Full text: St. Ingberter Anzeiger

theidigung; es hilft mir doch Nichts.“ Die That anlangend, blieb 
Hodel bei seinem seitherigen Leugnen und bei der Behauptung, er 
sabe nur einen Selbstmocdversuch gemacht, stehen. 
Berlin. Offizios wird darauf dingewĩesen, wie fleißig die Staats⸗ 
eisenbahnbauten in letzter Zeit gefördert worden sind. In dem 
Zritraum vom 1. apiil 1877 6i8 81. Murz 1878 st aus diesen 
Milleln die Summe von 114,600,000 Mark zur Verwendung 
gekommen; im vorigen Quartal hat die Foriführung der Bauten 
angeblich bereits die Summe von 29,000.000 Mark gefordert. 
Das Gerichtskostengesetz ist unterm 18. Juni, die Gebühren⸗ 
ordnung für Gerichtsvollzieher am 24. Juni, die Gebührenordnung 
jür Zeugen und Sachverständige am 30. Juni d. J. Allerhöchst 
bollzogen worden. 
Eine große Aunzabl von Berliner Arbeitgebern hat beschlossen, 
sich an den, von verschiedener Seite ins Werk gesetzien Maßregeln 
gegen die Ausschreitungen der Sozialdemokratie nicht zu betheiligen, 
diese Maßregeln vielmehr darauf zu beschränken, daß nur gegen 
die sozialdemolratische Agitation in den Werkstätten und gegen die 
Agitatoren selbst einzuschreiten sei. Die Borsigsche Maschinenbau⸗ 
Anstalt hat sich an diesem Beschlufse nicht betheiligt; die Vorfteher 
derselben haben vielmehr an ihre sämmilichen Arbeiter die latego⸗ 
rische Aufforderung getichtet, sich allen sozialistischen Sonderbe⸗ 
Rrebungen fern zu halten, andernfalls sie sofortige Entlasfung zu 
gewärtigen haͤtten. 
uücher die in der Kongreßsitzung vom 8. voll:ogenen Grenp 
regulirungen verlautet nach der W. Fr. Presse, daß der Paß 
Ichtiman an die Türkei fällt, Samarlow und Köstendil an Bul⸗ 
Jarien; Pirot und Wranja werden serbisch, der Zabroda⸗Paß und 
Tren bulgarisch. 
Vom 1. Januar 1879 an wird der Spiellartenstempel für 
die Reichskasse (nicht mehr für die Einzelsiaaten) erhoben; er be⸗ 
trägt 80 Pfg. für jedes Kartenspiel von 86 oder weniger Blättern, 
30 Pfg. für jedes andere Kartenspiel. Von diesem Zeitpunkt an 
sind nur noch die mit Reichsstempel versehenen Spielkarten zum 
Gebrauch gestaltet, wie auch Privatpersonen die dann schon in 
ihrem Besiß befindlichen Spiellarten nur noch gebrauchen dürfen, 
sofern sie mit einem dem Reichsstempel gleichen oder höheren Landes 
flempel versehen sind oder nachträglich mit dem Reichsstempel ver⸗ 
sehen werden. Wer dann ungestempelte Karten feilhält, veräußett, 
bertheilt, erwirbt, damit spielt oder wissentlich in Gewahrsam hat, 
berfüͤllt sür jedes Spiel in eine Strafe von 80 M., ebenso der 
Wirth, in dessen Local mit ungestempelten Karten gep'elt wurde, 
sofern er nicht nachweist, daß es ohne sein Wissen geschah. 
NAussand. 
Konstantinopel, 8. Juli. Das Seraslieral erhielt 
den Auftrag, ein 15,000 Mann starkes Expedit'onstorps nach 
Kreta zusammenzustellen. Die Einschiffung dieses —XW 
24. d. beginnen. — Die Russen befestigen Kazüsman (üüdöstlich 
von Kars). (W. Pr.) 
Peilersburg, 10. Juli. Das Journal der St. Pelers 
bourg sagt bei Besprechung der englisch⸗ türlischen Konvention, es 
sei zu hoffen, die Besezung Cyperns werde das Friedenswerk nich! 
durqhkreuzen. Beaconsfield habe die Ecwerbung nur gemacht, um 
nicht mit leeren Handen von dem Kongresse zurülchzukehren. 
