. mit einer Ueberschul⸗
dung von 40,000 M. seine Zahlungen eingen UIt. Se ne Bücher
waren schcht geführt, und ar hatte auch unterlassen, die gesetzlich
borgeschriebene Veruidgensbilanz zu ziehen.
FWiesbaden, 9. April. Se. Majestät der Kaiser
jommt bestimmt am 23. d. M. hierher und zwar mit groͤßerem
Befolge als die vorigen Male. Die Dauer des Aufenthalteß
fierseibst ist vorläufig bis auf den —A
Mainz, 4. upru. Eine recht merlwürdige Illustrat on
unferer socialen Zustande liesert die Residenz Darmstadi. Dor!
haben fich näulich, wie bei uns in Mainz, in Fotge der Social
jesezgebung e ne Menge Privapfondhaäuser gebildet, daneben auch
rinige Gelddorlehensgeichäfte. Dieselben wichern zwar nicht, aber
fie nehmen 50, 60, 100 pCt. und das Volt, das sich in den Geist
der neuen Zeu nur sehzr iheilweise hineinfinden dann, nennt das
jimmer noo Wucher. Darin bat Darmfstadt wohl nichts vor den
abrigen Städien vorous; dagegen beñzt es eine Einrichtung zur
Delampfung des Wuchers, die wohl einzig in Deuschland dastehl.
xEa hat sich namlich dott ein Lynchverein“ gedildet, eine ganz
offen auftretende, sich Lonchverein nennende Gesellichuft, die den
—X allerlei Possen spielt. Es wurden Plaͤcate an
zie Häuser gekledt, es wurde in effigio gehentt und dergleichen.
Die Sache wird nicht eiwa gehein derrieben, sondern so offenkundig,
daß sie ihren Weq in die öoffennichen Blaätter gefunden dat. So
hringen die „Neuen H.ss. Voltksblätter“ folgende öͤffe atliche Anfrage:
Nagdem sich hier ein „Lynchverein, gegen die Wucherer gebildet
Jat, wird dieser Verein drmngend erfucht, in irgend einer Weise die
Anfrage zu beantworten, wie Beitritiserklärungen zu ermöglichen
sind, indem alsdann eine Massendetheiligung in sicherer Ausficht steht,
enn ameritamjsche Deißstande erfordern auch amerikanische Heilmittel !“
Frankfurt, 8. Apru. Ein I
hor mehreren Monaten durchgegangener Bürger schries aus der
Begend von Nizza, daß er sich, wenn sie ihm kein Geld shidten.
odischießenn müsse. Der als Antwort abgesandte retommandirte
Zrief enthielt die einfache Antwort: „Schieß dich todt!“
fFrankfurt, 10. Apru. Diese Woche kam der wohl
aoch nie dag wesene Fall vor, daß auf ein Haus mit Hof in Sachfenhau
jen, das versteigert werden sollie, noc nicht ein Pfennig geboten ward.
f Das diesjährige Osterproganm des Gymnasiuns zu Lieg⸗
niß bringt zum Schluß folgende, gewiße beachtenswerlhe Mahnung:
Zu Onern v. J. vollendeten von zehn Abitutienten des Gymna⸗
jums zwer die Prüfun übertaupt vicht, dier bestanden sie nicht
ind nur vier wurden für reif erklärt. Aus anderen Städten der
Provinz wurden ahnliche Pütungsergebnisse gemeldet; aus einer
Siodt wurde sogat derichtit, daß von 21 Oberprimanern nur
eben daus Zeucniß der Reife erlangt hatten. Auch aus anderen
Prov nen des Staates gingen ähnliche Nachrichten ein, so daß die
Ffenliche Mewung anfing, sich zu beunruhigen, und die Tages⸗
presse die Urjachen deeser betrubenden Erscheinungen besprach. Es
ohnte sich auch wohl der Mühe, diese Urfachen aufzu⸗
uchen. Der Schulmann weiß recht gut, wo sie liegen. In
vere nzelten Fällen wag Mangel an Bejäh gung und an Beruf für
eine gelehrte Laufraun die Ursache des Mißlingens der Prüfung
— Unglaubliche gesteigerre Genuß⸗
ucht uud die daraus herstommende Arbeitsfcheu unferer Jugend.
