Full text: St. Ingberter Anzeiger

Kongresses, welchen es mehr als je für möglich erachte. Das 
Wiener Kabinet sandte nach London eine Note detreffs des Citku— 
lars Salisbury's, worin jeder einzelne Punkt desselben erörtert 
ded auf den Kongreß als einzig mögliche Lösung gedrun⸗ 
gen sei. 
LTondon, 17. April. „Reuters Bureau“ meldet aus 
Calcutta vom 16. d. M.: Die indische Regierung erhielt Befehl, 
Truppen nach Malta zu senden. Foigende Truppentheile sind 
dazu bestimmt: zwei europaische Reiterregimenter, zwei Ghorka⸗ 
Corps, zwei europdische Fußregimenter, zwei eingeborene Faßre⸗ 
gimenter, zwei Feldbatterien, vier Compagnieen Sappeure. Zwei 
Dfficiere sind nach Malta gegangen, um die Aufnahme dieser 
Truppen daselbst vorzubereiten. — Die Admiralität sandte gestern 
40 Schlepphampfet nach Malta. — Das Thurmschiff „Monarch“ 
wurde ins Viittelmeer beordert. 
Butkaest, 17. April. Rumänien hat direlt gegen den 
Frieden von San Stefano in St. Petersburg protestirt. Die in 
St. Petersburg überreichte bezügliche Note ist anders abgefaßt, als 
die an die rumänischen Agenten im Auslande bereits früher er⸗ 
lassene Depesche. 
Arh'e'n, 17. April. Die englische Regierung hat den 
Konsul Merliw nach Bols abgesandt, um zwischen den griechischen 
Insurgenten und den türlischen Truppen einen neuen Waffenstill⸗ 
fiand zu vermitteln. 
Rermisqhtes. 
'In Speyer spielte ein Kind mit einem Zündhölzchen, 
welches plötzlich brannte und das Hemd des Kindes in Flammen 
sehite, Auf das Geschrei des Kindes eilten die Eltern herbei, 
leider zu spaͤ. Von den Knieen bis an den Scheitel war das 
hedaueruswerthe Kind mit Brandwunden bedeckt und es etlag in 
der solgenden Nacht seinen fuͤrchterlichen Leiden. 
Wie die „Rh.“ berichtet, wird der Bischof von Colopho— 
mium i. P. i. am Mittwoch in Speyer eintreffen, während der 
Feiertage sich am Gottesdienst betheiligen und am Ostermontag den 
AÄlumnen des Priester Seminars die vier niederen Weihen und das 
Subdiakonat, am Osterdienstag dens Iben die Diakonatsweihe er⸗ 
tcheilen. 
Am 15. d. wurde im englischen Garten in München 
ein Reitpferd scheu, ging mit dem Reiter einen Officiersbedienten, 
durch und rannte mit solcher Gewalt gegen eine Dioschke, daß die⸗ 
selbe umgeworfen und zertrümmert und die Insassen, ein Herc 
und eine Dame, herausgeschleudert wurden; Eisterer wurde hiebei 
anscheinend nicht unerheblich verletzt und in bewußtlosem 
Zustande nach der Restauration zum chinesischen Thurm 
verbracht, wo ihm die erste ärztliche Hilfe geleistet werden konnte; 
die Dame scheint eine wesentliche Beschädigung nicht erlilten zu 
haben. Der Reiter blieb unvberletzt, sein PVierd wurde aber schwer 
—XXX 
Passau, 17. April. Von Wels geht der „D. Z.“ die 
Nachricht über einen schaudernden Raubmord zu. Ein dortiger 
Brieftraͤger batte vorgestern früh an Werthbriefen etlicht Tausend 
Gulden ju verlragen und kam Abends von seiner Tour nicht mehr 
zurück. Da man ihn als ehrlichen Mann kannte, wurde der Gen⸗ 
darmerie Anzeige über ein muthmaßliches Verbrechen gemacht und 
schon gestern Nachmittag fand man die Leiche im Keller eines 
Hauses in Asche versteckt. Der ledige Goldarbeiter Gerber, der in 
diesem Hause wohnte und den Tag vorher größert Zahlungen 
gemacht hatte, sollte des Mordes dringend verdäcghttig verhajtet 
Derden. Derselbe aber nahm sich aber im nämlichen Augenblicke 
durch Gift das Leben. 
