St. Ingberler Anzeiger.
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M HYâ. Dirienstag, den 18. Januar 18378.
Dentsches Reich.
München, 13.5 Jan. Se. Mai. der König hat in einem
an den König Humbert von Italien gerichteten Telegramme wegen
deß Ablebens des Königs Victor Emanuel sein Veileid ausge prochen
and zugleich seine Wünsche zur Thronbesteigung gesendet. (A. Z.)
Beriin, 11. Jai. Man erwaärtet in den allernächsten
Tagen im Bundesrathe die Erklärungen Preußens hinsichtlich der
Bermehrung der Reichseinnahmen. Von einigen Seiten heißt es,
ziese Erklärungen würden sich nicht ausschließlich auf die Tabals—
teuer beschränken, sondern auch auf die Vorschläge der Ausschüsse
über den Bericht der Stempelsteuer Kommission zurückzreifen.
Berlin, 12. Jan. Der Kronprinz d Wilhelm
reiale heute zur Leichenbegleitung des Königs Vichor Emanuel nach
Nom. (Diese Reise ist nicht eine blose Courtoisie. Ob der König
don Italien sich zu Deutischland, ob zu Frankreich hinneigt, kann
uns nicht einerlei sein. Der Kronprinz Friedeich Wilheim kyun
die Beziehungen, die einst bei dem Aufenthalt des nunmechrigen
Königs Hamsert in Berlin angelnüpft wurden, bielleicht noch fester
gestalsen) Im Gefolge des Kronprinzen befindet sich General v.
Blumenthal.
Berlin, 12. Jan. Der deutsche Handelstag hatte in
ieiner letzten Generalversammlung den Beschluß gefaßt, hinsichtlich
des Einflusses der Gefangenen-Arbeit auf die freien Gewerbe eine
Untersjuchung zu veranstalten. In Ausführung dieses Beschlusses
jaben sich mehrere Handelstammern an die Direktoren der Staats
gefängnisse gewendet und dieselben um die Beantwortung verschie⸗
dener, die Gefängniß-Arbeit betreffender Fragen ersucht. Der
Minister des Innern hat die Gefängnißvorsteher mit Anweisung
dahin versehen lassen, daß sie den Anträgen der Handelskammern
zurch sorgfält ge und vollstäudige Beantwortung der gestellten Fra⸗
zen Folge zu geben haben.
Dem Bundesrath ist der Entwurf eines Gesetzes, betreffend
die Beglaubigung öffentlicher Urkunden, vorgelegt worden. Nach
demselben sollen Urkunden, die von einer inländischen öffentlichen
Behoörde oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person
des JInlandes aufgencmmmen oder ausgestellt sind, zum Gebrauch im
Inlande einer Beglaubigung nicht mehr bedürfen. Zur Annahme
der Echtheit einer Urkunde dagegen, welche als von einer aus⸗
ländischen öffentlichen Behörde oder von einer mit öffentlichem
Hlouben versehenen Person des Auslandes ausgestellt oder aufge⸗
nommen sih darstellt, genügt die Legalisat'on durch einen Konful
der Gesaudten des Reicht
Die Einbringung des preußit
erhöhlch) Besteuerung ds Tab⸗
dec nachsten Plenarsitzung erwartet.
Berlin, 13. Jan. Fürst Bismarck leidet noch immer an
Bronch altatarrh, ader einen ernsten Charaller“ hat das Unwohl⸗
nicht, wie schon daraus heivorgeht, daß die Thätigkeit dei
ichskaärzlers nicht gehemmt ist. Der Zeilpunkt seiner Rücktehr
un h der Haupistadt ist dadurch selbstversiandlich wieder hinausgerückt.
Wie es heißt, würde Fürst Bismarck erst im Laufe des Februar
uridtommen,, bis dahin würde also an irgendwelche Lösunzg der
ichweben en Fragen unter allen Umständen nicht zu denken sein.
Der Reichslanzier Fürst Bismarck hat dem Bundesrath henke
den Ertwurseiner deutschen GerichtsgebührenOrdnung zugehen
hassen. Derjelte desteht aus drei Gesehentwürfen, belreffend vie
Berichtskosten (im C.vil- und Strafprozeß), die Gebühren im Con⸗
lursverfahren und endlich die Gebüzren für Gerichtsvollzieher und
kür Zeugen uad Sachverständige. Die Gesetze sollen gleichzettig
mit der deutschen Gerichtsverfassung in Kraft treten. Die Ent—
würfe sind, wie erinnerlich, im Reichsjustizamt unter Miwirkung
der preußzijchen Justiz⸗ und Finanzministerien ausgearbeitet worden
die Gebührenordnung dür den Cibilprozeß auf Grund einer seiteni
des Reicheians in Sie Civilprozeßordnuug aufgenommenen aus
rücklichen Bestimmung, die Bebührenordnung im Konkursverfahren
n Folge einer Resolution des Reichstogt. Vordehalten ist nod
die Vorlegung eires Gesetzentwurfs betreffend die Gebübren der
Rechtsauwälle, dessen Ausarbeitung sich an die Rechtsanwalisord⸗
nung anschließen soll. (Berl. Tagbl.)
