Full text: St. Ingberter Anzeiger

IV 
oon der Reichsregierung aufzustellenden Steuerreformplan zurücführen. 
NAusland. 
Wien. Die „Montagsrevue“ fügt ihrer Notiz bezüglich 
Wiederaufnahme der Verhandlungen über einen Handelsvertrag 
‚wischen Deutschland und Oesterreich die Bemerkung bei: „Der 
Abschluß des österreichisch-deutschen Handelsvertrages ist übrigens 
aicht blos für die beiden betroffenen Staaten, sondern für die 
handelspolitischen Verhältnisse von ganz Europa von der größten 
Wichtigkeit. Kein Staat will vorgehen, bevor nicht von anderer 
Seite eine Tendenz festgestellt wurde. So würde Italien gerne 
xeue Verhandlungen mit Frankreich anknüpfen, aber es fürchtet 
tinen gefährlichen Einfluß des neuen Vertrags auf sein commercielles 
Verhältniß zur Schweiz; Frankreich wünscht recht bald zu einem 
dandelsvertrage mit Oesterreich-Ungarn zu gelangen, will aber erst 
seinen Rapport mit Italien geordnet haben. Umgetehrt gedentt 
Italien die Verhandlungen mit Oesterreich- Ungarn dann zu beginnen, 
wenn die französischen wenigstens eine erkennbare Basis geliefert 
haben. Diese uns von verläßlicher Seile zukommenden Miittheil⸗ 
angen bestätigen die oben aufgestellte Behauptung, daß durch den 
Abschluß eines österreichisch: deutschen Handelsbertrages der Weg 
wird frei gemacht werden lönnen. Der Asterreichische Standpunkt 
ist übrigens präcis gegeben: Entweder bis zum 1. Januat 1879 
neue Handelsverträge oder den allgemeinen Zolltarif.“ 
Weiter berichtet das nämliche Blatt: „Die Mittheilung, dah 
der Widerstand der ungarischen Regierung den Eintritt Serbiens 
in den österreichischen Zollberband in Berlin verhindert hat, Konnen 
wir bestätigen.“ 
London, 24. Juli. Die Köonigin verlieh auch dem 
Marquis of Salisbury den Hosenbandorden. Der Pariser Times“⸗ 
Zorrespondent berichtet über eine lange Unterredung mit Gambetta, 
der den Berliner Vertrag im Allgemeinen billigte und als dazu 
angethan betrachtete, das Dreikaiserbündniß aufzulösen und die 
Interessen Frankreichs und Englands identischer zu machen. Eine 
franco⸗russische Politik sei nicht länger möglich. 
Rom, 24. Juli. Der „Diritto“ meldet: Der deuische 
Botschaftec, welcher sich im Bade Casamicciola aufhielt, ift in Rom 
eingetroffen und hat eine längere Unterredung mit Caitoli gehabt; 
er wird morgen wieder abreisen. Die „Opinione“ dementirt die 
Rachricht, Oesterreich habe eine gegen die Agitation der „Italia 
irridenta“ gerichteie Note hergesandt; es ist keine Note hier ange⸗ 
langt. Die italienische Regierung sei den Beschwerden Oesterreichs 
zuvorgekommen, indem sie ihre Mißbilligung des in den letzten 
Tagen Vorgefallenen kundgab und versicherte, daß die Bevölkerunq 
nicht an diesen Ausschreitungen betheiligt sei. 
Athen, 24. Juli. Gestern kamen in Piräus v'er fran⸗ 
zöͤsische Panzerfregatten und ein französischer Aviso an; das Er⸗ 
scheinen des franzoöͤsischen Geschwaders bei Athen wird allgemein 
mit der politischen Sachlage in Verbindung gebracht und steigert 
noch die seit dem Congresse so freundliche Stimmung der Griechen 
füt Frankreich. 
