Full text: St. Ingberter Anzeiger

ↄi. Angberter Anzeiger 
der St. Jugberter nzeiger und das (2 mal wöchentlich) mit dem Hauptblatte verbundene Unterhaltungsblatt. (Sonntags mit illustrirter Vei⸗ 
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M 108. Donnerstag, den LI. Juli. — 1878. 
Deulsches Reich. J 
Berlin, 10. Juli. Der Staatsgerichtshof sprach 
heute das Todes urt heil gegen den Attentäter 
dodel aus. 
Mänchen, 8. Juli. Gestern Abend warde dem Abg. 
Crämer das Referal über die besden Gesehentwürse, den Bedarf 
üe Erweiterung der Pfälzischen Eisenbahnen betreffend, überiragen, 
and heute Abend wird derfelbe an den Ausschuß mündlichen Be⸗ 
richt erstatten. (ẽr. K.) 
Berlin, 9. Juli. Die fürkisch-englische Kondention wegen 
Abtretung Cyderns ist unter Wissen Rußlands abgeschlossen. An⸗ 
drosshy scheint verständigt gewesen zu sinnn. I 
Berling 9. Juli. Bezüglich Erledigung der Vatumsfrage 
bestätigt sich völlig, daß die önffestigungsfrage vom Congreß in 
einer Weise berührt wurde. Morgen glaubt man, den Rest der 
dem Congresse vocliege den Fragen zu erledigen und vielleicht schon 
irtikelweise mit der Lesung des Verkrages beginnen zu können. 
Dieselbe würde Donnerstag fortgesetzt und voraussichtlich beendigt 
verdeu. Alsdann würde Freitag keine Sitzung stattfinden und 
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Berlin, 10. Juli. (Prozeß Hödel.) Das Kamn ergerichts⸗ 
jebäude war schon am frühen Morgen von dichten Menschenmassen 
umlagert. Gegen 684 Uhr traf unter Eslotie reitende Schutz⸗ 
nänner der „grüne Wagen“ mit Hödel ein, der an Haͤnden und 
Füßen gefesfselt und unter Verwünschungen der an den Waogen heran⸗ 
»rängenden Menge nach dem Innern des Gebäudes geschafft wurde. 
Hussand. 
Wien, 9. Juli. Die „Pol. Korr.“ meldet aus Kon—⸗ 
tantinopel: Fürst Labanoff erklätte der Pforte, daß die 
Kussen, ungeachtet ihrer Rückmarsch⸗ Vorbereitunger, San Siefano 
zst nach der Räumung Varna's und Schumla's verlassen würden. 
London, 8. Juli. (Unterhaussitzung.) Auf eine Anfrage 
hartington's erklärte der Staatssekretär des Innern, Croß: In 
Hinblick auf den Umstand, daß Rußland einen Theil des asiatischen 
Bebiels des Sultans behalten würde, gingen die Konigin und der 
Sultan am 4. Juni eine Konvention folgenden Inhalts ein: 
Falls Rußland Batum, Ardahan, Kars oder einen von diesen 
Plaͤtzen erhält und falls Rußlaud irgend zuklnftig versucht, Besitz 
jon einem weiteren Theile des asiatischen Gebieses des Sultans, 
ils dem durch den definitiven Friedensvertrag festgesetzten, zu neh⸗ 
men, so verpflichtel sich England, in der Vertheidigung dem Sultan 
beizustehen. Der Sulltan verpflichtet sich, die Besetzung Cyperns 
durch England zu gestatten. Fauls Rußland je der Pforte das 
durch den jüngsten Krieg in Äsien eiworbene Gediet zurückgibt, 
jört die Konvention auf und England räumt die Juset Cypern. 
Da die Bedingungen, auf denen die Konvention basitt, jeßt einge⸗ 
relen sind, hat die Pforte den Firman erlassen, welcher zur Ueber⸗ 
racçung Cyperns auf England ermächtigt. England ergreift sofort 
Besitz davon; Wolseleh ist zum Verwalier der Insel ernannt. Die 
zezüglichen Schriftsiüde werden heuie vorgelegt. 
London, 9. Juli. Das „Reutersche Bureau“ meldet aus 
donstantinopel: Bezüglich der Ollupation Bosniens sei eine Eim— 
jung zwischen Oestetteich und der Pforte auf der Grundlage einer 
— Besetzung durch O sterreich und der Pforte erzielt 
orden. 
London, 10. Jull. Die nationale Vereinigung aller libe⸗ 
alen Vereine veröffentlicht einen Aufruf, worin sie das Land auf⸗ 
orderten, fofort euergisch gegen die Annexion Cyperns und die 
sheimnißvolle Art zu protesicen, it welcher die Regierung die 
lllianz mit der Tüͤcke abgeschlossen hat. 
PBetersburg,9. Juli. In hiesizen hohen Kreifen cir⸗ 
ulirt ein autographirtes Peemorandum dez Prinzen Peter von 
Adenburg. Daffelbe knüpft an den Zusammentritt der Congreß⸗ 
Zevollmächtigten in Beruin und an die schmerzlichen Umsttinde cu, 
ner denen derselbe erfolgte. Die ganze Well, erschreckt durch die 
atsezlichen Ereignisse in Berlin, ftage: Sollen wir eine Vveute 
er Internationalen werden. die darauf abzielt, die Grundlagen 
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der Gesellschaft zu erschüttern, die Throne und Regierungen zu 
dürzen, die Religion ju vernichten Die Ideen der Sodialisten 
nerbreiten sich in erschreckender Weise, die Geschichte beweise, daß 
nan Ideen nicht mit Bayonellen belämpfen köͤnne; daß, um die 
deine verbrecherischer Ideen aus zurotten, es der gleichzeitigen über⸗ 
rinstimmenden Thätigkeit aller Regiexrungen und Fürsten bedürfe. 
