Full text: St. Ingberter Anzeiger

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der St. Jugberter Anzeiger und das (Z mal wöo hentlich) mit dem Haupiblatte verbundene Unterhaltungsblatt. (Sonntagt mit illustrirter Vei 
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M 74. W Son tag, den 12 
on „den 12. Mai —— 
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Deutsches Reich. 
Mäünchen, 8. Mai. Im Militärbudget jür das Etatsjahr 
1878 — 79 ist Vorsorge getroffen, daß den noch zwölfjähriger Dienst⸗ 
seit mit dem Civilversorgungsscheine aus der Armee ausscheidenden 
Unteroff ciren eine einmalige Beihülfe von 165 M. gewährt werden 
ann; diese Bestimmung soll rückwirtende Kraft für die seit dem 
1. April Jl. J. Ausgetretenen erhalten. (Analoz einet für das 
Reich vorgeschlagenen, aber noch nicht Gese gewordenen Bestim⸗ 
mung.) (N. C.) 
Berlin, 2. Mai, Nachmittage.) Als Englands Forderungen 
detreffend die Abänderung des Stefanovertraged nennt mon: 1) 
die Begrenzung Bulgar'ens derart, daß der territoriale Zusammen⸗ 
zang der Türkei gewahrt bleibt, 2) das Besaßungsrecht der Pfotte 
d den bulgarischen Festungen und 3) das Verdleiden von Kars 
und Batum bei der Türlei. * 
De „Probinzial-Correipondenz“ stellt den S ch luß des 
Peich 6:496 für die Woche vom 20. bis 25. Mai in Aussicht 
and bezeichnet als nothwendigerweise noch zu erledigende Auf ahen 
die Erquete:Vorlage, die G werbegesetze, die Rechtsanwaltsordnung 
and die gerichtliche Gebührenordnung und neben einigen kleineren 
iber dringlichen Vorlagen womöglich auch den wichtigen Gesthent⸗ 
wurf über den Verkehr mit Nahrungsmittel“ Die verrauliche 
Bereint arung zwischen dem Präsidium und der Regierung übir die 
inbedingt zu eiledigenden Aufgaben werde demnäqfst erfolgen. 
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erst wiedet in einer Berliner Klinik erlennen. Einem 201ährigen 
Dädchen, welches durch Scropheln die Nase eingebüßt, sollte eine 
Unftliche aus der Stirnhaut hergestellt werden. Sie lag bereits 
auf dem Operationstisch und die Chloroform⸗Narlose fing schon an, 
hren Geist gefangen zu halten, als sie noch zulezt die Worte dem 
Dperateur h nhauchte: „Aber bitte, Herr Gehemrath, wenns möglich 
ist, 'ne iom'jche !“ 
FEine Fabrik ums„ fl. Am 15. April wurde bei dem 
reisgerichte in Tabor die Taborer Altienmalziabrik und Geireidehalle. 
velche im Jahr 1872 mit einem Kostenauiwande von 150,000 fl. 
ercichtet, im Jarre 1874 sammt Geundfsfücken, auf 204.000 fl. 
freiwillig und im Jahre 1877 auf 110.700 fl. er eutiv abgeschäßt, 
iag der dr tien exetutiven Feilbietung um den Messtbot von 5 fl., 
sage fünf Gulden, von der Taborer Sparkasse erstanden. Die Spar⸗ 
dafse trai als einziger Kaufer auf. Noch an demselden Tage wurde 
derselben von dritier Seite eine Kaufofferte von 36,000 fl. überreicht. 
Die hohen Absagtze. Professor Busch in Bonn 
Jielt über die Fußbekleidung und die hohen Adsätze der Damen in 
er lezten Sitzung der niederrheinischen Geselljchast für Natur⸗ und 
deiltunde einen Vortrag, welcher Verbreitung verdient, demt die 
zelehrenden und warnenden Aeußerungen eines so berühmten Chi⸗ 
urgen allenthalben so zeitig als mönlich beherzigt werden möchten. 
Zunächst besprach Projessor Busch den Bau des Fußes im All⸗ 
jemernen und demonstrirte an Abgüßffen sowohl die normale Ferm 
ais auch die häufigsten Abweichungen von derlelben. Sodanng ving 
stedner zu des gebräuchlichsten Fehleen bei der Anferligung der 
rußbelleidung über und verwe lie am längsten dei dem jchon einige 
Nale in der Geschichte der Mode aufgetauchten, dann wieder ver⸗ 
chwundenen und jetzt wieder eingefuͤhrten Stödelschuh. Er will 
nicht sprechen von den häufigen und zuweilen lebensgefährl chen 
Berlezungen, welche er durch dieses scheinbar unschuldige Ding hat 
ervorbringen sehen, sondern will nur dessen Einfluß auf den Fuß 
uind das Gehen belrachten. Wenn wir aus der Mirtellage des 
Fußes, weiche wir beim Stehen einnehmen, vorwärts schreiten, so 
vickelt sich der Unterschenkel am Fuße, der Fuß am Boden ab. 
