Full text: St. Ingberter Anzeiger

zu begnügen. Und dieser Mann hinterläßt seinen lachenden Erben 
in sicher angelegten Hypothelen — 120,000 Mk.!“ . ** 
Dieser Tage ging in Ofssch atz die Verhandlung gegen 
die bei der Wurzener Fleischaffaire betheiligten Personen zu Ende. 
In Folge des Genusses von Fleisch einer Kuh, die dem Verenden 
dereis nahe war, als sie geschlachtet wurde, waren beinahe 238 
Personen erkranlt, von denen 6 gestorben sind. Rittergutspächter 
Hidher, der die Kuh verlouft, und der Fleischer Richter, der sie 
ausgehauen hatte, wurde ein jeder zu drei Jahren Gefängniß ber— 
urtheilt, dagegen der Mitangeklagte Künzel freigesprochen. 
7Berüin, 20. Mai. Die „Germania“ enklärt es cls 
jestslehend, daß König Ludwig von Bahern gegerwärtig inkognito 
in Pparis verweile. 
pBerlin, 21. Mai. Das Attentat hat also doch noch 
ein Menschenleben gekostet. Der Registrator der General-Wittwen⸗ 
tasse, Cduard Köhler, war einer der Ersten, die Hödel entgegenge⸗ 
srelen und wucde von diesem mit dem Rebolver bedroht. Köhler 
etkrankte in Folge der Aufregung und starb am Samstag Nach— 
mittag. Die Form der Krankheit war eine Unterltibsentzündung, 
die Ursache aber der jähe Schreck, als er die Mündung der P stole 
auf sich gerichtet sah und, wie die Aerzt? vermuthen, eine bei dem 
schnellen Sprunge zugezogene innere Verletzung. Seine letzten 
Worie waren noch: „Um diesen Hödel muß ich mein Leben ver⸗ 
sieren.“ Köhler hinterlaßt eine Wittwe und zwei noch die Schule 
besuchende Kinder. 
4 In den Indufstrie Bezieken des Nord⸗ Departements in 
Fraukceich stehen, wenn „La Presse“ gut unlerrichtet ist, 
riesige Arbeitseinstellungen bepvor, welche die ganze Baumwoll 
Induͤstrie plötzlich zum Stillstande zu verurtheilen drohen. 15,000 
Arbeiter hätten schon ihre Werlstätten verlassen und in einigen Tagen 
würden Millionen von Spindeln ruhen. Fast überall hätten sich 
die Fabrikanten genöthigt gesehen, die Löhne herabzusetzen. In Rety 
bei Arras haben schon am 14. ds. bereits die Grubenleute ihre 
Arbeiten eingestellt. 
F Paris. Die surchtbare Exptosion, von welcher das 
Quartier du Temple am 15. Mai gegen 8 Uhe heimgesucht wurde, 
hat Paris in die größte Bestürzung versetzt. Sie fand in dem 
Hause Nr. 22 der Rue Berranger statt. In demwselben befindet 
uͤch die Sp elwaarenhandlung Blanchot, in welcher haupkfächlich 
Zuͤndhütchen für Kinderpistolen verkauft werden. Diese exptodirten. 
Die Gewalt der Explosion war so furchtbar, daß nicht allein das 
vierstöchge Haus, in welchem sich das Magazin befand, sondern 
auch das neben demselben liegende Haus Ar. 24 einstürzte. Die 
meisten übrigen Häuser der Straße sind beschädigt und fast alle 
Fenster der Umgegend zerschmettert. Als die Explosion erfsolgte, 
ergriff ein panischer Schrecken das ganze Viertel; alles stürzte aus 
den Häusern und ergriff die Flucht. Der Anblick, den die Straße 
selbst gewährte, war schauderhafl. Sie hatte das Aussehen, als 
wenn fie einem Bombardement ausgesetzt gewesen wäre. Ueberall 
Trümmerhaufen, vecwundete, noch halb schreiende Menschen. Dabei 
schlugen die Flammen aus den eingestürzten Häusern hervor. Vor 
dem Huuse selbst befand sich ein Wagen, der gerade im Augenblichk 
der Explosion an demselben borüberfuhr. Er wurde mit furchtbarer 
Gewalt gegen das gegenüberliegende Haus geschleudert und eines 
jeiner Räder zerschmertert. Der Kutscher, der mit dem Schrecken 
davon kaw, ergriff die Flucht, während der Mann, der sich in dem 
Wagen besand, schwer verwundet wurde. Ungeachtet des Schreckens, 
der sich im zanzen Viertel verbreitet hatte, wurden die Rettungs— 
arbeiten sehr schnell in's Werk gesetzt und viele Personen, die dem 
Tode nahe waren, in Sicherheit gebracht. Ein junger Maun riß 
ein Mädchen von 3 Jahren aus den Flammen, der, Concierge des 
Unglückshauses und seine Frau, die min dem Lebea ddvon gelommen, 
fonnten unter den Trümmern hervorgezogen werden; der Polizei⸗ 
dienet Jacol, einer der ersten, die herbeigecilt, rettete 11 verwundete 
Personen, und einem Faßbinder, Namens Eduard Dechaux, gelang 
es ebenfalls, 11 verwundete Personen in Sicherheit zu bringen. 
