St. Ingberlker Anzeiger.
Der St. Jugberter Anzeiger und das (Z mal wö hhentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt, Songtags mit illustrirter Bei⸗
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M 88.
Dienstag, den 28. Mai 1878.
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Deutsches Reich.
Mäünchen, 26. Mai. Es sind heute 60 Jahre, seit König
Maximilian Joseph J. dem Königreich Beyern die Verfassung gab;
das Monument des Königs auf unserm Max⸗-Joscph-Platz ist aus
diesem Anlaß heute wieder wie alljährlich mit zwei frischen Blumen—
kränzen geschmückt. —- Zur Durchführung der neuen Justizorgani⸗
jation werden, wie wir aus guter Quesle vernehmen, erhebliche
Peubauten nicht erforderlich sein, da in allen Städten, welche für
Gerichtssize in Aussicht genommen sind, die erfotderlichen Gebäude
ür die Gerichte vorhanden sind.
Berlin, 25. Mai. Der Kaiser hat wiederholt an den
Tultusminister Falk geschrieben, um ihn zu bewegen, von seiner
Entlassung abzustehen, und da der Reichskanzler in demselben Sinne
in ihn dringt, so zweifelt man kaum noch an seinem vorläufi,en
Berbleiben im Amte.
Ausland.
Wien, 26. Mai. Die hogoffiziöse Montagstebue meldet,
daß über den Intalt der zwischen Schuwalow und Salisbury ge⸗
flogenen Besprechungen weder von Seiter Rußlands noch Englands
Mittheilungen an die übrigen Mächte gelangt seien, deren Zu⸗
timmung zum Congreß jedoch sicher sei, sobald das günstige Re⸗
sultat der Mission Schuwalows außer Zweifel stehe. Londoner
und Petersburger Nachrichten gestalten jedoch die Annahme, daß
veitere Verhandlungen angeknüpft wurden, welche Schuwalow ver—⸗
anlaßten, frotz seiner weitgehenden Vollmachten, in Petersburg noch
neue telegraphische Informationen einzuholen. Hierdurch wird
erklärbar, daß zuverlässige Meldungen länger auf sich warten lassen
ind widersprechende Nachrichten umlaufen.
Paris, 26. Mai. Die Debars“ veröffentlichen an hervor⸗
‚agender Stelle folgende, offenbur aus cffizidser Quelle stammende
Rotiz: Die Reise des Grafen Schuwalow hat zu einem äußerst
befriedigenden Resultate geführt. Rußland willigt ein, den Vertrag
von San Stefano auf den Tisch des Congresses zu legen. Alle
Machte haben zugesliuumt. Der Congreß würde am 11 Juni in
Berlin zusammentreten. — „Paris Joucnab“, das Organ der Haute
Financen bringt ein Spezialtelegramm aus Petersburg, wonach
Schuwalow und Kumany, der russische Consul in Paris zu Ruß—
lands Congreß-Bevollmächtigten offiziell designirt seien.
Rußlhands Concessionen werden wie folgt deifinirh:
Die Grenze Bulgariens werde nach dem Princ pe bestimmt verden,
daß zwei Drittel der Bevölkerung jedes Ortes den Ausschlaz geben
sollen, vb derselbe zu Bulgarien gehöre oder nicht. Dadurch werden
die Küsten des ägäschen und schwarzen Meeres, wo diele Griechen
vohnen, ausgeschlossen. Rußland würde auch darein willigen, daß
Bulgarien sich nichi über beide Balkanabhänge erstrecke. In diesem
Falle sollte die Verwaltung von „Süd⸗Balkanien“ nicht direlt der
Pforte überlassen werden. In Kleinasien beanspruche es nur Arda-
han und Kars, wogegen es auf Baium verzichte. Auch bezüglich
der Höhe und des Zahlmodus der Kriegslosten werde es nach
ziebig sein.
Paris, 26. Mai. Nach den letzten Berichten des Bot—
schafters Saint-Bailler hegt er noch die Hoffnung, den Besuch
eines Mitgliedes der kaiserlich deuischen Familie bei der Weltaus—
dellung zu erreichen für den Fall, daß die orientalische Frage sich
in ihren friedlichen Tendenzen dauernd erbäll. Man nimni an,
daß dann entweder Prinz Karl oder Prinz Georg nach Paris
ommen würde. — Das hier verbreitete Gerücht von einer baldigen
Ankunft der Kaiserin Augusta ist daher unbegründel.
In Konstantinopel will man in Erfahrung gebracht
haben, daß der letzte Putschversuch Auf russische Anstiftung erfolgt
ei, um unter dem Vorwande der Wiederherstellung der Ruͤhe Koñ⸗
dantinopel überrumpeln zu koͤnnen. Die Regierung ist auf ihrer
hut; sie zieht zahlreiche Truppen hieher. Au der Vershwoͤrung
sollen auch Anhänger Suleiman Paschas betheiligt gewefen sein,
velche den in kriegsgerichtlicher Untersuchung befindlichen Generai
zefreien wollten.
