bezuglichen Wahlgedanken noch an eine ebentuelle Annahme jener
Wahl seitens des Genannten, dem die derzeitigen preußischen und
Zeruiner Verhälmisse kaum sonderlich lockend erscheinen dürften.
Bernin, 28. Mai. Die von auswärtigen Blättern gebrachte
Nachricht, die Einladungen zum Kongrefse seien bereits an, die
Rabinete abgegangen, wird hier don unterrichteter Seite als un⸗
degründet bejeichnet. — Die auf den 11. Juni anberaumt gewesene
Abreise des Kaisers nach Ems wurde gutem Vernehmen nach auf⸗
—XE
Ein Extrablatt des „Erzgebirgischen Wochenblattes“ in Chem⸗
nitz vom 26. d. M. besagt: „Die heute Morgen im Chemniß ab⸗
gehaltene Volkzversammlung wuͤrde aufgelöst und der Reichstagsab⸗
geordnete Johann Most verhaflet.“ In Folge dieser Vorgänge
find der Staatsanwalt und die beiden ersten Polizeibeamten in
rinem anorymen Briefe mit Ermordung bedroht worden. Auf die
Entwdeckung dies Briefschreibers sind von der Behörde 100 M. Be⸗
lohnung ausgesetzt. Das Thema, über welches Herr Most der
Tagesordnung gemäß sprach war: „Das Reichsgesundheitsamt und
das Nahrungsmittelgesetz“.
NAusland.
Ein Wiener Brief der Kreuzzeitung präzisirt die Hauptaufgabe
des Kongrefsses dabin, daß ihm eine den europäischen Interessen
entsprechende Revision des Friedens von San Stefano zufallen
werde. Die Revision solle in einer Weise stattfinden, die der
Würde Rußlands nicht zu nuhe trete. Saͤchlich wird es sich,
fahrt der Artikel fort, in der Hauptsache um d'e künftige Gestale
jung Bulgariens und der ehemaligen Vasallenstaaten der Türkei
handeln, womit jedoch andere auf den Orient Bezug nehmende Be⸗
rathungsgegenstände nicht ausgeschlossen wären. Man hat Gruxd
zu vermuthen, daß Rußland einwilligen werde, die Grenzen Bul⸗
gariens viel enger zu ziehen, als es im Vertrage von San Stefano
deschieht. Damit würde nicht nur den speziellen Wünschen Groß⸗
bruianniens und Oesterreichs, sondern auch Griechenlands und der
nicht slavischen Bevölkerung Bulgatiens Genüge geleistet und von
Rußland das Gehassige der Meinung hinweggenommen, daß es
durch den Frieden die Bedingungen einer staatlichen Existenz der
Türiei indirelt beseitigen wolle. Indem Rußland auf die Ideen
verzichtet, von welchen es bei Schaffung eines Neu⸗ Bulgariens im
Sinne des Vertrages von Sau Stefano geleitet war, wird es
auch der Möoglichkeit Vorschub leisten, den Aufstand im Rhodope⸗
Gebirge zu dampfen; denn dieser war vorzüglich durch den Wider⸗
willen det Muhamedaner gegen ein über sie zu verhängendes bul⸗
garisches Regiment hervorgerufen. Für ein auf mäßige Grerzen
reduzirtes Bulgarien wird Rußland nicht mehr jenes JInteresse haben.
wie für das Bulgarien des Friedensvertrages von San Stefano.“
Paris, 29. Mai. Die Prinzen Reuß und Baͤttenberg
werden augenblicklich gerüchtweise als Throntandidaten für einige
Theile des zukünftigen Bulgarien gerannt. Ein russisches oder
russisch beeinflußtes Bulgarien, selbsi in veschränktem Sinne, gilt
für unmöglich, dagegen eine Herstellung mehrerer Kleinstaaten für
wahrscheinlich.
RKom', 28. Mai. Der deutsche Botschafter v. Keudell über⸗
reichte dem König Humbert von Italien die Insignien des dem⸗
selben anläßlich seiner Thronbesteigung von dem Kaiser Wilbelm
herliehenen schwarzen Adlerordens.
Petersburg, 29. Mai. Die „Agenee Russe? bestaͤligt,
indem sie anderweitige Zeimngsangaben widerlegi, daß bis jeßzt die
Zabineie lediglich vertraulich befcagt wurden, ob das ins Auge
gesaßte abet noch niot festgese zie Datum des 11. Juni für den
Zusammentritt deß Kongresses ihnen lonvenire.