Serajewo, 24. Juli. Die hiesige Bevoͤlkerung besreundet 
fich immer mehr mit der Ebentualität des nahe bevorstehenden 
Finmarsches der österreichischen Truppen. In den untern muhame⸗ 
danischen Volksklassen hat sich die Stimmung vollständig zu Gunsten 
der oͤsserreichischen Olkupation gewendet, wozu das humane Benehmen 
des k. und k. Generallonsuls von Wassitsch gegenüber den ärmeren 
muhamedanischen Einwohnern der Stadt, von welchen täglich gegen 
506 im öoͤsterreichisch ungarischen Generaltonsulate gespeist werden, 
nicht wenig beigetragen hat. Aber auch die Schichten der Bevöl— 
terung, ohne Unterschied der Konfession, neigen nunmehr Oesterreich⸗ 
Ungarn immer mehr zu, was sich alsbald durch Entsendung von 
Deputationen sowohl zur Begrüßung der einrückenden österreichischen 
Truppen, als auch nach Wien manifestiren dürfte. Die für Wien 
projeltirte Deputation soll die Aufgabe erhalten, die ehrfurchtsvollen 
Huldigungen des bosnischen Volles Sr. Majestät dem Kaiser Franz 
Foseph darzubrinzen und dem erleuchteten Leiter der auswärtigen 
Angelegenheiten der österreich- ungarischen Monarchie, Grafen Andrassy, 
'uür die Politik zu danken, welche gesrdnete Zusltände in Bosnien 
verbeizuiühren zu ihrem erfolgreichen Ziele gemacht hat. 
Vermischtes. 
FvBierbach, 22. Juli. Heute Vormittag fuhr der Aderer 
Frbelding von hier mit seinem Fuhrwerk, einem mit zwei 
Auhen bespannten Wagen, auf den sogenannten Heglerberg Mist. 
Ungefähr oben auf der Ebene des Berges mit dem Fuhrwerk ange⸗ 
Lommen, huften die beiden Kühe mit dem noch beladenen Wagen bis 
an den Abhang des Berges, wo Kühe und Wagen eineHöhe von etwa 
100 Meter hinabstürzten, so daß det Wagen unten im Wiesenthal 
in Stücke zertrümmert und die beiden Kühe zwar lebend, jedoch 
stard verletzt ankamen; die eine lonnte auf der Stelle he mgeführt 
werden, dagegen mußte die andere Abends heimgefahren werden; 
setztere ist ebenfalls noch am Leben, man glaubt jedoch, dieselbe 
J —E — 
Thiere fürchterlich gebrüllt haben, so daß ein Augen⸗ und Ohren— 
euge sagte, er wünsche, das fürchterliche, Mark und Bein erschuüt 
ernde Brüllen nicht gehört zu haben. (3. 3.) 
F.Am Donnerstag Abend um 6 Uhr starb in Blieskastel 
derek. Notär Frz. Aug. Wiest, 68 Jahre alt, in Folge eines 
diruschlags. 
F Zweibrücken, 24. Juli. Das Zuchtpolizigericht dahier 
verurtheilte heute den 86 Jahre allen Tagner Chrisiian Schwab 
don Stambach, welcher sich in einer Wirthschaft anerkennend über 
die That des Hödel ausgesprochen hatte, wegen Seleidigung des 
deuischen Kaisers zu 8 Monaten Gefängniß. 
FFrankenthal, 23. Juli. In der heutigen Sitzung 
»es Zuchtpolizeigerichtes wurde der Maurer Heinrich Sa m maus 
Speier wegen Majestätsbeleidigung zu zwei Jahren Gefängniß ver— 
urtheilt. 
VLandau. Auf der Tagesordnung für den am 18. 
lugust hier Stait findenden Verbandstag des pfälz. Gewerbevereins 
Berbandes steht: 1) Bericht des Vororis über das letzte Verbands— 
ahr; 2) die soziale Frage: a. allgemeine Lage, b. die Resolutionen 
daiserslauterer Industrieller und Gewerdtreibender vom 14. Juni 
etzthin, c. Stellung des Verdandes zum deuilschen (antisoialdemo⸗ 
ratischen) Ardeiterkongreß, d. Antrag von Kaiserülautern, die Grün⸗ 
zung einer allgeneigen pfälzischen Kranken⸗ und Invaliden⸗Unter⸗ 
tüßungstafse fur Arbeitnehmer betr.; 8) Antrag von Frankenthal, 
ie Erstatiung eingehender Jahrebberichie an den Vorort seitens 
er Verbandsderxeine betr.: 4) Antrag von Ludwigshafen, die 
irrichtung von Lehewerlstätten betr. 5) Antrag von Neustadt, 
deiseentschädigung fuür die Berbandsdelegirie aus der Verbandlasse 
etre; 6) Antrag dvor Frankenthol, einheitliches Maß und Ge— 
vicht betr. 
