pSpeier. Vorigen Sounkag war hier eine Ver samm⸗
lung von Tabakbauern, Tabakhändlern und Tabakfabrikanten der
Borderpfalz, dwelcher auch die Reichstagsabgeordneten Dr. Buhl
und Dr. Groß anwohnten. Nach langerer Debatte, in der sowohl
das Ronopol wie die amerlkanische Fabrikatsteuer delämpft wurde,
beschloß die Versammlung, im Sinne der Kasseler. Beschlüsse gegen
deide wie begreiflicherweise auch gegen das englische System) zu
wirken. Hervorheben möchten wir, daß der Vorsitzende, Kaufmann
Röosinger von hier fich für die Gewichtsteuer (unter Aufhebung der
a Morgensteuer) aussprach, die einen höheren Steuerertrag,
datuürlich“ ba entsprechendet Erhdhung des Eingangszolles, recht
wohl in Aussicht sielle. Di. Buhl hob insbesondere auch hervor,
daß es gut jei, fich nicht blos ablehnend · zu verhallen, ondern
darnach zu trachten, daß die Tabaksteuerfrage endlich einmal erle⸗
bigt werde, damit die deutsche Tabatindustrie unter der nun schon
lo lang fortdauernden Unsicherheit nicht noch mehr leide.
— 08 bekonnt, daß für
das Kilo Maikäfer 3 Pf. aus der Gemeindekasse bezahlt werden.
Der Siadtrath hat zu diesem Zwech 800 M. bewilligt.
7 Ludwilgahafen. Die am 29. v. Mts. abgehaltene
Generalversammlung der Pfälzer Bahnen stimmte dem Antrage des
Decwalluneßraihes zu: den Bau der Koblenbahn von Bexbach uach
den. Gruben bei Neunkirchen vorläufig auf sich beruhen zu lussen
und das brreits hierfür beschaffene Baukonto der St. JIngber:⸗
Eaarbrücker Bahn leihweise zu üderweisen.
7 Waͤhrend der Osterfeiertage war in München ein Aus—
d der bayerischen Gerichtsvollzieder versammelt, um eine Denk ·
chrift an die Regierung und den Landtag in Betreff der künftigen
Gestaltung des Gerichtsvollzieberinstituts in Bayhern festzustellen. Es
wurde ein diesbezüglicher ausführlicher Entwurf einstimmig anu⸗—
genommen. Derselde führt im Wesentlichen aus, daß die gedeihliche
Entwicktung der Reichsjustizgesetze und das Wohl und Interesse des
Kecht suchenden Publiklums nur dann erzielt werde, wenn die
Landes juti werwaltung auf Grund des 8 155 des deuischen Gerichts⸗
herfassungs⸗ Gesehes das Gerichtsvollzieher Institut in Bayern so
organisire, daß auch fünftig dessen Integrität ermöglicht ist. Zu
diefsem Zwecke muß der Wirkungskreis der bayerischen Gerichtsvoll⸗
neher auch außerhalb der deutschen Prozeßordnung erweitert und
die Gebuhren hiesür von der Landesgesetzgebung so bewessen werden,
daß der Gerichtsvollzieher ein anstandiges Austommien hat. Nur
dann werden sich auch künftig diesem Berufe zuverlaͤssige und der
Ausbildung faͤhige Elemente zuwenden.
Wurzoöurg, 209. April. Gestern kam vor dem hiesigen
Stadtgerichte folgender Fall zur Verhandlung: Postexpeditor Müller
dahier war von der Revbisionslammer der Verkehrsanstalien wegeü
u geringer Tarifberechnung einer Lumpensendung der Fabcik Thaler
und Söhne dahier zum Nachzahlen von 39 M. 75 Pfg. angehalten
worden. Die jragliche Firma verweigerle aber die Nachzahlung,
weil Expeditor Muͤller — wiewodl erfolglos — gegeu die Nach⸗
zahlung protestirt hatte, daun, weil der Expeditor Vüller zur rich—⸗
ugea Berechnung verpflichtet gewesen wärc. Nach mehrinaliget
Verhandlung und nach Vorlage der verschiedenen Eisenbahntarife
und Postderordnungen. wurde die Firma Thaler und Söhne zut
Zahlung der Nachforderung von 39 M. 75 Pf. und in die Vroꝛeß
losten verurtheilt, J
St.Johann, 29. April. Wie uns heute mitgetheilt
wird, ist der dei der nenlich in Alsweiler verubten Gräuelthat arg
demißhandelte Sohn der erschlagenen Witthin Brück ebenfalls
feinen Verletzungen am letzten Samstag Abend erlegen. Die Rohz⸗
heit, welche von den an der Affaite Betheiligten verübt worden
it, spottet aller Beschreibung, hat die Obduction doch an der er⸗
schlagenen Frau allein an 20 Wunden constatirt. Ein Scheit
Dolz/ welches von der Behörde consiseirt worden ist, und deffen
man fich als Waffe bei der unmenschlichen Schlägerei bedient hat.