— ⏑ —
Vermischtes.
pFrankenthal, 28. Mai. Heute Nacht sind aus dem
Unterfuchungsgefängnisse drei schwere Verbrecher ausgebrochen: Epp⸗
ling aus Frankenttal, welcher türzlich wegen schweren Diebstahls
———— jedoch noch nicht dahin
abgelieferti werden lonnte, weil bas Urtheil noch nicht rechtskräftig
geworden. Blappert aus Hochdorf, welcher wegen Raub, begangen
an dem Seisensieder Müller in Ludwigshafen, und Bechiel von
Weisenheim a. S., welcher wegen verschiedener Diebssaͤhle, u. a.
eines Bettes zum Nachtheil des Gastwirths Heinrich Dilg, in Un⸗
lersuchungshoft sich besanden. Die Ausbrecher wußlen d'ie Schlüssel
ihrer Zelle abzubrechen, was um so auffallender erscheint, als die⸗
selben in verschiedenen Zellen sich befanden, und dann ihren Weg
über die Umfassungsmauer nach der Promenade zu genommen.
Blappert waren feiner Gefähclichkeit wegen Ketten angelegt, deren
et sich jedoch zu entledigen wußte und die er aud zurück lich.
Vereis in oiller Fruhe war der Telegraph nach allen Richtungen
mhaͤtig und auch die Gendarmetie ist tuͤchtig hinter den Flüchtlingen
her; obd es aber gelingen wird, dieselben jezt, wo ein jeder Korn⸗
ader ein willkommenes Versteck bietet, sobald wieder dingfest zu
machen, möchte zu bezweifeln sein. Jedensalls bleibt es unerklär—⸗
sich, wie es möglich war, ohne Instrumente und sonstige Hilfs⸗
mittel die saͤweren und soliden Schlösset und Riegel der massiven
Befangnißthüren zu befe tigen. (Ir. W.)
Frankenthal, 29. Mai. Ueber den gestern bereits
nitgetheüten Ausbruch von drei Gefangenen aus dem hiesigen Ge⸗
anzniß erfat ren wir noch folgendes Nähere: Bechtel, welcher eine
Zelle allein inne hatte, wußte ein zum AufsteLen des Fensters die⸗
nendes Eisen (sogenannte Scheere) loszureißen, mitlelst dessen er
den in der Zelle befindlichen Abtritt demolirte und dann, unter Be⸗
zütung einer kaum sichtbaren kleinen Ritze im Holz, das vorn außen
los mit einem Riegel verschlossene, zum Entleeren des Abtrines
enende Thürchen zu öffnen wußte, durch welches er sich hindutch⸗
wärgte. Einmal im Bange, öffnete er an der Eppling nad Bap⸗
dert deherbergenden Zelle das naͤmliche Thurchen, worauf diese bei⸗
den auf demselben Weg ebenfolls in den Gang gelangten. Es
hlieb nun noch die massive, mit einem starken Schlosse versehene
Hangthür zu bewältigen, was dieselben durch Abschrauben des
Schlosses zu bewerkstelligen suchten. Da sich trotz des Losloͤsens
der Schrauben das Schloß nicht vollständig entfernen ließ, so hoben
se mittelst abgebrochener Stuhlfüße die Thür aus den Angeln und
hefanden sich nun in dem an die Promenade angrenzenden Hof der
Anstalt, von wo aus sie nur noch die allerdings ziemliche hohe
Mauer zu übersteigen hatten, um in das Freie zu gelangen. Der
Fesseln hatte sich Bappert dadurch entledigt, daß er dieselben mittelst
des oben etwaͤhnten Stuhlbeines etwas oval drückte, wodurch es
ihm möglich wurde, die Füße, wenn auch vielleicht mit großer An⸗
trengung herauszuziehen. (SFr. W.)
pMalzaufschlag in der Pfalz. Von dem k.
