gberler Anzeiger.
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—5 7. Samstag, den 12. Jauurr . ——— 1878.
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Deutsches Reich.
Manchen, 8. Jan. Wie krampfhafte Anstrengungen der
Finanzausschuß der Abgeordnetenkammer macht, das Deficit aus
Fem Budget zu vertreiben, das hat in der heutigen Sißunz der
Abgeordnelentommer sich gezeigt, in der selbst eines der Mitglieder
Zieses Ausschusses, und zwar kein geringers als Herr Schels, die
Aufstellungen in den Einnahmen beim Etat des Malzaufschlages
x. als zu hoh hinaufgeschraubt bezeichnete. sogar die von der Re⸗
gierung in ihrem Eniwurf beantragten Ziffern für noch zu groß
hielt und ein viel geringeres Erträgniß als wahrscheinlich anzunehmen
orschlug, denn „er wolle kein popitrenes Budget, sondern eines,
das doraussichtlich praktisch sich bewähren werde. Diesmal hatte
Dderr Schels schwerlich Unrecht. In der Abstimmung wurde der
Antrag auf Abminderung des Erträgnißansatzes fast einstimmig ver⸗
worfen, zu welchem Beschluß man nur den Wunsch aussprechen
sann, es möge die Zukunft ihn rechtferligen und nicht doch den
fürsichtigen Warnungen der Cassandra aus Regensburg Recht
geben. (A. 53.)
Manchen, 8. Jan. Ein Gerücht, welches seinen Ursprung
darin haben mag, daß der Belreffende während det Feiertage hier
var und eine Audienz bei S. M. dem König gehabt haben will,
sennt als künfticen Erzbischof von Munchen den Stadipfarrer zu
St. Moritz in Augsburg, Frhr. v. Castell. ¶N. Corr.)
Mu'n chen, 9. Joan. Die Abgeordnetenkammer erllärte
Ach nach sechsstündiger erregter Debatte mit 77 gegen 75 Stimmen
jur die Perition der katholischen Gemeinde Groß Karlbach betr. die
Nufhebung der Verordnung der Simultanschulen. — Während der
Distussion bemerkte Cultu⸗minister v. Lutz, daß die Anerkennung
der geistlichen Jurisdiction des Bischofs Reinkens eine Verfassungs⸗
zerlehzmg fsein wücde, doch lonne er nichts dagegen thun, wenu
derselbe kirchliche Handlungen in Bahein vornehme.
Berkin, 8. Jan, Der Reichstag wird voraus sichtlich auf
den 6. Febr. einberufen werden. (A. 3.)
Berlhin, 9. Jan. Die „Prov.⸗Norr.“ schreibt am Schlusse
hrer Wochenübersicht über die Vorgänge auf dem Kriegsschauplatz:
Eine richtige Erkenntniß der Lage bethätigt sich noch mehr in dem
anscheinenden Beftreben der Pforle, eine Beendigung des Krieges
herbe' zuführen und zu diesem Zwecke den einzig wirksamen Weg
unmitlelbarer Verhaudlumng mit Rußland einzuschlagen. Freilich
„rften auch Schritie behufs eincs vorlaufijen Waffenstillstandes nur
inter der Voraussetzung erfolgreich sein, wenn sie zußleid Bürg⸗
chaften für einen demnächstigen annehmbaren Friedensschluß ge⸗
vähren. Die vertraulich n Erdrterungen, welche neuerdings stattge⸗
unden haben, werden immer mehr als günstige Vorzeichen einer
valdigen friedlichen Wendung gedeutet.“
Berlin. Das preußische Ministerium hat — bei
dem Bendetzrath den Antrag auf Erhöhung der Tabatesteuer (und
des Tabakszolles) zu stellen. Nach dem Mißlingen des im Jahre
1872 gemechten Versuches einer gleichmäßigen Erhözung des Zolles
mnuf fremden Tabak und der Steuer auf inländischen Tabak, will
nan diesmal eine solche Ethöhung nur in der Weise einlreten lassen,
zaß das bisherige Verhältniß zwischen Zoll und Steuer annähernd
anberändert bleibt, und zwar wird vorgeschlagen, daß der Zoll auf
ausländischen Tabak von 12 M. pro Centner auf 40 M. pro
Tentner, und die Steuer auf inländischen Tabak, welche jeßzt rund
2 M. pro Centner beirägt, unter Umwandlung der Morgensteuet
in eint Gewichtssteuer, auf 10 M. pro Centner ethöht werden soll.
