Sst. Ingberler Anzeiger.
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M 10. Donnerstag, den 17. Jauuar B IJ 1878.
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Deutsches Reich.
München, 12. Jan. Während der Debatle in der letzien
Sitzung des Petitionsausschusses äußerte sich Herr Staatsminister
Dr. v. Fäustle folgendermaßen: Bei den Bezirksgerichten, künftigen
Landgerichten, könne es möglich werden, daß einige kleinere Bezirks—
gerichte eingezogen werden, weil an den künftigen Landgerichten
mehr Räthe nothwendig werden. Allein Bestimmtes könne er
darüber noch nicht mittheilen, weil nach stinem Dafürhalten die
Frage der Gerichtssitze die allerletzte sei bei der Organisation.
Anders verhalte es sich mit den jeßigen Landgerichten, den kuüuf—
tigen Amté gerichten. Diese erhielten einen größeren Geschäftszu⸗
waͤchs und wenn er da seine konservativen Gesinnungen walten
lassen könne, würde kaum eine große Verändernng bezüglich der
Berichtsfitze eintreten. Hierauf ergriff Abg. Selluer das Wort und
Itlärie, daß er durch de Aeußerungen Sr. Etzellenz sehr beftiedigt
sei, da ja der einstimmige Wunsch der Bevsikerung dahin geht, die
künftigen Amtsgerichte möchten nicht zu groß werden, damit dem
Publitum nicht durch weite Gänge, durch Uebernachten, oder Be⸗
nützung von Gefährten allzus große Kosten erwachsen. Er nehme
mii Freuden Akt von der Erklärung Sr. Exzellenz. Herr Ab⸗—
geordneter Stobäus beantragte, die Aeußerungen des Abgeordneten
Sellnet ausdrücklich ins Protokoll aufzugehmen.
Ausland.
Wien;, 16. Jan. Die „pPresse“ meldel aus Tiflis: I
mael Haki Pasha stellte Loris Melikoff den Autrag, Erzerum gegen
freien Abzug der Trupen übergeben zu wollen.
Paris, 14. Jan. Der „Temps“ verdffentlicht ein Resume
aus einer politischen Unterhaltung, die sein Londoner Korrespondent
mit dem in London eingetroffenen Midhat Pascha gehabt hal.
Midhat Pascha glaubt danach, daß der Waffenstillstand. nicht vor
der Erdffnung des englischen Parlaments unterztichnet werden wird
ind fügle hinzu, daß ein einziger Schimmer von Hoffnung auf
Unterstützung seitens der Eagländer sür die Türken genüagen würde,
den Kampf ju verlängern.
Rom, 14. Jan. Sämmil'iche Erzbischöfe und Bischöfe
Ober⸗Italiens haben Requieme sür den König Viktor Emanuel
angeordnet. Der Papst defahl, daß allen bezüglich der Leichenfeler
etwa zu stellenden Anforderungen entsprochen wird, und gestattete,
daß die Geistlichlkeit daran theilnehmen könne. W
Rom, 15. Jan. Der deutsche Kronpr'nz sprach Depretis
und Crispi gegenüber den Schmerz und die Theilnahme des deut⸗
schen Kaisers, sowie der Mitglieder. des Königshauses und der
deutschen Nation beim Tode des Königs Victor Emanuel aus.
Turin, 14. Jan. Der hiesige Erzbischof erleß ein Hirten—
schreiben, weltes sich voll Bedauern über den Tod des Königs
ausspricht und hervorhebt, daß dieser Verlust mit Recht allgemein
als ein öffentliches Unglück beklagt werde. Der Erzbischof richtet
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verstorbenen Königs zu beien, wie auch für den König Humbert,
auf daß Letzterer zum Wohle des Staates mi Gottes Hilfe regiere.
Es folgen daraaf die Justruktionen für die Abhaltung voa Seelen-—
messen in allen Kechen.
Brüshel, 14. Jan. Das Journal „Nord“ äußert sich
jolgendermaßen über die Dardanellenfrage: wenn die Schließung
der Dardanellen aufrecht erhalten wede, müsse Rußland dieseibe
durch hinreichende Garantien sichern, damit die Schliebung sich als
rine ernst gemeinte und permanente darstelle. Angesichts der
Schwierigkeit, solche Garantien zu finden, etkiärt sich „Nord“ für
Deffnung der Dardanellen, welche Rußland die seiner Giöße ent⸗
prechende Ausbreitung seiner maritimen Macht erleichtere. J
Pera, 15. Jan. Die Russen stehen vor den Thoren von
Philippopel, wo man stündlich eine Schlacht erwartet. Die Konsuln
der fremden Mächte verlangen den Abschluß einer 24stünd gen
Waffenrnhe, um die flüchtigen Familien wegzuschaffen, zu deren
Entsernung es bieher an der hinreicherden Anzaht von Eisenbahn⸗
Waggons gebrach.
