zur Armee von Rumelien abreiste. Von ihm wird es abhängen,
ob ein Waffsenstillstand geschlossen wird. ———
Konstanttnropel, 8. Jan. Die Anknüpfung von Unter⸗
handlungen über einen Waffenkillfiand ist beschlossene Sache, nach⸗
zem die Zustimmung des Sullans erfolgt ist z bezügliche Instrul⸗
onen ergehen an* die Aemee⸗-Commandanten. Der Entschluß ijst
gefaßt worden, nachdem auf ein letztes Telegramm des Ministers
dez Aeußern, Server Pascha, an den Boischafter in London,
MNusurus durch welches diesem der Auftrag ertheilt wuade, er möge
dord Derby ersuchen, mit Rußland die Bedingungen eines Waffen⸗
ftillstandes zu vereinbaren, Derby geantwortet hatte, Rußland werde
jedes derartige Verlangen Englands ablehnen, England könne der
Pforte nur zu direkten Verhandlungen mit Rußland rathen.
Petersburs, 10. Jan. Amtlich wird aus Lowatsch,
9. Januar, gemeldet: General Radetzky nahm heute (9. Januar)
nach hartnäcigem Kampfe die türlische Schipka-Armee gefangen,
destehend aus 41 Bata onen, 10 Batterien und einem Cabalerie⸗
Regiment unter Ressel Pascha. General Mirsky besetzte Kesankyk,
Skobeleff das Dorf Schipla.
pZweibrücken. Die Gemeinde ⸗ Umlagen für 1878
sind auf 50 pCt. der Staalssteuer festgestellt. Das Rennen vom
Herbsi 1877 hat einen reinen Ueberschuß von 1100 M. abgeworfen,
Fer dem RennNeserbefonds zusließt,
gaisersltauntern, 8. Jan. In der Anklage gegen
den verantwortlichen Redakteur und Verleger der „Pfälz. Volksz.“
wegen Verdffentlichung eines Inserates, in welchem Gummiartikel
angezeigt wurden, würde vom k. Zuchtpolizeigerichte, als Appellin⸗
stanz, heule Morgen das Urtheil veröffentlicht. Beide sind von
Strafe und Kosten freigesprochen. Das erstrichterliche Urtheil lau⸗
ele jur jeden auf 60 M. Geldstrafe.
.Airchheimbolanden soll jetzt auch eint Gasanstalt
dekommen. Das noͤt hige Kapital (62,000 M.) ist gesichert; das
Hhaus L. A. Riedinger in Augsburg wird die Einrichtung über⸗
nehmen und sich auch mit einem ansehnlichen Theil des benoͤthigten
Nopitals beiheiligen. Laut Beschluß des Stadtraths betheiligt sich
bie Stadt mit 10,000 M.; der Rest der Summe ist von ver⸗
schiedenen Bürgern gezeichnte.
7Edenloben. Am Mittwoch Morgen ist der belannle
Sozialdemokrat, Schustergeselle Schreiber von Rhodt, nach Zwei⸗
brücken abgereist, um dort hinter Schloß und Riegel als Martyrer
jeines Glaubens seine neunmonatliche Freiheitsfitrafe (wegen Moaje⸗
Jatsbeleidigung u. s. w.) abzubüßen. (G.)
pIn München wärde ein Milchhändler wegen durch Ver⸗
tauf gefaͤlschter Milch verülbten Betrugs zu 10 Tagen Gefaͤngniß
beruriheilt.
In Mariabrunn haben fich bei der bekannten Dollor⸗
bauerin füe nächsten Sommer zum Kuraufenthalt bereits 800
Russen, fast ausschließlich hoͤhere Offiziere, darunter auch der durch
die Operalionen vor Plewno bekannt gewordene General Fürft
Imeritinsti angemeldet. Auch General Todtleben, der im verflos⸗
senen Sommer schvn zum 3. Male die Doktorbäuerin konsultirte,
vird für nachsten Sommer wieder erwartet.
BGegenuͤber unferer neulichen, der Frkf. Zig. entnommenen
Mittheilung, daß der Steuerdefraudationsprozeß gegen die Haclän⸗
ber'sche Familie entschieden sei und zwar zu Ungunsten der Be⸗
Jiagien, bringt das N. W. T. aus Stuttgart aus „vbester
Quelle“ ein Dementi, daß der Prozeß noch lange nicht abgeschlossen
fei; die Alten desselben seien noch nicht einmal an den Advolaten
der Erben gekommen.