PMainz, 13. April. In der Nähe der Inundations⸗ 
jchanze am neuen Raimundithot wurde heute die Leiche eines er⸗ 
schlagenen Soldaten vom 117. Infanterie Regiment aufgefunden. 
Der Soldat, der seit dem 8. März d. J. spurlos verschwunden 
war, trägt eine schwere Verlezung am Kopf. Wahrscheinlich wurde 
demselben die Hirnschale eingeschlagen und der todte Körper als⸗ 
dann ins Wasser geworfen. Auch sand sich der Säbel des Er—⸗ 
I Gemoderte heißt Schäfer und 
ist aus Rimborn gebürtig. 
Elberfeld, 14. April. Vor den unsere Stadt pas⸗ 
firenden Personenzügen bemerkie man heute mehrere Lokomotiven 
nit Trauerflot. Auf näheres Befragen crfuhr man, daß die ent⸗ 
jprechende Anornung für den Begräbnißlag von Albert Borsig 
erfsolgt ist, um das Andenken an den Erbauer der Lokomotiven zu 
ehren. Wie ein Berliner Blatt berechnet, hat der verstorbene 
Maschinenfabrikant Borsig 4000 Lokomotiven gebaut und an jeder 
sn der guten Zeit 5000, später 3000 Thaler verdient. Wenn 
man den Durchschnittsverdienst mit 2500 Thaler annimmt, so gib! 
dies in Vermögen von 10 Millionen Thalern oder 80 Prillionen 
Mark. Das Vermögen, das in Werken, Effellen und Gütern stect, 
wird auf 800 —60 Piill. Mark verauschlagt. 
Leipzig, 11. April. (In den Aprtil geschiäͤt.) Ginen 
zecht heftigen Ränfall“ hat der Oberbülrgermeister unserer guten 
Sladt Herr Di. Georgl zu bellagen. Gr erhielt vor Kurzem eiu 
in Drecden aufgegebenes, vom koniglich preußischen Gesandten, 
dem Grtafen Soima, amilich unterzelchnetet Telegtamm, etwa mit 
solgendem Inhalt: „Europaͤischer Congreß gelicherx!. Leipzig als 
Tongrekort bestimate Sofortige Besprechung mit Ihnen bezüglich 
her Lokalfragen Unerbringung der Botschaster nothwendig. Wo⸗ 
nöglich schleunigst hietherkommen.“ Obwobl es nun nirgendwo 
wottommi, daß die Gesaudten in direktem Verkehr zu den unteren 
Behörden des Staates, welchem sie beglaubigt sind, treten, sondern 
erartige Rapporte durch die ressortmäßigen oversten Landesbehörden 
uu erfolgen haben, stieß sich Herr Dr. Georgi als guter Leipziger 
nicht an die Hindernisse, sondern dampfte mit dem näctsten Zuge 
von Leipzig nach Dresden, eilte sofort nach der Wohnung des 
zreußischen Herrn Gesandten und erklärte die Bereitschaft der 
Bemeinde Leipzig, das Beste zu thun, um die Vertreter der Greß⸗ 
mächte würdig und gastlich zu empfangen. Mit immer wachsendem 
Frestaunen hörte Graf Soims den Sprecher an, er wußte nicht, 
vobon Dr. Georgi sprach, endlich fiel sein Blick auf den Wand— 
alender. „Welches Datum haben wir denn heule, mein werther 
derr Oberbürgermeister?? — „Den ersten April!“ — Damit 
dar der Schlüssel zu dem Räthsel gegeben. Tableau. Gruppe. 
FBienenwvirthschaft. Ein so:ben auf Grund statis⸗ 
ischer Erhebungen veröffentlicher Bericht des bienenwirthschaftlichen 
Hauptvereins in Sachsen bietet zunächst einen eklatanten Beweis 
der großen Bedeutung, welche die Bienenzucht im Allgemeinen für 
die gesammte Bodencuͤltur hat. Aus jedem der 17 000 Vereinsstöcke 
liegen tägl'ch etwa 10,000 Bienen aus — 1I70,000, 000, jede viermal 
—⸗680, 000,000, an hundert Tagen — 680,000, 000,000. 
x8 befllege jede Biene vor der Heimlehr 50 Blüthen, so haben 
die Vereinsbienen 3,400, 000, 000,000 Blüthen des Jahres besucht. 
