Full text: St. Ingberter Anzeiger

St. Ingberter Acnzeiger. 
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M 121.. Samstag, den 8. August 
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Deutsches Reich. 
München, 31. Juli. Die Zeitungsnachricht, die baye⸗ 
ische Regierung habe in der Inspizirung der bayrischen Artillerie 
hurch einen preußshhen General eine Verletzung der bahyerischen 
seservatrechte erblickt und in dieser Angelegenbeit mit dem Berliner 
dabinet in diplomatischem Verkehr gestanden, kann auf Grund ver⸗ 
äjsigster Mittheilung als unrechtig bezeichnet werden. 
Mäünchen. Detr Keonprinz des deutschen Reiches wird auch 
n diesem Jahre zur Jaspicirung der bayerischen Teuppen nach 
Bayern kommen. Wie verlautet wird derselbe seine Inspectioasreise 
zald nach den Vermählungsfeierlichkeiten antreten, die am Berliner 
dofe vom 24. bis 27. August statfinden. 
Mänchen. Von den zwei Infanterieregimentern, die aus 
Jägerbata llonen gebildet werden, wird eines dem 1. und eines dem 
2. Armeecorps zugetheilt. Das Regimentsstabequartier für das künf⸗ 
ige 16. Inf.⸗Reg. ist Passau, fürt das künftige 17. Juf.Reg. 
Hermersheim. Ja Folge dieser Aenderung hat das bisherige 5. 
zägecbataillon künftig die Nummer 2 zu tragen. 
Würzburg, 30. Juli. Laut Privattelegramm aus Kis⸗ 
ingen traf dort gestern Nachmittage der päpstliche Nuntius aus 
München ein und hattfe alsbald nach seiner Aukunft eine astündige 
Unterredung mit dem Fürsten Bismacck. Heute Vormittags erwiderte 
Fürst Bismarck den Besuch, worauf wieder eine über einstündige 
wonferenz zwischen Reschskanzler und Nuntius stattfand. Letzterer 
»inirte heute beim Fürsten Bismarck. Wie mein ziemlch sicherer 
Hewährsmann mir eben mitth'ilt, sollen die beiden Konferenzen 
in durchweg für Beide befriedigendes Rssultat gehabt haben und 
zer Nuntius morgen die Rückteise nach München antreten. In 
Verbindung mit diesen Konferenzun stehen ohne Zweifel auch die 
Besuche der bay⸗rischen Min ster beim Fürsten Bismarck. Es ist 
rin eigenthümliches Zusammentreffen, daß gerade Krsingen, wo vor 
nehreren Jahren der Mordgeselle Kullmann „angeblich wigen der 
Maigesetze auf das Leben des Fürsten zielte“, nun auch der Oct 
st, wo die ersten Grundzüge zur Herstellung des religiösen Friedens 
m Lande geschaffen werden sollen. (Fr. K.) 
NKifsingen, 30. Juli. Gestern Nackmittag traf der 
hͤpstliche Nuntius Monsi zuore Masella auit dem Münchener Zuge 
zahier ein und wurde am Bahnhofe von dem l. Vadekommissär 
und dem Giafen Herdert Bismarck empfanzen, worauf er sich nach 
urzer Unterredung mit diesen Herren nach seinem Absteigqartier, 
»em „Hotel Kaiser“ begab. Die Andeutung von bevorstehenden 
Friedenspfäliminarien zwischen der Kurie und Deutschland, Bebufs 
velcher Maiella den Auftrag erhalten habe mit dem deutschen 
seichskanzler zu unterhandeln, dürfte dadurch einen thatsächlichen 
Antergrund erhalten. (S. 3.) 
Berlhin, 31. Juli. Berlin jubelt über den forischriitlchen 
Wihlsteg. Die Na hrichten aus den Provinzen lauten noch sehr 
jerworren, dennoch ist bereits ersihtlich, daß die Libetalen viel 
veniger Terrain verloren haben, als man befürchtete. Richters 
Vahlsieg e scheint in der Stichwahl gesichert. Lasker, Bennigsen, 
kickeit definitid gewählt. 
Berhin, 31. Juli. Bis jetzt sind etwa 50 defi itive 
Vablen bekannt, wealche keine große Verftärkung der conserda iden 
bartei erwarten lassen. Dagegen werden die sog, reichefreundlichen 
darteien gestarkt im Riichstag erscheinen. Das Socialisten-Geset 
it zunächst den Regierungen dertraulich mitgetheilt worden. 
Berlin, 31. Juli. Die „Prov.⸗Corresp.“ schreibt in 
inem Artikel unter der Ueberschrift , beim Abschlusse des Wahl⸗ 
ampfez“: So möze denn die dei dem Beginn der Bewegung aus⸗ 
jespsochene Hoffnung in Erfüllung gehen, daß die Wablen, Dant 
vem patriotischen Geiste des deutschen Volles durch Stärkung der 
ia userhallenden Elemente aus conservat ven und liheralen Kreisen 
et Regierung eine Mehrheit klat de vußter, entschlossenet Mannet 
m Reichs:age sichern, um sichere Grundlagen für einen neuen Auf⸗ 
8 des politischen und wirihjchaftlichen Gedeihens des Voltkes 
u schaffen. 