'Wan geni. Algäu, 6. Jan. Ein entsetzliches Unglück
hat sich gestern Nachmittag in dem benachbarten Weiler Oflings,
demeinde Deucheltied, zugetragen. Sattier Baumeister von Wangen
wohnte bei dem dortigen Bauern Büchele seit einem Jahre; er
stellie sich seit einigen Tagen kränklich und verlangte, daß man ihm
den Geuͤlichen holen solle, er fühle, daß er sterben müsse. Der
Bauer Büchele holte bereitwillig den Geistlihen, die Tochter 1834
Jahre alt, machte Vorbereitungen zum Veisehen, richtete den Tisch
her ꝛc. Als das Mädchen dieses that, zog Baumeister eine Pistol⸗
Jus dem Beit hervor und schoß das Mädchen nieder, hierauf gab
er ihr noch einen zweiten Schuß in den Kopf, hernach erschoß er
sich felbst. Als der Geistliche mit dem Batet des Mädchens kam,
war Baumieifter todt, das Maͤdchen lebte noch einige Stunden.
Das Moiib dieser entseßlichen That mag verschmaähte Liebe sein.
4 Ein enisetzlicher unglüsd'sfaullwird vom „Courtier de
ja Moselle“, wie folgt, berichtet: Zu Freiburg im Ktreise Saarburg
hatte leßien Freitag eine Feuersbrunst ftattgefunden. Als man
qun am näachsten Tage, nachdem das Feuer gelöscht war,
damit beschaftict war, das Mobilar in das Haus wieder ein⸗
jurdumen, stürzten plößzlich zwei Mauerwände ein und begruben
17 Perfonen unter ihren Trummern. Naheres Uber die Katastrophe
ss noch nidt bekannt; man weiß nur, daß sich der Origeifstliche
und ein junger, kürzlich erst verheiratheler Mann unter den Todten
hefinden. Im Dorfe herrchst unbeschreibliche Bestürzsung.
r7 Wildschweinjagd. Wie die „D. Z.“ meldet, wurde
in der Oberfoörsterei Moyeuvte bei dem leßten Spurschnee auf dee
von Herrn Oberförster Touraine abgehaltenen Jagd 13 Wildscheim
jeschosen, datunter mehrere grobe Keiler. Hr. Touraine selbhfl
choß in voriger Woche einen großen Wolf.
f Worms, 7. Jan. Eine höchst unangenehme Ueberrasch—
ung ward gestern Abend einer hiefigen Hebamme zu Theil. Beim
Nachhaustlommen fand sie nämlich vor ihrer Zimmerthür ein Körs⸗
hen mit einem neugebornen Kind, das in ein Tuch-eingewiceli
war. Auf der au der Wand bängenden Schiefertafel standen die
Worte „erbarmi Euch des Kindes.“ Die Anzeige wurde sofort
dei der Polizei gemacht, welche dann alsbald die Muiter in der
Person einer sich besuchsweise hier aufhaltenden Wittwe aus Mann
heim ermittelte und das ausgesetzte Kind bei einer hiesigen Familie
in Pflege gab. Die Untersuchung ist eingeleitet.
FMainz, 4. Jan. Eine erschütternde Scene trug sich
zestern Abend auf dem Rhein zwischen Bockstbor und Fischtbor zu.
Fin Nachen mit 83 Insassen, eine Frau und zwei Männern aus
Binsheim trieb am ersi genannten Thore gegen ein Schiff, schlug
um und sank sofort. Einer der Männer, ein tüchliger Schwimmer,
rotzte den kalten Wellen und hielt die btiden Leidensgefährten üben
Wasser, bis Schiffsleute zu Hülfe kamen, was trotz aller Eile den
tast Ertrinlenden, wie den Zuschauern ziemlich lang währte.