Deese Bewegung geschieht hauptsächlich im Sprunggelenke und den 
Zehengelenlen. Freie Bewegung in diesen ist Bedingung fülr ein 
nicht ermüdenden elastisches Gehen. Wenn wir nun ein Gerüst 
unter dem binteren Theil des Fußes aufbauen, so fiellen wir den 
Fuß mehr oder weniger in eine stumpiwinkelige Beugung und jetzen 
sadurch den untern Thel der Zehengelenke und den vordera des 
Zprunggelenles außer Spiel. Deßwegen muß die Trägerin des 
Stöckelschudes das Bein mit fast ste f gehaltenen Gelenken des Fußes 
orwärts setzen, ungefäahr in der Bewegung,. welche wir bei Pjerden 
Sieppen“ nennen. Der Gang erhält hierdurch, wenn wir ihn 
vit dem elast schen schwebenden vergleichen, etwas Auffallendes, und 
da auffallend so oft mit schön verwechselt wird, so bdürgerte sich 
der Stöckelschuh in der Frauenwelt Europas bald ein. Der aus⸗ 
ebildete Fuß der erwachsenen Frau erleidet durch den hohen Absatz 
eine dauernde Formoderärderung, er ist nur leistungsunfähig und 
s bilden sich leicht lästige Schwielen in der dauernd gedrückten 
Hhaut vor dem Minelfußlöpfchen. Außerdem egtwickeln sich zuweilen 
sarmäckige Knieleiden durch Ueberaustrengung des Kniegelenles und 
einer Sireckmuskeln. Seihst im Siehen ist die Musleluanstrengung 
rothwendia, da der Fuß auf einer geneigten Ebene steht und beim 
hehen haben die Trägetinnen des hohen Adjates dieselde Anstren⸗ 
jung füt das Knie, als wenn sie dauernd bergab gingen. Der 
ildsame Fuß des jungen Madchens hingegen kann durch diesen 
Z ruh in einen absjcheulichen Hohlfuß verwandelt werden, welcher 
zeim Auftreten gar nicht mehr sedert. Dite Entsthung dieser 
Mdode wird wohrscheinlich ebenso wie die der Crinoline darauf zu⸗ 
rüchsaführen sein, daß sie urspringlich besti umt war, eine Unschon⸗ 
heit zu verdecken. Ein salauer Jünger Crispin's hat wahrschein⸗ 
uͤch mil dem hohen Absotz zuerst den unschönen Gang Plattfüsiger 
zotrigirt. Plattfüße werden nämlich, wenn die Koöͤrperlast auf dem 
stumpfwinkelig gebeugten Fuß einfällt, hohter. Wenn daher Je— 
Ausland. 
NKonstantinopel, 9. Mai. Die muhamedanischen 
Uufständisgen vom Rhodopegebirge richteten an die Christen in 
Tdefsalien und Mactdonien eine Preclamation, welche die letzleren 
zu den Waffen tuft, um das gemeinsame Vaterland gegen den 
zemeinsamen Feind zu veriheidigen. 
Ein Telegramm aus Batum berichtet, die Russen haͤlten 
divana occupiri; die türkische Garnison habe sich vor der russischen 
ebermacht zurüägezogen, aber die iruhamedanische Bevöllerung sich 
vedersetze z. der Einzug der Russen Jei eist nach eiunem Kanpimit 
der bewaffaeten Bevöllerung erfolgt. 
Vermilsqhtes. 
t In Zweibrücen machte Frau G., eine tüchtige und 
leißige Geschäftefrau, ihtem Leben durch Erhängen ein Ende. 
7 Aus sttaiserslgutern, 7. Mai, schreibt die „Pf. 
B.: Vorgestern Abends 9 Uhr verduiitete tin hi siner Wirth zum 
größten Ersiaunen seiner zahlreichen Gäste, und nachdem sich die⸗ 
seiden von seinen dinterlassenen Biers, Weine, Cigarren⸗c.Schulden 
aicht restauriren konnten, mußten sie in der Nochbatschaft ein Faßchen 
Bier tiquiriren, bei welchem die Gesellscha't sich dis zur späten 
Mitternach astunde auch ohne den Wirth köstlich unterhielt. Dem 
Fiuge dieses sauberen Vogels, dem sine treue Ehdehälfte vorher den 
Weg bahnte, ist man ouf der Sdur und wird die rächende 
Nemesis ihn eie len. — In dem Garten des Herrn Victot Neu⸗ 
zauer in Reustadt sind an den Weinstöcken bereits de Blüthen 
ju sehen. In den ersten Tagen des Wonnemonais allerdings 
eine großge Sel:enheit. — Das Poltzeigeticht in Speier verurthe lte 
zen Kaumann J. B. Fell von da wegen Feilthaltens von ge⸗ 
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pAus Würtfemberg. Am südlichen Eude der rauhen 
Ab, in der Gegend von Ebingen, haben am dorigen Sonnabend 
ch mehtere Gewuͤter in Wolkenb:üchen entladen und großen Schaden 
angerichtet. In Pfafflingen stand das Wasser deei Fuß hoch und 
ettranken einen Schaser 653 Schafe im Scofftall; in Margarethen⸗ 
hausen wurde eine Menge aufgeschichtetes Holz fortgefübrt, in Zelu 
dausen disgleichen viel Bauholz xc. 
æaiserin Augufta heat vom Kaiser Alexander das 
Berdiensilreuz jür freiwillige Krankenpflege erhe ten. 
4 Daß die Eitelleit die Fraueu selbst in den Augenblicken 
ger größten Angst und Aufregung wicht verläßt, lonnte man neulich 
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