Finanzministerium, sowie der Generalzolladministtation sind sämmt⸗
iche Verfügungen, welche die Einführung des Malzaufschlaggesetze8
m der Pfalz vom 1. Juli l. Is. an ermoͤglichen, bereits getroffen.
gqᷓs werden 30 —38 Aufschlageinnehmer beziehungsw. Malzaufseher⸗
zosten daselbst errichtet werden, viele dieser Stellen werden mit
echtsrheinischen Aufschlagsbediensteten besezt werden. Die vom 8.
bis 10 Aptil d. Is. dahier abgehaltene AXR
hat mit geringen Ausnahmen udgürstige Resultate ergeben.
pAÄugsburg, 27. Mai. Das weltberühmte Hatel zu den
drei Mohren in Augsburg wurde in heutiger öffentlicher Versteige⸗
rung von dem größten Glaubiget nach der Bayer. Hypotheken⸗ und
Wechselbank, dem Herrn Finanttath 8. A. Riedinger ersteigert,
der 18 in bisheriger Weise forlführen läßl. Somit bleibt das
Unternehmen seinem ursprünglichen Zwed erhalten.
pSchwetzinzgen, 28. Mai. Ein Riesjenspargel im Ge⸗—
wichte von 281 Gramm wurde letzter Tage dahier gestochen. Durch
die noßkalten Nächte ist der zägliche Ertrag im Durchschnitt ge⸗
ringer, der Spargel dagegen um so zarter und schmockdaftet. (B. L. 3.)
p'Aus dem Elsaß, 26. Mai. Verifloffenen Freitag
Nachmittag richtele ein fürchterlichr Sturm in den Gemeinden
ꝛ ftett, Gambsheim und Offendorff a. Rhein großen Schaden an:
—X zusammengerissen.
In Offendorff liezgen mehrere Wohnhäuser armer Lente vollständig
Ferstört. (B. L.Z.)
In Kreuzuach ist in der NRacht vom 22.- 28. Mai
ein Theil der Gräff'schen Tabalfabrik abgebrannt.
p uAm 25. jand in Frankfurt sa. M. die Generalver⸗
jammlung des deuischen Jagdschutz-Vereins unter dem Vorsiße det
Reichstagsab geordu den Fürsten Hohenlohe: Langenburg flatt. Uuj
der Tagesordaung stand als Haupt-Gegenstand ein neuer Siatuten⸗
Entwurs. Die Äenderungen bezwecien haupisächlich, den Landes⸗
dereiuen und Seklionen größere Freiheit zu geben. Der Entwurf
vurde ohne Debatte genehmigt. Danach verfolgt die unter dem
Ramen „Allgemeiner Deui,cher Jagdschuzverein“ mit ihrem Sitß in
Dreseden bestehende und mit den Rechten einer juristischen Person
versehene Genossenschat (mit beschränkier Hafipflicht) den Zwech:
z) gegenseitiger Unterstützung mit Beihilfe der Staals behbrden zur
Purchführung der Gesetze über Jagdpolizei und Wildschonung im
janzen Deutschen Reiche: b) insbesondere dem Unwesen der Wild⸗
Fiebe und Jagdkouttavententen mit allen gesetlichen Mitteln ent⸗
zegenzutreten; e) den Handel mit Wild und Wildpret in nerhalb
zer gesezlich n Schonzeit zu yerh'ndern; d) de Pflichttreue einzelnet
zagdschuzbeamten durch Prämien und Belobungen anzuerlennen:
) Jauf dem Gebiete der Gesetzgebung eine den Aasorderungen
iner guten Jagerei enisprechende Revision der jagdpolizeilichen
Borscriften und Bestimmungen über die Schonzeit des Wildes in
Fen einzelnen Staaien des Deutschen Reiches anzustreden. Dei—
xitisstüühig find diejenigen Personen, die nach den Geseten ihres
dandes zur Lösung einer Jagdkarte, eines Jagdscheines oder zut
usubung der Jagd derechtigt sind. Weggel ssen wurde die Ve⸗
limmung der allen Stamien, wonach jedes Mitglied verpflichtet
var, eine zur Kenntniß kommende Jagdtontravention zut Apzeige
zu bringen. Ein Fünftel der Jahresdeuräge, sowie die Erntins⸗
Jelder, Schenkunzen u. dol. laufen in die Kasse des Vereins, vier
Fünftel der Beiträge kommen den Landes und Sehlionsvorständen
u Gute. Jahresbeitrag und Eintritisgeld sind bit 1. Januat
1381 auf 5 M. festgesetzt. Zur Wahrnehmung der lotalen Inte