Ueber die Berechnung der russischen Kriegtlosten bringen die 
„Birs. Wed.“ die Notiz, daß sich zwei Beamte des russischen Fi⸗ 
nanzministeriums nach Berlin begeben hatten, um den russischen 
Congreß Bevollmächtigten mit Daten über die russischen Kriegs⸗ 
losten und im Falle der Nothwendigleit der Berechnung der kür— 
tischen Kriegs Confribution mit nöthigen Erklärungen an die Hand 
zu gehen. Es ist nicht uninteressant, hier die Berechnung der rus 
fischen Kriegskosten laut offizsellen Daten folgen zu lossen: Budget 
Ueberschüsse 40,000, 000 Rubel, Emission fünfprocentiger Vank 
Billete 4. Em'ission 100,000, 000 Rubel, Auslandische Anleihe von 
1877 100,000,000 Rubel, Schuld des Staatsschatzes an die 
Siaaisbank für laufende Auszaben vom 12. (24.) Juni 
148000,000 Rubel, Emission von Orient ⸗Obligationen 200,000,000 
Rubel, Emission 4 procentiger Schaßscheine 100,000, 000 Rubel, 
in Summa bis 12. (24.) Juni 1878 988,000.000 Rubel. 
Zermisqtes. 
P Zweibrücken, 10. Juli. Vor etlichen Tagen wurde 
von der Gendarmerie ein Verbrecher, an beiden Füßen gefesselt, 
aus dem Frankenthaler Untersuchungsgefängniß hierher verbracht. 
Der immerhin etwas ungewöhnliche Anblick eines also unschädlich 
gemachten Menschen hatte auf dem Wege vom Bahnhofe bis zum 
Fustizpalaste, den der Gefesselte, ein Buͤndel in den Händen tra⸗ 
gend, in Folge der am Gehen hinderlichen Fesseln nur in kleinen 
Schritten zurücklegen konnte, eine beträchtliche Menge kleiner und 
guch großer Kinder angelot. Es war dies der sals gefahrliche 
Dieb und Einbrecher gefürchtete 50 Jahre alte Friedrich Hornung 
aus Ramsen, Kantons Goöͤllheim, welcher schon vielfach bestraft 
worden ist, und dem es wahrend seinet Verdrecherlaufbahn bereits 
dreimal gelang, aus den belreffenden Gefängnissen auszudrechen. 
Erst unterm 4. Juni abhin wurde er zu Frankenthal wegen zweier 
hedeulender, winlels Einsteigens und Einbruchs verüster Diebstähle 
nit 18jährigem Zuchthaus und 10jährigem Ehrenverluft bestraft. 
xr ergriff hiegegen Berufung, vermuthlich nicht so fest in der 
doffnung, kine Strafermäßigung zu erlangen,“ als vielwehr in der 
ẽkrwattuig, während der Zeu bis zu seiner definitiven Aburt Jeilung 
in der Untersuchungshaft eher eine Gelegenhett zu einem Fluch!⸗ 
Jersuche zu eriangen. als wenn er einmal wieder hinter den festen 
Mauern des Zuchthaufes sitze. Seine Berufung wurde, wie vor⸗ 
auszusehen, am juͤngften Sanstag verworfen, und fün seinen siche⸗ 
en Transport nach dem ihm nicht unbekannten Zuchthause in 
Zaiserslauiern wird die k. Gendarmerie seinen „Fähigkeiten“ ent⸗ 
prechende Vorsorge treffen. (J. 8.) 
Kuse'nl, 9. Juli. Seit bielen Jahren zum ersten Mal⸗ 
vleder wurden die Bewohner hiefiger Stadt gestern Abend durch 
die Kunde einer grauenhaften Mordthal erschreckt. Ein hier wohnender 
Maurer aus Schellweiler, Namens Gillenberger, erdrofsellte seine 
Frau. Kurz vor der That soll Leßtere noch für ihren Mann 
Hranniwein getauft hoben; es mußte demnach sogleich auffällig er— 
deinen, als Gillenberger zu Nachbatsleuten sagte, seine Frau fei 
zestorben. Der Leichenbeschauer bemerkte dann die Spuren der 
hewaltihat. Die eingele lete Untersuqung wird hoffentlich den 
Thatbestand ermitteln, der U:belihäler aber die gebühr ende Straft 
inden. Nachtraglich erfahren vit, daß der Morder bereits die 
That eingestanden hat. (K. 3.) 
tRammelsebach, 8. Juli. Zum 4. Glangau · Säanger⸗ 
est dah'er am Sonntag den 14. Juli, haben sich 18 Vereine mit 
150 aitiven Sangern angemeldet. Es werden dtei Gesammtchöre 
und sechzehn Einzelchoͤre gesungen werden. 