Bald mußte man es aber aufgeben, an die Rettung der untker den 
Trümmern Begrabenen zu denken. Das Feuer machte solche Fort— 
schritte, daß erst an's Loͤschen desselben gedant werden mußte. Die 
Gewalt der Exrplosion war so furchthar, daß 3 bis 400 Kilogr 
schwere Steine über sechsstöckige Häuser hinübergeschleudert wnrden 
Die Trümmer der Häuser bedeckten fast das ganze Viertel. Unter 
den Trümmern der beiden Häuser befanden sich, als man des Feuers 
halber die Reitungsarbeiten aufgeben mußte, wohl an 30 Personen. 
fParis, 21. Viai. Die Leiche der bei der Erplosion in 
der Rue Beranger umgekommenen Frau Mathieu, die man gestern 
auffand, war furchtbar verstümmelt, und wenn sie nicht vor dem 
Pult des Magazins, wo die Frau nach Tisch zu arbeiten pflegte, 
aufgefunden worden wäre, würde man ihre Ident'tät nicht haben 
sesistellen köͤnnen. Die Leiche war mit Ausnahme der Beine gan; 
aadt; der Kopf war durch einen Stein gänzlich zerschmettert und 
die Haare gänzlich verschwunden. Die Haut war fast überall ver⸗ 
hrannt. Die Brandwunden der Leiche werfen einiges Licht auf 
die Ursache der schrechlichen Katastrophe, zumal man neben ihr die 
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Scherben einer Petroleumlampe sand. Man schließt daraus, daf 
die Explosion in Folge des Zerplatzens dieser Lampe entstand, 
welche die sich in dem Magazin befindenden pyrotechnischen Stücke 
in Brand slieckte. Für diese Ansicht spreicht auch, daß die Keller 
vpollständig unversehrt find. (K. 3.) 
Paris, 21. Mai. Dec „Ag. Havas“ zufolge über⸗ 
schreitet die durchschnittlice Zahl der Besucher der Ausstellungen 
an Sonntagen die Zahl 100,000, an Wochentagen 50,000. 
7Die Maschinenhalle der Weltausstel⸗ 
hung war am Freitag früh der Schauplatz eines beklagenswertben 
Unglücksfalles. Seeleute waren im Auftrage des Marineministeriums 
damit beschäftigt, eine zur Panzerung eines Schiffs bestimmte, 
16,000 Kilo schwere Gußplatie abzuladen; in Folge eines Ver⸗ 
ehens kam die gewaltige Metallmasse zu Fall, wobei der Eine 
der Männer am Kopfe schwer verwundet und dem Andern ein Bein 
buchstäblich vom Leibe gerissen wurde. 