In Berüin ist eine aus Amerikanern bestehende Gesanbt⸗
chaft der Schefferinseln eingetroffen, um einen Freundschafts⸗ und
handelsvertrag mit dem drunchen Reiche abzuschlichen.—
Nussand.
Wien, 13. Jan. Hiesige diplomatische Kreife veisichern,
das Berliner und das Wiener Kabinet seien über den Beschluß
des Czaren vollkonmen unterrichtet, erst nach einem Einzug in
Udrianopel den Frieden zuzugestehen.
Belgrad, 12. Jan. Die Zahl der von den Serben in
Nisch gefangen genommenen kürkischen Truppen wird auf 8000
Mann geschätzt.
Ueber die Verwundung Osman Paschas bel der Einnahme
von Plewna kommt jeßzt die genaue Nachricht, daß derselbe in der
sinken Wade derartig berwundet ward, daß die Kugel glatt durch
die Weichtheile hindurchging, ohne irgendwie den Kaochen zu
betletzen.
. 13. Jan. Der Marschall Canrobert hat heute
eine Reise nach Rom angetreten, begle tet von sechs Offizieren,
unter denen sich auch der älteste Sotzn des Marschalls Mac Mahon
»efindet. Die radikalen Orgaue find entrüftet über die Wahl
ines bonapartistishen Marschalls und wollen nicht glauben, daß
Zönig Humbert dieselbe gewünscht habe. Der englische Abgesandte,
dord Roden, ist heute durch Paris gereist. Fürst Hohenlohe, der
deuts he Botschafter, wird Montag Racymittag mit seiner Familit
ꝰon München hier rintreffen, ohne vorher Berlin zu besuchen.
General v. Goeben, der Abgesandte Demschlands zu der Hochzeit
des Königs Alphons, wird Donnerstaz Morgens hier eintteffen
ind am Freitag die Reise nach Madrid fortsetzen. Die Ex⸗Königin
Isabella hat die Adsicht ausgedrückt, troß des Verdotes nach
Vtadcid zu kommen. Die Grenz⸗Polizeibehjiörden haben darum die
trengste JInstruktion erhalten, in diesem Falle die Kenigin anzu⸗
jalten uad nach einem bereils bestimmten Internirungsvrte zu
hringen.
London, 13. Jan. Die politische Sitsation hal sib seit
zesiern unscheinend verschlimmert. Es heißt, Rußland wolle jeg
einen Waffenstillstand, sondern beabsichtige bis nach Konstanfinopel
»der Vallipoli vorzurücken. Im gestrigen Kabinetsrath wurde dire
britijche Thronrede berathen. Lord Begconsfield bereitet eime
rungeahnte Uebecraschuag“ vor, doch hängt Alles vo n Parlament
ab, welches nach den Zählungen der Liberalen bereits keine Majo⸗
itaͤt mehr für Beaconsfi⸗id besitzt. In der Cih wat die Stim⸗
mung gestern sehr düfter wegen der drohenden Gestalnmg der
Politil. Konsols fielen 1 pCt.; alle Effelten flau. Bewoͤhnlich
zut untertichtete Finanzleuse der City wollten die Throntede beteit
ennen und verkauften deshalb. Einen großen Eindruck machtt
ruch eine Rede des alten Rämper John Bright.
London, 13. Jan. Dem Bureau Reut⸗r“ wird aus
donstantinopel vom 12. da. telehraphirt, die Pforte hade keine
veitere Depescht, weder aus London noch aus dem russischen Haupt⸗
suarteer empiangen. Die Stiumunz der Bevölkerung ist sehr erregt
zegen England, weldes man als moralisch verantworilich iür dan
lder die Türkei gelommene Unglück ausehe. Man halte es fun
inmoͤglich, daß England je wieder dea alten Einfluß in Konstanti⸗
aopei gewinnen werde.
Rom, 12. Jan. Der König Humbert wurde heute bei der
cdesleistung der Teuppen von dem Vvolt und der Armee enthufi—
astisch begrüßt; die Voslsmenge war unabsehbar. Der Zudrang
u dem Paradebett im Quiriual ist endlos. — Garibaldi ist durch
ranlheit verhindert, die Rese hierher zu machen und beauftragte
einen Sohn mit seiner Vertretung.
Rom, 12. Jan. Das „Amtwvblatt“ meldet, daß der Koͤnig
am 419. d. den Eid vor dem Parlamente leisten werde. Daz
Leichenbegängniß Victor Emanuelsa sin det am 17. Januar siatit.