Konstantinopel, 14. Jan. Sicherem Vernehmen nach
sind die türkischen Unlerhändler heute in's russische Hauptquarlier
abgereist.
Konstantinopel, 16. Jan. Am Montag wurde eine
Jroße Schlacht zwischen Tatarbasordschik und Philippopel geschlagen
ind am Dienstag det Kampf wiederbegounen. Suleiman nahm
'eine Stellung näher bei Philippopel und forderte die Bewohner
dieses Ortes auf, die Stadt zu verlassen. Die Russen kamen von
Tchirpan an und marschiren auf Jenimahalgre.
Petersburg, 14. Jan. Außer Eupatoria wurde auch
Feodosia von den Türken bombardirt. Die Beschießung offener
Sztädte, gerade in einer Zeit, in der ein Waffenstillstand uach—
gesucht wird, macht einen um so mißlicheren Eindruck, als bisher
'olches nicht geschehen war.
Vermischtes.
7 Zweibrücken. (Zuchtpoltzeigerichts- Sitzung m 29.
Dez. 1877.) Der 32 Jahre alte Maichinentechniker Millpp W.
zus Bildstock in Preußen begab sich am Nachmittag des 14. Oiĩt.
abhin mit einigen Kameraden, darunter einem gerade in Urlaub
hefindlichen preußischen Pioniere, nach St. Jugbert. Nachdem die
Besellschaft den Nachmiltag über daselbst gezecht hatte Araten die,
tzurschen spät Abends ihren Heimweg an und begannen dabei ihnen
egezneuds Personen⸗zu einfultiren. Als fies hierwegen don einigen
Peannern zutechtgewiefen wurden, riß W. dem neben ihm gehenden
Zioniere den Säbel aus der Scheide und versetzte einem un dem
ntstandenen Wortwechsel gar nicht betheiligten „„sondetn zufällin
erade vorübergehenden Bergmanne damit einen Hieb auf die lintke
Wange, so daß die hiedurch herbeigeführte Wunde zehs Tage zu
hrec Heilung erforderte. Zum Glücke war die Wasse nicht ge⸗
chlffen, jsonst würde der mit großer Kraft geführte Hieb weit
zefährlichere Folgen gehabt haben. Die Strafe lautete gegen den
eilher sehr gut beleumundeten Beschuldigten mit Rücksicht auf die
Befährlichkeit der zudem einer ganz unbetheiligten Person gegenübec
zebrauchten Waffe auf 3 Monate Gejängniß.
F Am 12. ds. gelegentlich einer Jagd im Reviere Hauptstuhl
bei LKaudst uhl, wodei zwei Wildschwveine geschossen wurden,
fand, wie die „Pf. P.“ berichtet, der Skumm'sche Unterförster
dukes einen ledenden Schmetterling (Citronexfalter), hei einer
Morgen Teuperatut voun 12 Grad Kaͤlle. Gewiß merkwürdig !
7 Die Actien- Dungecfabrik Kaiserslautern gibt für,
das abgelaufene Betriebsjahr eine Dividende von 11 pCt. J
FeWie dem „Pf. K.“ geschrieben wird, stände der Zusammen⸗.
hruch der Aktienbrauerei in Kaiserslautern und damit kür
diele Familien der Pfolz, die sich an dem Unternehmen betheiligt,
chvere Verluste zu gewärtigen. Der größte Theil des Kapitals
oll verloren fein. Es erscheint daher dringend gebolen, daß die
rächste Generalversammlung der Allionäre recht zahlreich besucht werde,
damit die Interessen der Gesammtheit gehötig gewahc: werden können.
F In Trippstadt hatte dieser Tage eine arme Wittwe ein
zöses Mißgeschick. Dieselbe hatte, um ihren Verbindlichkeiten nach—
lommen zu lönnen, ihre Kuh verkoust und legte den Eilds für
dieselde, bestehend aus einem Hundert- und einem Fuͤnfz g-Marke
chein in die Tischschublade, in welcher auch das Brod aufbewahrt
var. Wöoöhrend der Abwesenheit der Frau kam ihr kleiner Junge
an die Schublade, um sich ein Stück Brod zu schneiden und be—
nerkte darin die beiden niedlichen Bild hen. Spieciend griff der
dnabe nach dem Füufzig-Markschein und es dauerte nicht lange,
» flackerte derselbe lustig im Feuer des Ofens. Der Schrecken der
ermeun Frau läßt sich denken. Pf. V.)
x.In einer Wirthschaft in Horrweiler haben dieser Tage
unge Leute und zwar Söhne der ersten Landwirthe, auf eine
Wette hin Branntwein geirunken. Die Folge davon war, daß
iner der Burschen zusammenflürzte, und daß es nur mit größter
Muühe und Aufbietung aller Kunst des schnell herbeigerufenen Heil⸗
gehülsen gelang, ihn am Leben zu erbalten