4 Fräulein v. Rothschiid von Frankfurt, die sich dem
nächst mit Hrn. Goldschmidt verheirathet, erhält als Mitgist blon
die jährlichen von Zinsen 10 Millionen.
fBerlin, 6. Jan. Die bevorstehende Vermählnng der
Prinzessinnen Charlotte ⸗und Elisabeth beschäfligt die höchsten Ge—
ellschaflakreise unserer Stadt bereits auf das Lebhafteste. Zun
Feiet des Doppelfestez werden eine große Anzahl Vertreter mit
unserem Kaiserhause verwandter oder ihm befreundeter Höft er⸗
vartet. Die engl'ische Königsfamilie wird durch den Prinzen von
Wales vertreten sein. Von regierenden Fürsten, die ihr Erscheinen
zereiis zugesagt haben, wird der König der Belgier mit seiner Ge⸗
nahlin genannt. Man nimmt an, daß einschließlich der laserlichen
Majestäsen und der Prinzen und Prinzessinnen des loͤniglichen
Hauses gegeun 50 Fursitichkeiten an der Familientafel theilnehmen
verden. Das in seinen Grundzügen bereits sesigeftellie Hochzeita⸗
zrogramm enispricht im Großen und Ganzen dem bei den gleichen
rüheren Gelegenheiten innegehaltenen Ceremonitll. Die sonst üblicht
Feremonie des Whistfpiels unmittelbar nach dem Austritt ars der
dapelle fällt wegen der bedeutenden Anzahl fürstlicher Persönlich⸗
eiten für dieses Mal hinweg, dagegen wird der althistorische
Fackelianz beibchalten und von 12 Ministern (1) ausceführt werden.
Bei der Polonaise wird nicht jede der beiden Prinzessinen einzeln
nit jedem der fürstlichen Herren kanzen, vielmehr sollen beide hohe
Bräute stets zusammen den Kavalier in der Mitte führen; in
gleicher Weise verfabren die Bräufigame mit den lahen Damen.
Nat.“Z.)
fBerlin. Die Fälle von Blutvergiftung haben sich in
füngster Zeit derartig gemehrt, daß wir auch folgenden, in diestn
Tagen hier vorgekommenen Fall mit der Mahnung zur Vorsicht
miltheilen? Der Sohn eines in der Potsdamerstraße wohnenden
Iudustriellen erhielt u. a. von seiner Schwester als Weihnachts⸗
jeschenle eine Anzahl farbiger wollener Strümpfe, welche fie für
hreun Beuder selbst gestrickt hatte. Die Wolle dazu haue sie in
»einer bekannten Handlung gekauft. Der iunge Mann hatte fich
am rechten Fuße die Haut duichgelarfen, und als er ein paar der
zunten Strümfe anzog, empfand er nach kurzer Zeit Schmerzen,
»ie er jedoch nicht beachtete. Als er am andern Morgen die
Ztiefel anziehen wollle, war ihm der rechte Fuß derartig ange
chwollen, daß ein Arzt herbeigerufen werden mußte, welcher eine
Blutvergiftung durch Anilin, das dem Farbestoffe der Wolle zu⸗
gesetzt war, fesistellte. Der junge Mann befindet sich, nachdem ihm
der Fuß drei Mal geschnitten werden mußte, auf dem Wege die
Bessetung und der Arzt hofft, daß der Patient in etwa acht Tagen
vieder vollständig hergestellt sein dürfte.
f Eine Erinnerung an Kintel's Flucht. Der ehe⸗
nalige Gefangenwätter des Spandauer Zuchthauses, Georg Brunt
ein Westphale aus Sassendorf, bei Soest), welcher Ende 1850
dei der Befreiung Kinle!'s hervorragzend betheiligt war und in
Folge dessen eine vierjährige Gesängnißhaft verbüßen mußte, is
eit vielen Jahren auf der Hermannshütte zu Hörde als Portier
incestellt. Professor Kinlel sowohl, wie der Befreier desselben,
url Schurz, damals Student, jetzt Minister des Innern der nord⸗
amerikanischen Republik, haben indeß in danlbarer Erinnerung nie⸗
mals ihren opferwilligen treuen Mithelfer vergessen, und auch das
dietjährige Weihnachtsfest brachte dem Leßleren eine freudige Ueber ⸗
zaschung. Herr Brune empfing, wie wir dem „Hoͤrder Vollsbl.“
einehmen, von dem Minister Schurz vor Weihnachten solgendes
Schreiben: Departement of tho interior. Wahhington, 1. De—⸗
senber 1877. Geehrter Herr Brune! Ihren freundlichen Bries