Berlin, 31. Juli. Die „Nordd. Allcçem. Zig.“ kann 
viederholt versi bern. daß iede Muibeiluna von dinem in Sacen 
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des Großen Kurfürsten“ bereits gefällten Urtheile nur auf Er— 
iudung beruhen köͤnne. Der Havarie Commission habe competenz⸗ 
näßig nur obgelegen, Material zu sammeln und die Schuldigen 
im Allgemeinen zu ermitteln zu suchen. Sache des Stations:Chefs 
sei es gewesen, über das Ganze der Vorberhandlungen sein Gut⸗ 
achten zu erstatten, welches der Superrevision der Admiralität 
unterlag. Der Chef der Admwiralität habe als Gerichtsherr zu 
entscheideß gehabt, welche Personen vor das Kriegsgericht zu stellen 
seien, und die dazu erforderlichen Anträge bei dem Kaiser zu stellen. 
Das Kriegsgericht werde im Laufe der nächsten Woche zusammen- 
reten. 
Die „Koölnische Zeitung“ schreibt: Nach dem Beschlusse des 
Bundesrathes soll die Enquele sich auf die gesammte deutsche Baum⸗ 
vollen⸗ Industrie, also die Sp nnerei, Weberei und Druderei, so 
vie die Leinwande Industrie erstrecken und namentlich die veränderle 
Zachlage berückssichtigen, welche durch den Anschluß von Elsaß- 
fothringen an das deutsche Zollgebiet geschaffen worden ist. Die 
dommifsion wird sich zunächst mi der Aufsiellung eines Programms 
ür die Enquete beschäftigen. Der Entwurf zu einem solchen Pro— 
jramm ist der Kommission von dem Vorsitzenden vocgelegt worden. 
die Verhandlungen in der ersten Sitzung beschränkten sich auf eine 
jorläufi e Besprechung dieses Entwurfes. Es sollen dann zunächst 
ie erforderlichen statist schen Materialien durch schriftliche Befragung 
er Industriellen und der Handelskammern beschafft und dieselben 
»ann mit Hilfe des kaiserlichen statistischen Amts soweit verarbeitet 
verden, daß die Kommission im Ollober wieder zusammen treten 
ina, ua die von ihr zu verneh nenden Sachverständigen zu be⸗ 
immen. Die eigentliche Enquelte würde dann im Nobember 
reginnen, und bei der voraussichtlich sehr großen Zahl der zu 
»rnehmenden Sachverständigen eiwa vier bis sechs Wochen in 
Unspruch vehmen. Wie sich aus dem Beschlusse des Bundesraths 
tgibt, soll die Enquete eine endgiltige Eutscheidung der Fraze er⸗ 
noͤzlichen, ob in der That in Folge der Aunexion Elsaß Lothringens 
in Deuischland die in Frage stehenden Industrieen einmal im 
steichrlande selbst urd dann auch in dem alten Zollgebiete wegen 
nangelnden Zollichutz s zurückzegangen find. 
Die Gerüchte über einen Auszleich der Kurie an der preußi⸗ 
chen Regierung gewinnen fortwährend an Konsistenz. Bea hienswerth 
u diejer Richtung ist eine von dem Abg. Wind: horst Meppen, dem 
Fühter der Ceintrumspartei, kürzlich gehaliene Rebe, in welcher er 
ich übecr diese Angelegenheit aussprach. Herr Windthorst sagte 
1. A.: „Werin der Ausgleich jetzt wirklich gemacht werden soll, 
ann werdeu wir glüdlich sein und wir können dann mit Befrie— 
zigung anf die heißen Tage schauen, die die Kämpfe uns gekostet. 
*s ist dieser Ausgleich nöthig im Interesse des Staats uͤnd der 
dirche und es war und ist ein Grundirrihum und Grundfehler, 
aß man hat anm haen können, es sei das Juteresse des Staats 
in anderes als das der Kirche. Die Interessen beider sind ge— 
neinsame di selben. Wir haden nicht gekämpfi und kampfen nicht 
zus Lust am Kampfe, wir lämpfen, um den Frieden zu erlangen. 
Das Centrum würde lieber auf Seiten der Regierung kampfen, als 
jegen sie, da wir nicht zweifelhaft darüber sind, daß ohne eine 
este Regierung kein Reich bestehen kana.“ Diese Aeuberung des 
Führers des Centiums ist deßdalb von größerer Bedeutung „weil 
um ersten Mal in ruhtgec Weise das Berhältuß der Centrums— 
raltion zur Regierung ohne Angriffe auf die Letztere beleuchtet wird. 
Ausland. 
Wien, 31. Juli. Das hiesige „Telegr. Korresp. B.“ meldet 
von der kroatisch-bosnischen Greuze vom 31. d.: Nach amtlichen 
Meldungen herrscht in Strajewo die vollständigste Anarchie. 
Das bon«partist sche Blatt „Ordte“ veröffentlicht in einem 
Sensationsattilel die gehe men Deta ls e nes Pianes des Herzogs 
jon Audiffret ˖ Pakquier (Präsidenten des Senats), durch die Se— 
atswahlen eine orleanistisch und gemäßigt republikaussche Majoritaͤt 
u bilden und daun vermitlelst einer Kammerauflösung die Prasi⸗ 
dentschaft des Herzogs von Aumale zu erreichen. Auf diese Weise 
roll ein neuer 16. Mai herdeigeführt werden. De Führer dee 
republikanischen Vartei seien bereits mißtrauisch geworden un sogn