FEs ist umsoust, daß die Schule durch Lehte und Beispiel zu ernster
Arbeit anhält; außerhalb der Schule, nicht blos in Haus und
Familie, webt ein ganz anderer Wind. Wenn die Genußsucht
ünserer Jugend vom Hause auch nicht immer dirett gefördert wird,
d wird sie doch oft aus Schwäche geduldet. Es ist aber angesichtb
gret srautigen Foigen hohe Zeit, daß das Haus der Schule die
Zand reiche zu kraͤftiger Betämpfang diefes gefahrlichsten Feindes
juserer Jugend und Zukunft, damit nicht ein Geschlecht heran⸗
nochse, das, der Acbeit entfremdet und dem Genusse lebend, unfähig
st zur Erfüllung der täglich wachsenden Aufpaben im Staat, in
zer Gemeinde und in der Kirche. Ihre me sten Opfer fordert die
Henaßsucht allerdings erst nach der Schulzeit; wir, die wir mit
Theilnahme die weiteren Wege unserer früheren Schüler verfolgen,
vissen davon zu erzählen. Allein es ist dot wasr, aß der Grund
u 'ollem späieren Unheil früher gelegt wird. Mochten darum
Alle, die is angeht, vor Allem die Eltern uuserec Schuler, uns
zie Hand reichen zum Kampfe gegen die epidem'sich gewordene Ge⸗
mußsuücht und Arbeitsscheu der Jugend. Es handeit sid um die
Zukunft nicht blos unferer Sohne, sondern des Valerlandes, daß
ZJurger uöthig hat, die arbeiten wollen und tönnen.“
x Verflossenen Deenziag wurde in Grasse (Devartement
alpes⸗Vlarit mes) im Licrtationa wege die nunmehr unnüß gewordenen
gewe sgegenstäͤnde verkauft, welche bei dem dortigen Corrections⸗
ribunai disssher deponirt waren. Unter diesen Gegenltänden be⸗
anden sich auch einige, welche in dem nach der Flucht des Mar⸗
challs Bazaine von der Jusel Samte Vlatguerite eingeleiteten
groceßverfahr⸗ n eine wichtige Rolle spielten- Das Opeinglas,
urch welches der Marschall nach der Barke ausspähte, welche aub⸗
zedenden worden, um ihn 'n der Nacht der Fucht am Fuße des
Balles zu erwarten, wurde um 45 Frants —XXL
aserne Hachen, der an den Zelfen bej nigt war und den Strid
jielt, an dem sich der Flüchtling hinablneß. wurde mi 16 Franck
zerahlt. Dir Sirid selbst aber erreichte die hidchste Summe, namlich
255 Francs.
FEGin Stüchhen aus Ameriha. Is einer der belebieren
Straßen Philadelphia's wude ein neuer Hutladen erdffnet. Wohl
aaufer anzuiodden, ließ der Hutmacher sen Haus feuer roth
nstreichen. Das Mittel muß auch geholien haben, denn der Laden
vurde recht gangbar. Aber in Amerila ist die Cotcurtenz aujss
jochtte gefteigert. Kaum saß der Huimacher e nige Monate warm
n jeinem Neste, als ihm gerade gegenüder ein anderer Hutladen
röffner wurde. Zum Unterfchiede von dem rothen Huiladen ließ
er andere Hutmacher sein Haus himmelblau apnstreichen. Dagegen
onnte der Rothe nichts machen; aber nun kam Auzeige über An⸗
eige in den Zeitungen, in welchen der Blaue seine Waare heraus⸗
srich und die des Roihen herabsezte. Dazu tonnte Letzicrer nicht
dweigen. Er dlieb dem Blauen nichts jhnldig und dald waren
ie beiden Hutwacher in einen Zeitungettieg verwckelt, an dem dat
Hudlifum seine große Freude hatie. Man nahm sdemlich Partei
ur den Rothen oder für den Blauen, und daß derde Huimachet
hren Schaden dabei aicht hatten, lößt sich begtesen. Alles trug
züte entweder von dem Rothen oder von dem Blauen und —X
idrigen Hutmacher saßen trochn. Der Leser begiunt eiwas zu
ihnen und lommt wohl darauf, daß die Sache zwischen beiden
duimachern abgekartet war, um das Publikum auf sich zu lenken.
Qun, das wäre ein Schelmenstuch gewesen, we es auch in Eur opa
oriommen konnte, aber in Amerikanist man feiner. Mi der Zeit
tellie sich namtich heraus, daß es sich gar nicht um zwei Hut⸗
nacher handelte, sondern daß der Rothe und der Blaue eine und
giejelde Person war, welche zwei Laden und wei Firmen errichtet
iab nmit sich selbsi Händel in den Zeitungen angefangen hatte;
lles, um dem Geschäfte aufzudelfeu. Viu seiner Entlaronng hatte
un zwor die Kundschaft ein Ende, ader er hatte sein Schaͤfchen
m Trockenen und konnte ins Fausichen lachen.
Literarisches.
Bor einigen Wochen erwähnten wir in den Spalten unserts
Journals ein anerkennenswerthes literarisches Unterneumen, welcheh
ich die Aufnabe gestellt hat, die netesten Erzeugniffe uuser beliebe
esien zeitgeusssischen Schrifisteller im Gegeufatze zu den jetzt üblichen
nocm dohen, sich auf 46658 Mark pro Band belaufenden Bücher⸗
reisen, um den achten bis zehnten Theil dieses Betrages, namlich
u nur 50 Pfennig pro Band, zu dieten und so Jedermann, auch
dem weniger Bemittelten, die Auschaffung einer Pr'va biblrorhek zu
rmoͤglichen. Es st dies die von Hermann Schonlein in Stuttgart
—QB Bibliothek der Unterhaltung und des
Wissens“, deren zweiter Jahrgang 1878 in 18 vierwöchentlichen
tänden im Umfange von je 256 b's 288 Seiten, zum Preife
jon nur 80 Pfennig pro Band gegenwärlig im Erscheinea begriffen
si. Der soeben dei uns eingelroffene zweite Band gibt uns Anlaß,
auf dieses zeitgemöße Unternehmen zurück zu kommen, denn er
eigt, wie dec ersie, einen sorgfältig ge rahlten, mannigfalt'gen
Inhalt. Der Roman ist darin durch die meistethafte Atbeit des
sochbegabten Schrifistellerz Max v. Sch ägel: „Gepanjerie Herzen
ertreien, diesem reiht sich eine gidßere, im gleichen Bande ab⸗
— AJAJ—
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