Sl. Ingberler Anzeiger.
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Dienstag, den 25. Juni. 1878.
A 98ß.
Deutsches Reich.
Qtölhn, 23. Juni. Die „Kölnischer Zeitung“ veröffentlicht
folgendes Wiener Telegramm: Ofsiziell wird mir bestäfigt, daß
ine Verständigung zwischen Sigland, Oesterreich und Ruüßland be—
züglich der Grenzen der Bulgarei erfolgt sei; die Einzelheiten der—
selben mitzuth ilen, ertlärte man sich außer Stande, versichert aber,
daß das sorben hier bekannt gewordene, auf diese Angelegenheit
besügliche Berliner Telegramm der „Times? höchst mangelhaft sei.
Graf Andrassh ist stets dafütr gewesen, daß in den rumelischen
Festungen süblich des Balkans die Türkei das Besotzungsrecht!
behielte. England hatte in den letzten Abmachungen mit Rußland
d'esen Puntt fallen lassen. Oesterreich aber nun ist es gelungen,
hier seinen Standpunkt aufrecht zu erhallen, dagegen scheint nördlich
des Balkans in Bulgarien die Türkei ein Besatzungsrecht nicht zu
erhalten.
Karl Spanier, Oekonom und Gemeinderath in Mühlbach, Jakob
Höh, Ackerer in Laatzkirchen, Johann Philipp' Lang, Seifensieder
in Landau, Karl Brack, Gutsbesitzer in Wachenheim, Franz Philipp
Rebholtz, Wirth und Adjunkt in Siebeldingen, Karl Schwarz,
Dekonom in Windsberg, Ludwig Bachmann, Zimmermann und
Adjunlt in Eenstweiler, Michael Höh III., Ackerer in Gerhardsbrunn.
2) Als Ersatzgeschworne: Ludwig Lang, Oekonom und Post⸗
halter, Peter Loch, Zimmermann und Gemeinderath, August Kranz⸗
bühler, Buchdruckereibesitzer, Theodor Märker, Rentner und Bürger⸗
meister, Blasius Bähr, Uhrmacher, diese alle in Zweibrücden wohnhaft.
F Zweibrücken, 24. Juni. (Schwurgericht.) Verhand⸗
lung gegen Katharina Fuch s, 80 Jahre alt, ledige Dienstmagd
von Speier Tochter des Ackerers Georg Fuchs daselbst, angeklagt
des Kindesmordes vertheidigt vomek. Advokatanwalt Frenckel.
WVie Angeklagte sieht in sittlicher Beziehung in üblem Rufe.
Schon früher hat sie einmal unehelich geboren. Gerichtliche Stra⸗
jen sind gegen sie jedoch, außer einer geringen Geldstrafe wegen
Felddiebstahles, noch nicht verhängt worden. Vor drei Jahren
nerließ sie das elterliche Haus, nahm Kost und Logis bei fremden
deuten und arbeitete sodann in einer Cigarrenfabrik in Speier.
Im vorigen Jahre zrat sie Ende August bei dem Müller Feldner
zaselbst in Dienst. Ihr körperliches Aussehen ließ daraufk schlie⸗
jen, daß sie schwanger sei. Wenn sie jedoch hierüber von ihrer
Diensiherrschaft zu Rede gestellt wurde, stellte sie einen solchen Zu⸗
stand jedesmal auf das Eutschiedenste in Abrede, ja drohte sogar
nit Verklagen. Am Vormiltage des 2. März abhin fühlte sie sich
uawohl, vesorgte jedoch⸗ ihre Arbeit nach wie vor. Als gegen
Abend das Anwohl ein zunahm, redete ihr Ehefran Feldner zu,
doch ihren Zustand einzugestehen und sich die nöthige Hilfe ange⸗
deihen zu lassen. Als sie auch jetztk noch leugnete, forderte Ehe:
rau Feldner sie auf, das Haus und den Dienst zu verlassen.
Vorher hatte besagte Ehefrau eine Hebamme kommen lossen. Die
Angeklagte verließ jedoch vor deren Ankunft gegen 8 Uhr Abends
das Haus ur'd kehrte erst gegen 10 Uhr wieder dahin zurück.
Sowohl die durc den k. Bezirksarzt am anderen Taze vorgenom⸗
mene Untersuchung, als eine Reihe anderer Indizien wiesen darauf
hin, daß sie geboren haben müsse; aber auch jetzt bestritt sie Dies
hartnäcktg und suchte allerlei Ausflüchte. — Dit Nachforschungen
nach dem Kinde blieben Anfangs erfolglos, bis dasselbe am
31. März im Rheinhafen in Speier wenige Meter vom Uier ent⸗
fernt in einem Schurze eingewickelt, in dem sich zugleich ein 12 Pfund schwe⸗
cer Stein befand, aufgesunden wurde. Dasselbe war weiblichen Ge⸗
ichlechts, sein Mund war mit einem von dürrem Grase gedrehten Pfropfe
sest verstopft. Die gerichtliche Obduktion und Seltion der Leiche
ergab, daß das Kind vollkommen lebensfähig gewesen war und
auch nach der Geburt gelebt hatte. An dem Kopfe waren an ver—⸗
schiedenen Stellen Knochensprünge wahrzunehmen; das Gehirn war
breiig zerflossen. Nach dem ärztlichen Gutachten war zuerst der
Kopf des Kindes in sehr gewaltthätiger Weise auf einen harten
störper aufgeschlajen worden; darauf hatte das Verstopfen des
Mundes mit dem erwähnten Graspfropfen Statt gefunden. Diese
beiden-Gewaltakte waren allein schon hinreichend, den Tod dedt
sindes herbeizuführen. Als dasselbe in das Wasser versenkt wurde,
war es schon nicht mehr am Leben.