Ob diese Unwandlunz (so bemerkt hierzu die „V. 3.“) .in Süde
)eutschland, wo sogenannte Reichstreunde auf das Bereitwelligste
mit Rathschlägen über die Nützlichleit der Ethöhung des Eingangs⸗
jolles auf ausländischen Tabak entgegengekommen sind, großen Beie
fall finden wird, bezweiseln wir; wenigstens haben die süddeutschen
Tabalbauer in einer 1867 verdffentlichten Denlschrift ganz aus⸗
orücktich sich gegen die Einführung einer solchen Gewichtssteuer aus⸗
gesprochen. Es ist also noch fehr zweifelhaft, ob die füddeutschen
Regierungen im Bundesrath für diesen Antrag Preußent, welchet
wohl auch in den freihändlerisch gesinnten Kreisen lebhaft bekampfk
werden wird, stimmen werden, besonders da es immerhin fraglich
erscheint, ob der inländische Tabak uͤberhaupt eine so hohe Steutt
ragen kann.
ANussand.
Die Wiener „Vresse“ meldet: Mehemed Pascha, Commandanl
bon Widdin, benahrichtigte die Führer der anrückenden rumuͤ⸗
nischen und serbischen Corps, daß er die Festung dis auf den
etzten Mann vertheidigen und schließlich nur einem russischen General
ibergeben wernde.
Paris, 9. Januar. Aus Konstantinopel wird gemeldet,
der Waffenst Ustand zwischen der Pforte und Rußland fei abgeschlos⸗
sen. Der Sulian habe die ihm vorgelegten Bedingung angenommen.
Gert. Tgbl.
Rom, 9. Jan., Nachmittags. Der Konig Victor Emanuel
st heule Nachmittag 293 Uhr, mit den Troͤstungen der Religion
zersehen, versschiedea.
Vitsor Emanuel UV., König von Italien seit 17. März 1861,
zeb. 14. März 1820, ältester Sohn des Konigs Karl Albert, be⸗
rieg 23. März 1849 nach Abdaptung desselben den Thron von
Sardinien, schloß Frieden mit Oesterreich, bielt das von enem
egebene Staatsgrundgesetz aufricht (daher „JI re galantuomo-,
jer König⸗Ehrenmann genannt), erwarb durch die Friedensschlusse
jon Villafranca und Zürich die österreichische Lombardei, nahm,
achdem er ganz Italien mit Ausnahme des sogen. Patrimonium
Peiti mit Sardimen vereinigt hatte, 17. März 1861 den Titel
Konig von Italien“ an, verlegte 1865 seine Residenz noch Flo⸗
enz, erhielt im Wiener Frieden (Ott. 1806) das ganze lombardisch⸗
venctianische ednigreich abgetrelen, verleibte Ott. 1870 den leßten
sest des Kirchenstaats dem Königreich Italien ein, erklätte 22. Dezo
stom zur Haupistadt des Reiches, zog 2. Juli 1871 daselbst ein.
Bermählt seit 1842 mit der Etzherzogin Adelheid, der zweiten
Tochter des Erzherzogs Rainer von Oesterreich, nach deren Tod
1855 morganatisch mit einer Frau bürgerlicher Abkunft. Nachfolget
)es stöaigs ist der Kronprinz Humbert, geb. 18344.
London, 9. Jan. Der deutsche Boschafter Graf Münster
mpfing gestern eine Deputation von hier arbeilenden dentschen
Maurern, welche mehrere Beschwerden vorbrachten. Graf Münfter
iußerte sein Bedauern darüber, daß die deulschen Maurer sich
säiten bestiamen lassen, in London Arbeit zu nehmen, und erklärte,
erx werde in Deutschland vor weiterem Zuzug warnen lassen. —
Midhat Pascha ist hier eingetroffen.
London 9. Jan. Nach dem ‚Tel⸗graph“ rieth England
ver Pforte an, einen Waffenstillstaud beim Zaren durch Generdlt
achzusuchen. Die Pforte ist angeblich geneigt, den Rath zu be⸗
olgen. Die Donau ist fast ganz zugefroren, man erwartet einen
Ungriff auf Rustschut. Alle Straßen nach Erzerum find geschlossen.
Die Siadt ist vollständig belagert. Nach der „Daily News? ver⸗
ginderten die Russen, die Türlen aus Sofia sich mit Suleiman zu
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Delegirten sür den Abschluß det Wuffenstillstandes sind gewählt
Zerver, Reouf, Mehemed Rudisch. Die Unterhandlungen finden
vahrscheinlich zwischen Sofia und Philippopoles statt. Raßland
virde beüglich Armeniens keiner europäischen Macht Einreden ge⸗
tatten, blos Aenderungen in Earopa werden den Verltragkmächten
achträglich witgetheilt, Deutschland und Oesterreich kennen Rußltands
Zedingungen Und sind damit einverstanden. Nah der „Times“
ollen die Serben Sofia occupiren und dahin ihr Haupsquartier
erlegen. In Beriin glaubt man, die Frage od Krieg oder Frieden,
zänge blos von der Bedeutung des Wortes Bul zarien ab. Die
Türien siad zu allen Zugeständnissen, nördlich des Balkans bereit,
islein bedot sie südlich etwas aufgeben, wollen sie lieber den Krieg
ortführen.
—Konstantinopel., 9. Jan. Aus guler Quelle erfährt
man, daß Mehemed Ali, mit dem Oberlommando beltraut, heute