wiegt, sage und siaune, 860 Pfund. Weiter heißt es daß saͤmmi⸗
riche dreigehn Leute, welche bei der Affaire betheiligt waten, ber⸗
haftet sind. Nur einer soll wegen gänzlicher Schuldlosigkeit ent⸗
lassen sein.
4 Gemeinnützigkeit in Mühlhausen. Die:, Industrielle
Beselljchaft“ zu Muhlhausen, ein gemeinnütziger Berein oberelsas⸗
sischer Fabrikanten, Techniket und Ditektoren, welcher dor g3wei
Jahren sein fünfzigjähriges Bestehen durch Beransialtung einer sehr
interessanten Textil⸗Ausftellung beging, hat nach dem Bericht idres
berdienten Vorsitzenden August Dollfuß seit ihrem Bestehen eine
Summe von nicht wemger denn 2,400,000 Feck. vereinnahmt
und zwar 1,200,600 Fres. durch Vermächtnisse und außergewohn ·
iiche Zuwendungen, 600,000 Fres. durch“ VBeiträge der Mitglieder
ze; berausgabt hat sie in dieser Zeit 220,000 Fres. für die Ber
bffentichung ihrer trefflichen Monatsberichte, 83,000 Fres. für
auszeiheilte Preise und Vedeillen, 238,000 FIrcb. füt gemein
nuhige Institute aller AÄrt, namentlich Ar technishe Schulen,
10 000 Irca. fur shre Bibijoihet, v0.b00 Frcs. für ihre Mu—
seen, 70 000 Frcs. für die von ihr deransialteten Ausftellungen
und int ustriellen Experimente. 600,000 Fecs. für den Ankauf von
Bebäuden ee. * gewiß glanzende Seweise edelsten gemeinnühigen
Wirkens. 4 —
p Ratlakuhe, 20. April, Hiesige Blätter melden: „Nach
uverlaässigem Vernehmen ist der Fortbetrieb des Hotela Germania“
esichert, indem⸗ der gegenwärtige DirektorHerr S hlichtinger,
„asselbe um einen Zins von jährlich 32,000 Ma gepachten hat und
war zunãchst unkündbar auf 1 Jahr, sodann ader unter Verab
redung gegenseitiger viermonatlicher Kündigung.“
r Gestiorben in BadeneBadender frühere Gouverneut
von Straßburg General z. D. v. Hartmann. “ J
7 Die in der Versammliung vom 10. Dechr.“ v. Is. in
Nassel gewählte Commission deutscher Wein-Interessenten hat eine
Dentichrifteüsber Herstellbung und Behaudlbung
des Weines, unter bisonderer Berückhsichtigung des gegenwärtig
dem Reichstag vorliegenden Gesetzentwurfes über den Verkehr mu
Nahrungs- und Genußmitteln, ausgearbeitet und im Drut eischei—
nen lassen, welche den Zweck hat, neben der durch diesen Geseßz⸗
entwurf beabsichtigten Vertolgung der Weinfälscher und Weln
chmierer dem Weinbau und Weinhandel die nöthige Freiheit der
Bewegung zu sichern und möglichst scharf die Grenzlinien zu zie⸗
Jen, welche die Anwendung der zum Genießbarmachen, Klären und
kirhalten des Weines nöthigen Mittel von der Anwendung solcher
Mittel scheidet, welche dem Weine fälschlich den Anschein eir—
hesseren Qualität geben. Die Ventschrift behandelt in ihrem zwe—
ten Theil auch die tzeilele Frage des Verschnittes und der Etique
itung, und ihre Ausführang macht uns hier den Eindruck, daß
dieser Punkt noch einer weiteren, namentlich die Interessen der
TFonsumenten noch mehr in's Auge fassenden Klärung bedarf, wöh—⸗
tend der erste Theil den mit Recht zu stellenden Anforderungen n
merkennenswerther Weise gerecht wird. Bezuüglich der gallifirten,
detiotisirten ꝛe. Weine, überhaupt aller nicht in gewerbegerecht her—
zestellten und behandelten Weine verlkangt die Deutjschrift, daß sie
jur nater einer ihre Herstellung charakterisirenden Bezeichnung resp.