— Aus Petersburger Hofkreifen wird geschrieben: „Man weiß, 
daß Kaiser Alexander am 29. April seinen sechszigsten Geburtstag 
gefeiert hat. Das hat an sich vielleicht geringere Bedeuktung. Aber 
der Kalser stand seit Jahr und Tag unter dem Bann einer aber—⸗ 
Jäubischen Furcht — der Furcht, daß er seinen sechszigsten Ge— 
hurtstag nicht überleben werde. Niemals ist nämlich noch ein Ro⸗ 
manoff, soweit die Geschichte des Hauses zurücreicht, ganz sechszig 
Jahre alt geworden. Der Kaiser war fest überzeugt, daß auch er 
deine Ausnahme von diesem Schicksale, dem bisher alle seine Vor⸗ 
fahren verfallen waren, machen würde. Als vor Jahr und Tag 
die Großfürstin Helene ganz nahe vor ihrem sechszigsten Jahre 
larb, befand sich der Zar in einer Erregung, die schwer zu be— 
schreiben ist. Von jenem Tage an lastete ein doppelt schwerer Bann 
auf ihn, war seine Stimmung eine doppelt verdüstette. Seit wenig 
Tagen nun, seit seinem Geburtstag, seit der Mitternactsstunde 
des neunundzwanzigsten April, ist der Zar vollkommen wie neu ge⸗ 
boren. In seinem persönlichen Verhalten zeigt er eine Milde und 
eine Freundtichkeit, die ihm lange Zeit hindurch fremd gewesen ist.“ 
F Bauern⸗Diner. Dem Lieferanten für die Fußbe⸗ 
kleidung der russischen Armee ist von den Bauern des Kreises 
stortschewa, welchen dieser die Arbeit zugewiesen hatte, aus Dank⸗ 
barkeit ein glänzendes Festmahl in Moskau gegeben worden, außer 
v'er Beamten belheiligten sich sechs Vertreter der Bauern an dem⸗ 
selben; das Diner für diese 10 Personen hat die fabelhaste Summe 
von 1000 Rubel gekostet. Ein merkwürdiges Bauern-Diner! 
Xiterarisches. 
Die in Stutkgart erscheinende „Vibliothek der Unter— 
haltung und des Wissens“, Jahrgang 1878 (Preis pro 
decwöchentlicher Baad von 256 bis 288 Seiten, Taschenformat, 
nur 50 Pfennig), bietet in jedem ihrer neu zur Ausgabe 
ommenden Bände zahlreiche gediegene und höchst interessante Bei⸗— 
sräge aus den Bereichen des Romans, der Novelle und alles Wissens— 
werihen. Nachstehendes Inhaltsverzeichuiß des erwähnten sechsten 
Bandes möge dieses Urtheil begründen. Der Band enthält: Ver— 
schwunden. Roman von Ewald August König. — Furchtlos und 
reu. Historische Novelle von Schmidt⸗Weißenfels. — Berns größter 
Sohn. Lebensbild von H. Scheube. — In der Sllaverei bei 
den Patagoniern. Aus dem Leben eines fianzosischen Reisenden. 
Von H. Osterland. — Das Vermählungs⸗ und Einzugsfest eines 
spanischen Königspaareg. Ein Blatt aus der europäischen Sitten⸗ 
geschichte. Von A. Weidenthal. — Ueber amerikanische Eisenbahnen. 
Von Friedrich Zimmermann. — Die Schnecke im Volklsglauben, 
als Nahrungsmittel und als Telegraph. Von Hugo Zeitzmann. — 
An letzteren Beitrag reiht sich noch eine Anzahl Miscellen, mit 
welchen der Band schließt. 
Illustrirte Jagdzeitung. Organ für Jagd, Fischerei und 
Naturkunde. Herausgegeben vom k. Oberfoörst⸗r H. Nißsche. 
Fünfter Jahrgang. Nr. 16 enthält: Saujagd in einem 
FRlostergarten von G. v. d. Borne. — Des alten Försters 
Gesst. Gedicht von Paulus mit Illustration. — Jagdbilder 
aus Ostindien von H. v. Clausewitz. — Büchsen von kleinem 
Kaliber u. s. w. Verlag von Schmidt & Günther in Leipzig. 
3 M. halbjährlich. 
Anhang dazu erscheint: 
Bibliothekfür Jäger u. Jagdfreum'de. 
Von erfahrenen Fachmännern herausgegehen. 10. Lieferung: 
Zur Naturgeschichte der Waldschnepie von Freiherr von 
Thüngen. Jährlich 12 Hefte, 6 M. pro anno. Alle Buch⸗ 
handlungen und Postanstalten nehmen Bestell ingen an. 
Ar die Nedachion veraniwortlich: F. X. Demeß. 
Wir machen hierdurch auf die im heutigen Blatte sehende Innuc 
herren Kaufmann und Simon in Hambuagg besonders aufmerksam. 
ẽs handelt sich hier um Original⸗Loose zu einer so reichlich mit Haupt- Ge⸗ 
winnen ausgestatteten Verloosung, daß sich auch in unserer Gegend eine sehr 
lebhafte Beiheiligung voraussezen läßt. Dieses Unternehmen verdient das 
olle Vertrauen, indem die besten Staatsgarantiéͤn geboten find und auch 
vorbenanntes Haus durch ein stets streng reelles Handeln und Auszahlung 
ahlreicher Gewinne allseitz belannt is.