fSpeies, 20. Juti. Die Anstellungsprüfung für die⸗ 
enigen Schuldiensterspekunten, /welche im Jahre 1874 aus den 
Zchullehrerseminaxien entlafsen worden sind, sowie für jene, welche 
ich dieser Prüsum in früheren Jahren nicht unkerziehen konnten 
»der sich derselben wiederholt zu unterziehen haben, nimmt am 
Donnerstag den 19. September l. Is. Morgens 8 Uhr, im Ge— 
»äude des hiefigen Schullehrer⸗Seminars ihren Anfang. Die Ge⸗— 
uche um Zulasfung zu dieser Prüfung sind, mit den Zeugnissen 
er Lotals und Distrikts Schulinspektion bersehen, durch die letzrere 
ängstens bis zum 20. August l. Js. bei der k. Kreisregierung K. 
». J. einzurrichen. Für allenfallsige Dispensgesuche ist das Aus— 
ichreiben vom 18. Oktober 1875 maßgebend. 
7 Speier, 23. Juli. Dem soeben erschienenen Jahresbe⸗ 
icht des kgl. Schullehrer⸗Seminars zu Speier über das Schuljahr 
1877/78 eninehmen wir, daß die Anstalt in den beiden Cursen von 
uusammen 57 Zöglingen besucht war. Die Jahresschlußprufung 
indet heuer am 29. Juli; die Aufnahmsprüfung am 9. Augusi 
tatt. Die der Anstalt zugetheilten Präparandenschulen Blieskaftel, 
tircheimbdolanden und Speier erfreuten sich auch in diesem Jahre 
'ines sehr guten Besuches. Die Präpararandenschule Blieskaftel 
ählte inden 3 Cursen 67; jene zu Kircheimbolanden zusammen 66 
die Anstalt in Speier 73 Schüler. 
Mannheim, 23 Juli. Heute Nachmittag ist in unserer 
Stadt ein gräßliches Verbrechen verübt worden; der in den Schwetz⸗ 
uger Gärten wohnhafte Blechner Ritz schnilt seinem zweijährigen 
dinde den Hals ab. Ueber den Beweggrund zu dieser That ist 
nichts bekannt. Der Mörder konnte nicht in Haft genommen 
werden da derselbe krauk und dettlägerig ist. 
r Nürnberg, 24. Juli. Vor einigen Tagen wurde hier 
um Gedächtniß des Kongresses eine Medaille edirt, welche aus der 
Prägeanstalt des Medailleurs und akademischen Künstlers Herrn H. 
Weckwerih in Nürnberg hervorgegangen ist. Die Medaille, die 
ꝛinen Durchmesser von 40 mm hat, ist von vortrefflicher Durch-— 
ührung und macht in der That dem Verfasser alle Ehre. Den 
Uvers schmücken im Kreislauf die Portraits der fieben Hauplbevoll⸗ 
nächtigten. Jedes Bildniß ist mit Epheulaub (als Symbol der 
Freundschaft) umgeben. Im innern Kreislanf ist die Friedensgöttin 
ingebracht, mit der Linken sich auf einen Schild ftützend, welcher 
die Worte: „Mit vereinter Kraft“ trägt; die Rechte der Göllin 
jält eine Friedenspalme. Der Revers der Medaille trägt in Mitte 
ines Epheukranzes die Inschrift: Zur Erinnerung an den Kongreß 
in Berlin. 13. Juni bis 18. Juli 1878. Möge er den Völtern 
den erfehnten Frieden bringen! 
fHorb, 22. Juli. Ein sehr betrübender Unglücsfall 
reignete sich gestern Mittag in dem benachbarten Mühringen. 
Dtei junge Leute von angesehenen israelitischen Familien in Rexingen 
vollten in einem Einspanner einen Ausflug in das Bad Imnau 
nachen. Kaum halten sie eine Strede der nach Mühringen hinab⸗ 
ührenden Staige zurückgelegt, als das Pferd plötzlich in raschen 
Lauf gerieth, indem es trotz schon vorher angewandten Sperrens 
nicht mehr aufgehalten werden konnte, so daß das Gefährt sammt 
Insassen in das Dorf über die Straßenböschung in den eina