inter dem Namen Kunstwein in den Handel kommen und diese
Bezeichnung deutlich sichtharr auf der Eliquette tragen sollin. Die
Denkschrift, welche namentlich die Bewohner unserer weinbautrei⸗
hbenden Pfatz fehr interessiren dürfte, ist durch jiede Buchhandlung
zu beziehen.
F Wesseling, 25. April. In der Nacht vom 28. auf
den 24. d. M. wurde hier ein Mann ermordet. desser Leiche man
ain andern Tage in einem Pfuhle auffand. Laut der D. Reichs—
eitung liegt der dringendste Berdacht vor, daß hier ein Vatermord
zegangen ist; heute wurde der Sohn, ein Mensch von 28 Jah⸗
ren, nach Bonn ins Gefängniß abgeführt.
BSeclin, 30. Axril. Die sechste Kriminaldeputation des
Stadtgerichts verurtheilte heute dea Reichstagsabgeordneten Most
Sozialistenführer) vegen Beleidigung der Geistlichkeit bei der am
22. Januat im Saale des Handwerkervereins abgehaltenen Volks—
bersammlung zu zweimonatlichem Gefängniß. Die Anklage wegen
Gotleslästetung erachtete der Gerichtshof nicht als erwitsen.
ꝓPBeilin. Demnächst findet hier die feierliche Verloburg
der Prinzessin Luise, jungster Tochter des Prirzen Friedrich Kari,
beren Ruckkehr aus Italien man entgegensieht, mit dem Herzog
on Connaugth (Sohn der Königin Victoria) statt. —
4 Ein Mord unter eigenthümlichen Verhältnissen macht augen;
bticlich in Berlin bviel von sich reden. Vor einigen Tagen
wurde in einem Hause der Spandauerstraße ein Handlungsdiener
nit durchschnittenem Halse in seinem Bette liegend todt aufgefunden.
Der That geständig ist der in demselben Zimmer wohnende Küfer⸗
hvursche Paul Heise, der fich freiwillig den Gerichten flellte. Nach
seinen Autsagen hat sich der Mörder schon einige Tagen mit dem
Zedankten getragen, irgend Jemand zu ermorden, um für seine
Lebenszeit im Gefängniß versorgt zu sein.
7 Einem Pariser Feuilleton der „Shlesischen Zig.“ ent⸗
aehmen wir nachstehenden, namentlich für unsere Damenwell inte⸗
ressanien Passus: „Von Fremden haben wir vorläufig nur die
wegen ihrer alljähtlichen Einkaufe eingetroffenen Modewaarer händler
und Putzmacherinnen, die stets den Parisern werthe Gäste find
Vor wenigen Tagen führte mich ein günstiges Geschick in den
Salon eines ganz mit solchen Gäsften — dazu fast sämmilich
Deuischen — gefüllten Gasthofes. Die lebdafte Unterhaltung drehte
sich größtentheils um das Geschäflliche und die Mode, was für
uns Alles wissensollende Laien besonders lehrreich sein mußte. Al—
Frucht dieses Abends theile ich hier die Aussage einer Dame, In
haberin eines großen Putzmachergeschäfts in einer bedeutenden rhei⸗
aischen Stadt mit. „Ich kaufe,“ fagte sie, „jetzt kaum noch ein
Drijtel von Dem hier, was ich früher von Paris dezog, obwohl
ich mein Geschäft wesentlich vergrößert hat. Außec einigen Seiden⸗
doffen, gewissem Besatz und solchen ganz neuen Mode⸗Attikeln, die
jonstwo noch nicht zu haben ünd, kaufe ich nichts mehr in Paris;
alles Andere habe ich eben so gut und billiget in —— sei
** direlt von den Fabriken, sei es in den größeren Modewauren
agern. Aus den hiesigen berühmten Handlungen, welche ganj
Deutfchland mit ihren Mustersendungen und Reklamen überschwemmen,