Rtimmt man nun an, daß von je zehn Blüthen nur eine befruchtet 
vird, so ergeben sih 340, 000, 000. 000 befruchtete Blürhen. Der 
dohn jür die Befruchtung von 5000 Blülhen sei blos ein Pfennig, 
p 'haben die Vereinsbirnen jährlich 68,000,000 Pfennige — 
580.000 Mart Nutzen geschaffen, den Niemauden beachtet. Jeder 
Bienenstock hat somit für idie gesammte pflanzliche Bodencultur 
inen Werth von 40 Mark. Die Bienen jedes Vereinsimlers 
leisten in Sachsen gegen 252 Mark Beittag zum Gedeihen der 
Landwirthschaft. 
Berlin. Eine ersühternde Scene, welche fich in der 
Abendstunde des vergangenen Montags in der Ritterstraße ereignete, 
hat das plötzliche Etgtauen des schönen, reien Haarschmuckes 
iner jungen, 26jährigen Frau zur Folge gehabt. Letzlere, die 
hultin eines Bersicherungs-Juspeklots, erwartete zu genannter Zeit 
hren von der Reise heimkehrenden Mann und hatte aus diesem 
hrunde schon mehifach aus dem Fenster der eine Treppe hoch be 
egenen Wohnung ausgeschaut, aber immer vergeblich. Vas vier⸗ 
ährige Söhnchen, gleichfalls den Papa sehnsüchtig erwartend und 
deßhalb am Fester Posto fassend, benutzte den VNoment, in welchem 
die Mutter fich entfernt hatte, öffnete dasselbe und legte sich 
weit auf die Fensterbrüstung, um auch seinerseits nach dem Heim⸗ 
tehrenden Ausschau zu hallen. In diesem Augenblicke rollt eine 
Dioschke heran, es ist der Papa, freudig verkündet der Kleint 
mit lautem Ruf die Ankunft des Ersehnten, de Mutter eilt zum 
Eupfange bis vor die Hausthür, der Kleine will vom Fenstet 
aus dem Papa sein fröhl ches Willkommen entgezenrufen — er 
beugt sich dahei zu weit nach vorn — und stürzt kopfüber auf 
die Straße. Die nichts ahnende junge Frau betritt glüchstrahlend, 
Arm in Arm mit dem Gatten, die Wohnung — zur Vervoll⸗ 
tändigung des glücklichen Famlienbildes fehlt nur noch der kleine 
nuntere Herrmarn — man ruft, man sucht vergeblich — da bringen 
remde Leute das blutende, ohnmächtige Kind von der Straße 
herauf und legen dasselbe in die Arme des entsetzten Elternpaares. 
Mit jaähem Aufschrei sank die Mutter bewußlos zusammen, während 
der Vater sich mit dem verunglückten Kinde abmühte. Ein rasch 
herbeigeholter Arzt constatirte, daß außer einigen Contusionen und 
dautabschärfungen das Kind ohne Schaden davongekommen war, 
—VV— 
virti, daß die ernstesten Beforgnisse in Bezug auf ihren Geistes⸗ 
ustand vorhanden sind; das schöne, volle, dunkelbraune Haar der 
uinglüchlichen Mutter ist während der Nacht vom Montag zum 
Dienstag vollständig ergraut. 
Berlin, 12. Upril. Der „Rordd. Allgem. Zig.“ geht 
zber eine in den ersten Tagen des Marz in Panama ktaltgehabte 
droße Fenersbrunst, wobei Offijiere und Mannschaften der Corvette 
knsabeth einen witksamen Antheil genommen haben, folgende Mit⸗ 
heilung zu: „Das Feuer btach durch Explosion brenndarer Flüssig⸗ 
eiten in einer Apotheke auzs. Um Tage vorher waren die vom 
Typhus reconvalercente S eladeiten Graf LuanerPustau, Deubel 
uind v. Schimmelmann zur Erholung am Lande in einer Wohnung 
oberhalb dieser Apotheke eirquartirt. Der Brand verdreitete sich 
o schnell, daß die Flammen bereits durch den Fußboden schlugen, 
ehe die Seecadetten die Treppe erreichen lonnten und nur mit Noth 
und Dank dem energischen Einschreiten des Stabzarztes Dr. Essen⸗