Die Angeklagte legte nach anfänglichem Leugnen ein theilweises
Beständniß ab. Sie habe danach in der Aufregung und Ver—⸗
zweiflung an dem kritischen Abend mehrere Straßen Speiers durch⸗
wandelt und schließlich am sogenannten Mittelsteg, einer hinter dem
Feldner'schen Anwesen über den Spegerbach führenden Brücke, geboren.
Es sei ihr alsbald der Gedanke gekommen, das Kind, das gelebt und
geschtieen habe, zu tödten. Sie habe sich daher an den Rheinhafen
bdegeben, aus dort am Ufer wachsendem Grase einen Pfropf ge⸗
dreht und dem ächzenden Kinde in den Mund gesteckt, um es zu
zxsticen. Es habe aber noch Lebenszeichen von sich gegeben, weß⸗
qJalb sie es mit einem Steine beschwert in das Wosser versenkt
zjabe. Die an dem Kinde vorgefundenen Kopfpverletzungen bestritt
die Angeklagte demielben beigebracht zu haben. Dieselbe wurde zu
einer Zuchthausstrafe von sechs Jahren verurtheilt.
Ausland.
Wien, 23. Juni. Unsere offi;zibsen Blätter sind sehr be⸗
friedigt über die neuesten Berliner Berichte bezüglich der Regelung
der buͤlgarischen Frage. Oesterreichs Wünsche speziell betreffs Ver⸗
hinderung der Schöpfung eines neuen großen Bulgarenreichs, würde
durch die Congreßabmachungen vollkommen genügt. 3W
Wien, 28. Juni. Die ungarische Ernle wird eine ungünstige
werdean. Man schätzt den Ausfall, den dieselbe durch aufgetretenen
Brand erleidet, auf 20 Procent. — Die galizische Bahn weist eine
Mehreinnahme von 8389,45 Fl. aus.
Paris, 283. Juni. Das Amisblait“ veröffentlicht unter
gestrigem Datum den Tagesbefehl des Kriegsministers an das Gou—
bernement von Paris, in welchem er das letztere beglückwünscht für
die musterhafte Haltung der Truppen bei der zünosten Rebue am
20. ds. Die Journale, indem sie diesen Tagesbesehl wiedergeben,
nehmen gleichzeitig Bezug auf die vorjährige Repue unter dem
verflossenen Ministerium, wo Marschall Mac MNahon die denkwürdigen
Worte sprach: „Er würde seine Mission zum Ziele führen.“
Konstantinopel, 22. Juni. Die Russen legen Torpe—
dos zwischen San Stefano und Rodosto; 19 Torpedoboote sind
für den Tschekmedscher See angekommen.
Vermischtes.
F St. Ingbert, 24. Juni. Gestern Abend zwischen
8 und 2210 Uhr entlud sich über unseret Stadt und Gemarkung
ein sehr heftiges Gewitter. Ganzt Feuergarben zuckten durch das
grauschwarze Gewölk und ein wolkenbruchartiger Regen strömke un⸗
unterbrochen fast eine volle Stunde hernieder. Glüclicherweise
hatten wir keinen Hagel und haben unsere Gärten, Wiesen und
Felder nur durch eine starle Ueberschwemmung gelitten. Immerhin
ist der Schaden ein erheblichet. — In den Straßen fluthete fuß—
hoch das Wasser und aus niedergelegenen Ställen mußte das Klein⸗
bieh gebracht werden, um es von dem Ectrimken zu reiten.
F Zweibrücken, 24. Juni. Zur Schwurgerichissession
des 2. Vierteljahres 1878 wurden eingerufen:
1) als Hauptgeschworne: Heinrich Schneider, Ackerer und
Adjunkt in Oberndocrf, Jakob Will, Guisbesitzer in St. Martin,
Mich. Wack, Kaufmann in Kusel, Peter Hafner, Ackerer in Einöd,
Friedrich König, Bierbrauer in Pirmasens, Ossscar Karl
Ludwig Krämer, Eisenwerksbesttzer in St. Ingbert,
Jakob Oderlinger, Bierbrauer und Bürgermeister in Hornbach,
Rudolph Schmitt, Weinhändler in Deidesheim, Johann Stetz,
Ackerer und Gemeinderath in Altenbamberg, August Karl Kuby,
Weinhändler in Edenkoben, Ludwig Brünisholz, Kaufmann und
—AD
rath in Bellheim, Johann Georg Reudelhuber III., Müller in Lambs⸗
heim, Peter Schatto V., Ackeret und Adjunkt in Obermoschel,
Jalob Lebeau, Landwirth und Bürgermeisier in Daunnstadt, Philpp
Schuck, Berbrauer in Kaiserslautern, Friedrich Eckel, Weinhändler
in Deidesheim, Georg Wolf jun., Ackerer in Wolfersheim, Michael
Altfchuh, Holzhändler in Sarnstall, Jakob Lambach, Gemeinderalh
und Ackerer in Ingenheim, Jatob Christ J. Landwirth und Adjunk
in Iggelheim, Johann Georg Lehmann, Bürgermeister in Limbach