Vermischtes.
*. Die Collecle für die Wasserbeschädiglen ze Esthal zc. hat
in Neustadt Mark 3092.85 ertragen.
F Nach einer Entschließung des königlichen Staalsministeriums
für Kirchen⸗ und Schulangelegenheiten sind Gesuche um Verleihung
von Freiplätzen am Centtal Blindeninstiurt, dem Taubstummen-
Institut und der Erziehungsanstalt für krüppelhafte Kinder in
München alljährlich bis Ende Mai bei den kgl. Bezirlsämtern ein⸗
sureichen. Freizöglinge genießen in diesen Austalten ganz freie
Berpflegung, unentgeltliche ärztliche Vehandlung, Terne und Unmer-
richts- Material; jedoch hat jeder bei Aufnahine und mit jedem
Jahre bei Beginn des Schuljahres einen Kleidungsbeitrage von
36 Mark an die Inspektion zu zahlen. — Für zahlende Zöglinge
zeträgt die Jahrespension 360 Mark und das Schulgeld monatlich
10 Vark.
Weißenburg, 22. Mai. Das Comitee der Schleithal⸗
Weißenburger Pferde:Rennen, welche am Pfingstmontag, den 10.
Juni statifinden werden, verdffentlicht bereits das Programm. Per⸗
oönliche oder schriftliche Anmeidungen werden bei dem Secretär
der Kreisdirektin Weißendurg bis zum 7. Juni Abends 6 Uhr
inter Erlegung des Einsatzes angenommen. Spätere Anmeldungen
nnen kene. Berüchschtigung finden. An zwei Rennen Unnen auch
Pferde aus der Pfalz theilnehmen.
Straßbarg, 24. Mai. Wie der „K. 3.“ miitgetheilt
vird, beabsichtigt man mit der Legung des unterirdischen Telegraphen⸗
labels von Frankfurt a. M. nach Straßburg bis Aufang Juli
ertig zu werden und dasselbe alsdann nach Meß weiterzuführen.
F Mainz, 25. Mai. Der der Ermordung des Riersteiner
Bürgermeisiers verdächtigte Metzgerbursche ist heute nach elftägiger
Haft in Freiheit gesetzt worden Außer dem Mangel au Beweis⸗
naterial, soll um deswillen die Freilaffung erfolgt sein, deß der
Ztaatsbehörde gewichtige Verdachtssmomente gegen andere Persjonen
geworden find.
tFeuerversicherungsbank für Deutschland in
Botha. Die Bank hatte ausweislich ihres letzten Rechenschafts-
verichtes am Schlusse des vorigen Jahres einen Versicherungsbestand
von 2684 Millionen M. erreicht. An Praämien und Zinsen ꝛc.
nahm sie im Jahre 1877 mehr als 810 Millionen M. ein, ver⸗
gütete im ebengenannten Jahre für Brandschäden 969,210 M.
und behielt 6,178.063 M. Ueberschuß, welchen sie mit 80 pCt.
der Prämien ihren Versicherten als Dibidende zurückgewährt.
fBerlin, 22. Mai. In dem Beleidigungsprocesse gegen
Frhrn. O. v. Loe hat heute das Obdertribungl das Erlenntniß des
. Kammergerichts, nach welchem der Angeklagte wegen wiederholter
Beleidigung des Fürsten Bismarck zu einem Jahce Gefängniß ver⸗
artheilt worden ist, vernichtet und die Sache an das Kammergericht
urückgewiefen.
t Berlin, 23. Mai. Die Vorunlersuchung wider Hödel
am hiesigen Siadtgerichte ist beendigt. Für die Annahme, daß
Död l Mitschuldige hatte, hat zsich kein Beweis gesunden, wohl
aber dafür, daß er den Mord schon eine Zil lang beabsichugt hat.
Hödel wird vor den Staalsgerichtshof gestellt werden.
Elephanten⸗Kostüm. Vor dem Elephantenzwinger
der k. k. Menagerie in Schönbrunn bei Wien zweigien sich in den
—R größexen. Gruppen ab,
um sehr differirende Anfichten über eine uber raschende Etscheinung
auszutauschen. Der große Elephant praͤsentirte sich rämlich beklei⸗
)et, dem neuesten Staude der Bekleidungshygiene entsprechend, mit
uinem Netzhemd verseden, welches über den ganzen mächtigen Leihb
eicht und unter demselben mit Bändern zusammengehalten wird.
Die Bekleidung des losispieligen Thieres ist nach dem Beispiel
iamentlich des Londoner Thiergartene erfolgt. Man hat dort bat
Netzhemd adoptirt, wie es in Indien die sogenannten Tempel ⸗
ẽlephanten, welche ein seht hohes Aller erteichen, seit uralter Zeit
tagen. Wenn schon in Indien erfahrungsmäßig wirksam, joll dat
Netzhemd, wie versichert wird, in Euroba ungleich startecen —