pRaisersiaguiern, 8. Juli. Das fünfjährige Söhm 
hen des Gäriners Ziemer fiel am verflossenen Samstag in der Nähe 
der Orth'schen Fabtik in die Lauter und eitrank, obwohl dasselde 
durch einen Voruͤbergehenden hätie gerettet werden können, der 
sedoch zu naß geschwitzt war, um in's Wasser zu gehen!“ wie er 
sich äußerte. — Als der Polizist Hr. Laudenkloos Kenniniß von 
dem Unfalle erhielt, sprang derselbe trotz feines eigenen Leidens, 
jn's Wasser und holte das Kind heraus; leider war daßselde 
hereiis eine Leiche. (Pf. Vztg.) 
fVom Haardtgebirg, 9. Juli. Der Sauerwurm 
virthschaftet an den Rebsiöcken so verheerend, daß ganze Weinberge 
nicht von Ferne so viel Ertrag liefern, um die Kosten des Baues 
zu vestreiten. Der sauere 77er wird jetzt füß und zieht im 
Preise an. (Rh.) 
aIn Speier hal sich am 9. d. M. der Vorstand der 
Reichsbanknebenstelle Speier, Georg Lichtenbecger, in seiner Woh— 
aung erschossen; er soll in letzter Zeit Spuren von Geistesstörung 
gezeigt haben. — In Schalloden bach hat sich am nämlichen 
Tag der Wirth und Bäcker Daniel Weisenheimer erhängt. 
feFrantfurt a. M., 10. Juli. Heute Abend, 5. Min. 
nach 6 Ühr, drach in dem Staditheater, in welchem gegen 
värtig die „Meininger“ Vorstellungen geben, Feuer aus, und 
war unter dem Dache. Das Publikum, welches bereiis zahlreich 
im Hause versammelt war, konnte ohne Unfall das Freit gewinnen. 
Den angestrengten Bemühungen der Feuerwehr gelang es, das 
Feuer auf den Dachstuhl des Gebäudes zu beschränken, so daß um 
71/13 Uhr jede Gesahr eines weiteren Umsichgreifens des Brandes 
befeitigt war. Die Vorstellungen dürften auf alle Fälle für einigt 
Zeit unterbrohen sein. 
Bamberg, 5. Juli. Gestern fand am diesigen Stadt⸗ 
gerichte eine Monstreverhandlung wegen Verkaufs verfälschtet Lebens⸗ 
nittel, Schmalz und Butter, statt. Es waren 80 Beschuldigte 
zeladen, von denen nur der kleinste Theil freigesprochen, der bei 
Weitem größere aber mit Freiheitsstrafen bis zu 14 Tagen und 
mit Geldstrafen bis zu 30 Mark belegt wurde. Als Curiosum 
aus dieser Verhandlung sel besonders erwähnt, daß einer der Ver— 
artheilien eine Scheibe angeblich gutes Schmalz auf dem hesigen 
Biciualienmarkte ausgeboten hatte, welche nach der chemischen Unter⸗ 
suchung aus 99 pCt. Rindstalg und 1 pCt. Schmutz bestand. 
fBerlin, 6. Juli. EEin Haus für drei Mark.) Alt 
Aur osum mag die Thatsache angeführt werden, daß in einem am 
Mittwoch anf dem Stadtigericht angestandenen Subhastationstermint 
das Haus Breslauerstraße 4 zu einem Alleincebot von drei Marl 
losgeschlagen wurde; allerdings hatte der Käufer, ein Rentiet 
Zrüger, eine erste Hypothet von 45, 000 Mark an dem Hause. 
fBerlin. Ein für Haushaltungen höchst wichtiges Pa⸗ 
sent ist in diesen Tagen ertheilt worden. Emil Lingner (Firwma 
Hoftapezirer A. Wolter, Charlottenstraße 30) hat naämlich die Er— 
a ndung gemacht, mittelst eigenthümlich construirter Gardinenstangen, 
Vardinen, Rouleaux und andere Fensierde'orationrn deratt an den 
Fenstern zu befestigen, daß sie vermittelst eines einzigen Feder 
drucks entfernt und später wieder desestigt und so die delorationb 
sreien Fenster dann, ohne die Dekorationen irgendwie zu schädigen 
zeöffnet, gereinigt und jeder anderen Manipulation unterzogen wer⸗ 
den können. Die Bedeutung dieser Erfindung ist einleuchtend.