Zider hatten die Regierungen troß aller Verkehrheiten der Ideen 
des Socialismus demselben Vorwände zur Unzufriedenheit gegeben, 
ꝛesonders durch die Blutsteuer, die schwer auf dem Volke laste. 
Es genüge nicht, einen Freden zu schließen, so ehrenvoll derselbe 
ein mone, wenn man einen Frieden fortseße, der den Regierungen 
die Mittel raube, das Volk zu unterstützen und verläßliche ver⸗ 
»esserungen in der inneren Verwaltung einzuführen. Jede Regierung 
ʒedürfe einer ihrer politischen und geographischen Lage entsprechen⸗ 
denn bwoffneten Macht. Sie abzuschaffen, wäre eine verbrecherifche, 
innlose Idet, aber die gegenwärigen von Robespiete eingeführte 
Massenaushebung müsse geändert werden. 
Rermischtes. 
St. Ingbert 1I1. Juli. Vorgestern wurde ein junger 
barfüßler von hier in Si. Johann verhaftet, weil er in einem 
»ortigen Laden ca. 18 — 20 Mi. entwendet hatte. Bei seiner 
Durchsuchung fanden fich noch ca. 16 Mi. vor, außerdem ein neues 
Bortemonnaie und neue Strümpfe. Derselbe hat alles einzestanden 
ind sieht seiner verdienten Strafe nun entgegen. 
FBrebaq, 10. Juli. Demnächst sollen hier und zu 
Z„chafbrücke ca. 150 italienische Arbeiter untergebracht werden, 
velche im Dienste eines Untecnehmers beim Vace der neuen Eisen⸗ 
ahnslrecde Si. Johann⸗St. Ingbert beschäftigt werden. (S. 3.) 
Das t. Polizeigerich Kaiserslautern bat am 6. 
). M. den Cigarresfadrikanten Julius Theobald wegen Beleidigung 
u 2 Monaten Gefängniß verurtheilt. Derselbe hatte die Unler— 
eichner eines gegen den sozialdemokratischen Agiiotor Dreesbach 
erichteten Aufrufs als „Kerls“ und .Lumpen“ bezeichnet. Einer 
ieser Unterzeichner, und Malzfabrikani Katl Bockler, hatte Klage 
rhoben. Theodald gilt in Kaiserslautern als der eigentliche 
Führer der dortigen Sozialdemokraue. 
F Aus Weisenheima—. S., 6. Juli, schreibt die „Pf. 
8.“: Die Kirschenerndte ist nun vorüber. Der Ertrag war in 
iesem Jahre ein sehr ergiebiger, Halbreife Kirschen wurden 
venige aber so mehr reife —XXL 
Veisenheim wurden 9000 Körbe, der Korb zu 50 Pfund', auf 
VBägen und zu Schiff den Rhein abwäris 16,000, der Korbu 
30 bis 70 Pfund, abgeschiät. Es gingen also von hier ab 
15, 000 Koͤrbe Kirschen. Rechnen wir den Korb durchschnitilich zu 
30 Pfund, so haben wir 1,800, 000 Pfund. Das Pfuͤnd wurde 
u zwarzig bis zu zehn Pfennig verkauft. Nehmen wir im Durch⸗ 
bnitt 12 Pfennig, so haben wir einen Etlös bon Kirschen für 
ieses Jahr in der Summe von 180,000 Maunt. Die —XV 
ingen von hier ab nah England, Hamburg, Bremen, Lüded, 
derlin, Düsseldorf, Cöln, Mainz, München, Memmingen, Landehuf, 
„tuttgart, Usm, Karlsruhe und vicle andere Stadie , die Pfalzer 
nicht zu nennen. Ein Großhaͤndler und deren gibt es viele hier 
zahlte der Bahn als Fracht für Ktirschen nach München 3000 Mat. 
tDer Tünchergeselle Heinrich Metzger in Speyer, welcher 
zus purem Muthwillen einen Stallhasen mit einem Regenschirm 
dermaßen mißhandelte, daß darüber der Schirm zerbrach, bekam 
für diese Rohheit eine Strafe von 8 Tagen Haft. 
St. Wendel, 4. Juli. Vor eilwa acht Tagen ereignete 
sich in Namborn folgender Fall: Ein Bahnwärter band seine Geise 
twa 15 Fuß von einem Bienenstock an. um zu weiden. Die 
Beise kam nach und nach dem Bienenstock naͤher und warf den⸗ 
elben mit ihren Hörnern um, da fiel das ganze Bienendolk über 
dieselbe her und richtete sie so mit Stichen zu, daß sie jaͤmmerlich 
chrie und in einigen Stunden ihren Geist aufgab. Der Bahn⸗ 
värter eilte auf das Geschrei der Geise herbei und wollte ihr zu 
dilfe lommen, wurde aber von dem Beenenvolf ebenfalls so zuge⸗ 
tichtet, daß er mehrere Tage zu Vell liegen mußte. Ein zweiler